Verwaltungsrecht

Erfolglose Zulassung der Berufung wegen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft

Aktenzeichen  9 ZB 19.32029

Datum:
25.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13915
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, § 80, § 83b
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Die Zulassung der Berufung wegen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft hat keinen Erfolg, da keine ausreichende Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der zu klärenden Frage erfolgte. (Rn. 1 – 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 17.33969 2019-04-10 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG).
Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2019 – 9 ZB 19.30847 – juris Rn. 3 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
Aus Klägersicht sei „von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, ob Asylbewerber wie der hiesige Kläger nur dann glaubhaft erscheinen, wenn sie Nachweise über einen Bevollmächtigten in der Türkei sich beschaffen können. Es kann dahingestellt sein, ob der Kläger hierzu überhaupt in der Lage und verpflichtet gewesen wäre.“ Hinsichtlich der entsprechenden Fragestellung fehlt es jedoch bereits an der ausreichenden Darlegung der Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass der Kläger wegen vermeintlicher Unterstützung der PKK oder HDP, weil er in einem Zeitraum von zwei Jahren – ohne Kenntnis über den jeweiligen Inhalt des Transportgutes – fünf- bis sechsmal Waffen und Nahrung über die Grenze nach Syrien an kurdische YPG-Einheiten geschmuggelt habe, in den Fokus der türkischen Sicherheitsbehörden geraten ist. Es hat dazu ausgeführt, dass nach den Angaben des Klägers zwar ein an den Transporten beteiligter Freund festgenommen worden sei und weitere hätten fliehen müssen. Selbst wenn der verhaftete Freund seinen Namen genannt habe, was der Kläger jedoch lediglich mutmaße, sei jedoch nur von lokal begrenzter Bedeutung dieses Umstands in der Heimatregion des Klägers, nicht jedoch von landesweiter Suche nach ihm auszugehen. Der Kläger selbst sei weder verhört noch festgenommen worden und es sei nicht erkennbar, dass dem Kläger eine Verhaftung drohe. Anklagen, Haftbefehle oder Durchsuchungsbeschlüsse gebe es nicht, Die Behauptung, in der Türkei landesweit vom Staat gesucht zu werden, könne er auch weder durch einen Auszug aus e-Devlet noch aus UYAP untermauern, obwohl Nachweise zumindest über einen Bevollmächtigten in der Türkei zu beschaffen seien. Gegen ein landesweites Verfolgungsinteresse spreche auch, dass der Kläger den genutzten Grenzübergang nach Bulgarien mit einem Reisepass mit dem Ausstellungsdatum Februar 2016 ungehindert habe passieren können, während Personen, die einem Ausreiseverbot unterlägen, und auf einer entsprechenden Liste stünden, keinen Reisepass erhalten oder bei Besitz eines Reispasses an der Ausreise gehindert würden. Zudem könne der Bruder des Klägers nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung und entgegen der ursprünglich geäußerten Befürchtungen aufgrund angeblich geäußerter Drohungen ungehindert studieren (s. UA S. 11 ff.). Mit alledem setzt sich das Zulassungsvorbringen nicht näher auseinander, sondern beleuchtet lediglich den Aspekt des fehlenden Nachweises mittels Daten aus dem e-Devlet und dem UYAP-System. Ohne weitere Erläuterung durch den Kläger ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass das Verwaltungsgericht bei der Fülle der von ihm angeführten, gegen eine Verfolgungsgefahr sprechenden Aspekte zu einer anderen Einschätzung gelangt wäre, wenn es dem Umstand, dass der Kläger nicht versuchte, Nachweise für seine Verfolgung in der Türkei zu erlangen, keine Bedeutung beigemessen hätte.
Darüber hinaus ist auch die allgemeine Klärungsbedürftigkeit nicht nachvollziehbar dargetan. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass es ausschließlich Sache des Tatrichters ist, sich selbst die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendige Überzeugungsgewissheit von der Wahrheit des Parteivortrags zu verschaffen (vgl. BVerwG, B.v. 22.2.2005 – 1 B 10.05 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 12.3.2019 – 9 ZB 17.30411 – juris Rn. 6 m.w.N.). Auch in schwierigen Fällen ist der Tatrichter berechtigt und ver-pflichtet, den Beweiswert einer Aussage selbst zu würdigen. Die Tatsacheninstanzen haben in eigener Verantwortung festzustellen, ob der Asylbewerber und etwa gehörte Zeugen glaubwürdig und ihre Darlegungen glaubhaft sind (vgl. BVerwG, B.v. 18.7.2001 – 1 B 118.01 – juris Rn. 3). In welchem Umfang dabei eine Auseinandersetzung mit dem Tatsachenvortrag zu erfolgen hat und dieser zu prüfen ist, lässt sich nicht verallgemeinernd beantworten. Dies ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2018 – 9 ZB 18.32680 – juris Rn. 23). Das Verwaltungsgericht hat hier ersichtlich keinen in der aufgeworfenen Frage angelegten grundsätzlichen Rechtssatz aufgestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Mit der nach § 80 AsylG unanfechtbaren Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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