Verwaltungsrecht

Dachgeschossausbau einer denkmalgeschützten Villa

Aktenzeichen  9 ZB 18.2091

Datum:
9.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 310
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDSchG Art. 6 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1. Einem Gebäude kommt kein niedrigerer Schutzstatus zu, wenn es „nur“ aufgrund seiner „geschichtlichen Bedeutung“ unter DEnkmalschutz gestellt wurde. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für den Denkmalschutz kommt es nicht maßgeblich auf die Einsehbarkeit des Baudenkmals an (vgl. VGH München, BeckRS 2015, 45071 Rn. 4). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 9 K 17.438 2018-07-26 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt die Erteilung eines Vorbescheids zum Dachgeschossausbau unter Erhöhung des Rundtreppenhauses seiner denkmalgeschützten Villa. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 1. Februar 2017 die Erteilung des Vorbescheids in den wesentlichen denkmalschutzrechtlichen Fragestellungen ab. Das Verwaltungsgericht wies die Klage hiergegen mit Urteil vom 26. Juli 2018 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass den geplanten baulichen Maßnahmen gewichtige Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der allein auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel hier nicht.
Der Kläger ist der Ansicht, dass das Gebäude keine historisch besonders wertvolle Bausubstanz habe, sondern allein aufgrund seiner geschichtlichen Bedeutung unter Schutz gestellt worden sei. Damit kann die Erteilung des beantragten Vorbescheids aber nicht begründet werden, weil das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, dass dem Gebäude kein niedrigerer Schutzstatus zukomme, wenn die Villa „nur“ aufgrund ihrer „geschichtlichen Bedeutung“ unter Schutz gestellt wurde, da vielmehr die überkommene Form maßgeblich sei. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, da Denkmalschutz vor allem die historische Bausubstanz und den Erhalt geschichtlicher Zeugnisse im Original schützen will (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.2012 – 2 B 11.2408 – juris Rn. 23; U.v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 – juris Rn. 18). Sowohl den Entscheidungsgründen als auch den Stellungnahmen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege vom 22. Dezember 2016 und vom 16. November 2010 sowie der unteren Denkmalbehörde vom 2. Januar 2017 lässt sich zudem entnehmen, dass neben dem äußeren Erscheinungsbild die vorhandene Grundrissstruktur sowie alle im Inneren des Gebäudes noch vorhandenen historischen Bauteile (Holzausstattungselemente, Stuckdecken, Treppenhäuser) wesentlicher Bestandteil des Baudenkmals und erhaltenswert sind. Ungeachtet in das Dachgeschoss eingreifender Baumaßnahmen im Jahr 1961 ist zudem nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit diesen fachlichen Stellungnahmen das Dachwerk weitgehend im bauzeitlichen Bestand erhalten geblieben ist. Hiermit setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht auseinander.
Zum Vortrag des Klägers, die Baumaßnahmen führten zu keinen spürbaren Veränderungen der Proportionen, hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung seiner beim Augenschein getroffenen Feststellungen in den Urteilsgründen darauf abgestellt, dass die Dachfläche bei Erhöhung des Treppenturmes überdimensioniert sei und die Originalität verfälsche. Es hat sodann weiter ausgeführt, dass beim Augenschein die denkmalfachliche Einschätzung vollumfänglich nachvollzogen werden konnte und sich die Substanz und Dachform mehr als nur unwesentlich verändern würden. Zudem stelle die geplante Dachterrasse einen dominanten Eingriff in die Dachlandschaft mit einem nicht unerheblichen Verlust historischer Bausubstanz dar. Dem Zulassungsvorbringen, das lediglich die auch schon erstinstanzlich vorgetragene Ansicht des Klägers wiederholt und sich nicht mit den o.g. fachlichen Stellungnahmen hierzu sowie den Feststellungen des Verwaltungsgerichts anlässlich des Augenscheinstermins auseinandersetzt, lassen sich insoweit keine Anhaltspunkte entnehmen, die geeignet sind, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts darzulegen.
Der Vortrag des Klägers, die geplanten Veränderungen seien für den normalen Betrachter kaum wahrnehmbar, geht ins Leere. Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass es auf die Einsehbarkeit ohnehin nicht maßgeblich ankomme. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 2 ZB 14.180 – juris Rn. 4; B.v. 26.3.1999 – 2 ZB 99.738 – juris Rn. 2).
Schließlich bleibt auch der Vortrag, die Beklagte habe das Ermessen im Hinblick auf das legitime Interesse des Klägers, alle Bereiche seines Gebäudes wirtschaftlich sinnvoll zu nutzen, sowie den Bezugsfall in der V.straße … fehlerhaft ausgeübt, ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen sachgerecht ausgeübt habe und hierbei auch die Eigentümerinteressen des Klägers berücksichtigt worden seien. Dass das Gebäude des Klägers ohne den Dachgeschossausbau in der beantragten Form nicht mehr sinnvoll nutzbar wäre, lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen. Ein Anspruch darauf, dass die für den Kläger rentabelste Nutzung des Denkmals erfolgt, besteht nicht (vgl. BVerfG, B.v. 2.3.1999 – 1 BvL 7/91 – juris Rn. 84; BayVGH, U.v. 3.1.2008 – 2 BV 07.760 – juris Rn. 20). Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Vergleichsfalles aus dem Jahr 2000/2001 hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass sachliche Gründe für eine Änderung der Genehmigungspraxis vorlägen, weil die Beklagte im Bescheid vom 1. Februar 2017 darauf abgestellt habe, dass sich die denkmalfachlichen Beurteilungskriterien und bautechnischen Erkenntnisse in den letzten Jahren geändert hätten. Abgesehen davon ist die denkmalschutzrechtliche Ermessensentscheidung regelmäßig eine Frage des Einzelfalls, aus der sich keine allgemeine Verwaltungspraxis ableiten lässt (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 – 2 ZB 11.1575 – juris Rn. 17). Dass dies hier anders zu beurteilen wäre, lässt sich dem Zulassungsvorbringen, das nicht einmal die Vergleichbarkeit der Maßnahmen erläutert, nicht entnehmen. Im Übrigen ist ein einziger Bezugsfall noch nicht geeignet, eine ständige Verwaltungspraxis zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.2012 a.a.O. Rn. 19).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 i.V.m. 9.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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