Verwaltungsrecht

Darlegung von Zulassungsgründen – Agrarumweltmaßnahme „ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb“

Aktenzeichen  13a ZB 17.2530

Datum:
23.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6977
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2a, Art. 49a Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Es ist nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, sich den Grund für eine Zulassung der Berufung gleichsam auszusuchen; der Antragsteller muss vielmehr herausarbeiten, aus welchen Gründen die von ihm angeführten Zulassungsgründe erfüllt sein sollen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 4 K 16.139 2017-09-27 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.254,70 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 27. September 2017 bleibt ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat mit seinem Urteil die Klage gegen den Bescheid des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten K. (AELF) vom 21. Juli 2014 abgewiesen, mit dem der Bewilligungsbescheid vom 5. August 2014 einschließlich der Auszahlungsmitteilungen für die Jahre 2010 bis 2013 für die Maßnahme A11 „ökologischer Landbau im Gesamtbetrieb“ insoweit widerrufen und die ausbezahlten Förderungen zurückgefordert wurden, als von den ursprünglich gemeldeten Flächen in Höhe von 37,27 ha vorzeitig 3,47 ha abgegangen waren. Rechtsgrundlage für den Widerrufsbescheid sei Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 und Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG. Der Kläger habe die Auflage, die bewilligte Maßnahme durchgängig auf den gleichen Flächen wie im Basisjahr 2010 durchzuführen, nicht erfüllt. Ein Flächenabgang von 3,47 ha falle nicht unter die Geringfügigkeitsregelung und es liege auch nicht der Ausnahmefall der höheren Gewalt vor. Ein Ausnahmefall „Vorliegen außergewöhnlicher Umstände“ sei gesetzlich nicht vorgesehen. Die neue Rechtslage, die in solchen Fällen eine Rückerstattung nicht mehr vorsehe, sei vorliegend noch nicht anwendbar; es liege auch keine antizipierte Verwaltungspraxis vor.
Zur Begründung seines Zulassungsantrags hat der Kläger im Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 auf einzelne Erwägungen des Urteils Bezug genommen, die von grundlegender Bedeutung seien und einer höhergerichtlichen Aufklärung bedürften.
In dieser Allgemeinheit wird die vom Kläger damit geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht hinreichend dargelegt. Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass im Zulassungsantrag eine Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).
Soweit der Schriftsatz lediglich die tragenden Erwägungen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts widergibt und Überlegungen zum Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen anstellt, genügt der Vortrag im Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 den genannten Anforderungen nicht. Ohne eine konkrete Grundsatzfrage aufzuwerfen oder zu formulieren führt der Kläger im Stil einer Berufungsbegründung aus, welche Punkte das Verwaltungsgericht aus seiner Sicht verkannt und nicht beachtet habe. Aus seinen allgemeinen Ausführungen lassen sich jedoch keine konkreten Grundsatzfragen entnehmen. Es ist nicht Aufgabe des Berufungsgerichts, sich den Grund für eine Zulassung gleichsam auszusuchen; der Antragsteller muss vielmehr herausarbeiten, aus welchen Gründen die von ihm angeführten Zulassungsgründe erfüllt sein sollen. Im Fall der grundsätzlichen Bedeutung muss die Rechts- oder Tatsachenfrage herausgearbeitet, also in dem Antrag formuliert und angegeben werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Das bloße Benennen oder Geltendmachen des Zulassungsgrundes genügt dem Darlegungserfordernis nicht (Roth in BeckOK, VwGO, Stand 1.1.2018, § 124a Rn. 64; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 124a Rn. 103).
Das gilt insbesondere, wie auch die Landesanwaltschaft in ihrer Erwiderung ausführt, für die Nummer 1 des Schriftsatzes, die sich mit der Risikoverteilung über die zukünftige Entwicklung der Pachtflächen befasst. Ungeachtet dessen bemisst es sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalls und ließe sich nicht allgemein klären, ob und in welchen Bereichen von einem Flächenabgang auszugehen ist. Letztendlich sieht das der Kläger ebenso, wenn er vorträgt, dass für die Beendigung des Pachtverhältnisses keinerlei Anzeichen vorgelegen hätten und dann die Fläche wegen der Zwangsversteigerung nicht mehr habe bewirtschaftet werden können.
Aus der Nummer 2 betreffend die Geringfügigkeitsgrenze ergibt sich nichts anderes. Dass der nationale Richtliniengeber hierzu Regelungen treffen kann, hat das Verwaltungsgericht festgestellt, ohne dass der Kläger einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf aufzeigt. Der weitere Einwand, die VO (EG) 1974/2006 könne keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung sein, geht zudem auch deshalb fehl, weil das Verwaltungsgericht als Rechtsgrundlage Art. 49 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 und Art. 49a Abs. 1 BayVwVfG mit der Begründung herangezogen hat, das maßgebliche Unionsrecht regle die Rückzahlungspflicht, enthalte aber keine Ermächtigung für einen Widerrufs- oder Rücknahmebescheid. Hierzu verhält sich der Zulassungsantrag nicht.
Unter Nummer 3 wirft der Kläger zwar die Frage auf, „was der EU Gesetzgeber unter der Formel von ‚höherer Gewalt oder außergewöhnlichen Umständen versteht‘, jedoch bedarf diese Frage keiner Entscheidung. In Art. 47 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1974/2006 hat der Gesetzgeber bereits selbst definiert, welche Fallkategorien unter diesem Oberbegriff zu verstehen sind. Zudem hat der nationale Richtliniengeber von der dort normierten Ermächtigung nur teilweise Gebrauch gemacht und – wie vom Verwaltungsgericht und der Landesanwaltschaft ausgeführt – in Nr. 7.6.1 der Gemeinsamen Richtlinien der Bayerischen Staatsministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und für Umwelt und Gesundheit zur Förderung von Agrarumweltmaßnahmen in Bayern gemäß Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 nur festgelegt, dass eine Aufhebung und Rückforderung für die Vergangenheit in Fällen höherer Gewalt unterbleiben kann. Regelungen für „außergewöhnliche Umstände“ wurden nicht getroffen. Dessen ungeachtet stellt das Verwaltungsgericht fest, dass hier keine Umstände mit vergleichbarem schwerem existenzbedrohendem Gewicht vorlägen. Dem ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
Soweit der Kläger schließlich in Nummer 4 auf eine zum hier maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht geltende Rechtslage verweist, besteht ebenfalls keine Entscheidungserheblichkeit.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.


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