Verwaltungsrecht

Betretungs- und Aufenthaltsverbot für Sportstätten

Aktenzeichen  10 CS 16.431

Datum:
12.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LStVG LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, 3
VwGO VwGO § 146 Abs. 4

 

Leitsatz

Der Beschwerdeführer in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren muss darlegen, welche tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts er in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für falsch oder unvollständig hält und dabei substantiiert ausführen, weshalb die Überlegungen des Verwaltungsgerichts falsch sind, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben und was richtigerweise zu gelten hat. Es reicht nicht aus, erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen oder darauf zu verweisen. (redaktioneller Leitsatz)
Eine Gefährdungslage bei einem Fußballspiel liegt vor, wenn eine Situation geschaffen wird, die darauf ausgerichtet ist, die gegnerischen Fans zu provozieren, sodass die Lage jederzeit eskalieren kann, wodurch es zur Begehung von Straftaten und damit zu einer Gefährdung von Menschen kommen kann. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 4 S 16.6 2016-02-09 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

II.
Es bestehen bereits erhebliche Zweifel daran, ob die Beschwerde insgesamt zulässig ist.
Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung der Beschwerde die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Mangelt es an diesem Erfordernis, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Der Beschwerdeführer muss darlegen, welche tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts er in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht für falsch oder unvollständig hält, und dabei substantiiert ausführen, weshalb die Überlegungen des Verwaltungsgerichts falsch sind, welche Rechtsfolgen sich daraus ergeben und was richtigerweise zu gelten hat. Es reicht nicht aus, erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen oder darauf zu verweisen (vgl. Kaufmann in Beck’scher Online-Kommentar VwGO, Stand 1.10.2015, § 146 Rn. 14; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schnei-der/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Okt. 2015, § 146 Rn. 13c).
Der Antragsteller wiederholt in seiner Beschwerdebegründung letztlich nur seine Sicht des tatsächlichen Geschehensablaufs am 22. November 2015, wie er sie bereits vor dem Verwaltungsgericht vorgetragen hat. Er geht nicht – worauf die Antragsgegnerin zu Recht hingewiesen hat – auf die tragende Erwägung des Verwaltungsgerichts ein, dass – auch wegen des substantiierten Tatsachenvortrags des Antragstellers – der genaue Geschehensablauf am 22. November 2015 durch eine Beweiserhebung (Zeugeneinvernahme) im Hauptsacheverfahren aufzuklären und deswegen der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei und dass im Rahmen der nun zu treffenden Interessenabwägung die öffentlichen (Sicherheits-) Interessen die privaten Interessen des Antragstellers überwiegen würden.
Allenfalls könnte der Vortrag in der Beschwerdebegründung zugunsten des Antragstellers dahin ausgelegt werden, er wende sich damit gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Sachverhaltsdarstellung der Polizei, die die Antragsgegnerin ihrem Bescheid zugrunde gelegt hat, die Einschätzung als konkrete Gefährdungslage und die Gefahrenprognose im Sinn von Art. 7 Abs. 2 Nrn. 1 u. 3 LStVG tragen würde, wenn sich diese Sachverhaltsdarstellung im Hauptsacheverfahren als zutreffend erweist. Wenn bereits die Sachverhaltsdarstellung der Polizei die getroffene Maßnahme nicht rechtfertigen könnte, oder wenn die Sachverhaltsdarstellung bereits mit dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung widerlegt werden könnte, dürften die Erfolgsaussichten der Klage nicht mehr nur als „offen“ eingeschätzt werden, und die Interessenabwägung würde zu einem anderen Ergebnis führen.
Ein derartiges Ergebnis kann aus dem – hier gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein heranzuziehenden – Vortrag in der Beschwerdebegründung jedoch nicht abgeleitet werden. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht dargelegt, dass auf der Grundlage des von der Polizei geschilderten Sachverhalts von einer konkreten Gefährdungslage auszugehen war, weil der Antragsteller gemeinsam mit seinem Begleiter eine Situation geschaffen hat, die darauf ausgerichtet war, die gegnerischen Fans zu provozieren; die Lage habe jederzeit eskalieren können, wodurch es zur Begehung von Straftaten und damit zu einer Gefährdung von Menschen hätte kommen können. Auch die Gefahrenprognose des Verwaltungsgerichts aufgrund des Verhaltens und des eigenen Vortrags des Antragstellers ist nicht zu beanstanden. Die Sachverhaltsdarstellung der Polizei aus dem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 30. November 2015 wurde durch die vom Verwaltungsgericht eingeholte Stellungnahme des Polizeidirektors M. vom 3. Februar 2016 und dessen Zeugenerklärung vom 22. November 2015 gestützt. Der abweichende Sachvortrag des Antragstellers, gestützt durch seine eidesstattliche Versicherung vom 4. Januar 2016, kann – worauf das Verwaltungsgericht zu Recht abgestellt hat – die Tatsachendarstellung der Polizei nicht von vornherein widerlegen, sondern führt dazu, dass der Geschehensablauf im Hauptsacheverfahren durch eine Beweisaufnahme geklärt werden muss. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht von offenen Erfolgsaussichten der Klage ausgegangen.
Es trifft auch nicht zu, dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts davon ausgehe, dass der Antragsteller und sein Begleiter Mitglieder der Ultra-Gruppierung „B. S.“ sind. In dem angegriffenen Beschluss findet sich kein Hinweis auf eine derartige Annahme.
Soweit der Antragsteller geltend macht, es wäre ein milderes Mittel gewesen, dem Antragsteller aufzugeben, „dass er nach einem Spiel diesen Weg nicht mehr nehmen darf“, ist dem entgegenzuhalten, dass damit weder dargelegt ist, welchen konkreten anderen „Weg“ der Antragsteller nehmen könnte, noch wie damit die vom Verwaltungsgericht getroffene Gefahrenprognose erschüttert werden könnte (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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