Verwaltungsrecht

Doppelnatur einer Gaststättenerlaubnis

Aktenzeichen  22 CS 18.1218

Datum:
12.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 42677
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 7, § 152a
GG Art. 103 Abs. 1
GastG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Die Doppelnatur einer Gaststättenerlaubnis ist sowohl eine personen- als auch objektbezogene Genehmigung und im Gesetz selbst angelegt (vgl. hinsichtlich der personenbezogenen Komponente § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4, hinsichtlich der räumlichen Erfordernisse § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2a und 3 GastG). Diese normative Vorgabe steht nicht zur Disposition von Verfahrensbeteiligten. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

22 CS 17.2291 2018-05-08 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens über die Anhörungsrüge zu tragen.

Gründe

I.
Durch Beschluss vom 17. Oktober 2017 (M 16 S7 17.250) lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag der Antragstellerin – einer Wohnungseigentümergemeinschaft, als deren Bevollmächtigter Herr G* … auftrat – als unzulässig ab, die Rechtswidrigkeit von Gaststättenerlaubnissen, die die Antragsgegnerin dem Beigeladenen erteilt hatte (bzw. die Rechtswidrigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit derartiger Erlaubnisse) festzustellen. Die hiergegen erhobene Beschwerde der Antragstellerin wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 8. Mai 2018 (22 CS 17.2291) zurück.
Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 5. Juni 2018 Anhörungsrüge erhoben.
II.
Über die Anhörungsrüge konnte entschieden werden, ohne den übrigen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Denn da eine Stattgabe dieses Rechtsbehelfs offensichtlich ausscheidet, war ihre Anhörung nicht im Sinn von § 152a Abs. 3 VwGO erforderlich.
1. Das Vorbringen in Abschnitt II.7 des Schriftsatzes vom 5. Juni 2018 kann der Anhörungsrüge schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil der Beschluss vom 8. Mai 2018 nicht tragend auf den Ausführungen in Abschnitt II.7 der Beschlussgründe beruht, mit denen sich die Antragstellerin insoweit auseinandersetzt. Eingangs jenes Abschnitts hat es der Verwaltungsgerichtshof nämlich ausdrücklich dahinstehen lassen, ob der Beschwerde bereits deshalb nicht stattgegeben werden durfte, weil die Begründung dieses Rechtsmittels augenscheinlich von Herrn G* … verfasst worden war und dringender Grund zu der Annahme bestand, dass der Rechtsanwalt, dessen Unterschrift jenes Schreiben trägt, die von Rechts wegen gebotene eigenständige Sichtung, Prüfung und Durcharbeitung des Streitstoffs unterlassen hatte. Da § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO voraussetzt, dass der Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör „in entscheidungserheblicher Weise“ verletzt wurde, sind Angriffe gegen ein bloßes obiter dictum, wie es die Ausführungen in Abschnitt II.7 der Gründe des Beschlusses vom 8. Mai 2018 beinhalten, im Rahmen einer Anhörungsrüge von vornherein unbehelflich.
2. In Abschnitt II.1 des Schriftsatzes vom 5. Juni 2018 macht die Antragstellerin geltend, die von ihr sowohl im ersten Rechtszug als auch im Rahmen der Beschwerdeanträge hilfsweise abgegebenen Erledigterklärungen seien zum einen wegen richterlicher Pflichtverletzungen, zum anderen deshalb unwirksam, weil tatsächlich keine Erledigungssituation eingetreten sei. Von der Unwirksamkeit dieser Prozesserklärungen ging auch der Verwaltungsgerichtshof in Abschnitt II.1 der Gründe des Beschlusses vom 8. Mai 2018 – wenngleich aus anderen Gründen als die Antragstellerin – aus. Der Umstand, dass ein Gericht tatsächliche Vorkommnisse anders als ein Verfahrensbeteiligter beurteilt oder einen Rechtsstandpunkt vertritt, der von der Auffassung eines Beteiligten abweicht, stellt als solcher keinen Gehörsverstoß dar.
3. Soweit sich die Antragstellerin in Abschnitt II.2 des Schreibens vom 5. Juni 2018 gegen die im Beschluss vom 8. Mai 2018 enthaltene Aussage wendet, das Verwaltungsgericht habe in der angefochtenen Entscheidung über den von ihr gestellten Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO befunden, macht sie – soweit anhand ihrer nur schwer verständlichen Ausführungen nachvollziehbar – die aus ihrer Sicht bestehende Fehlerhaftigkeit der Auslegung ihres Rechtsschutzziels geltend. Hierdurch würde ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG selbst dann nicht dargetan, wenn die unsubstantiierten Behauptungen der Antragstellerin zuträfen. Nur nachrichtlich ist deshalb festzuhalten, dass die Antragstellerin in Abschnitt II.4 der Zuschrift vom 5. Juni 2018 die Richtigkeit der durch das Verwaltungsgericht und durch den Verwaltungsgerichtshof vorgenommenen Auslegung selbst bestätigt. Sie führt dort aus:
„Da dieses Rechtsschutzgesuch nach § 80 Abs. 7 VwGO, das jederzeit gestellt werden kann und nicht an eine Erledigungssituation gebunden ist, lediglich voraussetzt, dass die Verfahren nach § 5 Abs. 5 VwGO abgeschlossen sind …, kommt grundsätzlich nicht in Betracht, dass so ein ‚Antrag‘ bzw. vielmehr dieses Rechtsschutzgesuch nach § 80 Abs. 7 VwGO unzulässig ist.“
U. a. die in dieser Textpassage aufgestellte, in offenem Widerspruch zu § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO stehende Behauptung, derartige Anträge könnten jederzeit gestellt werden, sowie die vorgenommene Bezugnahme auf die nicht existente Vorschrift des „§ 5 Abs. 5 VwGO“ erhellen zudem, dass auch das Schreiben vom 5. Juni 2018 von Herrn G* … verfasst wurde, und dass der Rechtsanwalt, der es unterzeichnet hat, erneut nicht der ihm obliegenden Pflicht gerecht geworden ist, Beiträge Dritter „zu sichten, sie auf ihre tatsächliche und rechtliche Tauglichkeit hin zu überprüfen und im Rahmen der geschuldeten Durcharbeitung des Streitstoffs unbrauchbare Bestandteile … auszusondern“ (BayVGH, B.v. 8.5.2018 – 22 CS 17.2291 – juris Rn. 39).
4. In Abschnitt II.3 des Schriftsatzes vom 5. Juni 2018 bekämpft die Antragstellerin die in den Randnummern 25 f. des Beschlusses vom 8. Mai 2018 enthaltene Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, sie sei in der im Verfahren 22 CS 17.2291 eingereichten Beschwerdebegründung dem Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts nicht entgegengetreten, der von ihr gestellte Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO habe sich mit der endgültigen Aufgabe des Gaststättenbetriebs durch den Beigeladenen erledigt.
Soweit sie in diesem Zusammenhang der Sache nach vorbringt, sie habe „bereits in der ersten Instanz mehrfach substantiiert ausgeführt“, dass sich ihre Rechtsbehelfe nur auf die raum-, nicht aber die personenbezogenen Komponenten der streitgegenständlichen Gaststättenerlaubnisse bezögen, weswegen eine „Rückgabe der Konzession“ durch den aktuellen Betreiber keine Aufgabe der Betriebsart darstelle, ist diese Einlassung bereits deshalb ungeeignet, der Anhörungsrüge zum Erfolg zu verhelfen, weil der Verwaltungsgerichtshof beim Erlass des Beschlusses vom 8. Mai 2018 gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung des form- und fristgerechten Beschwerdevorbringens beschränkt war. Am Ende des Abschnitts II.3.2 des Schriftsatzes vom 5. Juni 2018 hat die Antragstellerin zwar behauptet, einschlägiges Vorbringen finde sich auch in der Beschwerdebegründung und in ihrem (allerdings erst nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten) Schriftsatz vom 15. Januar 2018; unter Missachtung der sich aus § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO ergebenden Darlegungsobliegenheit hat sie jedoch nicht angegeben, an welcher Stelle jener Schreiben derartige Ausführungen zu finden seien.
Nur ergänzend ist deshalb festzuhalten, dass für den Verwaltungsgerichtshof auch unabhängig hiervon keine Veranlassung bestand, im Beschluss vom 8. Mai 2018 auf derartiges Vorbringen einzugehen. Denn die Doppelnatur einer Gaststättenerlaubnis als sowohl personen- als auch objektbezogene Genehmigung ist im Gesetz selbst angelegt (vgl. hinsichtlich der personenbezogenen Komponente § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 4, hinsichtlich der räumlichen Erfordernisse § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 2a und 3 GastG); diese normative Vorgabe steht nicht zur Disposition von Verfahrensbeteiligten. Art. 103 Abs. 1 GG aber gewährt keinen Schutz gegen gerichtliche Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder des materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seit dem Beschluss vom 15.2.1967 – 2 BvR 658/65 – BVerfGE 21, 191/194). Unverbeschieden bleiben dürfen danach nicht nur Einlassungen, die prozessrechtlich nicht in ordnungsgemäßer Weise zum Verfahrensinhalt gemacht wurden, sondern auch rechtlich unhaltbare oder sonst offensichtlich neben der Sache liegende Ausführungen.
Das weitere Vorbringen im Abschnitt II.3 des Schriftsatzes erschöpft sich darin, die aus der Sicht von Herrn G* … bestehende Unrichtigkeit des Beschlusses vom 8. Mai 2018 sowie von Entscheidungen des Verwaltungsgerichts geltend zu machen; es ist als solches nicht geeignet, die Voraussetzungen einer Gehörsverletzung aufzuzeigen. Gleiches gilt für die Abschnitte II.4 bis II.6 dieser Zuschrift.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Da über die Anhörungsrüge ohne Einholung einer Stellungnahme der übrigen Verfahrensbeteiligten entschieden wurde, können beim Beigeladenen insoweit keine außergerichtlichen Kosten angefallen sein, so dass sich eine ausdrückliche Entscheidung hierüber erübrigt.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO unanfechtbar.


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