Verwaltungsrecht

Das Darlegungsgebot bei einem Antrag auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  20 ZB 18.2196

Datum:
17.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 25255
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Zur Darlegung der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen. (Rn. 1 – 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. „Darlegen“ im Sinne des § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO erfordert mehr als einen nicht näher spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes. Es bedeutet vielmehr „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 8 K 17.1646 2018-04-24 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. April 2018 für beide Rechtszüge auf 10.800,- € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO innerhalb der Begründungsfrist nicht hinreichend dargelegt worden ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Zur Darlegung der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 63 m.w.N.). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente liegen in diesem Sinne dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – und B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546).
„Darlegen“ im Sinne des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert jedoch mehr als einen nicht näher spezifizierten Hinweis auf das behauptete Vorliegen eines Zulassungsgrundes. Es bedeutet vielmehr „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Erforderlich ist deshalb unter ausdrücklicher oder jedenfalls konkludenter Bezugnahme auf einen Zulassungsgrund eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124a Rn. 38, 49; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 59 und 63). Mit der Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens und der im Stil einer Berufungsbegründung vorgebrachten Kritik an dem angefochtenen Urteil wird dem Gebot der Darlegung im Sinn von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ebenso wenig genügt wie mit der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung.
So liegen die Dinge hier. Der Kläger beschränkt sich im Verfahren auf Zulassung der Berufung auf die Wiederholung seines erstinstanzlichen Vortrags und genügt damit nicht den oben beschriebenen Darlegungsanforderungen. Das Verwaltungsgericht hat sich mit den Einwendungen des Klägers in seinem Urteil ausführlich auseinandergesetzt. Aufgrund der vorgelegten Akten, insbesondere der vorgelegten Lichtbilder, war es der Meinung, dass es sich bei den streitgegenständlichen Gegenständen um beseitigungspflichtigen Abfall handelt.
Der Argumentation des Verwaltungsgerichts ist der Kläger im Zulassungsverfahren substantiell nicht entgegengetreten. Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil (Rn. 30 bis Rn. 40) eingehend mit den einzelnen zu beseitigenden Gegenständen befasst und deren Abfalleigenschaft bejaht. Soweit der Kläger im Zulassungsantrag vorbringt, einzelne Gegenstände noch verwenden zu wollen, ist dies wenig schlüssig, denn der Kläger hat die betreffenden Gegenstände nach Mitteilung des Landratsamtes weitgehend entfernt und Entsorgungsnachweise vorgelegt. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Senat hat sich der Kläger hierzu nicht erklärt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, der Streitwert aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.7.2 des Streitwertkatalogs (2013). Insoweit war der Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO.


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