Verwaltungsrecht

Bewertungsfehler, Bewertungsspielraum, Chancengleichheit, Lehramt, Staatsprüfung, Mathematik

Aktenzeichen  W 2 K 19.669

Datum:
14.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32632
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 58 Abs. 2 S. 1, § 67 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 113 Abs. 5, § 154 Abs. 1, § 167
LPO I § 5, § 19 Abs. 1 S. 2, Abs. 3, Abs. 4, § 26 Abs. 11 S. 1
GKG § 52 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 11, § 711

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Da dem Kläger keine Rechtsbehelfsbelehrung:erteilt worden ist, war die Klage innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses zu erheben (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Bewertung der streitgegenständlichen Teilprüfung Analysis ist nicht zu beanstanden; der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubewertung seiner schriftlichen Arbeit. Die Bescheinigung des Kultusministeriums vom 31. Dezember 2018 in Verbindung mit der „Mitteilung über die Einzelleistungen“ vom 22. November 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
1. Rechtsgrundlage für die Durchführung und Bewertung der streitgegenständlichen Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien ist die Lehramtsprüfungsordnung I. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 b) LPO I ist die Erste Staatsprüfung nicht bestanden, wenn in einem vertieft studierten Fach für das Lehramt an Gymnasien das Mittel aus dem einfachen Zahlenwert der Note für die fachdidaktische Leistung und dem achtfachen Zahlenwert der Durchschnittsnote für die übrigen Leistungen (§ 30) der Ersten Staatsprüfung (mit dem Teiler 9) schlechter als „ausreichend“ ist. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger gegeben, da auch seine Teilprüfung Lineare Algebra mit der Note 5 bewertet wurde und die Teilprüfung Fachdidaktik mit der Note 3; diese Bewertungen sind nicht angegriffen worden.
2. Die Aufhebung eines Prüfungsbescheids und die Verpflichtung der Behörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen, setzt voraus, dass die Bewertung fehlerhaft ist und dieser Fehler Einfluss auf das Gesamtergebnis hat.
Nach dem das Prüfungsrecht beherrschenden Grundsatz der Chancengleichheit müssen für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gelten. Mit diesem Grundsatz wäre es unvereinbar, wenn einzelne Kandidaten, indem sie einen Verwaltungsgerichtsprozess anstrengen, die Chance einer vom Vergleichsrahmen unabhängigen Bewertung erhielten. Die gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt wird (BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – juris Rn. 53).
Dieser prüfungsspezifische Bewertungsspielraum erstreckt sich auch auf die Notenvergabe bei Prüfungen wie der streitgegenständlichen. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Prüfungspraxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Auch die Bestehensgrenze lässt sich nicht starr und ohne den Blick auf durchschnittliche Ergebnisse bestimmen. Daraus folgt, dass die Prüfungsnoten nicht isoliert gesehen werden dürfen, sondern in einem Bezugssystem zu finden sind, das durch die persönlichen Erfahrungen und Vorstellungen der Prüfer beeinflusst wird. Da sich die komplexen Erwägungen, die einer Prüfungsentscheidung zugrunde liegen, nicht regelhaft erfassen lassen, würde eine gerichtliche Kontrolle zu einer Verzerrung der Maßstäbe führen (BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – juris Rn. 52).
Gegenstände des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. etwa BVerwG, B.v. 13.5.2004 – 6 B 25.04 – juris Rn. 11 m.w.N.).
Ebenso handelt es sich um eine den Prüfern vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend determinierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar“ zu bewerten ist. In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraumes überschritten haben (BVerwG, B.v. 13.5.2004 – 6 B 25.04 – juris Rn. 11).
Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch gewertet werden. Überschritten wird der Beurteilungsspielraum ferner, wenn eine Bewertung auf einer wissenschaftlich-fachlichen Annahme des Prüfers beruht, die einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss (zusammenfassend: BVerwG, B.v. 13.5.2004 – 6 B 25.04 – juris).
Das Gericht hat jedoch die zu Grunde liegenden Prüfungsbewertungen nur insoweit zu überprüfen, als vom Prüfling dagegen substantiierte Einwendungen vorgebracht werden. Der Prüfling muss also auf vermeintliche Irrtümer und Rechtsfehler wirkungsvoll hinweisen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – juris Rn. 44). Dazu genügt es nicht, dass er sich generell gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistungen wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt. Vielmehr muss er konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt. Macht er geltend, dass etwa eine als falsch bewertete Antwort in Wahrheit vertretbar sei und auch so vertreten werde, so hat er dies unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen näher darzulegen (BVerwG, U.v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – juris Rn. 27).
Ist die vom Prüfling gerügte Bewertung einer Prüfungsaufgabe fehlerhaft und hat dieser Fehler Einfluss auf das Prüfungsergebnis, so führt dies zur Aufhebung des Bescheides über die Prüfungsendnote und zur Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen. Können allerdings Auswirkungen dieser materiellen Prüfungsfehler auf das Ergebnis der Prüfungsentscheidung ausgeschlossen werden, so folgt – wie bei unwesentlichen Verfahrensfehlern – aus dem Grundsatz der Chancengleichheit, dass ein Anspruch auf Neubewertung nicht besteht, weil sich die Prüfungsentscheidung im Ergebnis als zutreffend und damit als rechtmäßig darstellt (BVerwG, B.v. 13.3.1998 – 6 B 28/98 – juris Rn. 7).
Unter Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die gegen die Prüfungsbewertung erhobenen Einwendungen nicht durchgreifen.
a) Es liegen keine rechtserheblichen Verfahrensfehler vor.
aa) Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass die Teilaufgabe 4 b) aus dem Themenbereich 2 unlösbar gewesen sei, führt dies nicht zu einem relevanten Verfahrensfehler. In der besagten Aufgabenstellung befand sich zwar tatsächlich ein Fehler, der auch durch die vermeintliche Korrektur während der Prüfung nicht erfolgreich behoben werden konnte. Ein derartiger Prüfungsmangel hat jedoch grundsätzlich nur dann rechtserhebliche Konsequenzen, wenn er von dem betroffenen Prüfling rechtzeitig gerügt worden ist.
Dementsprechend bestimmt § 19 Abs. 3 und Abs. 4 LPO I, dass ein Antrag eines Prüfungsteilnehmers auf Wiederholung der Prüfung wegen Mängeln im Prüfungsverfahren unverzüglich zu stellen und ausgeschlossen ist, wenn seit Aushändigung des Prüfungszeugnisses oder der Bescheinigung gemäß § 5 LPO I ein Monat verstrichen ist.
Die streitgegenständliche Prüfung fand am 20. August 2018 statt. Einen Antrag auf Wiederholung der Teilprüfung Analysis wegen Mängeln im Prüfungsverfahren ließ der Kläger jedoch erst mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 25. April 2019 stellen. In seinem Einspruchsschreiben vom 13. Februar 2019 erhob er nur materiell-rechtliche Einwendungen, wandte sich aber nicht gegen das Verfahren als solches. Insbesondere erwähnte er nicht die Fehlerhaftigkeit der Aufgabenstellung, obwohl ihn diese nach seiner Darstellung in der eidesstattlichen Versicherung vom 10. Februar 2020 viel Zeit und Nerven gekostet habe und ursächlich für die Wahl des Themas gewesen sei. Der Antrag vom 25. April 2019 ist also offensichtlich verfristet.
Auch unabhängig von einer zusätzlichen normativen Regelung obliegt es einem Prüfling, auf eine fehlerfreie Verfahrensgestaltung hinzuwirken. Unterlässt er eine ihm zumutbare zeitnahe Rüge eines Fehlers des Prüfungsverfahrens, so ist ihm die spätere Berufung auf die Beachtlichkeit dieses Fehlers verwehrt (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 214f. m.w.N.). Dies ist hier geschehen, wenn der Kläger ausführt, er habe nach Erkennen der Fehlerhaftigkeit Überlegungen zum weiteren Vorgehen angestellt und die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten abgewogen. Er habe erwogen, der Klausuraufsicht den Fehler zu melden, sich aber schließlich dagegen und für die Bearbeitung der Aufgabengruppe 3 entschieden. Vor diesem Hintergrund ist es ihm verwehrt, sich nun im Widerspruch zu seinem damaligen Verhalten auf die Fehlerhaftigkeit der Teilaufgabe 4 b) zu berufen.
bb) Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auch rügt, dass die Teilaufgabe 4 b) aus der Bewertung genommen worden sei und die entsprechenden Punkte einer anderen Teilaufgabe aufgeschlagen worden seien, stellt dies keinen erheblichen Verfahrensfehler dar. Denn die Veränderung der Punkteverteilung innerhalb des Themas 2, das der Kläger nicht gewählt hat, kann für seine eigene Prüfungsbewertung nicht erheblich gewesen sein.
Eine den Prüfling persönlich betreffende Prüfungsentscheidung beruht grundsätzlich nicht auf einem Verfahrensfehler, den die Prüfungsbehörde gegenüber einem anderen Prüfling begangen hat. Ein Prüfling kann sich auf eine dem Grundsatz der Chancengleichheit widersprechende Begünstigung anderer Prüflinge nicht berufen, wenn sein eigenes Prüfungsverfahren korrekt verlaufen ist und seine eigenen Prüfungsleistungen ordnungsgemäß bewertet worden sind (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 489). Selbst wenn also in der veränderten Punkteverteilung eine Bevorteilung derjenigen Prüfungsteilnehmer, die Thema Nr. 2 gewählt haben, zu sehen wäre, wie der Kläger meint, führte dies nicht zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit. Denn der Kläger selbst hat hierdurch keinen Nachteil erlitten.
cc) Das Überdenkungsverfahren ist ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Rechtsgrundlage für dieses ist § 19 Abs. 1 und 2 LPO I. Danach können beim Prüfungsamt schriftlich Einwendungen gegen die Bewertung der Prüfungsleistung erhoben werden. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 LPO I sind diese Einwendungen konkret und nachvollziehbar schriftlich zu begründen. Der Prüfling muss konkret darlegen, in welchen Punkten die Einschätzung bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist.
Im Hinblick auf die Intensität, mit der berufsbezogene Abschlussprüfungen in die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Berufswahl eingreifen, und wegen der aufgrund der unabdingbaren Entscheidungsfreiräume der Prüfer in Bezug auf prüfungsspezifische Wertungen eingeschränkten nachträglichen gerichtlichen Kontrolle ist die Durchführung eines Überdenkungsverfahrens unerlässlich. Damit das Verfahren des Überdenkens der Prüfungsentscheidung seinen Zweck, das Grundrecht der Berufsfreiheit des Prüflings effektiv zu schützen, konkret erfüllen kann, muss gewährleistet sein, dass die Prüfer ihre Bewertungen hinreichend begründen, dass der Prüfling seine Prüfungsakten mit den Korrekturbemerkungen der Prüfer einsehen kann, dass die daraufhin vom Prüfling erhobenen substantiierten Einwände den beteiligten Prüfern zugeleitet werden, dass die Prüfer sich mit den Einwänden des Prüflings auseinandersetzen und, soweit diese berechtigt sind, ihre Bewertung der betroffenen Prüfungsleistung korrigieren sowie alsdann auf dieser – möglicherweise veränderten – Grundlage erneut über das Ergebnis der Prüfung entscheiden (vgl. BVerwG, B. v. 9.10.2012 – 6 B 39/12 – juris Rn. 5f.).
Dieses Verfahren wurde durch den Beklagten ordnungsgemäß durchgeführt.
Beiden Prüfern sind die Einwendungen des Klägers zugeleitet worden. Sie haben sich in ihren Stellungnahmen vom 11. März 2019 und 14. März 2019 ausführlich mit diesen auseinandergesetzt und entschieden, dass sie an ihrer Bewertung festhalten. Hinsichtlich der Einwendung, dass die Teilaufgabe 2 b) von beiden Korrektoren übersehen worden sei, wurde dieser Fehler eingeräumt und die fehlende Korrektur und Bewertung nachgeholt (dazu s.u.). Da gegen diese Bewertung wiederum keine Einwendungen mehr erhoben worden sind, war insofern die Durchführung eines (weiteren) Überdenkungsverfahrens entbehrlich. Denn Voraussetzung für einen Anspruch auf Durchführung eines Überdenkungsverfahrens ist es, substantiierte Einwendungen zu erheben. Das Überdenkungsverfahren ist nur im Rahmen dieser substantiierten Einwendungen durchzuführen (so auch Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 789).
b) Die Prüfungsentscheidung weist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keine erheblichen Bewertungsfehler auf.
aa) Das Fehlen einer seitens der Prüfungsbehörde vorgegebenen Musterlösung und eines verbindlichen Bewertungsmaßstabs ist prüfungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsverfahren gebietet keine Festlegung aller Prüfer auf eine „Musterlösung“ oder ein formal einheitliches Bewertungsschema, etwa in der Form eines „Punkteschemas“. Sofern die Prüfungsordnung keine Vorgaben macht und nicht bedingt durch die Art der Aufgabenstellung (z.B. im Antwort-Wahl-Verfahren) ausnahmsweise eine formalisierte Bewertung geboten ist, besteht vielmehr auch diesbezüglich ein Entscheidungsspielraum der Prüfer. Die Bewertung kann im Rahmen der durch die Prüfungsordnung vorzugebenden Bewertungsstufen weitgehend der persönlichen Einschätzung der Prüfer überlassen bleiben, die aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation und ihrer Erfahrung ein wertendes Urteil zu treffen haben (vgl. BayVGH, U.v. 11.2.1998 – 7 B 96.2162 – juris Rn. 28). Eine der Chancengleichheit genügende, gleichmäßige Bewertung wird dabei insbesondere durch die in § 26 Abs. 11 Satz 1 LPO I vorgeschriebene gesonderte Bewertung der schriftlichen Arbeiten von zwei Prüfern unter Verwendung der in § 12 LPO I festgelegten Prüfungsnoten sowie die aus Art. 12 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG resultierende Pflicht zur Begründung der Bewertung gewährleistet. Eine darüber hinausgehende Festlegung aller Prüfer auf eine „Musterlösung“ oder ein formal einheitliches Bewertungsschema, etwa in der Form eines „Punkteschemas“, ist nicht geboten (BayVGH, U.v. 11.2.1998 – 7 B 96.2162 – juris Rn. 30 m.w.N.)
Hinzu kommt vorliegend, dass entgegen der Ausführungen der Prozessbevollmächtigten des Klägers tatsächlich ein Bewertungsmaßstab vorhanden war, der die erreichbaren Punkte den Teilaufgaben zugewiesen hat. In der Aufgabenstellung findet sich hinter jeder Aufgabe die Angabe, wie sich die pro Aufgabe maximal erreichbaren sechs Rohpunkte auf die jeweiligen Teilaufgaben verteilen. Den Prüflingen war also schon während der Bearbeitung der Prüfungsaufgaben die Gewichtung der einzelnen Teilaufgaben bekannt. So führt auch der Kläger selbst in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 10. Februar 2020 aus, dass die Anzahl der jeweils erreichbaren Punkte für ihn maßgebliche Entscheidungsgrundlage bei der Sichtung der Aufgaben war.
Zudem wurde den Prüfern seitens des Kultusministeriums ein Notenschlüssel vorgeschlagen, den vorliegend beide Prüfer ihrer Bewertung zugrunde gelegt haben. Dieser verlangte das Erreichen von 35% der Rohpunkte, um eine Prüfungsarbeit als bestanden zu bewerten. Die Zuordnung der in der Prüfung gezeigten Leistung zu den in § 12 Abs. 1 LPO I festgelegten Notenstufen ist eine prüfungsspezifische Bewertung und fällt damit in den Bewertungsspielraum der Prüfer.
Der Grundsatz des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums gilt, wie bereits dargelegt, insbesondere auch bei der Festsetzung der Note einer Prüfungsleistung. Die Prüfer müssen bei ihrem wertenden Urteil gerade insoweit von Einschätzungen und Erfahrungen ausgehen, die sie im Laufe ihrer Praxis bei vergleichbaren Prüfungen entwickelt haben und allgemein anwenden. Daher steht ihnen vor allem bei der Einordnung der Qualität einer Prüfungsleistung in das Notensystem der Prüfungsordnung (und für die Festlegung der Bestehensgrenze) ein Bewertungsspielraum zu. Prüfungsnoten können nicht isoliert gesehen werden, sondern sind in einem Bezugssystem zu finden, das durch die persönlichen Erfahrungen und fachlichen Vorstellungen der Prüfer bestimmt wird. Es ist grundsätzlich nicht Aufgabe der Gerichte, insoweit eigene Bewertungskriterien aufzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991, 1 BvR 419/81 – juris Rn. 52).
Der gewählte Notenschlüssel, der als Bestehensgrenze das Erreichen von 35% der Rohpunkte festlegt, ist rechtlich nicht zu beanstanden, da er nachvollziehbar und nicht willkürlich erscheint. Wenn der Kläger ausführt, dass auch andere Notenschlüssel denkbar gewesen wären, verhilft das der Klage nicht zum Erfolg. Nach obigen Ausführungen ist es gerade Ausdruck des Bewertungsspielraums der Prüfer, die Bestehensgrenze eigenverantwortlich festzulegen. Es gibt nicht den einen „richtigen“ Notenschlüssel und ein vermeintlich strenger Notenschlüssel ist nicht automatisch rechtswidrig. Dass gut ein Drittel der Rohpunkte erreicht werden müssen, um eine Prüfung im Rahmen der Ersten Staatsprüfung zu bestehen, ist keine sachwidrige und überzogene Anforderung. Der angewandte – eher milde – Notenschlüssel führt somit nicht zur Fehlerhaftigkeit der Bewertung.
bb) Soweit der Kläger meint, die abweichende Bewertung durch die beiden Prüfer sei ein Beleg für die Willkür der Bewertung, dringt er damit nicht durch. Zum einen ist schon keine abweichende Bewertung gegeben, da beide Prüfer im Ergebnis die Ausarbeitung des Klägers übereinstimmend mit der Note 5 (mangelhaft) bewertet haben. Zum anderen ist es gerade Ausfluss des verfassungsrechtlich gebotenen Zweiprüferprinzips und der Pflicht zur selbständigen und eigenverantwortlichen Bewertung durch jeden Prüfer, dass es – auch im Ergebnis – zu unterschiedlichen Bewertungen kommen kann. Entsprechend sieht § 26 Abs. 11 Satz 2 und 3 LPO I deshalb für den Fall einer abweichenden Beurteilung auch eine sogenannte Kollisionsregel vor.
cc) Wenn der Kläger die mangelhafte Begründung der Bewertung rügt, vermag auch dies im Ergebnis keinen relevanten Bewertungsfehler begründen.
Die Lehramtsprüfungsordnung I enthält keine genauen Vorgaben für die Begründungspflicht der Prüfer. Nach verfassungsrechtlichen Grundsätzen folgt die Pflicht zur Begründung der Bewertung einer schriftlichen Aufsichtsarbeit bei Prüfungsentscheidungen aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz und dem Grundrecht auf freie Berufswahl (Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 12 Abs. 1 GG). Der Prüfer muss die tragenden Erwägungen darlegen, die ihn zur Bewertung der Prüfungsleistung geführt haben. Eine Begründung muss ihrem Inhalt nach so beschaffen sein, dass das Recht des Prüflings, Einwände gegen die Abschlussnote wirksam vorzubringen, gewährleistet ist. Entscheidend für die Bestimmung der Anforderungen, welche an Inhalt und Umfang einer Begründung zu stellen sind, ist es, dass aus ihr für das Gericht nachvollziehbar gefolgert werden kann, welche grundlegenden Gedankengänge den Prüfer zu der abschließenden Bewertung veranlasst haben. Hierbei muss aus der Begründung nicht jede Einzelheit, jedoch die für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkte nachvollziehbar sein. Es muss nachvollzogen werden können, welchen Sachverhalt sowie welche allgemeinen oder besonderen Bewertungsmaßstäbe der Bewertung zugrunde gelegt wurden (BVerwG, B.v. 8.3.2012 – 6 B 36.11 – juris Rn. 8).
An Inhalt und Umfang der Begründung dürfen jedoch nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Die Art und Weise der Begründung kann sowohl formularmäßig aussehen oder auch in Randbemerkungen bestehen. Maßgeblich ist also nur, dass aus ihr die tragenden Gründe für die Entscheidung zu folgern sind. Darüber hinaus ist mit der Begründungspflicht auch eine Garantie- und Klarstellungsfunktion für den Prüfer verbunden, dessen Selbstkontrolle sie in besonderem Maße fördert; dies ist bei der Bestimmung von Inhalt und Umfang der gebotenen Begründung im Einzelfall gleichfalls zu berücksichtigen (BVerwG, B.v. 8.3.2012 – 6 B 36.11 – juris Rn. 9.). Die Form und die inhaltliche Ausgestaltung der wertenden Äußerungen und schriftlichen Randbemerkungen der Prüfer sind nicht an bestimmte Regeln gebunden oder sonst standardisiert. Auch Korrekturanmerkungen am Rand der schriftlichen Prüfungsaufgabe, welche sogar nur aus Häkchen und Unterstreichungen bestehen können und in Wechselbeziehung der Prüfungsleistung und Aufgabenstellung auf die Gründe der Bewertung des Prüfers schließen lassen, sowie ergänzende Stellungnahmen im Rahmen des Überdenkungsverfahrens sind ausreichend. Es kann auch ausreichend sein, wenn sich die Prüferkritik am Inhalt und Aufbau einer Klausur mit schlagwortartigen Randbemerkungen aus dem Zusammenhang der schriftlichen Prüfungsarbeit ergibt und insoweit verständlich ist (VG Würzburg, U.v. 5.6.2019, W 2 K 18.260 – juris Rn. 40 m.w.N.).
Gemessen an diesem Maßstab begegnen die vorliegenden Begründungen zwar rechtlichen Bedenken. Denn in der Original-Klausur finden sich nur sporadisch textliche Anmerkungen und eine abschließende Begründung der Bewertung fehlt völlig. Lediglich die jeweilige Anzahl der erreichten Punkte wurde durchgängig vermerkt und abschließend die Summe gebildet. Dies allein lässt die Grundlagen für die Bewertungsentscheidung nur schwer erkennen und nachvollziehen. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen nochmals erhöhen, wenn es wie vorliegend um das Nichtbestehen einer den Berufszugang eröffnenden Staatsprüfung geht, erscheinen die Begründungen doch sehr knapp.
Soweit die Begründung als mangelhaft anzusehen wäre, konnte diese jedoch nachgebessert werden (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018 Rn. 712 m.w.N.). Die beiden Prüfer haben im Rahmen des Überdenkungsverfahrens die schriftliche Arbeit des Klägers nochmals bewertet und ihre Bewertung diesmal ausführlich begründet. In ihren Ausführungen setzen sie sich mit den Argumenten des Klägers auseinander und erläutern ihre Punktevergabe. Die tragenden Gründe ihrer Bewertung werden somit erkennbar. Der etwaige Mangel der unzureichenden Begründung ist dadurch behoben worden.
dd) Auch die Tatsache, dass im Rahmen der ursprünglichen Korrektur die Aufgabe 2 b) übersehen worden war, stellt im Ergebnis keinen erheblichen Bewertungsfehler dar. Denn entsprechend vorstehenden Ausführungen konnte auch hier die fehlende Korrektur und Bewertung im Rahmen des Überdenkungsverfahrens nachgeholt und der Fehler somit geheilt werden. Die nunmehr vorgenommene Bewertung von jeweils 0 Punkten trägt die ursprüngliche Bewertung. Einwendungen gegen diese Bewertung sind nicht mehr erhoben worden; vielmehr wurde im Klageverfahren eingeräumt, dass die Aufgabe eindeutig falsch bearbeitet worden ist.
ee) Auch im Übrigen sind keine rechtlich relevanten Bewertungsfehler erkennbar, die sich auf das Gesamtergebnis ausgewirkt haben könnten. Zu beachten ist hierbei, dass das Ausmaß der gerichtlichen Prüfung trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes auf konkrete substantiierte Einwendungen des Klägers beschränkt ist. Der Kläger muss konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur seiner Meinung nach Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt. Er hat mithin plausibel mit konkreten Hinweisen darzulegen, dass die Beurteilung des Prüfers einem Fachkundigen als unhaltbar erscheinen muss. Macht er geltend, dass etwa eine als falsch bewertete Antwort in Wahrheit vertretbar sei und so auch vertreten werde, so hat er dies unter Hinweis auf entsprechende Fundstellen näher darzulegen (BVerwG, U.v. 24.2.1993 – 6 C 35/92 – juris Rn. 27). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Unter Einbeziehung der Stellungnahmen der beiden Prüfer sowie des Aufgabenstellers ist die Bewertung als mangelhaft nachvollziehbar.
Den Einwendungen des Klägers gegen die Bewertung der verschiedenen Aufgaben ist gemein, dass er im Wesentlichen eigene Wertungen vornimmt und meint, seine Lösungsvorschläge seien höher zu bepunkten. Die Punktabzüge seien ungerecht, die volle Punktzahl sei angemessen usw. Der Kläger nimmt hier eigene Wertungen vor und übersieht dabei, dass – wie bereits dargestellt – insbesondere die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels dem prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum unterliegen, welcher der gerichtlichen Kontrolle entzogen ist (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2004 – 6 B 25/04 – juris Rn. 11). Die Ausführungen zu der Frage, wie jeweils eine „faire“ Korrektur und eine „wohlwollende“ Korrektur aussehen könnte, helfen deshalb hier nicht weiter, da sie gerade in den Bewertungsspielraum der Prüfer einzugreifen versuchen.
(1) Hinsichtlich Aufgabe 1 a) erläutert der Kläger zunächst seinen Lösungsweg und fragt sich, wie er sein Argument noch deutlicher hätte machen können. Er meint, seines Erachtens wäre die Aufgabe voll zu bepunkten gewesen, wenn er seine Ausführung um einen Satzteil ergänzt hätte. Für die Nichtnennung dieses fast schon offensichtlichen Falles eines ganzen Punkt abzuziehen, halte er für ungerecht.
Fraglich ist bereits, ob diese Einwendungen überhaupt die Anforderungen an eine substantiierte Bewertungsrüge erfüllen. Denn der Kläger nimmt im Wesentlichen eine eigene Einschätzung bzw. Bewertung seiner Leistung vor, ohne dabei konkret darzulegen, inwiefern hier etwas Vertretbares als falsch gewertet worden sei. Vielmehr bringt er selbst zum Ausdruck, dass auch aus seiner Sicht seine Begründung einer Ergänzung bedurft hätte.
Sowohl der Erstkorrektor als auch der Zweitkorrektor führen in ihren Stellungnahmen aus, dass sie den jeweils vorgenommenen Punktabzug für angemessen halten und begründen dies im Einzelnen mit Begründungs- bzw. Argumentationslücken. Im Rahmen des Klageverfahrens hält der Kläger seine Einwendungen aufrecht und wirft insbesondere dem Erstkorrektor vor, bei der von ihm geforderten Begründung handele es sich um ein Standardargument. Gerade die Einschätzung, ob ein bestimmtes Argument gefordert und wie dessen Fehlen beurteilt wird, steht jedoch allein den Prüfern zu und kann gerichtlich nicht überprüft werden.
(2) Hinsichtlich Aufgabe 1 b) wendet sich der Kläger im Wesentlichen gegen die Kritik „eine Abbildung ist kein Beweis!“ und erläutert, dass seines Erachtens Abbildungen als Teil einer Beweisführung nicht grundsätzlich verboten seien. Doch selbst wenn dies so wäre, halte er die volle Punktzahl für angemessen, da der Beweis seiner Meinung nach auch ohne die Illustration durch die Abbildung vollständig sei.
Die beiden Korrektoren erläutern in ihren Stellungnahmen, wieso sie jeweils den Abzug eines Punktes für angemessen halten. Tragender Grund für die Bewertung ist danach nicht die Frage, ob die Abbildung als Beweis tauglich ist oder nicht. Im Übrigen scheint auch der Kläger selbst nicht anzunehmen, dass eine Abbildung als solche einen Beweis darstellen kann. In seinem Einspruch ist nur die Rede von „Abbildungen als Teil einer Beweisführung“. Dass eine Abbildung allein den Beweis als solchen nicht ersetzt, dürfte außer Frage stehen und wird auch vom Kläger nicht behauptet. Wenn er ausführt, im Repetitorium sei ihnen die Verwendung von Abbildungen nahegelegt worden, um grafisch einsichtige Zusammenhänge zu verdeutlichen, bringt er gerade zum Ausdruck, dass ein Beweis im mathematischen Sinne nicht allein durch eine Abbildung erfolgt, sondern allenfalls durch deren mathematische Erläuterung. Ein Bewertungsfehler ist in dieser Anmerkung folglich also nicht zu sehen.
Im Weiteren enthält seine Argumentation lediglich die eigene Meinung, dass der Beweis vollständig sei und er daher die volle Punktzahl für angemessen halte. Dem sind die beiden Korrektoren in ihren Stellungnahmen entgegen getreten.
Im Rahmen des Klageverfahrens wird nun dem Erstkorrektor vorgeworfen, seine Aussage, dass weder im Beweis noch im Einspruch auf den Imaginärteil eingegangen werde, sei falsch. Denn in der Skizze des Klägers sei der Imaginärteil sehr wohl berücksichtigt worden („vgl. Achsenbeschriftungen“). Das Gericht vermag auch in dieser Äußerung des Erstkorrektors keinen Bewertungsfehler erkennen. Denn der Kläger trägt nicht vor, dass er im Beweis als solchen auf den Imaginärteil eingegangen ist und dies übersehen worden sei. Der Erstkorrektor hat in seiner Stellungnahme die Rechnung dargelegt, auf der der Beweis beruht, und in direktem Zusammenhang dazu moniert, dass nicht auf den Imaginärteil eingegangen wurde. Es fehlt seitens des Klägers an der Substantiierung, inwiefern er diesen Beweis vorgenommen und in dessen Rahmen auf den Imaginärteil eingegangen ist und dies der Korrektor übersehen habe.
Des Weiteren wird dem Zweitkorrektor vorgeworfen, der von ihm im Rahmen seiner Stellungnahme angebotene Lösungsweg sei falsch. Es komme der Verdacht auf, dass der Korrektor die Lösung der Aufgabe selbst nicht verstanden habe. Im Übrigen würden sich hier Erst- und Zweitkorrektor widersprechen. Dass diese Behauptungen nicht den Anforderungen an eine substantiierte Rüge genügen, liegt auf der Hand. Es besteht für das Gericht kein Anlass, an der Fachkompetenz der beiden Korrektoren – jeweils Professoren für Mathematik und Inhaber entsprechender Lehrstühle an den Universitäten Regensburg bzw. Würzburg – zu zweifeln. Die Unterstellung, der Zweitkorrektor habe wohl die Lösung nicht verstanden, ist als – äußerst gewagte – reine Behauptung nicht geeignet, nach dem bereits mehrfach dargestellten Prüfungsmaßstab des Gerichts einen Bewertungsfehler anzunehmen.
(3) Bezüglich Aufgabe 2 a) rügt der Kläger, dass ein Viertel der nötigen Auswertungen durchgeführt worden seien, weshalb ein Viertel der Punkte zu erwarten gewesen wären. Für die Lösung der Aufgabe sei die Auswertung der gegebenen Möbiustransformation an drei Randpunkten und einem inneren Punkt erforderlich. Eine Auswertung am Randpunkt -1 leiste er korrekt und gebe dadurch einen wesentlichen Lösungsbeitrag.
Diese Einwendung ist wiederum nicht hinreichend substantiiert. Der Kläger erläutert nachträglich, was aus seiner Sicht für die Lösung der Aufgabe erforderlich gewesen sei. Wenn er meint, er habe hierzu einen wesentlichen Lösungsbeitrag geleistet, setzt er sich an die Stelle der Prüfer und nimmt eine eigene Wertung vor. Die beiden Prüfer führen in ihren Stellungnahmen aus, dass der Kläger in seiner Klausur gerade nicht die Möbiustransformation erwähnt habe und somit an der Bewertung festgehalten werde. Im Klageverfahren räumt der Kläger selbst ein, dass die Begründung des Erstkorrektors nachvollziehbar sei. Dass sie „keine Zeichen einer wohlwollenden Korrektur“ zeige, ist entsprechend obigen Ausführungen rechtlich nicht von Bedeutung.
(4) Hinsichtlich Aufgabe 3 b) rügt der Kläger im Wesentlichen, dass er seine Aussagen erklärt habe und ihm nicht bekannt sei, wie sich der Korrektor die weitere Beweisführung genau vorgestellt habe. Aus seiner Sicht seien seine Begründungen anschaulich und durch seine Bearbeitung sei im Wesentlichen die Begründung des zu zeigenden Sachverhalts erbracht worden. Deshalb sei er der Auffassung, dass seine Bearbeitung mehr als ein Drittel der Punkte verdient habe.
Ob eine Begründung ausreichend ist oder nicht, unterfällt dem Beurteilungsspielraum der Prüfer und entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle. Die beiden Prüfer legen in ihrer Stellungnahme nachvollziehbar dar, aus welchen Gründen sie ihre jeweilige Bewertung vorgenommen haben und führen ihre Kritikpunkte dezidiert auf.
Im Klageverfahren wurde unter Berufung auf eine Einschätzung des Professors N. erstmals gerügt, dass die Aufgabe 3 b) nicht eindeutig und somit unlösbar sei. Auch mit diesem Einwand dringt der Kläger nicht durch. Zum einen führt Professor N. lediglich aus, dass die Aufgabenstellung „womöglich“ nicht eindeutig und somit unlösbar sei. Zudem begründet er dies damit, dass ihm völlig unklar sei, was genau eine asymptotisch stabile Lösung sein solle, da seiner Kenntnis nach nur Gleichgewichtspunkte asymptotisch stabil sein könnten. Diese Vermutungen vermögen ebenfalls keinen Bewertungsfehler zu begründen. Denn wie sich aus der Stellungnahme des Aufgabenstellers eindeutig ergibt, handelt es bei dem Begriff der „asymptotisch stabilen Lösung“ um einen in der Theorie gewöhnlicher Differentialgleichungen gebräuchlichen. Er lässt sich auch einem Standardwerk der Lehre entnehmen und zählt damit zu den Grundbegriffen. Die Aussage von Professor N. ist somit nicht nachvollziehbar und kann schon deshalb nicht Grundlage weiterer Erörterungen sein.
(5) Hinsichtlich Aufgabe 5 rügt der Kläger zunächst, dass ihm nicht klar sei, wie eine Bewertung mit 1,5 Punkten zustande komme, da dies aus der Korrektur nicht deutlich hervorgehe. Der Umfang der Lösung des Aufgabenteils C sei seiner Meinung nach höchsten zwei von sechs maximal erreichbaren Punkten wert. In den beiden übrigen Differentialgleichungen habe er einen zielführenden Ansatz gewählt und Teile richtig gelöst. Er halte daher 3 von 6 Punkten für angemessen.
Auch dieses Vorbringen genügt nicht den Anforderungen an eine substantiierte Bewertungsrüge. Der Kläger nimmt wiederum nur eine eigene Wertung und Gewichtung vor und setzt sich damit unzulässigerweise an die Stelle der Prüfer. Dabei fällt gerade die Gewichtung der einzelnen Aufgabenteile und der mangelhaften Bearbeitung in den originären prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum der Prüfer. Wie stark welche Aufgabe gewichtet wird, kann gerichtlich nicht beanstandet werden. Im Übrigen legen die beiden Prüfer in ihren Stellungnahmen nachvollziehbar dar, aus welchen Gründen sie diese Gewichtung und den jeweiligen Punktabzug vorgenommen haben.
Diese Kritik vermögen auch die Ausführungen im Klageverfahren nicht zu entkräften. Im Wesentlichen wird hier wiederum nur die Verteilung der Bepunktung moniert und das Vorliegen einer „unfairen Härtekorrektur“ behauptet. Dass dies nicht das Vorliegen eines rechtlich relevanten Bewertungsfehler begründen kann, ist bereits wiederholt ausgeführt worden. Auch „harte“ oder „strenge“ Korrekturen sind nicht per se unzulässig.
Da es insgesamt an rechtlich bedeutsamen Verfahrens- und Bewertungsfehlern fehlt, war die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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