Verwaltungsrecht

Berufungszulassungsantrag gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts, mit denen bodenschutzrechtliche Verfahren eingestellt worden sind

Aktenzeichen  24 ZB 19.2418

Datum:
26.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4219
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 60, § 92 Abs. 2, Abs. 3, § 122 Abs. 2 S. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

Ein am Tag des Ablaufs der zweimonatigen Frist (§ 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO) eingegangenes Gesuch um stillschweigende Verlängerung dieser Frist ist keine substantiierte Darlegung, weswegen die geforderte Klagebegründung tatsächlich nicht vorgelegt werden konnte und rechtfertigt damit keine – in diesem Prozessstadium allein mögliche – Aufhebung der gerichtlichen Betreibensaufforderung. (Rn. 21 – 22)

Verfahrensgang

Au 9 K 19.967, Au 9 K 19.968, Au 9 K 19.969 2019-10-14 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 14. Oktober 2019 wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerinnen und Kläger (im Folgenden: Kläger) wenden sich gegen die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Juni 2019, mit denen ihre gegen den Vollzug bodenschutzrechtlicher Maßnahmen gerichteten Klageverfahren gemäß § 92 Abs. 2 und 3 VwGO eingestellt wurden und begehren eine Fortsetzung dieser Verfahren. Sie sind der Auffassung, die Voraussetzungen einer Verfahrenseinstellung hätten nicht vorgelegen.
Das Verwaltungsgericht hat ihre Anträge auf Fortführung der Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 14. Oktober 2019 abgelehnt. Die Verfahren seien zu Recht eingestellt worden, weil die Klagen aufgrund der Fiktion nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zurückgenommen gegolten hätten. Das Verhalten der Kläger, die ihre Verfahren nur unzureichend betrieben hätten, habe berechtigten Anlass gegeben, am Fortbestehen ihres jeweiligen Rechtsschutzinteresses zu zweifeln. Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigten, lägen nicht vor.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie sind der Auffassung, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit sämtlicher tragender Gründe der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Außerdem weise die Rechtssache besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf, habe grundsätzliche Bedeutung und leide an Verfahrensfehlern.
Die Beklagte hält den Antrag auf Zulassung der Berufung für unbegründet und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3 und 5 VwGO liegen nicht vor.
A.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. Juni 2019, mit denen die bodenschutzrechtlichen Verfahren der Kläger eingestellt wurden, sind rechtmäßig. Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die entsprechenden Klagen als zurückgenommen galten, weil die Kläger ihre Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betrieben haben (vgl. § 92 Abs. 2 VwGO), und nimmt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO zunächst Bezug auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils. Ergänzend bleibt im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen folgendes anzumerken:
Unter Wiederholung und eingehender Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen die Kläger geltend, das Urteil unterliege ernstlichen Zweifeln hinsichtlich seiner Richtigkeit, weil
“1. die Beschlüsse vom 4. Juni 2019 nicht vom gesetzlichen Richter stammten,
2. kein Nichtbetreiben „länger als zwei Monate“ vorliege,
3. keine Beschränkung der Wiedereinsetzung auf Fälle der „höheren Gewalt“ gerechtfertigt sei,
4. eine Verlängerung der Klagebegründungsfrist möglich, hier sogar geboten gewesen sei,
5. fristwahrende Handlungen vorgenommen worden seien, weswegen kein Nichtbetreiben vorliege,
6. die (gerichtliche) Betreibensaufforderung vom 21. März 2019 ungeeignet gewesen sei, die Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO auszulösen“,
und
„7. die Fristsetzung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO unverhältnismäßig gewesen sei, insoweit hätten Möglichkeiten nach § 87b Abs. 1 bzw. Abs. 2 VwGO als mildere Mittel gleicher Eignung bestanden“.
Dieser Vortrag verhilft ihrem Zulassungsbegehren nicht zum Erfolg.
Entgegen der Auffassung der Kläger begegnet zunächst der Umstand keinen rechtlichen Bedenken, dass die streitgegenständlichen Beschlüsse vom 4. Juni 2019 allein von der Kammervorsitzenden als Berichterstatterin und nicht von sämtlichen Mitgliedern des Spruchkörpers gefasst und unterschrieben worden sind (vgl. oben 1.) Zwar ist die spruchkörperinterne Zuständigkeit in Fällen wie dem vorliegenden gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, nach § 87a Abs. 1 Nr. 2 VwGO entscheidet aber der Einzelrichter bzw. bestellte Berichterstatter bei Zurücknahme der Klage. Nach allgemeiner Meinung ist damit nicht nur die Erklärung der Rücknahme nach § 92 Abs. 1 VwGO, sondern auch die Rücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 Satz 4 VwGO gemeint. Nach Sinn und Zweck des § 87a Abs. 1 VwGO, der vor allem der Beschleunigung des Verfahrens und der Entlastung des Spruchkörpers dient, gilt diese Zuständigkeit sowohl für die Feststellung des Eintritts der Fiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO als auch für die daran anschließende Verfahrenseinstellung nach § 92 Abs. 3 VwGO. Die Zuständigkeit für die entsprechende Kostenentscheidung ergibt sich aus § 87a Abs. 1 Nr. 5 VwGO (vgl. zum Ganzen: Rennert und Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 19, § 87a Rn. 1, 8).
Soweit die Kläger darüber hinaus im Wesentlichen das Vorliegen sämtlicher rechtlicher Voraussetzungen einer fingierten Klagerücknahme nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO und der ihr folgenden Verfahrenseinstellung bestreiten, trifft dies nicht zu. Gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt die Klage als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Hierfür müssen drei Voraussetzungen – zwei geschriebene und eine ungeschriebene – erfüllt sein: Der Kläger muss seinen Prozess unzureichend betrieben haben; daraufhin muss das Gericht ihn unter Belehrung zum Betreiben auffordern; gleichwohl muss der Kläger den Prozess weitere zwei Monate nicht betreiben. Sind die Voraussetzungen der Rücknahmefiktion erfüllt, spricht das Gericht dies durch Beschluss aus (Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 15).
Zutreffend ist das Verwaltungsgericht hier vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen und hat die streitgegenständlichen Verfahren durch Beschluss eingestellt. Nachdem die Kläger sich in ihren unter dem 12. Juli 2018 erhobenen Klagen deren Begründung mit gesondertem Schriftsatz ausdrücklich vorbehalten hatten, gewährte ihnen das Verwaltungsgericht zunächst – ihren Anträgen entsprechend – eine zweimalige Verlängerung der hierfür gesetzten Frist. Ein späteres Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2018 mit der Bitte, die Klagen nunmehr zu begründen, blieb ebenso unbeantwortet wie ein weiteres Schreiben des Gerichts vom 5. Februar 2019 mit der Bitte, die Klagen nunmehr bis spätestens 1. März 2019 zu begründen. Der folgenden, förmlichen Aufforderung des Gerichts, die Verfahren nun durch Begründung der Klagen binnen zwei Monaten zu betreiben, anderenfalls gälten die Klagen als zurückgenommen (ausweislich der bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisse zugestellt am 1. April 2019), sind die Kläger ebenfalls nicht fristgemäß nachgekommen. Vielmehr haben sie ihre Klagen erst mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. Juni 2019, mithin sowohl nach Ablauf der zweimonatigen Frist am 3. Juni 2019 als auch nach Ergehen der verfahrenseinstellenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichts am 4. Juni 2019, begründet.
Aus diesem aus den Akten ersichtlichen Geschehensablauf erhellt zunächst, dass die Kläger ihre Verfahren bereits in einem frühen Stadium unzureichend betrieben und damit dem Gericht Anlass für eine – im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO geeignete (vgl. oben 6.) – Betreibensaufforderung gegeben haben. Denn sie haben zwar anfangs Anträge auf Fristverlängerung gestellt, die das Gericht auch zweimal gewährt hat, sie haben aber nicht, wie sie behaupten, auf alle (folgenden) Aufforderungen des Verwaltungsgerichts zur Klagebegründung jeweils reagiert und damit ihr fortbestehendes Interesse an einer Sachentscheidung bekräftigt. Ebenso wenig hat das Verwaltungsgericht, wie die Kläger meinen, die Verfahren sodann zu früh, nämlich am 4. Juni 2019, eingestellt (vgl. oben 2.). Die Kläger selbst gehen – zutreffend – davon aus, dass die Frist von zwei Monaten innerhalb derer ihnen das Betreiben des Verfahrens aufgegeben war, mit Ablauf des 3. Juni 2019 geendet hat. Das bedeutet, dass die Verfahren am 4. Juni 2019 „länger als zwei Monate“ im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht betrieben worden waren und die Klagen als zurückgenommen galten. Die Forderung, hier müsse mindestens ein zusätzlicher Tag berechnet werden, findet im Gesetz keine Stütze und ist rechtlich unzutreffend.
Fehl geht auch die weitere Annahme der Kläger, es sei möglich bzw. sogar geboten gewesen, die durch die gerichtliche Aufforderung in Gang gesetzte, gesetzliche Frist von zwei Monaten (§ 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zu verlängern, weil es die Prozessbevollmächtigte der Kläger nicht an jeglicher Handlung innerhalb dieser Frist habe fehlen lassen (vgl. oben 4., 5.). Vielmehr habe ihr Vertreter schriftlich gebeten, die Frist aufgrund ihrer krankheitsbedingten Abwesenheit als alleinige Sachbearbeiterin stillschweigend zu verlängern und sei damit fristwahrend tätig geworden. Im Hinblick auf speziell diese gewünschte Fristverlängerung hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen (UA S. 15), dass es sich insoweit um eine gesetzliche Frist im Sinn von § 224 Abs. 2 ZPO handelt, die grundsätzlich nicht verlängerbar ist (vgl. dazu auch: Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 18 m.w.N.). Was die Einordnung des am Tag des Fristablaufs, dem 3. Juni 2019, bei Gericht eingegangenen Schreibens als fristwahrende Maßnahme betrifft, so genügte das in diesem Prozessstadium nicht, um die begründete Vermutung eines Wegfalls des Rechtsschutzinteresses zu widerlegen. Denn nach Zustellung der Betreibensaufforderung liegt es am jeweiligen Kläger, die tatsächliche Vermutung des entfallenen Rechtsschutzinteresses dadurch zu entkräften, dass er das Verfahren innerhalb von zwei Monaten betreibt. Schweigt er, so betreibt er nicht. Äußert er sich nur dahin, dass er gedenke, die Klage fortzuführen, ohne indes die von ihm erwartete Klagebegründung vorzulegen, so betreibt er unzureichend; das steht dem Nichtbetreiben gleich. Legt er indes substantiiert dar, weshalb die Klagebegründung bislang nicht vorgelegt wurde, so betreibt er das Verfahren genügend (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 18 m.w.N.). Gemessen daran handelt es sich bei dem bloßen Gesuch um stillschweigende Verlängerung, dem im Übrigen keinerlei Nachweise beigefügt waren, um keine substantiierte Darlegung, weswegen die Klagebegründung tatsächlich weder durch die Klagebevollmächtigte selbst, noch etwa durch ihren unterzeichnenden Vertreter vorgelegt werden konnte und die damit eine – in diesem Prozessstadium rechtlich allein mögliche (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 1) – Aufhebung der gerichtlichen Betreibensaufforderung hätte rechtfertigen können. Zwar hat die Klägerbevollmächtigte dem Gericht später, unter dem 19. Juni 2019, eine auf den 6. Juni 2019 datierte ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, aber abgesehen davon, dass ihr in dieser lediglich eine Arbeitsunfähigkeit zwischen dem 17. Mai 2019 und dem 31. Mai 2019 attestiert wird, war sowohl zum Zeitpunkt der Vorlage bei Gericht als auch der Ausstellung des Attests die Klagerücknahmefiktion gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO bereits eingetreten.
Der Einwand der Kläger, die erfolgte Fristsetzung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO sei unverhältnismäßig gewesen, insoweit hätten mildere prozessuale Mittel gleicher Eignung gemäß § 87b VwGO zur Verfügung gestanden (vgl. oben 7.), verhilft ihrem Zulassungsbegehren ebenfalls nicht zum Erfolg. Besteht – wie hier – erkennbarer Anlass, die Kläger zum Betreiben ihrer Verfahren aufzufordern, so kann – nicht muss – das Gericht dies tun. Etwas anderes gilt nur, wenn die Sache bereits entscheidungsreif ist (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 17). Letzteres war hier aber schon deshalb nicht der Fall, weil die anwaltlich vertretenen Kläger eine Begründung der Klage ausdrücklich angekündigt hatten, das Gericht eine solche offensichtlich für erforderlich hielt und eine Äußerung der Beklagten noch völlig fehlte. Der weitere Vortrag der Kläger, das Gericht hätte den Rechtsstreit auch lediglich anhand des ihm vorgelegten, angefochtenen Bescheids und der Behördenakten entscheiden können, überzeugt vor diesem Hintergrund nicht.
Und schließlich ist das Verwaltungsgericht – entgegen der Ansicht der Kläger – mit zutreffender Begründung (UA S. 17 f.) und in Übereinstimmung mit ständiger Rechtsprechung und herrschender Rechtsmeinung (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 92 Rn. 18 m.w.N.) zu Recht davon ausgegangen, eine mögliche Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO sei aufgrund des Charakters der Zweimonatsfrist als sog. uneigentliche gesetzliche Frist auf Fälle höherer Gewalt beschränkt und komme daher hier nicht in Betracht.
B.
Die Rechtsache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der Sachverhalt ist geklärt und die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – ohne Weiteres anhand der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften beantworten.
C.
Die Berufung ist auch nicht aufgrund der von den Klägern behaupteten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfordert, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich, bislang höchst richterlich oder obergerichtlich nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist; die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 5 B 1.19 D – juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – BayVBl 2016, 104 Rn. 6 m.w.N.; BayVGH, B.v. 4.6.2018 – 14 ZB 17.390 – juris Rn. 14 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, (2.) ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, (3.) erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und (4.) darlegen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Die Kläger halten folgende Fragen für grundsätzlich bedeutsam:
„1. Welche Richter dürfen den Beschluss nach § 92 Abs. 2 Satz 3 VwGO in den Fällen der fingierten Klagerücknahme erlassen (Vorsitzender/Berichterstatter oder nur die mit drei Berufsrichtern besetzte Kammer)?
2. Wie ist die Frist des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu berechnen?
3. Scheitert bei Versäumung einer Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine direkte Anwendung des § 60 Abs. 1 VwGO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand daran, dass es sich bei dieser Frist um eine sog. „uneigentliche Frist“ handelt?
4. Wie ist der Begriff der „höheren Gewalt“ zu verstehen, bei deren Vorliegen nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO allein in Betracht kommt?
5. Kann (und muss) eine Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO vom Verwaltungsgericht verlängert werden, wenn das entsprechende Gesuch vor ihrem kalendarischen Ablauf bei Gericht eingegangen ist und in der Sache die Verlängerung rechtfertigt?
6. Ist es in den Fällen, in denen die Wahrung einer Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO wegen einer plötzlich und unvermutet aufgetretenen Erkrankung des Prozessbevollmächtigten zu scheitern droht, für ein Betreiben im Sinne der Vorschrift hinreichend, wenn lediglich dieser Umstand als solcher und der Zeitraum der voraussichtlich noch andauernden Verhinderung der Schriftsatzfertigung innerhalb der Frist mitgeteilt werden, Konkretisierungen und Belege hierfür jedoch erst später – nach dem Ablauf der Frist des § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO – vorgelegt werden?
7. Schließen es wiederholt vom Gericht gewährte Fristverlängerungen aus, in der weiteren Nichtvornahme der geforderten Handlung (hier: Klagebegründung), einen Anlass zu sehen, eine Frist nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu setzen?
8. Ist eine Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 VwGO statthaft, wenn dem Verwaltungsgericht durch klägerische Vorlage des angefochtenen Bescheides und dort enthaltende Wiedergabe seiner Äußerungen aus der verfahrensrechtlichen Anhörung sowie Vorlage des kompletten Verwaltungsvorgangs seitens des Beklagten bereits die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte des Falles umfassend vorliegen?
9. Ist der Erlass einer Betreibensaufforderung nach § 92 Abs. 2 Satz 1 VwGO erst dann zulässig, wenn zuvor eine auf den Betreibensgegenstand gerichtete Aufforderung nach § 87b Abs. 1 bzw. Abs. 2 in Verbindung mit einer Belehrung über die Zurückweisungsmöglichkeit nach § 87b Abs. 3 VwGO ergangen und fruchtlos geblieben ist?“.
Keine dieser Fragen, die inhaltlich im Wesentlichen das bereits unter dem Gesichtspunkt der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils geltend gemachte Zulassungsvorbringen der Kläger aufgreifen, rechtfertigt indes die begehrte Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die unter Nummer 1. bis 6. und 9. aufgeworfenen Fragen sind – wie sich aus den Ausführungen oben A. ergibt – entweder zweifelsfrei anhand der gesetzlichen Regelung zu beantworten oder bereits ausreichend geklärt. Der Umstand, dass insoweit das von den Klägern gewünschte Ergebnis nicht erreicht wird, bedingt keinen zusätzlichen, grundsätzlichen Klärungsbedarf. Die unter Nummer 7. und 8. formulierten Fragen sind nur in Abhängigkeit von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beantworten und damit einer fallübergreifenden, grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
D.
Ein zur Zulassung der Berufung führender Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist ebenfalls nicht dargelegt. Die angeblich vom Verwaltungsgericht begangenen Rechtsfehler, die nach Auffassung der Kläger zugleich auch stets einen Verfahrensfehler bedingen, der die Aufhebung des angefochtenen Urteils erfordere, liegen, wie oben ausgeführt, nicht vor. Die geltend gemachte Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 GG) sowie auf „tatsächlich und rechtlich wirkungsvollen Rechtsschutz“ (Art. 19 Abs. 4 GG) ist schon deshalb nicht gegeben, weil Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren allein die dem Prozessrecht zuzuordnende Frage ist, ob die mit gerichtlichen Beschlüssen vom 4. Juni 2019 eingestellten Verfahren fortzuführen sind. Die nach Meinung der Kläger inhaltlich vom Verwaltungsgericht insoweit zu Unrecht nicht berücksichtigte, nach Einstellung der Klageverfahren am 13. Juni 2019 eingereichte, schriftliche, materiell-rechtliche Begründung ihrer Klagen gegen die bodenschutzrechtlichen Anordnungen der Beklagten vom 19. Juni 2018 ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich.
E.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 2 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
F.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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