Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage gegen eine Betretensanordnung zur Baukontrolle

Aktenzeichen  1 ZB 19.837

Datum:
9.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21154
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 4
BayBO Art. 54 Abs. 2 S. 4
GG Art. 13 Abs. 7

 

Leitsatz

1 Die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils verlangt zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Befugnis nach Art. 54 Abs. 2 S. 4 BayBO setzt nicht voraus, dass ein Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften vorliegt, vielmehr reicht schon die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines solchen Verstoßes aus. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 9 K 17.6075 2019-03-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Kläger wenden sich als Miteigentümer eines bebauten Grundstücks gegen eine baurechtliche Betretensanordnung, mit der der Kläger zu 1 verpflichtet wird, der Bauaufsichtsbehörde Zutritt zu den Räumen des Hauses zu gewähren und die Klägerin zu 2 verpflichtet wird, dies zu dulden. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. In dem Urteil wird ausgeführt, dass die Anordnungen rechtmäßig seien, nachdem konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen den Baubestand auf eine etwaige baugenehmigungspflichtige Änderung zu überprüfen. Das Kellergeschoss sei freigelegt, mit bodentiefen Fenstern versehen und verfüge über einen separaten Eingang. Es liege nahe, dass es zu Wohnzwecken umgenutzt und eine zweite Wohneinheit errichtet worden sei.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) verlangt zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes. Eine schlichte, unspezifizierte Behauptung der Unrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung genügt nicht. Der Rechtsmittelführer muss vielmehr konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit falsch ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.; BayVGH, B.v. 4.7.2017 – 1 ZB 14.1681 – juris Rn. 4; B.v. 12.5.2017 – 15 ZB 16.1365 – juris Rn. 11; B.v. 8.10.2014 – 12 ZB 13.1087 – BayVBl 2015, 195). Diese Voraussetzungen erfüllt der Zulassungsantrag nicht.
Das Verwaltungsgericht hat die angeordnete Überprüfungsbefugnis einschließlich des Betretungsrechts nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO i.V.m. Art. 13 Abs. 7 GG bejaht, da eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehe (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2015 – 1 ZB 14.1937 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 26.3.2012 – 9 ZB 08.1359 – juris Rn. 15). Anhaltspunkte dafür, dass unter Verstoß gegen die Baugenehmigungspflicht eine zweite Wohneinheit begründet worden sei, bestünden schon aufgrund der baulichen Gestaltung des Kellergeschosses mit einem separaten Eingang.
Hiergegen wenden die Kläger nur ein, dass die genehmigte Freilegung des Kellergeschosses allein keinen Schluss auf eine Umnutzung desselben zu Wohnzwecken zulasse. Die Zulassungsbegründung beschränkt sich darauf, der Annahme des Verwaltungsgerichts zu widersprechen. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht genannten Indizien, die die Vermutung von Baurechtsverstößen begründen können, enthält sie nicht. Mit den einzelnen Erwägungen des Verwaltungsgerichts setzen sich die Kläger nicht ansatzweise auseinander. Im Übrigen setzt die Befugnis nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO nicht voraus, dass ein Verstoß gegen baurechtliche Vorschriften vorliegt, vielmehr reicht schon die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines solchen Verstoßes aus (vgl. BayVGH, B.v. 26.3.2012 a.a.O. Rn. 13; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand April 2019, Art. 54 Rn. 138). Soweit sie pauschal Fehler bei der Beweiswürdigung geltend machen, fehlt es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Gründe für eine Zulassung der Berufung.
Soweit die Kläger des Weiteren Fehler bei der Tatsachenfeststellung und Sachverhaltswürdigung sowie einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz geltend machen, erläutern sie nicht, worin diese zu sehen sein könnten. Ein Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) wird insoweit nicht dargelegt.
Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 2 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG und entspricht dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Betrag.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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