Verwaltungsrecht

Dienstpostenbesetzung ohne Ausschreibung im Wege der Versetzung beim Landesamt für Verfassungsschutz

Aktenzeichen  M 5 E 16.730

Datum:
17.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1 S. 1, Abs. 3, § 154 Abs. 1
ZPO ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

Ein für einen Anordnungsgrund erforderlicher drohender Rechtsverlust ist nicht gegeben, wenn der streitbefangene Dienstposten jederzeit durch Umsetzung wieder freigemacht werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
Die Organisationshoheit des Dienstherrn verleiht diesem das Recht, einen Dienstposten im Wege der Beförderung, der Umsetzung oder einer den Status nicht berührenden Versetzung zu besetzen; bei Umsetzung und Versetzung braucht der Dienstherr kein Auswahlverfahren durchzuführen (ebenso BVerwG BeckRS 2012, 50028). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller steht als Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) in Diensten des Antragsgegners. Er ist beim Landesamt für Verfassungsschutz tätig. Der Beamte bewarb sich am 1. Dezember auf eine neue Stelle als Sachgebietsleiter, die durch Aufteilung des Sachgebiets … entstehen werde. Am 29. Januar 2016 bat er um eine zeitnahe schriftliche Mitteilung, falls er mit seiner Bewerbung – die auch die Stelle des Leiters des Sachgebiets … umfasse – nicht berücksichtigt werden könnte. Die Sachgebietsleitung … sei nicht ausgeschrieben worden, was intransparent sei.
Mit E-Mail vom selben Tag teilte das Landesamt dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, im Zuge einer Umo… die Stelle der Sachgebietsleiterin/des Sachgebietsleiters des Sachgebietes … (P., O., I., …, B.) mit der beigeladenen Beamtin zu besetzen.
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit folgendem Inhalt beantragt:
Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, den Dienstposten des Sachgebietsleiters des Sachgebietes … bei Landesamt für Verfassungsschutz mit einem anderen Bewerber zu besetzen, zu beschäftigen und eine auf den streitigen Dienstposten bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
Der Antragsgegner hätte den Dienstposten zuvor ausschreiben müssen um dafür Sorge zu tragen, dass bei der Besetzung dem Leistungsprinzip Rechnung getragen werde. Es hätte auch ein Leistungsvergleich stattfinden müssen, da der streitgegenständliche Dienstposten für beide Konkurrenten einen Beförderungsdienstposten darstelle. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner die Bewerbung überhaupt in seine Entscheidungsfindung einbezogen habe. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund, da die Beigeladene bei der Wahrnehmung des Dienstpostens einen Bewährungsvorsprung erlangen könnte.
Das Landesamt für Verfassungsschutz hat für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Stelle dieser Sachgebietsleitung solle zukünftig – nach der Umsetzung des derzeitigen Stelleninhabers, der ein Amt der Besoldungsgruppe A 15 innehabe – mit A 13/14 bewertet werden. Aufgrund einer Verlagerung von Aufgaben sei es ausreichend, den Dienstposten eines Sachgebietsleiters des Sachgebiets … mit A 13/14 und nicht mehr mit A 14/15 zu bewerten. Eine entsprechende Dienstposteneinrichtung bzw. -änderung sei beim Bayerischen Staatsministerium … am 22. Februar 2016 beantragt worden. Die ausgewählte Beamtin habe ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 inne und besitze die im Wege der modularen Qualifizierung erworbene Qualifizierung für Ämter ab der vierten Qualifikationsebene bis zur Besoldungsgruppe A 14. Sie habe auch im Tätigkeitsbereich, der zum Sachgebiet … gehöre, bereits dienstliche Erfahrungen gesammelt. Eine Ausschreibung des Dienstpostens sei daher – wie in vergleichbaren Fällen üblich – nicht vorgesehen. Der angestrebte Dienstposten stelle für den Antragsteller keinen Beförderungsdienstposten dar. Es lägen auch keine besonderen persönlichen oder zwingende dienstliche Gründe vor, die eine vorrangige Besetzung des Dienstpostens durch den Antragsteller nahelegen würden.
Mit Beschluss vom 22. April 2016 wurde die ausgewählte Beamtin zum Verfahren beigeladen. Sie hat sich bislang nicht geäußert und insbesondere keinen Antrag gestellt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr droht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch, den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, als auch einen Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit der Streitsache, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO).
2. Vorliegend fehlt es bereits an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund.
Dem Antragsteller droht kein Rechtsverlust, wenn sich in einem Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die vorgenommene Besetzungsentscheidung zugunsten der Beigeladenen rechtswidrig war, da der streitbefangene Dienstposten jederzeit durch Umsetzung der Beigeladenen wieder freigemacht werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2012… – 3 CE 12…872 – juris; B.v. 17.1.2014 – 3 ZB 11.2522 – juris). Denn sowohl der Antragsteller wie die Beigeladene haben ein statusrechtliches Amt der Besoldungsgruppe A 14 inne, der umstrittene Dienstposten des Sachgebietsleiters … soll zukünftig mit der Besoldungsgruppe A 13/14 bewertet und mit einem Beamten besetzt werden, der sich vom Status höchstens in einem mit A 14 besoldeten Amt befindet. Dem steht nicht entgegen, dass die Stelle derzeit (wohl) noch mit A 14/15 bewertet ist. Denn der Dienstherr will den Dienstposten mit der Bewertung A 13/14 bewerten und die Besetzungsentscheidung unter dieser Voraussetzung treffen. Dass diese Umstände, die auch in ein organisatorisches Gesamtkonzept des Landesamtes eingebunden sind, in Kürze nicht umgesetzt würden, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Da die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle im Wege der Umsetzung vorgenommen werden soll, muss kein Auswahlverfahren durchgeführt werden. Auf einen durch die Wahrnehmung der Stelle eventuell erfolgenden Bewährungsvorsprung kommt es daher nicht an.
3. Auch das Bestehen eines Anordnungsanspruchs ist nicht glaubhaft gemacht.
Wenn sich der Dienstherr dafür entscheidet, einen frei werdenden Dienstposten im Wege der Umsetzung zu besetzen, muss kein Auswahlverfahren zwischen dem Antragsteller und der umzusetzenden Beamtin stattfinden. Die O…shoheit des Dienstherrn verleiht diesem das Recht, einen Dienstposten durch Beförderung, Umsetzung oder eine den Status nicht berührende Versetzung zu besetzen. Da der Antragsteller mangels Auswahlverfahrens gerade kein unterlegener Bewerber ist, bestanden auch keine Mitteilungspflichten des Dienstherrn (vgl. BayVGH, B.v. 17.1.2014 – 3 ZB 11.2522 – juris; BVerwG, U.v. 26.1.2012 … – 2 A 7.09 – BVerwGE 14…, 361).
Die Umsetzung ist auch nicht ermessensfehlerhaft. Bei einer Umsetzung hat der Dienstherr im Rahmen einer statusgemäßen Verwendung ein sehr weites Ermessen, das nur darauf überprüft werden kann, ob die Umsetzung durch Ermessensmissbrauch geprägt ist (BayVGH, B.v. 27.5.2013 – 3 CE 13.947 – juris). Nach diesem Maßstab ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass im Rahmen der Umo… die Stelle des Sachgebiets … neu und geringer bewertet wird. Ebenso hält es sich im rechtlich zulässigen Rahmen, eine entsprechend qualifizierte Beamtin auf den Posten umzusetzen, die bereits dienstliche Erfahrungen in dem Bereich gesammelt hat, der zu den Aufgabengebieten des umstrittenen Dienstpostens gehört.
Letztlich kann offen bleiben, ob die streitgegenständliche Stelle ausgeschrieben werden musste. Denn der Antragsteller hat erfahren, dass der Dienstposten zur Besetzung ansteht und sich darauf beworben. Der Dienstherr hat hiervon Kenntnis genommen, sich aber bei der Besetzungsentscheidung nicht für den Antragsteller entschieden. Damit konnte er seine Rechtsposition einbringen und hat keinerlei Rechtsnachteile erfahren (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2012 … – 3 CE 11.2534 – juris zum Bewerbungsverfahrensanspruch).
4. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da es nicht gerechtfertigt ist, auch deren außergerichtliche Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat sich nicht aktiv am Verfahren beteiligt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Da es sich nicht um die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zwischen zwei konkurrierenden Beamten nach dem Leistungsprinzip handelt, ist es gerechtfertigt, für die Bemessung des Streitwerts auf den halben Auffangwert zurückzugreifen (BayVGH, B.v. 27.5.2013 – 3 CE 13.947 – juris Rn. 31).


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