Verwaltungsrecht

Erfolglose Nachbarklage wegen Lärmeinwirkungen durch eine Schule

Aktenzeichen  22 ZB 15.2447

Datum:
16.3.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 44715
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1004 Abs. 1 S. 2
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ein Anspruch auf Unterlassen künftiger Beeinträchtigungen setzt nach dem Rechtsgedanken des § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass solche Beeinträchtigungen hinreichend nahe bevorstehen. Es muss die auf Tatsachen gegründete, objektive und ernstliche Besorgnis rechtserheblicher Störungen bestehen. Die nur auf subjektiven Befürchtungen beruhende bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt nicht. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Unterlassungsbegehren ist nur dann begründet, wenn die Gefahr eines rechtswidrigen Eingriffs in ein absolut geschütztes Recht noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung besteht, die dem Erlass eines hierüber befindenden Urteils vorausgeht. (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine aus § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO resultierende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, kann ein Beteiligter, der bereits im ersten Rechtszug anwaltlich vertreten war, grundsätzlich nur dann durchdringen, wenn er in der mündlichen Verhandlung einen einschlägigen Beweisantrag gestellt hat. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 7 K 14.1520 2015-09-24 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens je zur Hälfte zu tragen.
III.
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. September 2015 wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger sind nach den im vorliegenden Verfahren auf Zulassung der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts Miteigentümer eines mit Reihenhäusern bebauten Grundstücks sowie Inhaber des Sondereigentums an dem Reiheneckhaus, das eine Reihenhauszeile nach Westen hin abschließt. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Art der baulichen Nutzung als allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO) festsetzt.
Unmittelbar westlich dieses Grundstücks befindet sich das Gelände einer Realschule, deren Sachaufwandsträger der Beklagte ist. Im März 2012 reichte er einen Bauantrag ein, der die Umgestaltung eines Teils der Außenanlagen der Realschule zum Gegenstand hatte. In einem vom 24. Februar 2012 stammenden Erläuterungsschreiben zu diesem Antrag führte er aus, da die auf dem Schulgelände vorhandene Weitsprunganlage, der dortige Allwetterplatz und eine 100-m-Laufbahn einen sehr schlechten Zustand aufwiesen, finde der Sportunterricht überwiegend auf dem Platz eines örtlichen Sportvereins statt. Im Rahmen der „Bewegten Pause“ und der Mittagsbetreuung bestehe jedoch Bedarf für sportliche Aktionen an der Schule. Es sei u. a. geplant, Teile der bisherigen 100-m-Laufbahn als Fläche für Tischtennis, Badminton, Indiaca und Frisbee sowie eine Teilfläche des alten Allwetterplatzes als Streetballanlage zu nutzen. Außerdem solle die Weitsprunganlage als Naturerlaubnisraum ausgebaut, eine Slackline-Anlage erstellt und entlang der Ostseite des Schulgeländes eine Einfriedung errichtet werden. Die geplanten Anlagen seien ausschließlich für den Schulbetrieb (nämlich den Sport- bzw. Naturkundeunterricht, für die „Bewegte Pause“ und die Nachmittagsbetreuung) bestimmt. Vor 8.00 Uhr und nach 16.00 Uhr finde keine Nutzung der Sport- und Spielbereiche statt. Innerhalb dieser Zeitspanne würden sie in den von 10.15 Uhr bis 10.45 Uhr und von 13.00 Uhr bis 13.45 Uhr dauernden Pausen sowie teilweise während der Nachmittagsbetreuung frequentiert.
Bereits im Jahr 2011 habe der Beklagte an der Ostseite der Schule zwölf Stellplätze für die Schulleitung und den Hausmeister geschaffen; diese Maßnahmen hätten baugenehmigungsfrei verwirklicht werden können. Die Stellplätze für die Schulleitung stünden ab 7.00 Uhr zur Verfügung.
Dem Bauantrag fügte der Beklagte einen Befreiungsantrag nach § 31 Abs. 2 BauGB bei, der die Herstellung eines Gitterzauns mit einer Gesamthöhe von 1,93 m über dem ursprünglichen Gelände entlang der östlichen Grundstücksgrenze der Realschule zum Gegenstand hatte. Zur Begründung führte der Beklagte aus, um eine private Nutzung der Sportanlagen an der Realschule zu unterbinden, müsse das gesamte Schulgelände mit einem hohen Zaun eingefriedet werden; hierdurch bleibe die Nutzung auf die Schulzeiten beschränkt.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 nahm eine Umweltingenieurin des Landratsamts zu dem Bauvorhaben dahingehend Stellung, dass auf der Grundlage einer Worst-case-Betrachtung – nämlich bei einem vierstündigen Handball-, Fußball- und Slackline-Betrieb während der Tagesstunden sowie eines achtstündigen Betriebs der anderen Sportbereiche (jeweils unter Ausschluss der Ruhezeiten) – u. a. am Anwesen der Kläger der nach der Sportanlagenlärmschutzverordnung für allgemeine Wohngebiete geltende Immissionsrichtwert für die Tageszeit von 55 dB(A) sicher eingehalten werde. Eine bereits am 1. Februar 2012 vorgenommene Beurteilung der Lehrerparkplätze habe ergeben, dass durch diese Anlage der nach der TA Lärm maßgebliche Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete um mehr als 10 dB(A) unterschritten werde; auch ein Nichteinhalten des zulässigen Spitzenpegels sei nicht zu prognostizieren.
Der am 4. Juli 2012 zugunsten des Beklagten ergangene Baugenehmigungsbescheid bestimmte, dass die Nutzung der Außenanlagen nur im Rahmen des Schulbetriebs erfolgen dürfe; eine private oder vereinsmäßige Nutzung sei auszuschließen. Die Nutzungszeiten würden sich nach dem Erläuterungsschreiben vom 24. Februar 2012 richten. Die Lehrerparkplätze dürften nur von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr genutzt werden.
Eine Ausfertigung der Baugenehmigung und ein Begleitschreiben hierzu übersandte das Landratsamt mittels Übergabe-Einschreiben, die am 5. Juli 2012, am 23. Juli 2012, am 9. August 2012 und am 29. August 2012 zur Post gegeben wurden, den Klägern. Zumindest die beiden letztgenannten Sendungen gelangten mit dem postalischen Vermerk „nicht abgeholt“ an die Behörde zurück.
Nachdem sich die Kläger mit mehreren Schreiben ihrer Bevollmächtigten an das Landratsamt gegen die Umgestaltung der Außenanlagen der Realschule gewandt hatten, erhoben sie am 15. September 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg, mit der sie beantragten:
Der Beklagte wird verurteilt, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass die Lärmimmissionen von dem Schulgelände der Realschule A. auf das Grundstück der Kläger … tagsüber außerhalb der Ruhezeiten einen Immissionsrichtwert von 55 dB(A) und in Ruhezeiten sowie an Sonn- und Feiertagen von 50 dB(A) nicht überschreiten.
Das Verwaltungsgericht wies diese Klage durch Urteil vom 24. September 2015 als unbegründet ab, da nicht davon auszugehen sei, dass das Grundstück der Kläger Immissionen ausgesetzt sein werde, die nach § 22 Abs. 1 i. V. m. § 3 Abs. 1 BImSchG unzumutbar seien.
Die Kläger beantragen, gegen diese Entscheidung die Berufung zuzulassen.
Der Beklagte beantragt, den Zulassungsantrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da die Kläger in der Antragsbegründungsschrift vom 7. Dezember 2015 entgegen der sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Obliegenheit nicht dargelegt haben, dass die Voraussetzungen der von ihnen in Anspruch genommenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO vorliegen.
1. Es kann dahinstehen, inwieweit der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung zu folgen ist, gegen Geräuschimmissionen, die Ausdruck der bestimmungsgemäßen, durch den Bescheid vom 4. Juli 2012 zugelassenen Nutzungen der Sport- und Spielanlagen sowie der Lehrerparkplätze seien, könnten sich die Kläger schon deshalb nicht wenden, weil sie innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, an dem sie sichere Kenntnis von der Baugenehmigung erlangt hätten, diese nicht im Klageweg angefochten haben, so dass jener Bescheid ihnen gegenüber bestandskräftig geworden sei. Ernstliche Zweifel an der – allein ausschlaggebenden – Ergebnisrichtigkeit des Urteils vom 24. September 2015 würden durch die Antragsbegründung nämlich auch dann nicht aufgezeigt, sollte den Einwänden, die im Abschnitt 1 des Schriftsatzes der Klagebevollmächtigten vom 7. Dezember 2015 gegen die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts vorgebracht werden, Beachtlichkeit nicht abgesprochen werden können.
Denn das Verwaltungsgericht hat sein Urteil zusätzlich auf den Gesichtspunkt gestützt, dass die Kläger nicht dargelegt hätten, ihr Wohnhaus sei unzumutbaren Immissionen ausgesetzt, und eine solche Einwirkung sei auch weiterhin zu befürchten (vgl. die auf Seite 7 unten des Urteilsumdrucks beginnenden Ausführungen). Diese Erwägungen sind geeignet, die Entscheidung selbstständig zu tragen, da ein Anspruch auf Unterlassen künftiger Beeinträchtigungen, wie ihn die Kläger im vorliegenden Rechtsstreit geltend machen, nach dem Rechtsgedanken des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB voraussetzt, dass solche Beeinträchtigungen hinreichend nahe bevorstehen (BayVGH, U. v. 11.1.2013 – 22 B 12.2367 – juris Rn. 20; Baldus in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 289 m. w. N.). Es muss die auf Tatsachen gegründete, objektive und ernstliche Besorgnis rechtserheblicher Störungen bestehen (Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl. 2016, § 1004 Rn. 32); die nur auf subjektiven Befürchtungen beruhende bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt nicht (Baldus in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2013, § 1004 Rn. 292). Ist es bereits zu einer rechtswidrigen Störung der abzuwehrenden Art gekommen, spricht allerdings eine tatsächliche Vermutung dafür, dass insoweit Wiederholungsgefahr besteht (vgl. z. B. BGH, U. v. 12.12.2003 – V ZR 98/03 – NJW 2004, 1035/1036; U. v. 17.12.2010 – V ZR 46/10 – ZUM 2011, 333/336; U. v. 21.9.2012 – V ZR 230/11 – NJW 2012, 3781/3782).
Aus der Begründung des Zulassungsantrags geht nicht hervor, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Kläger hätten die genannten Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs nicht dargetan, ernstlichen Zweifeln begegnet. Im Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 wird weder aufgezeigt, dass sie bereits in der Vergangenheit Geräuschimmissionen ausgesetzt waren, die von den auf dem benachbarten Schulgelände errichteten Spiel- bzw. Sporteinrichtungen oder den dort befindlichen Parkplätzen ausgingen und die von der Duldungspflicht der Kläger nicht umfasst sind, noch wird dort dargelegt, dass mit der erforderlichen Konkretheit damit gerechnet werden muss, von diesen Einrichtungen werde erstmals in der Zukunft eine rechtswidrig hohe Lärmfracht ausgehen. Die Antragsbegründung beschränkt sich im Wesentlichen vielmehr auf die – für sich genommen zutreffende – Feststellung, dass aus einer im Baugenehmigungsverfahren erstellten Lärmprognose nicht zwangsläufig folgt, die von dem begutachteten Vorhaben nach dessen Inbetriebnahme ausgehenden Geräusche könnten nicht doch lauter sein, als das von fachkundiger Seite vorhergesagt wurde. Da nach dem Vorgesagten die bloß abstrakte Möglichkeit einer Störung nicht genügt, um einer Unterlassungsklage zum Erfolg zu verhelfen, wären ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur dargetan, wenn die Kläger substantiiert aufgezeigt hätten, dass entweder die von einer Umweltingenieurin des Landratsamts am 21. Juni 2012 erstelle lärmschutzfachliche Ausarbeitung als solche mängelbehaftet ist (weil sie z. B. von unzutreffenden tatsächlichen Annahmen ausgeht oder die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen bzw. technischen Regelwerke fehlerhaft angewendet wurden), oder aber sich die Gegebenheiten nachträglich in einer Weise entwickelt haben, die der seinerzeitigen Prognose die Grundlage entzieht.
Dass der Stellungnahme vom 21. Juni 2012 ein Fehler der erstgenannten Art anhafte, behauptet die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Was die faktischen Verhältnisse vor Ort anbetrifft, so kommen die Kläger im Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 lediglich auf ihre Behauptung zurück, nach ihren Aufzeichnungen (vgl. deren Wiedergabe auf Seite 2 des Schreibens ihrer Bevollmächtigten an das Landratsamt vom 18.7.2014) sei ein in der Umzäunung des Schulgeländes befindliches, der Zu- und Abfahrt zu bzw. von den dortigen Stellplätzen dienendes Tor an bestimmten zwischen dem 23. Mai 2014 und dem 16. Juli 2014 liegenden Tagen auch nach 16.00 Uhr nicht verschlossen gewesen.
Diesem Vorbringen kommt Erheblichkeit allenfalls hinsichtlich desjenigen Teils des Klagebegehrens zu, der auf das Unterbleiben rechtswidriger Geräuschimmissionen abzielt, die durch Personen hervorgerufen werden, die sich nach 16.00 Uhr unbefugt auf dem Schulgelände aufhalten. Hinsichtlich des übrigen Streitgegenstandes – er hat die Gesamtheit des vom Schulgrundstück ausgehenden Schalls zum Gegenstand – fehlt es an nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO beachtlichen Darlegungen.
Durch die Ausführungen, die sich mit der fallweise unterbliebenen Schließung der Parkplatzzufahrt ab 16.00 Uhr befassen, werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erfolgten Klageabweisung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ebenfalls nicht dargetan. Das Verwaltungsgericht hat nicht nur nicht festgestellt, dass von dem Areal der Realschule nach 16.00 Uhr jemals Geräusche ausgegangen sind, die von der Duldungspflicht der Kläger nicht umfasst werden und die sich deshalb als rechtswidrige Immissionen darstellen; es fehlen darüber hinaus auch Feststellungen darüber, dass sich nach diesem Zeitpunkt (wegen des gelegentlich unterbliebenen Verschließens des vorerwähnten Tors oder unabhängig hiervon) überhaupt Personen unbefugt auf dem Schulgelände aufgehalten haben. Da die Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags nichts Gegenteiliges behauptet haben, hat der Verwaltungsgerichtshof davon auszugehen, dass es bisher noch zu keiner Störung der vorbezeichneten Art gekommen ist. Den Klägern steht deshalb die Vermutung, es könnte zu einer Wiederholung derartiger Vorfälle kommen, nicht zur Seite.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils wären vor diesem Hintergrund nur dargetan worden, wenn die Kläger im Schriftsatz vom 7. Dezember 2015 aufgezeigt hätten, dass ungeachtet des Fehlens in der Vergangenheit nach 16.00 Uhr zu verzeichnender, vom Schulgelände ausgehender unzulässig lauter Geräusche die Verletzung ihres Rechts, von solchen Immissionen verschont zu bleiben, künftig konkret zu befürchten steht. Der ihnen insoweit obliegenden Darlegungslast sind sie in der Begründung des Zulassungsantrags ungeachtet des Umstands nicht nachgekommen, dass aufgrund des übereinstimmenden Vorbringens beider Beteiligter davon auszugehen ist, dass das Zufahrtstor zum Lehrerparkplatz in der Vergangenheit nicht stets ab 16.00 Uhr geschlossen gehalten wurde. Der Beklagte hat in der Klageerwiderung vom 6. November 2014 zu dieser Thematik folgendes ausgeführt:
„Auf Schriftsatz der Kläger vom 16.04.2014 [in ihm hatten die Klagebevollmächtigten ein unterbliebenes zuverlässiges Absperren des Lehrerparkplatzes nach Unterrichtsende erstmals moniert] hat der Beklagte die Gegebenheiten und Abläufe vor Ort eingehend überprüft. Dabei hat der Beklagte feststellen müssen, dass in der Zeit zuvor der Geländebereich und die Stellflächen, die an das Anwesen der Kläger angrenzen, unstreitig nicht stets zuverlässig abgesperrt und die vom Beklagten gesetzten Nutzungsmaßgaben punktuell nicht eingehalten waren. Der Beklagte hatte daraufhin unverzüglich gegenüber der Schulleitung sowie allen Personen der Lehrerschaft, die die Stellflächen nutzen und das Gelände abzusperren haben, verfügt, dieser Verpflichtung nachzukommen und das Tor nach 16.00 Uhr ausnahmslos zuverlässig verschlossen zu halten.
Die Einhaltung dieser Verfügung hat der Beklagte seither regelmäßig in sehr kurzen Abständen sowie gewissenhaft kontrolliert und jeweils stets strikt die Fehlverhalten/-nutzungen außerhalb der auferlegten Vorgaben unverzüglich unterbunden. Weitere Verstöße hiergegen erfolgten seitdem nicht.“
Aus dieser Schilderung des Beklagten folgt lediglich, dass die Zufahrt zu den Lehrerparkplätzen vor dem 16. April 2014 nicht stets ab 16.00 Uhr verschlossen gehalten wurde, und dass auch nach diesem Tag „punktuell“ noch einzelne derartige Vorkommnisse zu verzeichnen waren. Damit in Einklang steht, dass nach den Ausführungen im Schreiben der Klagebevollmächtigten vom 18. Juli 2014 die Fallgestaltung, dass eine Lehrkraft nach 16.00 Uhr von den Parkplätzen auf dem Schulgelände abgefahren ist, ohne danach das Tor zu verschließen, nur an dreien der zwölf zwischen dem 23. Mai 2014 und dem 16. Juli 2014 liegenden Tagen (nämlich am 26.5.2014, am 5.6.2014 und am 16.7.2014) zu verzeichnen war. Dass es auch später (d. h. nach dem Ende des Schuljahres 2013/14) noch zu derartigen Vorfällen gekommen ist, haben die Kläger in der Begründung des Zulassungsantrags nicht behauptet. Damit steht die vorstehend wiedergegebene Darstellung des Beklagten, die von ihm diesbezüglich ergriffenen Maßnahmen seien nach einer gewissen „Anlaufzeit“ erfolgreich gewesen, unerschüttert im Raum. Ein Lebenssachverhalt, der Anlass zu der konkreten Befürchtung gibt, unbefugte Personen könnten sich künftig nach 16.00 Uhr auf das Schulgelände begeben und dort Geräusche verursachen, die von der Duldungspflicht der Kläger nicht umfasst sind, ist damit nicht dargetan. Ein Unterlassungsbegehren aber ist nur dann begründet, wenn die Gefahr eines rechtswidrigen Eingriffs in ein absolut geschütztes Recht noch bei Schluss der mündlichen Verhandlung besteht, die dem Erlass eines hierüber befindenden Urteils vorausgeht (Gursky in Staudinger, BGB, 12. Aufl. 1984, § 1004, Rn. 156 m. w. N.).
2. Nicht dargetan wurde durch die Antragsbegründung ferner, dass die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erfüllt sind. Die Kläger sehen einen Verfahrensmangel im Sinn dieser Vorschrift darin, dass das Verwaltungsgericht nicht Beweis darüber erhoben hat, welchen Geräuschimmissionen sie durch die tatsächliche Nutzung des Parkplatzes sowie der (auf dem Schulgelände vorhandenen) Sport- und Freizeiteinrichtungen ausgesetzt sind. Mit der darin der Sache nach liegenden Rüge, das Verwaltungsgericht habe seine aus § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO resultierende Pflicht verletzt, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, kann ein Beteiligter, der – wie bei den Klägern der Fall – bereits im ersten Rechtszug anwaltlich vertreten war, grundsätzlich nur dann durchdringen, wenn er in der mündlichen Verhandlung einen einschlägigen Beweisantrag gestellt hat (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.; vgl. zur entsprechenden Rechtslage im Rahmen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO z. B. BVerwG, B. v. 13.3.1992 – 4 B 39.92 – NVwZ 1993, 268; B. v. 25.1.2005 – 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447/449). Dies ist ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht geschehen. Die in der Klageschrift geforderte Einholung eines Sachverständigengutachtens über die tatsächliche Geräuschbelastung des Anwesens der Kläger stellt eine bloße Beweisanregung dar, die einen förmlichen Beweisantrag im Sinn von § 86 Abs. 2 VwGO nicht entbehrlich macht. Anders verhielte es sich nur dann, wenn sich eine Beweiserhebung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. z. B. BVerwG, B. v. 28.5.2013 – 7 B 46/12 – m. w. N.; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014 § 124 Rn. 191 m. w. N.). Hiervon kann angesichts der in sich schlüssigen immissionsschutzfachlichen Stellungnahme vom 21. Juli 2012 sowie im Hinblick darauf keine Rede sein, dass die Behauptung der Kläger, ihre tatsächliche Lärmbelastung sei höher als sie in dieser Ausarbeitung prognostiziert wurde, bereits während des Verfahrens im ersten Rechtszug gänzlich unsubstantiiert geblieben ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i. V. m. § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG. Der beschließende Senat übt das durch die letztgenannte Vorschrift eröffnete Ermessen in Hauptsacheverfahren, in denen sich ein Drittbetroffener gegen Geräusche wendet, die von Spiel- oder Sportplätzen sowie von vergleichbaren Einrichtungen ausgehen, in gefestigter Spruchpraxis dahingehend aus, dass die „Bedeutung der Sache“ für den Rechtsschutzsuchenden, sofern er sich nicht lediglich gegen zeitlich oder sachlich begrenzte, von der inmitten stehenden Einrichtung ausgehende Belästigungen wendet, in Anlehnung an die Empfehlung in der Nummer 19.2 in Verbindung mit der Nummer 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 15.000,00 € veranschlagt wird (vgl. eingehend BayVGH, B. v. 6.2.2015 – 22 B 12.269 – juris Rn. 70 m. w. N.). Anhaltspunkte, warum das materielle und immaterielle Interesse der Kläger im vorliegenden Fall nur halb so hoch anzusetzen sein soll, sind nicht erkennbar. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 GKG.


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