Verwaltungsrecht

Duldung (Afghanistan), Erlaubnis der Erwerbstätigkeit, teilweise Erledigung der Hauptsache, Ermessensentscheidung: Vorwegnahme der Hauptsache

Aktenzeichen  10 CE 21.945

Datum:
27.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36676
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 2
VwGO § 161 Abs. 1 S. 1
AufenthG § 4a Abs. 4
BeschV § 32

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 9 E 21.474 2021-03-17 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Soweit die Beteiligten das Beschwerdeverfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt haben (hinsichtlich der Erteilung einer Duldung), wird das Beschwerdeverfahren eingestellt.
II. Im Übrigen (hinsichtlich einer Beschäftigungserlaubnis) wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller zu fünf Sechstel und der Antragsgegner zu einem Sechstel zu tragen.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf insgesamt 3.750,- Euro (1.250,- Euro bezüglich Duldung, 2.500,- Euro bezüglich Beschäftigungserlaubnis) festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, ein 1997 geborener afghanischer Staatsangehöriger, reiste im November 2015 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag blieb in vollem Umfang erfolglos (unanfechtbar seit 17. Juli 2020). Ab 11. August 2020 erhielt er eine Duldung aufgrund der Reiseeinschränkungen wegen der Corona-Pandemie.
Am 31. August 2020 heiratete der Antragsteller eine afghanische Staatsangehörige, der in Deutschland subsidiärer Schutz zuerkannt worden war und die seit dem 22. Januar 2021 eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG besitzt.
Am 20. Januar 2021 stempelte die Ausländerbehörde die (ursprünglich mit einer Gültigkeitsdauer bis 29. Januar 2021 ausgestellte) Duldungsbescheinigung „ungültig“. Der coronabedingte tatsächliche Duldungsgrund sei entfallen, die zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht sei wieder möglich. Deshalb habe die Duldung nicht verlängert werden können. Dies habe zur Folge, dass er ab sofort keine Beschäftigung mehr ausüben dürfe.
Am 25. Januar 2021 beantragte der Antragsteller (erneut) eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a AufenthG sowie eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Mit dem – hier streitgegenständlichen – Bescheid vom 26. Februar 2021 lehnte die Ausländerbehörde den Antrag auf Erteilung einer Duldung (Nr. 1 des Bescheids) und den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis (Nr. 2) ab.
Die Abschiebung sei nicht unmöglich, die Ausreise zur Durchführung eines Visumverfahrens mit Visumantragstellung in Pakistan oder Indien möglich und zumutbar. Da somit keine Duldung mehr bestehe, komme auch keine Beschäftigungserlaubnis nach § 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV in Betracht.
Am 3. März 2021 erhob der Antragsteller Klage (Au 9 K 21.472) mit dem Ziel, ihm einen Aufenthaltstitel gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a AufenthG und bis zur Entscheidung hierüber eine Duldung mit Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit zu erteilen.
Gleichzeitig beantragte er, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, bis zur Entscheidung in der Hauptsache von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, ihm eine Duldung gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG zu erteilen und die Erwerbstätigkeit zu erlauben.
Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 17. März 2021 (Au 9 E 21.474) den Antrag nach § 123 VwGO ab. Hinsichtlich der Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit enthält der Beschluss keine Ausführungen.
Der Antragsteller erhob hiergegen am 23. März 2021 Beschwerde, mit der er beantragte, den Antragsgegner unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 17. März 2021 im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu verpflichten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Duldung bzw. die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Die Begründung enthält keine Ausführungen zur Erlaubnis einer Erwerbstätigkeit, ebenso wenig die Beschwerdeerwiderung vom 19. April 2021 und die weiteren Schriftsätze des Antragstellers vom 23. April 2021 und 11. August 2021.
Mit Schreiben vom 19. August 2021 teilte der Antragsgegner mit, dass dem Antragsteller eine Duldung für zunächst drei Monate erteilt werde – was dann am 23. August 2021 erfolgte -, weil durch die „vorübergehende Aussetzung“ der Rückführungen nach Afghanistan ein tatsächliches Abschiebungshindernis vorliege.
Die Entscheidung über die Genehmigung einer Erwerbstätigkeit richte sich nunmehr nach § 4a Abs. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV und stehe im Ermessen der Ausländerbehörde. Die nunmehr zu treffende Ermessensentscheidung falle zu Ungunsten des Antragstellers aus. Der Antragsteller sei seit dem 16. August 2020 vollziehbar ausreisepflichtig und habe aufgrund dieses Umstandes eine negative Bleibeperspektive. Die Rückführungen nach Afghanistan seien zunächst nur vorübergehend ausgesetzt, ein genereller Abschiebungsstopp sei noch nicht verhängt worden. Einer Integration durch Arbeitsmarktzugang dürfe im Stadium der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht kein Vorschub geleistet werden. Zudem handele es sich bei der zu genehmigenden Erwerbstätigkeit lediglich um eine Helfertätigkeit und damit um eine einfache Beschäftigung. Auch habe sich der Antragsteller in der Vergangenheit hartnäckig geweigert, die erforderlichen Schritte zur Legalisierung seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Familiennachzugs zu seiner hier aufenthaltsberechtigten Frau vorzubereiten, obwohl er mehrmals schriftlich hierzu aufgefordert und belehrt worden sei. Die Tatsache, dass er bei der Identitätsklärung mitgewirkt und einen gültigen Reisepass eingereicht habe, sei positiv zu bewerten und wirke sich zugunsten des Antragstellers aus. Im Ergebnis überwögen in der Gesamtschau der Gründe diejenigen, die gegen eine Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis sprächen.
Außerdem könne der Antragsteller keinen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Hinsichtlich der Genehmigung der Erwerbstätigkeit sei zur Eilbedürftigkeit nichts vorgetragen worden, so dass dem Antragsteller zuzumuten sei, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Mit Schriftsatz vom 25. August 2021 erklärte der Antragsteller, damit habe sich in Bezug auf den Antrag auf Verpflichtung, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, und den Antrag auf Verpflichtung zur Erteilung einer Duldung das Begehren des Antragstellers erledigt. Im Rahmen der Beschwerde werde nur noch beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die Erwerbstätigkeit des Antragstellers zu erlauben.
Zum Anordnungsgrund wurde vorgetragen, der Antragsteller sei verheiratet und gegenüber seiner Ehefrau, die sich noch in der Ausbildung befinde, unterhaltspflichtig. Daher sei der Lebensunterhalt des Antragstellers und seiner Ehefrau nur unter Inanspruchnahme von Sozialleistungen gesichert, das Ehepaar sei auf die Unterstützung der Eltern der Ehefrau angewiesen. Deswegen habe die bereits bezogene Ehewohnung wieder aufgegeben werden müssen, die Ehefrau lebe wieder in der Nähe ihrer Eltern, und die eheliche Lebensgemeinschaft könne auf absehbare Zeit nicht gelebt werden. Dies verletze die Rechte aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. Es sei von Eilbedürftigkeit auszugehen, um diesen rechtswidrigen Zustand zu beenden.
Es bestehe auch ein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis. Die vom Beklagten getroffene bzw. angekündigte Ermessensentscheidung sei fehlerhaft. Unrichtig sei, dass er keine Bleibeperspektive habe; vielmehr habe er einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a AufenthG i.V.m. § 39 Satz 1 AufenthV. Die besonderen und die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen lägen vor. Ein Visumverfahren sei unzumutbar. Abschiebungen nach Afghanistan seien nicht nur vorübergehend ausgesetzt. Aufgrund der Machtübernahme durch die Taliban sei auch eine Ausreise dorthin gefährlich und unzumutbar. Weiter seien die zugunsten des Antragstellers sprechenden Ermessensgesichtspunkte nur unzureichend einbezogen worden. Durch die Heirat mit einer afghanischen Staatsangehörigen, die eine Niederlassungserlaubnis besitze, sei er in der Bundesrepublik Deutschland bereits fest verwurzelt. Er befinde sich bereits seit mehr als fünf Jahren hier und sei sozial und wirtschaftlich integriert, er sei bereits jahrelang in Vollzeit erwerbstätig gewesen und werde wieder eingestellt werden. Er sei nie strafrechtlich oder sonst negativ in Erscheinung getreten. Das Erwerbstätigkeitsverbot gehe auch zu Lasten der deutschen Steuerzahler, da der Antragsteller und seine Ehefrau weiterhin auf öffentliche Leistungen angewiesen wären. Da der Antragsteller über eine langfristige Bleibeperspektive verfüge, bestehe auch keine Gefahr, dass Umstände geschaffen würden, die eine Durchsetzung einer eventuellen Ausreisepflicht nach Wegfall des Abschiebungshindernisses verhindern könnten.
Eine einstweilige Anordnung habe auch nicht zur Folge, dass die Entscheidung im Hauptsacheverfahren endgültig und irreversibel vorweggenommen werde.
Der Antragsgegner erwiderte hierauf mit Schreiben vom 3. September 2021, ein Anordnungsgrund sei nicht gegeben. Dieser könne nicht mit der Sicherung des Lebensunterhalts begründet werden. Dieser sei derzeit durch öffentliche Mittel gesichert. Die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Vorteile einer Beschäftigungserlaubnis schnellstmöglich ausnutzen zu wollen, sei als Anordnungsgrund nicht ausreichend. Es sei zumutbar, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Auch ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Maßgeblich für die Ermessensentscheidung sei, dass dem Antragsteller wiederholt aufgezeigt worden sei, wie er seinen Aufenthalt im Bundesgebiet aufgrund der bestehenden Ehe und des Aufenthaltsrechts der Ehefrau legalisieren könne. Er habe die erforderlichen Schritte zur Nachholung des Visumverfahrens nicht eingeleitet. Damit habe er seine Bleibeperspektive durch Untätigkeit maßgeblich verschlechtert, dies habe allein er zu vertreten. Die erteilte Duldung beruhe auf der aktuellen Situation in Afghanistan. Der Antragsteller sei auf die Nachholung des Visumverfahrens über Indien oder Pakistan hingewiesen worden. Die Lage in Afghanistan sei hierfür unmaßgeblich.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2021 stimmte der Antragsgegner der Teilerledigungserklärung des Antragstellers in Bezug auf das Beschwerdeverfahren zu.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Behördenakten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
1. Soweit die Beteiligten das Beschwerdeverfahren mit ihren Erklärungen vom 25. August 2021 und vom 22. Oktober 2021 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben – nämlich hinsichtlich der weiteren Aussetzung der Abschiebung (Duldung, § 60a AufenthG) -, war das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO durch Beschluss einzustellen und nur noch über die Kosten zu entscheiden (s.u. 3.).
2. Im Übrigen – nämlich hinsichtlich der Erlaubnis einer Erwerbstätigkeit – ist die Beschwerde zurückzuweisen. Der Senat ist hierbei gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich auf die Prüfung der innerhalb der Begründungsfrist dargelegten Gründe beschränkt, doch können nach Fristablauf neu eingetretene Tatsachen oder Rechtsänderungen ausnahmsweise berücksichtigt werden (zu den Einzelheiten vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 29).
Ein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis zu der nunmehr am 23. August 2021 erteilten Duldung ist weiterhin nicht in einer den Anforderungen des § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO genügenden Weise glaubhaft gemacht.
Anspruchsgrundlage für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis an geduldete Ausländer sind § 4a Abs. 4, § 42 Abs. 2 Nr. 4 AufenthG i.V.m. § 32 BeschV. Die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis steht danach im Ermessen der Ausländerbehörde. Es ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer solchen Erlaubnis im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gesichert werden kann oder dadurch gegen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache verstoßen würde (NdsOVG, B. v. 11.6.2008 – 4 ME 184/08 – juris Rn. 5; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 50), weil durch die einstweilige Gestattung einer Erwerbstätigkeit der jeweilige Antragsteller legal einer Beschäftigung nachgehen und dieser Zustand rückwirkend nicht mehr beseitigt werden könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG gilt das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung jedoch nicht, wenn eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (BayVGH, B.v. 29.10.2020 – 10 CE 20.2240 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v.7.5.2018 – 10 CE 18.464 – juris Rn. 8; HessVGH, B.v. 15.2.2018 – 3 B 2137/17- juris Rn. 2; OVG RhPf, B.v. 11.7.2017 – 7 B 11079/17 – juris Rn. 27).
An beiden Voraussetzungen fehlt es hier. Die vom Antragsteller vorgetragenen Gesichtspunkte, die nach seiner Meinung einen Anspruch auf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Wege einer einstweiligen Anordnung begründen, sind nicht hinreichend gewichtig, dass sie zum einen eine für ihn positive Ermessensentscheidung oder gar Ermessensreduzierung auf Null nahelegen und zum anderen eine Vorwegnahme der Hauptsache wegen für ihn unzumutbarer Nachteile rechtfertigen.
Zwar sprechen die Umstände, dass er an seiner Identitätsklärung mitgewirkt und einen gültigen Reisepass vorgelegt hat und sich straffrei geführt hat, zu seinen Gunsten, doch stellen diese, da es sich um Rechtspflichten handelt, auch keine außergewöhnlichen Gesichtspunkte dar. Andererseits ist der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig und wird nur wegen der aktuellen Situation in Afghanistan und der faktischen Unmöglichkeit der Abschiebung geduldet. Ob er darüber hinaus einen Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug unter Verzicht auf die Durchführung eines Visumverfahrens und damit eine rechtlich gesicherte Bleibeperspektive in der Bundesrepublik Deutschland hat, ist Gegenstand des noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens und dort zu prüfen.
Der Antragsteller führt als maßgeblichen Gesichtspunkt an, dass er durch eine Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt und den seiner Ehefrau sichern wolle. Dies ist jedoch letztlich der Grund für jedwede Erwerbstätigkeit bzw. eines Antrags auf deren Erlaubnis und somit weder ein entscheidender Gesichtspunkt für die Ermessensausübung noch zur Vermeidung unzumutbarer Nachteile, etwa einer existenziellen Notlage des Antragstellers oder seiner Ehefrau, erforderlich. Seine Existenzsicherung ist wie bisher durch öffentliche Mittel gewährleistet; hinsichtlich des Lebensunterhalts seiner Ehefrau ändert sich gegenüber dem bisherigen Zustand nichts. Die Ausländerbehörde hat im Ergebnis somit zwar die Möglichkeit, dem Antragsteller die Erwerbstätigkeit zu erlauben, ist jedoch nach summarischer Prüfung jedenfalls beim jetzigen Stand nicht hierzu verpflichtet. Sollte sich im Hauptsacheverfahren ergeben, dass er eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug beanspruchen kann, ist ihm die Erwerbstätigkeit ohnehin erlaubt (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Antragsteller zu fünf Sechstel und der Antragsgegner zu einem Sechstel zu tragen.
a) Gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist über die Kosten des übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärten Teils des Beschwerdeverfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Der in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit befreit das Gericht davon, abschließend über den Streitstoff zu entscheiden; es erfolgt vielmehr eine lediglich summarische Prüfung.
Billigem Ermessen entspricht es insoweit, die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es die Erteilung einer Duldung betraf, hälftig zu teilen.
Ob die Beschwerde insoweit erfolgreich gewesen wäre, kann ohne eingehende tatsächliche und rechtliche Überprüfung nicht hinreichend sicher beurteilt werden und muss daher offenbleiben. Weitere Sachverhaltsaufklärungen und die Entscheidung schwieriger Rechtsfragen durch das Gericht, etwa ob dem Antragsteller die Durchführung eines Visumverfahrens in Pakistan oder Indien möglich und zumutbar ist, sind nach der Erledigung der Hauptsache nicht mehr geboten, vielmehr entspricht es regelmäßig der Billigkeit, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben oder aber – wie hier – hälftig zu teilen (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 161 Rn. 16 ff.). Es ist auch nicht feststellbar, dass der Antragsgegner sich durch die Erteilung der begehrten Duldung freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, weil er an seiner rechtlichen Beurteilung nicht mehr festhält. Vielmehr hat die Ausländerbehörde die Duldung erteilt, weil aufgrund der weiteren Entwicklungen in Afghanistan Abschiebungen dorthin bis auf weiteres tatsächlich nicht mehr möglich sind, und damit auf tatsächliche Entwicklungen außerhalb ihres Einflussbereichs reagiert.
b) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, soweit es die Erlaubnis der Erwerbstätigkeit betrifft, hat gemäß § 154 Abs. 2 VwGO der Antragsteller zu tragen.
c) Da sich in Bezug auf den Streitwert (s.u. 4) die Duldung und die Erwerbstätigkeitserlaubnis wie ein Drittel zu zwei Drittel verhalten, ergibt eine verhältnismäßige Kostenaufteilung des Beschwerdeverfahrens insgesamt, dass der Antragsteller fünf Sechstel und der Antragsgegner ein Sechstel der Kosten zu tragen hat (§ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
4. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Der Senat setzt in ständiger Rechtsprechung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes für eine Duldung einen Streitwert von 1.250,- Euro und für eine Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit von 2.500,- Euro an.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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