Verwaltungsrecht

Einzelfall eines unzulässigen Folgeantrags

Aktenzeichen  Au 6 K 18.30560

Datum:
17.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10078
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71 Abs. 5 S. 2
VwVfG § 51
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Der vollständige Austausch der noch im Erstverfahren vorgebrachten Gründe für das Verlassen des Heimatlandes führt nicht zur Annahme einer nachträglichen Änderung der Sachlage. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wer sich im Erstverfahren bewusst entscheidet, falsch vorzutragen und vermeintlich fluchtauslösende Ereignisse zu verschweigen, ist mit dem Vortrag der verschwiegenen Ereignisse im Folgeverfahren ausgeschlossen. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten werden für das Klage- und für das Antragsverfahren abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger und Antragsteller wendet sich mit seiner Klage (Au 6 K 18.30560) gegen die Ablehnung seines Asylfolgeantrages als unzulässig und begehrt mit dem vorliegenden Eilantrag (Au 6 E 18.30561) die Mitteilung der Antragsgegnerin an die Ausländerbehörde, dass von der Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG vorläufig kein Gebrauch gemacht werden darf bzw. eine bereits erfolgte Mitteilung widerrufen wird. Zudem beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten im Eil- und Klageverfahren.
Der nach den Feststellungen des Bundesamtes am 9. September 1992 in … (Libanon) geborene Antragsteller ist libanesischer Staatsangehöriger sunnitischer Religionszugehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 14. Mai 2016 in die Bundesrepublik ein und gab im Rahmen seiner Meldung als Asylsuchender am 24. Mai 2016 und seiner Asylantragstellung am 7. Juni 2016 unter Nennung eines anderen Nachnamens sowie eines anderen Geburtsdatums und -ortes an, syrischer Staatsangehöriger zu sein (BAMF-Akte zum Erstverfahren Bl. 29, 49). Bei seiner auf Arabisch geführten Anhörung vor dem Bundesamt am 28. Juni 2016 (BAMF-Akte zum Erstverfahren Bl. 64 ff.) gab er ebenfalls an, syrischer Staatsangehöriger aus der Stadt … zu sein. Am 17. September 2011 habe er Syrien wegen des Krieges und des bevorstehenden Militärdienstes verlassen und fortan für vier Jahre im Libanon gelebt. Im Jahr 2015 habe er mangels Bürgen keine Aufenthaltserlaubnis mehr für den Libanon erhalten und fortan dort illegal gelebt. Anfang November 2015 sei er dann mit einem gefälschten libanesischen Reisepass nach Russland ein- und vor seiner Abschiebung durch Russland mit demselben Reisepass nach Finnland weitergereist. Dort habe er als libanesischer Staatsangehöriger einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt worden sei. Auf Anraten seines Schleusers sei er über Schweden und Dänemark in die Bundesrepublik weitergereist. Sein Vater lebe seit drei Monaten in Polen, seine Mutter seit einem Monat im Libanon; sein Großvater und seine Großfamilie in Syrien. Nachdem der Dolmetscher Zweifel an der Herkunft des Antragstellers aus Syrien geäußert hatte und der Antragsteller auch einige Fragen zu Syrien (Nachbarland Türkei, Flagge, Jahr der Unabhängigkeit) falsch beantwortete, blieb er auch auf Nachfrage bei seiner Angabe, syrischer Staatsangehöriger zu sein. Der Antragsteller legte einen syrischen Personalausweis vor, der seine Identitätsangaben bestätigte (BAMF-Akte zum Erstverfahren, Bl. 40).
Auf eine Anfrage des Bundesamts teilte die finnische Migrationsbehörde mit Schreiben vom 1. August 2016 und vom 28. September 2016 (BAMF-Akte zum Erstverfahren, Bl. 79, 132) mit, dass der Antragsteller am 11. Januar 2016 unter dem Personalien, geboren am … 1992, als libanesischer Staatsangehöriger einen Asylantrag gestellt habe, der mit Bescheid vom 8. April 2016 abgelehnt worden sei. Die Klage hiergegen vor dem finnischen Verwaltungsgericht sei noch anhängig, seit Mai 2016 sei der Antragsteller jedoch untergetaucht. Der Antragsteller habe im finnischen Asylverfahren einen libanesischen Reisepass vorgelegt, der durch die finnischen Behörden untersucht worden sei, ohne dass Manipulationen am Reisepass hätten festgestellt werden können. In der Folgezeit übersandte Finnland den am 17. September 2015 ausgestellten libanesischen Reisepass (BAMF-Akte zum Erstverfahren, Bl. 104 ff.), nach dem der Antragsteller am … 1992 in … geborener libanesischer Staatsangehöriger namens … ist und am 30. November 2015 ein russisches Visum erhielt.
Eine physikalisch-technische Urkundenuntersuchung stellte fest, dass es sich bei dem im deutschen Asylverfahren vorgelegten syrischen Personalausweis um eine Totalfälschung handelt (BAMF-Akte zum Erstverfahren, Bl. 82 f.).
Bei der zweiten Anhörung vor dem Bundesamt am 20. Januar 2017 (BAMF-Akte zum Erstverfahren, Bl. 111 ff.) blieb der Antragsteller dabei, syrischer Staatsangehöriger zu sein. Zuletzt habe er im Libanon in der Provinz Saida gelebt. Der syrische Ausweis sei echt. Im Libanon habe ihm der Schleuser einen libanesischen Reisepass gemacht. Der Pass sei nicht falsch, der Reisepass sei jedoch nicht seiner. Dass Foto von ihm sei zwar echt, aber der Pass sei nicht von ihm. Der Reisepass sei falsch. Er habe jemanden im … Konsulat im Libanon Geld gegeben, der ihm dafür den Reisepass gegeben habe. Im Libanon könne er nicht leben, da ihn der Libanon vielleicht nach Syrien schicke. Zudem sei es im Libanon nicht sicher. Es gebe Bombenanschläge der Hisbollah. Außerdem gebe es im Libanon keine Arbeit und keinen Strom.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2017, dem Antragsteller zugestellt am 20. Februar 2017, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes jeweils als offensichtlich unbegründet ab (Ziffern 1 und 2) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorlagen (Ziffer 3). Die Abschiebung in den Libanon wurde androht (Ziffer 4). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 5). Es sei zweifelsfrei festgestellt worden, dass der Antragsteller libanesischer Staatsangehöriger sei. Der syrische Personalausweis sei gefälscht und der Antragsteller habe bei der herkunftsspezifischen Befragung fehlende Kenntnisse über das vermeintliche Herkunftsland Syrien gezeigt. Im Libanon drohe ihm weder Verfolgung, noch ein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 AsylG. Wegen der Täuschung über seine Identität und Staatsangehörigkeit sei der Antrag auf internationalen Schutz offensichtlich unbegründet (§ 30 Abs. 3 Nr. 2 AslyG). Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen führten nicht zu der Annahme, dass bei der Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Als junger, alleinstehender, gesunder Mann habe der Antragsteller auch bisher seinen Lebensunterhalt als Autoelektriker und im Sanitärbereich selbst bestritten. In vier Jahren habe er 6.000 Euro für eine Ausreise in die Bundesrepublik ansparen können. Dies zeige, dass er auch nach einer Rückkehr in den Libanon seinen Lebensunterhalt sichern könne. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 30 Monate sei angemessen. Der Antragsteller verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären. Der Bescheid ist seit dem 28. Februar 2017 bestandskräftig.
Am 29. Januar 2018 beantragte der Antragsteller die Durchführung eines Folgeverfahrens. Schriftlich ließ er vortragen, er selbst werde wie auch seine gesamte Familie von der Hisbollah verfolgt. Sein Vater habe – wie sich aus beigelegten Fotos ergebe – in … eine Autowerkstatt in unmittelbarer Nähe zur iranischen Botschaft betrieben. Es sei zu einem Streit mit einem schiitischen Nachbarn und Sicherheitsbeamten der iranischen Botschaft gekommen, der eskaliert sei. Die Hisbollah habe sich eingemischt und der Familie mit Vernichtung gedroht. Als sein Vater angegriffen worden sei, habe ihn der Antragsteller verteidigt und sei dabei schwer verletzt worden. Der Antragsteller leide noch immer unter den Folgen. Nach der Flucht des Antragstellers sei der Vater weiter bedroht worden und befinde sich ausweislich einer griechischen Anmeldebestätigung inzwischen zusammen mit der übrigen Familie in Griechenland, wo die Familie Asyl beantragt habe.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 12. März 2018, der Bevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 15. März 2018, lehnte das Bundesamt den Antrag des Antragstellers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens als unzulässig (Ziffer 1) und auf Abänderung des Bescheides vom 16. Februar 2017 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG ab (Ziffer 2). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Antragsteller sich im ersten Asylverfahren unter Vorlage eines gefälschten syrischen Personalausweises als syrischer Staatsangehöriger ausgegeben und seine libanesische Staatsangehörigkeit zunächst bestritten habe. Eine Verfolgung als libanesischer Staatsangehöriger durch die Hisbollah vor seiner Ausreise hätte er schon im Erstverfahren angeben können und müssen. Auch in Hinblick auf die Ausreise seiner Familie habe er nicht glaubhaft gemacht, dass er den Folgeantrag binnen der dreimonatigen Frist des § 51 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) gestellt habe. Zudem könne sich der Antragsteller bei einer etwaigen Verfolgung durch die Hisbollah in andere Landesteile als innerstaatliche Schutzalternative begeben. Auch ein Widerruf des Bescheides im Ermessenswege komme nicht in Betracht, denn eine drohende Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK oder von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG drohe dem Antragsteller nicht.
Der Antragsteller ließ hiergegen am 20. März 2018 Klage erheben (Au 6 K 17.30560), über die noch nicht entschieden worden ist, und neben Prozesskostenhilfe beantragen,
Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 12. März 2018, Gz. … wird aufgehoben.
Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegen.
Der Antragsteller ließ am 20. März 2018 zudem neben Prozesskostenhilfe beantragen,
die Beklagte zu verpflichten, im Wege der einstweiligen Anordnung eine bereits erfolgte Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG gegenüber der Ausländerbehörde vorläufig zu widerrufen bzw. falls eine solche Mitteilung noch nicht erfolgt ist, es vorläufig zu unterlassen, gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde eine Mitteilung gem. § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG vorzunehmen.
Zur Begründung der Klage und des Antrags nahm der Antragsteller Bezug auf das Anhörungsprotokoll des Bundesamts. Eine Rückkehr in den Libanon sei für den Kläger ein sicheres Todesurteil. Internen Schutz vor der Hisbollah gebe es dort nicht.
Die Antragsgegnerin hat am 29. März 2018 und am 4. April 2018 ihre einschlägigen Verfahrensakten vorgelegt. Eine Antragstellung ist nicht erfolgt.
Mit Beschluss vom 9. April 2018 ist das Verfahren Au 6 K 18.30560 auf die Einzelrichterin übertragen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Die Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bleiben ohne Erfolg.
1. Der zulässige Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht begründet.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO, mit welcher der Antragsgegnerin aufgegeben werden soll, eine Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG zu unterlassen bzw. zu widerrufen.
a) Der auslegungsbedürftige Antrag ist zulässig.
Soweit sich der Antragsteller gegen Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides richtet, ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft, soweit sich der Antrag auf Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheides bezieht, ist hingegen ein Antrag nach § 123 VwGO statthaft. Der Antrag ist dementsprechend auszulegen (§ 88 VwGO).
(1) Die Ablehnung der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens im Rahmen eines Folgeantrags, die nach aktueller Rechtslage als Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ergeht, ist in der Hauptsache mit der Anfechtungsklage anzugreifen (unter Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung: BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 16).
Insoweit kommt bei allen Entscheidungen nach § 29 Abs. 1 AsylG auch kein eingeschränkter, auf die Durchführung eines Asylverfahrens beschränkter Verpflichtungsantrag in Betracht, weil das Bundesamt hierzu nach Aufhebung der Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch verpflichtet ist (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 15; U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 19). Eine Unzulässigkeitsentscheidung verschlechtert die Rechtsstellung des Antragstellers, weil damit ohne inhaltliche Prüfung festgestellt wird, dass sein Asylvorbringen nicht zur Schutzgewährung führt und darüber hinaus auch im Falle eines weiteren Asylantrags abgeschnitten wird (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 16). Des Weiteren darf ein Antragsteller bis zur Mitteilung des Bundesamts an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs. 5 AsylG nicht abgeschoben werden, so dass ihm bis zur Entscheidung des Bundesamts, ob ein neues Asylverfahren einzuleiten ist, auf Antrag grundsätzlich eine Duldungsbescheinigung erteilt werden muss (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71 AsylG, Rn. 15). Mit der Ablehnung des Antrags als unzulässig entfällt damit auch ein Duldungsgrund; auch hierin liegt eine belastende Entscheidung, gegen die eine Anfechtungsklage statthaft ist. Wird die Unzulässigkeitsentscheidung auf die Anfechtungsklage hin aufgehoben, ist auch eine gegebenenfalls ergangene Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, nebst Abschiebungsandrohung aufzuheben. Denn beide Entscheidungen sind dann jedenfalls verfrüht ergangen (BVerwG, U.v. 1.6.2017 – 1 C 9/17 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 21).
Da in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft ist, ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft (so unter Verweis auf die neue Rspr. des BVerwG ausführlich VG München, B.v. 8.5.2017 – M 2 E 17.37375 – juris Rn. 11 ff.; VG Dresden, B.v. 11.9.2017 – 13 L 1004/17.A – juris Rn. 17 ff.; VG Würzburg, B.v. 10.10.2017 – W 8 E 17.33483 – juris Rn. 8 ff.; OVG SH, B.v. 11.12.2017 – 4 B 168/17 – juris Rn. 2 ff.; vgl. auch Schönenbroicher/Dickten in BeckOK Ausländerrecht, 16. Ed. Stand 1.11.2017, § 71 AsylG, Rn. 36, 36.1). Die Anfechtungsklage entfaltet keine aufschiebende Wirkung, da § 71 Abs. 4 AsylG auf § 36 AsylG verweist und damit kein Fall des § 38 AsylG vorliegt (§ 75 Abs. 1 AsylG). Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nach § 123 Abs. 5 VwGO der vorrangige Rechtsbehelf. Der Antrag richtet sich auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig; die Hilfskonstruktion eines gegen die Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 VwGO gerichteten Antrags nach § 123 VwGO ist nicht erforderlich.
(2) Demgegenüber ist die Feststellung nach Ziffer 2 des Bescheids, dass keine Abschiebungsverbote vorliegen, in der Hauptsache weiterhin (hilfsweise) durch eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung zu stellen (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – NVwZ 2017, 1625 – juris Rn. 20; vgl. auch Berlit, 20.2.2017 – jurisPR-BVerwG 4/2017, Anm. 2 D).
Denn insoweit hat sich das Bundesamt nach § 31 Abs. 3 AsylG sachlich mit dem Schutzbegehren zu befassen (BVerwG, a.a.O.). Da in der Hauptsache damit die (hilfsweise) Verpflichtungsklage statthaft ist, kommt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur ein Antrag nach § 123 VwGO in Betracht. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dem Bundesamt aufzugeben, gegenüber der zuständigen Ausländerbehörde zu erklären, dass die Abschiebung des betroffenen Ausländers bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hauptsacheverfahren vorläufig nicht vollzogen werden darf. Auf die Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylG kann hingegen nicht abgestellt werden, da diese allein den Folgeantrag nach § 71 AsylG betrifft (VG München, B.v. 8.5.2017 – M 2 E 17.37375 – juris Rn. 17 ff.; VG Dresden, B.v. 11.9.2017 – 13 L 1004/17.A – juris Rn. 25; VG Würzburg, B.v. 10.10.2017 – W 8 E 17.33483 – juris Rn. 11 ff.).
b) Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist unbegründet.
Es bestehen keine ernsthaften Zweifel nach § 36 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 71 Abs. 4 AsylG an der Rechtmäßigkeit von Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids (vgl. zum Prüfungsmaßstab VG München, B.v. 8.5.2017 – M 2 E 17.37375 – juris Rn. 21). Auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
Nach § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG vorliegen. Ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG setzt voraus, dass sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich – nach Abschluss des früheren Asylverfahrens – zu Gunsten des Betroffenen geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung über sein Asylbegehren herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG erfordert einen schlüssigen Sachvortrag, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung (Art. 16a GG) oder zur Zuerkennung des internationalen Schutzes (§§ 3 ff., 4 AsylG) zu verhelfen. Es genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32 m.w.N.). Außerdem ist der Antrag gemäß § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen und er den Antrag binnen drei Monaten nach Kenntnis des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt hat. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor.
(1) Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Betroffenen im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist nicht schlüssig vorgetragen worden.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist das Verfahren wiederaufzugreifen, wenn sich nachträglich die dem Bescheid des Bundesamtes im Erstverfahren zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen geändert hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist insoweit der Schluss der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren (BVerfG, U.v. 9.12.2010 – 10 C 13/09 – juris Rn. 28) bzw. bei fehlendem gerichtlichen Verfahren der Erlass des Bescheids (Sachs in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 51 VwVfG Rn. 91). Es genügt die Möglichkeit einer für den Antragsteller günstigen Entscheidung, soweit er die Wiederaufgreifensgründe durch einen schlüssigen Sachvortrag geltend macht (BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32). Grundvoraussetzung für die Schlüssigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist indes ein substantiierter, widerspruchsfreier und glaubhafter Tatsachenvortrag hinsichtlich der Änderung der Sach- und Rechtslage (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 58). Eine Änderung der Sachlage ist anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder die Lebensbedingungen im Herkunftsstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände – sei es durch Vorgänge im Bundesgebiet oder im Herkunftsstaat – so verändert haben, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung möglich erscheint (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71 AsylG Rn. 24). Erforderlich ist indes eine tatsächliche Änderung der Sachlage nach Abschluss des Erstverfahrens (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 60), wobei sich die Veränderung auf den der Entscheidung im Erstverfahren als entscheidungserheblich zugrunde gelegten Sachverhalt beziehen muss (Schönenbroicher/Dickten in BeckOK Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 Rn. 17).
aa) Eine nachträgliche Änderung der Sachlage liegt nicht vor.
Dem Begehren im Rahmen des Folgeantrags liegen maßgeblich behauptete Verfolgungshandlungen der Hisbollah gegen den Antragsteller in Beirut zu Grunde. Die Hisbollah habe sich in einen konfessionsübergreifenden Nachbarstreit eingemischt, mit der Vernichtung der Familie des Antragstellers gedroht und den Vater angegriffen. Bei der Verteidigung seines Vaters habe sich der Antragsteller schwere Verletzungen zugezogen, unter denen er noch heute leide. Da die Bedrohung durch die Hisbollah in der Folgezeit weiter bestanden habe, sei inzwischen auch die übrige Familie des Antragstellers aus dem Libanon ausgereist. In diesem Vortrag liegt keine nachträgliche Änderung der Sachlage, sondern der erstmalige Vortrag einer Sachlage, die auch nach dem Vortrag des Antragstellers schon im Zeitpunkt des Erstverfahrens im Wesentlichen vorlag und von ihm – unter Offenbarung seiner wahren Identität – hätte geltend gemacht werden können (dazu sogleich). Die behauptete Verfolgung durch die Hisbollah begann zu einem Zeitpunkt, als sich der Antragsteller noch im Libanon aufhielt. Dort wurde er nach seinem jetzigen Vortrag bei einer Eskalation des Streits mit der Hisbollah schwer verletzt. Dieses Verfolgungsschicksal hätte der Antragsteller indes schon im Erstverfahren geltend machen können, da sie zu diesem Zeitpunkt schon objektiv vorlagen. Damit handelt es sich nicht um eine nachträgliche Änderung der Sachlage. Dass die Verfolgung durch die Hisbollah auch nach seiner Ausreise fortbestanden und die Familie des Antragstellers zwischenzeitlich den Libanon verlassen haben soll, begründet insoweit keine neue Sachlage, sondern lediglich die fortwährende Dauer einer nach seinem jetzigen Vortrag schon im Herkunftsland bestandenen Gefährdung des Antragstellers durch die Hisbollah. Zudem kommt es maßgeblich auf die persönliche Gefährdung des Antragstellers an, wie sie hier nach seinem Vortrag in der Verletzung durch Mitglieder der Hisbollah liegt. Ob die Familie des Antragstellers inzwischen aufgrund etwaiger eigener Fluchtgründe in Griechenland lebt, ist demgegenüber nicht maßgebend. Der Antragsteller hat diese schon vor Ausreise liegenden Gründe nicht vorgetragen, sondern – im Widerspruch zu seinem jetzigen Vortrag – vielmehr geltend gemacht, im Libanon zuletzt in der Provinz Saida gelebt zu haben und wegen des drohenden Militärdienstes in Syrien bzw. wegen der fehlenden Aufenthaltserlaubnis im Libanon und der dortigen schlechten Sicherheits- und Wirtschaftslage ausgereist zu sein. Sein Vater lebe seit mehreren Monaten in Polen und seine Mutter seit einem Monat im Libanon. Der jetzige Vortrag zu einer Misshandlung und Gefährdung durch die Hisbollah in … ist (lediglich) der vollständige Austausch der vorgebrachten Gründe für das Verlassen des Heimatlandes, nicht jedoch eine nachträgliche Änderung der Sachlage.
Eine maßgebliche Änderung der Rechtslage ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
bb) Selbst wenn jedoch – wie nicht – dieser Vortrag eine nachträgliche Änderung der Sachlage darstellen sollte, so ist der Kläger jedoch mit diesem Vorbringen nach § 51 Abs. 2 VwVfG wegen groben Verschuldens präkludiert.
Grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung setzt voraus, dass dem Antragsteller die Änderung der Sach- und Rechtslage bekannt war oder sich den Umständen nach aufdrängen musste und er sich trotzdem, unter Verletzung jeglicher einem ordentlichen Verfahrensbeteiligten zumutbaren Sorgfaltspflichten, insbesondere unter Verletzung seiner Mitwirkungs- und Wahrheitspflichten, nicht weiter darum sorgte (vgl. Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 27).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger wahrheitswidrig im Erstverfahren vorgetragen. Nach den bestandskräftigen Feststellungen des Bescheids vom 16. Februar 2017 steht fest, dass der Kläger entgegen seiner Angaben kein syrischer, sondern libanesischer Staatsangehöriger ist. Demgemäß drohte ihm auch keine Wehrpflicht in Syrien oder eine Abschiebung durch den Libanon. Wenn der Kläger jedoch im Erstverfahren unwahre Angaben macht und die nach seinem jetzigen Vortrag tatsächlich fluchtauslösenden Tatsachen (Angriff durch Hisbollah wegen Streits mit Nachbarn in …) nicht vorträgt, weil sie nicht zu seinem wahrheitswidrigen Vortrag, er sei Syrer und habe in Saida (Libanon) gelebt, passen, ist ihm dieses vorsätzliche Verhalten nach § 51 Abs. 2 VwVfG entgegenzuhalten. Der Kläger hat sich bewusst entschieden, im Erstverfahren falsch vorzutragen und den jetzigen Vortrag außenvorzulassen. Damit ist er mit diesem Vortrag nach § 51 Abs. 2 VwVfG nunmehr ausgeschlossen.
(2) Es liegen auch keine neuen Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vor. Insbesondere die eingereichten Fotos und die griechische Meldebestätigung stellen keine solchen Beweismittel dar.
Beweismittel sind solche Erkenntnisse, die die Überzeugung von der Existenz oder Nichtexistenz von Tatsachen begründen können (Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 22). Ein Beweismittel ist neu, wenn es während des vorangegangenen Verfahrens entweder noch nicht existierte oder dem Asylbewerber nicht bekannt oder von ihm ohne Verschulden nicht beizubringen war (Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 71 AsylG Rn. 26). Es muss sich auf Umstände beziehen, die im ursprünglichen Verfahren jedenfalls bereits vorgetragen wurden. Dienen die vorgelegten Beweismittel dagegen dem Beleg von Tatsachen, die im Erstverfahren noch nicht thematisiert wurden, so handelt es sich der Sache nach um die Korrektur des Sachvortrags selbst, sodass § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Anwendung findet (Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 22). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, nach dem die Beweismittel schon im Erstverfahren eine günstigere Entscheidung „herbeigeführt haben würden“. Neue Beweismittel, die sich auf neue Tatsachen beziehen, sind daher im Zusammenhang mit dem Wiederaufnahmegrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG geltend zu machen (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Auflage 2016, § 11 AsylG Rn. 113).
Die vorgelegten Beweismittel beziehen sich auf die erstmals im vorliegenden Folgeverfahren vorgebrachten Tatsachen, die Familie des Klägers habe eine Autowerkstatt in … betrieben und sei wegen Streitigkeiten mit der Hisbollah ausgereist. Dieser Sachverhalt richtet sich hinsichtlich einer etwaigen Wiederaufnahme des Verfahrens allein nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (zu den fehlenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vgl. oben).
(3) Das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 580 ZPO ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
c) Auch der Antrag nach § 123 VwGO gegen Ziffer 2 des Bescheids ist unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung ist hierbei, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den sogenannten Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, den sogenannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Maßgebend sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Über den Erfolg des Antrags ist aufgrund einer im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und auch nur möglichen summarischen Prüfung zu entscheiden. Ergibt die überschlägige rechtliche Beurteilung auf der Grundlage der verfügbaren und vom Antragsteller glaubhaft zu machenden Tatsachenbasis, dass von überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszugehen ist, besteht regelmäßig ein Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen unzumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Hier besteht schon kein Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller hat keine Tatsachen glaubhaft gemacht, wonach in seiner Person die Voraussetzungen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen könnten (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO). Das Bundesamt hat sich in dem hier angefochtenen Bescheid zutreffend nicht darauf beschränkt, das (Nicht-) Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu prüfen, sondern in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass auch keine Gründe, die unabhängig von den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG eine Änderung des Bescheides vom 12. März 2018 rechtfertigen könnten, vorliegen. Insoweit hat der Antragsteller nichts Gegenteiliges vorgetragen und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte für das Vorliegen solcher Gründe erkennbar.
(1) Selbst wenn der Antragsteller durch Mitglieder der Hisbollah verfolgt worden sein sollte, sind ihm andere Landesteile wie beispielsweise Tripoli als innerstaatliche Fluchtalternativen nach § 3e AsylG zumutbar.
Zwar hätten nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. März 2018 staatliche Institutionen nicht in allen Landesteilen uneingeschränkten Zugriff, insbesondere nicht in den palästinensischen Flüchtlingslagern sowie in den Grenzregionen zu Syrien (Lagebericht vom 1.3.2018, S. 18). Die Hisbollah sei insbesondere in den schiitischen Siedlungsgebieten im Süden des Landes sowie in den südlichen Vororten von Beirut präsent und übe Druck auf die staatlichen Institutionen aus. Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure könne jedoch in der Regel durch Verlegung des Wohnorts außerhalb des Einflussbereichs dieser Akteure umgangen werden. So sei beispielsweise der Einfluss der Hisbollah im christlichen Kerngebiet des Mont Liban oder im sunnitischen Tripoli sehr gering (Lagebericht vom 1.3.2018, S. 18).
Dem Antragsteller ist ein Umzug nach Tripoli oder in einen anderen Landesteil auch wirtschaftlich zumutbar. Ausweislich einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Göttingen vom 2. Januar 2017 hänge der Erfolg der Arbeitssuche von den Qualifikationen und Erfahrungen des Arbeitssuchenden ab. Die große Mehrzahl der libanesischen Erwerbstätigen könne mit ihrem Arbeitseinkommen Wohnung und Lebensunterhalt gewährleisten. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. März 2018 lag die Arbeitslosenquote bei 30% (Lagebericht, S. 22). Wesentliches Element sozialer Sicherung sei die Familie, daneben auch karitative und religiöse Einrichtungen. Der Antragsteller war nach seinem eigenen Vortrag bisher erwerbstätig, nach aktuellem Vortrag in einer Autowerkstatt der Familie. Er ist jung, männlich und ledig. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass er sich seinen Lebensunterhalt in allen Landesteilen wird selbst sichern können.
(2) Die nach seinem Vortrag durch den Angriff der Hisbollah davongetragenen schweren Verletzungen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, insbesondere nicht durch Vorlage eines ärztlichen Attestes. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG.
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83 b AsylG).
3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Klageverfahren wird aus o.g. Gründen abgelehnt, weil die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens nicht wenigstens offen sind, sondern auch die Klage nach derzeitigem Stand voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Gemäß § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist etwa dann gegeben, wenn schwierige Rechtsfragen zu entscheiden sind, die im Hauptsacheverfahren geklärt werden müssen. Auch wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Mittellosen ausgehen wird, ist vorab Prozesskostenhilfe zu gewähren (vgl. BVerfG, B.v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02 – NJW 2003, 2976). Insgesamt dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Verfahrens nicht überspannt werden, eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolges genügt (Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist im Verfahren ohne Vertretungszwang immer geboten, wenn es in einem Rechtsstreit um nicht einfach zu überschauende Tat- und Rechtsfragen geht (Eyermann, a.a.O., Rn. 38).
Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist voraussichtlich rechtmäßig und verletzt den Antragsteller daher voraussichtlich nicht in seinen Rechten. Der Antragsteller hat voraussichtlich auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots (vgl. oben). Mithin sind die Erfolgsaussichten des Klageverfahrens derzeit nicht mehr offen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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