Verwaltungsrecht

Eilrechtsschutz gegen Ablehnung eines fristgerechten Wiederholungsantrags auf Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit

Aktenzeichen  RN 8 S 19.725

Datum:
5.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 39298
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4, § 80 Abs. 1 S. 1, Abs. 5, § 123
LuftSiZÜV § 3 Abs. 5, § 5 Abs. 2 S. 2
LuftSiG § 7, § 10 S. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 1
RDGEG § 3, § 5

 

Leitsatz

1. Bei einem Verlängerungsantrag, der die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV für die Dauer des Wiedererteilungsverfahrens auslöst, besteht das Rechtsschutzziel im Eilverfahren darin, das Erlöschen der Fiktionswirkung durch den Abschluss des Wiederholungsprüfungsverfahrens zu verhindern. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Behandelt das Luftamt den Versagungsbescheid betreffend die erneute Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit entgegen der vorliegenden Zuverlässigkeitsfiktion als bestandskräftig oder zumindest vollziehbar, liegt ein Fall der sogenannten „faktischen Vollziehung“ vor, der zur Feststellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Hauptsacheklage führt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass die vom Antragsteller beim Verwaltungsgericht Regensburg erhobene Klage (RN 8 K 19.721) hinsichtlich des Versagungsbescheides vom 13. März 2019 aufschiebende Wirkung entfaltet.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ablehnung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsfeststellung nach § 7 Luftsicherheitsgesetz (§ 7 LuftSiG) durch die Regierung von Oberbayern, Luftamt Südbayern (Luftamt).
Der Antragsteller ist seit 1. April 2007 bei der Sicherheitsgesellschaft am Flughafen M… mbH (SGM) als Luftsicherheitsberater tätig. Der Antragsteller wurde mit Urkunde vom 20. August 2007 befristet bis 20. Februar 2008 und mit Urkunde vom 7. September 2009 unbefristet als Hilfsorgan des Luftamtes dazu bestellt, mit der Berufsbezeichnung Luftsicherheitsassistent auf dem Flughafen M… Passagiere und das von ihnen mitgeführte Gepäck zu durchsuchen. Mit Befähigungszeugnis vom 17. Januar 2019 wurde der Antragsteller für die Tätigkeit als Luftsicherheitskontrollkraft für Personal- und Warenkontrollen zugelassen.
Der Antragsteller beantragte mit Antrag vom 7. Juli 2018, beim Flughafen M… am 10. Juli 2018 eingegangen, nach erfolgter Feststellung seiner Zuverlässigkeit am 22. Januar 2014 die erneute Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit. Mit am 10. August 2018 bei der Regierung von Oberbayern eingegangenem Schreiben teilte das Polizeipräsidium Niederbayern mit, dass die Stadt L… den Antragsteller mit Schreiben vom 2. Mai 2018 als möglichen Angehörigen der Reichsbürgerbewegung gemeldet habe. Der Antragsteller habe bei der Stadt L… einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt. Der Antrag habe keine Auffälligkeiten gezeigt, ebenso sei das Auftreten unauffällig gewesen. Im Anschluss habe der Antragsteller bei der Regierung von Niederbayern eine Apostille für den Auszug aus dem Liegenschaftskataster und für den Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und sei dabei in einer Art und Weise aufgetreten, die eine Zuordnung zur Reichsbürgerbewegung nahe lege. Die Stadt L… habe geschrieben, dass der Antragsteller aufgrund seines Auftretens als „harter Reichsbürger“ anzusehen sei. Der Antragsteller habe auf die Fragen des Sachbearbeiters der Regierung von Niederbayern reagiert, indem er dem Sachbearbeiter und dessen anwesenden Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen habe, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt habe, sich zur Durchsetzung seiner Rechte auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die Haager Landkriegsordnung berufen habe, und den Organen der Bundesrepublik Deutschland unterstellt habe, dass sie durch konkretes Handeln Leute überwachen und drangsalieren wollten. Der Antragsteller habe erklärt, dass er eine natürliche und keine juristische Person sei. Bei der polizeilichen Anhörung hätten der Antragsteller und seine Lebensgefährtin versucht, den Verdacht auf Reichsbürgerzugehörigkeit auszuräumen. In der Gesamtschau habe der Antragsteller die Verdachtsmomente nicht ausräumen können.
Das Luftamt erhielt am 27. August 2018 ein Gedächtnisprotokoll des Sachbearbeiters der Regierung von Niederbayern. Danach sei der Antragsteller am 18. April 2018 in Begleitung seiner Lebensgefährtin erschienen und habe eine Apostille für den Auszug aus dem Liegenschaftskataster und den Staatsangehörigkeitsausweis – er habe lediglich vom „gelben Schein“ gesprochen – beantragt. Auf die Frage des Sachbearbeiters, welche ausländische Behörde dies von ihm verlange, habe der Antragsteller keine Antwort gewusst bzw. als Ausflucht spontan mehrere Staaten angegeben. Auf weitere Nachfragen habe der Antragsteller seine Reichsbürgergesinnung offenbart. Er habe dem Sachbearbeiter und dem anwesenden Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt, sich zur Durchsetzung seiner Rechte auf das BGB und die Haager Landkriegsordnung berufen, und den Organen der Bundesrepublik unterstellt, dass sie die Leute überwachen und drangsalieren wollten. Er sei eine natürliche Person nach dem BGB und keine juristische. Der Antragsteller sei den Richtigstellungen der anwesenden Beamten nicht zugänglich gewesen und sei mit zunehmender Gesprächsdauer latent aggressiv geworden.
Mit Schreiben vom 27. August 2018 fragte das Luftamt bei der SGM an, ob über den Antragsteller bedeutsame, die persönliche Zuverlässigkeit betreffende, negative Informationen bekannt seien. Die SGM teilte mit am 30. August 2018 beim Luftamt eingegangenem Schreiben mit, dass keine Erkenntnisse über den Antragsteller aktenkundig seien.
Das Luftamt informierte den Antragsteller mit Schreiben vom 27. August 2018 über die Mitteilung des Polizeipräsidiums Niederbayern und gab dem Antragsteller Gelegenheit zur Äußerung. Mit Schriftsatz vom 26. September 2018 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers, dass der Antragsteller wiederholt erklärt habe, sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und die Bundesrepublik Deutschland als souveränen Staat anzuerkennen. Der Antragsteller bestreite, dem Sachbearbeiter und seinem Kollegen den Beamtenstatus abgesprochen und die Existenz der Bundesrepublik Deutschland in Frage gestellt zu haben. Die Lebensgefährtin des Antragstellers könne bestätigen, dass die gemachten Vorhaltungen aus dem Kontext gegriffen seien und teilweise nicht den Tatsachen entsprechen würden. Während der gesamten Zeit, die der Antragsteller für die SGM gearbeitet habe, habe dieser sich rechtstreu und zuverlässig verhalten.
Nach dem Protokoll über eine persönliche Anhörung des Antragstellers beim Luftamt vom 25. Oktober 2018 hat der Antragsteller u.a. geäußert, dass er einen verbindlichen Nachweis gewollt habe, dass er deutsch sei. Er glaube, dass er den Ausweis für einen Grundstücksstreit im Kosovo brauche. Den Ausdruck „gelben Schein“ habe er unter dem Begriff „Staatsangehörigkeit“ im Internet gefunden. Er habe gedacht, die Apostille für den Kosovo zu brauchen. Er habe dem Sachbearbeiter nichts abgesprochen, sondern nur gefragt, ob dieser Beamter oder Angestellter sei. Er lehne eine Infragestellung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland strikt ab. Die Unterscheidung zwischen natürlicher und juristischer Person habe er mal gehört, wolle aber nicht darüber sprechen. Er habe die Haager Landkriegsordnung eigentlich nicht zur Sprache bringen wollen. Aber er frage sich, ob die Haager Landkriegsordnung nicht ein Werkzeug zur Wahrung der Menschenrechte sei. Er beschäftige sich aus geschichtlichem Interesse mit dem Untergang des deutschen Reichs und rechtlichen Themen. Auf Frage, ob es das Deutsche Reich seiner Meinung nach noch gebe: Das sei unerheblich, man solle nur seine Lehren aus der Geschichte ziehen. Es sei ein einmaliger Vorfall gewesen und eine Ausnahmesituation. Er habe dem Staat immer gedient, habe nie hoheitliche Akte angefochten und sei nicht Mitglied bei einer einschlägigen Vereinigung gewesen.
Mit Bescheid vom 13. März 2019 lehnte das Luftamt den Antrag auf erneute Feststellung der persönlichen Zuverlässigkeit ab, da insoweit Zweifel bestünden (Ziffer 1). Dem Antragsteller wurde die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich des Flughafens M… entzogen (Ziffer 2). Der Antragsteller wurde verpflichtet, den Flughafenausweis innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides an die Ausweisstelle der Flughafen M… GmbH zurückzugeben (Ziffer 3). Als Begründung wird u.a. ausgeführt, dass sich der Antragsteller als unzuverlässig im Sinne des Luftsicherheitsgesetzes erwiesen habe. Zuverlässig sei nur, wer die Gewähr dafür biete, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs jederzeit im vollen Umfang zu erfüllen. Eine Zugehörigkeit des Antragstellers zur sogenannten Reichsbürgerszene könne nicht ausgeschlossen werden, weshalb Zweifel an dessen Zuverlässigkeit verbleiben würden. Der Antragsteller habe sich weder durch das Schreiben vom 26. September 2018 noch im persönlichen Gespräch mit Vertretern des Luftamtes glaubhaft von der Einschätzung der Polizei distanzieren können. Die Sicherheit des Luftverkehrs und der sich am Flughafen aufhaltenden Menschen gehe dem beruflichen Interesse des Antragstellers an seinem Arbeitsplatz eindeutig vor. Nach einer Gesamtwürdigung der Persönlichkeit könne das Luftamt derzeit nicht die persönliche Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG feststellen. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Luftsicherheits-Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (LuftSiZÜV) sei die Zuverlässigkeit somit zwingend zu verneinen. Nach § 10 Satz 1 LuftSiG i.V.m. § 7 Abs. 6 LuftSiG sei die Zutrittsberechtigung zum Sicherheitsbereich zu entziehen. Der Ausweis sei zurückzugeben, wenn die Zugangsberechtigung entfalle, damit er nicht für einen unberechtigten Zugang verwendet werden könne. Auf die weitere Begründung des dem Bevollmächtigten des Antragstellers gegen Empfangsbekenntnis am 20. März 2019 zugestellten Bescheids wird Bezug genommen.
Mit Schreiben von 26. März 2019 teilte das Luftamt der SGM mit, dass festgestellt worden sei, dass der Antragsteller nicht zuverlässig im Sinne des § 7 LuftSiG sei und daher keine Tätigkeit ausführen dürfe, die durch eine konkrete Funktion oder durch Arbeitsabläufe dazu geeignet sei, einen unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs zu nehmen.
Mit am 23. April 2019 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz seines Bevollmächtigten hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 13. März 2019 erheben lassen, über die noch nicht entschieden ist (Az. RN 8 K 19.721), und gleichzeitig um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen lassen. Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Antragsteller sein Eilrechtsschutzziel, dass die Regierung von Oberbayern ihn vorläufig als luftsicherheitsrechtlich zuverlässig behandele, durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erreichen könne. Habe ein in der Vergangenheit als luftsicherheitsrechtlich zuverlässig festgestellter Antragsteller einen Antrag auf Wiederholungsprüfung gestellt, gelte er nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV bis zum Abschluss der Wiederholungsprüfung als zuverlässig. Das Wiederholungsprüfungsverfahren sei erst wirksam abgeschlossen, wenn der Versagungsbescheid bestandskräftig sei oder Rechtsmittel gegen ihn keine aufschiebende Wirkung entfalten würden. Nach diesen Grundsätzen gelte der Antragsteller derzeit als zuverlässig, da der Versagungsbescheid vom 13. März 2019 nicht bestandskräftig geworden sei, weil der Antragsteller fristgerecht Klage erhoben habe. Die Regierung von Oberbayern behandele den Versagungsbescheid jedoch als bestandskräftig oder zumindest vollziehbar, indem sie Folgemaßnahmen, wie die Informierung des Arbeitgebers von der fehlenden Zuverlässigkeit, auf ihn gestützt habe.
Für den Antragsteller wird beantragt,
Es wird festgestellt, dass die vom Antragsteller beim Verwaltungsgericht Regensburg erhobene Klage hinsichtlich des Versagungsbescheides vom 13. März 2019 aufschiebende Wirkung entfaltet.
Für den Antragsgegner beantragt das Luftamt,
den Antrag abzulehnen.
Zu Begründung wird unter Verweis auf die Gründe des Bescheids vom 13. März 2019 ausgeführt, dass der Versagungsbescheid rechtmäßig sei, so dass der Antrag keine Aussicht auf Erfolg habe. Würde über die Zuverlässigkeit im Rahmen des Rechtsschutzes nach § 123 VwGO entschieden werden, so würde es sich um eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache handeln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass die gleichzeitig erhobene Hauptsacheklage gegen den Versagungsbescheid vom 13. März 2019 aufschiebende Wirkung entfaltet.
1. Verweigert die Luftsicherheitsbehörde die beantragte Feststellung der Zuverlässigkeit, ist in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft, denn der Antragsteller begehrt den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes i.S.d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Ein solches Hauptsachebegehren ist im Eilrechtsschutz regelmäßig mit einem Antrag nach § 123 VwGO zu sichern, der auf die vorläufige Feststellung der Zuverlässigkeit gerichtet ist.
Das gilt für den Antrag des Antragstellers indessen nicht, weil das Rechtsschutzziel des Antragstellers, bis zu einer Entscheidung als zuverlässig behandelt zu werden, durch einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erreicht werden kann (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 7.2.2019 – 6 L 181/19 – BeckRS 2019, 2484). Nach § 123 Abs. 5 VwGO sperrt ein statthafter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Hat ein bereits in der Vergangenheit als luftsicherheitsrechtlich zuverlässig festgestellter Antragsteller einen Antrag auf Wiederholungsprüfung nach § 3 Abs. 5 LuftSiZÜV gestellt, gilt er nach § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV bis zum Abschluss der Wiederholungsüberprüfung als zuverlässig, wenn er die Wiederholungsprüfung spätestens drei Monate vor Ablauf der Geltungsdauer der Zuverlässigkeitsüberprüfung beantragt. Diese Geltungsdauer der Zuverlässigkeitsüberprüfung beträgt nach § 3 Abs. 5 LuftSiZÜV fünf Jahre ab Bekanntgabe des Ergebnisses der letzten Überprüfung.
Bei einem Verlängerungsantrag, der die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV für die Dauer des Wiedererteilungsverfahrens auslöst, besteht das Rechtsschutzziel im Eilverfahren also darin, das Erlöschen der Fiktionswirkung durch den Abschluss des Wiederholungsprüfungsverfahrens zu verhindern. Dieses Verfahren ist erst dann abgeschlossen, wenn der Versagungsbescheid bestandskräftig ist oder Rechtsmittel gegen ihn keine aufschiebende Wirkung entfalten. Dabei kommt der in der Hauptsache erhobenen Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage hinsichtlich der versagenden Behördenentscheidung grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu: Entfaltet die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsaktes eine über diese Ablehnung hinausreichende Belastungswirkung, kommt auch dem in der Versagungsgegenklage enthaltenen Antrag auf Aufhebung der versagenden Entscheidung ein Suspensiveffekt nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu (vgl. Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 22. Auflage 2016, § 80 Rn. 12). Diese über die Ablehnung hinausreichende Belastungswirkung besteht im Rahmen der luftrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung darin, dass durch die Ablehnung des Antrags auf erneute Zuverlässigkeitsfeststellung die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV erlischt. Erhebt der Betroffene Versagungsgegenklage gegen den ablehnenden Bescheid, lebt die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV aufgrund der aufschiebenden Wirkung des enthaltenen Aufhebungsantrags wieder auf. Die aufschiebende Wirkung entfällt nur, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung anordnet, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Versagungsgegenklage ist nicht gesetzlich angeordnet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO) und insbesondere auch der LuftSiZÜV nicht zu entnehmen. Zum einen ergibt sich dies weder aus § 5 LuftSiZÜV, noch aus der Verordnungsbegründung (Bundesrat Drucksache 234/07). § 5 LuftSiZÜV enthält keine Regelung über die Zuverlässigkeitsfiktion für den Fall, dass Klage gegen eine versagende Entscheidung erhoben wird. Auch der Verordnungsbegründung ist insoweit nur zu entnehmen, dass der Betroffene nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Zuverlässigkeitsüberprüfung als zuverlässig gilt, wenn er seine Wiederholungsüberprüfung rechtzeitig beantragt hat, da sich nicht von ihm zu verantwortende Verfahrensverzögerungen nicht zu seinen Lasten auswirken sollen. Eine Regelung für den Fall der Klageerhebung war damit vom Verordnungsgeber nicht intendiert. Zum anderen ist die aufschiebende Wirkung in § 80 Abs. 1 VwGO, mithin in einem formellen Gesetz geregelt. Ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung kann daher nur durch ein formelles Bundes- oder Landesgesetz erfolgen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Folglich kann ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung mit einem damit verbundenen Ende der Zuverlässigkeitsfiktion nicht in der LuftSiZÜV als Verordnung geregelt werden.
Das Rechtsschutzziel des Betroffenen, das Erlöschen der Fiktionswirkung zu verhindern, kann dieser damit im Fall einer behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung durch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO erreichen.
Vorliegend hat der Antragsteller mit seinem Antrag auf Wiederholungsüberprüfung erkennbar die Drei-Monats-Mindestfrist des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV eingehalten: Die Feststellung der Zuverlässigkeit erfolgte zuletzt am 22. Januar 2014; bei Berücksichtigung einer Geltungsdauer von fünf Jahren hält der Antrag des Antragstellers auf Durchführung der Wiederholungsüberprüfung vom 7. Juli 2018 daher die Drei-Monats-Mindestfrist des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV ein. Daher wurde mit dem Antrag die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV ausgelöst.
Das Verwaltungsverfahren über die Wiederholungsprüfung ist auch noch nicht abgeschlossen. Der Versagungsbescheid vom 13. März 2019 ist nicht bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller fristgerecht Klage gegen ihn erhoben hat. Die vom Antragsteller erhobene Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage enthält zugleich die Anfechtung des versagenden Bescheids. Diese entfaltet, wie dargestellt, aufschiebende Wirkung gegen den Versagungsbescheid. Das Luftamt hat auch nicht die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO besonders angeordnet. Damit lebt die Zuverlässigkeitsfiktion des § 5 Abs. 2 Satz 2 LuftSiZÜV durch die Klageerhebung des Antragstellers wieder auf und der Antragsteller ist als zuverlässig zu behandeln.
Das Luftamt hat den Versagungsbescheid jedoch als bestandskräftig oder zumindest vollziehbar behandelt, indem es entgegen der vorliegenden Zuverlässigkeitsfiktion als Folgemaßnahme die SGM mit Schreiben vom 26. März 2019 von der fehlenden Zuverlässigkeit des Antragstellers informiert hat. Damit liegt ein Fall der sogenannten „faktischen Vollziehung“ vor, bei dem die Behörde Folgemaßnahmen auf einen Bescheid stützt, obwohl eine erhobene Klage aufschiebende Wirkung entfaltet. Der vorliegende Antrag ist daher ein statthafter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO analog auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der vom Antragsteller erhobenen Hauptsacheklage. Ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers ist aufgrund der Behandlung des Versagungsbescheids als bestandskräftig oder zumindest vollziehbar zu bejahen.
2. Die aufschiebende Wirkung der gegen den Versagungsbescheid vom 13. März 2019 erhobenen Hauptsacheklage war festzustellen, da diese – wie unter 1. dargestellt – aufschiebende Wirkung entfaltet.
Nach allem war dem Antrag stattzugeben. Vorsorglich und klarstellend weist die Kammer darauf hin, dass sie mit diesem Beschluss nichts darüber aussagt, ob der Antragsteller zuverlässig im luftverkehrsrechtlichen Sinne ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG


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