Verwaltungsrecht

Darlegungsanforderungen an Verlust des Freizügigkeitsrechts

Aktenzeichen  10 ZB 20.303

Datum:
6.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9468
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FreizügG/EU § 4a Abs. 1, § 6 Abs. 4
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Die Kontinuität des rechtmäßigen Aufenthalts wird durch Strafhaft unterbrochen, sodass kein Daueraufenthaltsrecht nach § 4a Abs. 1 FreizügG/EU entstehen kann. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 10 K 19.466 2020-01-30 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger verfolgt mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2019, mit dem u.a. festgestellt wurde, dass der Kläger sein Recht auf Einreise und Aufenthalt verloren habe, weiter.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Mit dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag sind weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, noch eine Divergenz im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33).
Der Kläger rügt, er sei daueraufenthaltsberechtigt i.S.v. § 4a Abs. 1 FreizügG/EU, weil er sich seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Die Verlustfeststellung hätte daher an den strengeren Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 FreizügG/EU gemessen werden müssen. Diese hätten im Fall des Klägers nicht vorgelegen.
Dies genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Das Darlegungsgebot erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs (vgl. BayVGH, B.v. 30.7.2019 – 10 ZB 19.1318 – juris Rn. 6; B.v. 22.3.2019 – 10 ZB 18.2498 – juris Rn. 8; B.v. 24.1.2019 – 10 ZB 17.1343 – juris Rn. 4; B.v. 5.12.2018 – 9 ZB 18.904 – juris Rn. 3 m.w.N.), insbesondere eine substantielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil und den insofern entscheidungstragenden Argumenten (vgl. Happ in Eyermann, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 ff. m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung des Urteils vom 30. Januar 2020 im Wesentlichen auf die Begründung seines Prozesskostenhilfebeschlusses vom 7. Januar 2020, dem Kläger zugestellt am 14. Januar 2020, Bezug genommen. In diesem Beschluss hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf § 6 Abs. 4 FreizügG/EU berufen, weil er nicht daueraufenthaltsberechtigt sei. Er halte sich erst seit dem 17. Oktober 2014 (wieder) im Bundesgebiet auf. Dass er – wie von ihm behauptet – bereits seit 2008 oder 2012 durchgängig in Deutschland lebe, sei weder vom Kläger belegt noch sonst erkennbar. Insbesondere habe der Kläger bei seiner Anmeldung im Bundesgebiet zum 17. Oktober 2014 angeben, dass er aus Rumänien zugezogen sei. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung am 4. Januar 2019 habe er sich damit – auch ungeachtet seiner Haftzeiten – noch nicht fünf Jahre lang durchgängig im Bundesgebiet aufgehalten. Mit dieser Begründung setzt sich der Zulassungsantrag nicht ansatzweise auseinander. Unabhängig davon war die erforderliche Kontinuität des rechtmäßigen Aufenthalts mit Beginn der Untersuchungshaft am 26. März 2018, die durch das Strafurteil des Amtsgerichts München vom 22. Oktober 2018 in die bis zum 9. September 2019 dauernde Strafhaft mündete, unterbrochen (BayVGH, B.v. 21.1.2020 – 10 ZB 19.2250 – juris Rn. 6), sodass auch deshalb kein Daueraufenthaltsrecht entstehen konnte.
Zur mit dem Zulassungsantrag gerügten Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) enthält das Zulassungsvorbringen keinerlei Ausführungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben