Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Prozesskostenhilfe für ein Auskunftsbegehren im Eilverfahren

Aktenzeichen  9 C 16.524

Datum:
21.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 57 Abs. 2, § 147 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1 Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich eines Auskunftsbegehrens fehlt, wenn ein vorheriger Antrag bei der Behörde nicht gestellt wurde. Es entfällt, wenn die begehrte Auskunft tatsächlich erteilt wird. (redaktioneller Leitsatz)
2 Da die Erteilung der begehrten Auskünfte im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, ist ein entsprechender Antrag nur zulässig, wenn ein Abwarten der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (Verweis auf BVerwG BeckRS 2011, 47891). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom Landratsamt L. Auskunft insbesondere über Kosten, die durch die Fortnahme von 29 Pferden entstanden sind.
Mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 ordnete das Landratsamt L. gegenüber der Antragstellerin, die sich seit 23. Oktober 2015 in Haft befindet, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung von 29 Pferden aus der Haltung M. in … E. an. Die Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt. Mit Klage vom 5. Februar 2016, über die noch nicht entschieden ist, beantragte die Antragstellerin u. a., das Landratsamt zu verpflichten, ihr Auskunft über Verbleib, Gesamtkosten der Unterbringung, des Transports, Tierarztbehandlung, Klinikaufenthalt usw. fortgenommener Pferde zu erteilen (Az. RN 4 K 16.184). Gleichzeitig wurde wegen des Auskunftsersuchens ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Die Antragstellerin beantragte ferner, ihr Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Das Verwaltungsgericht Regensburg lehnte mit Beschluss vom 23. Februar 2016, zugestellt mit Postzustellungsurkunde am 25. Februar 2016, den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sei unzulässig, weil die Antragstellerin keinen vorhergehenden Antrag beim Landratsamt L. gestellt habe. Zudem sei weder der Anspruch, auf den sich ihr Auskunftsbegehren stütze, noch eine Dringlichkeit der Auskunftserteilung dargelegt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde abgelehnt, da die Rechtsverfolgung demnach keine hinreichende Erfolgsaussicht biete.
Mit ihrer Beschwerde vom 3. März 2016, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am 11. März 2016, wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Ein bestimmter Antrag wurde nicht gestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 2. Juni 2016 beantragte die Antragstellerin die Gewährung von Akteneinsicht, die ihr mit gerichtlichem Schreiben vom 15. Juni 2016 gewährt wurde. Mit Schreiben vom 5. Juli 2016 machte die Antragstellerin weitere Ausführungen und lehnte den Berichterstatter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieses Ablehnungsgesuch wurde mit Beschluss vom 27. September 2016 zurückgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.Die Beschwerde, über die gem. §§ 150, 101 Abs. 3 VwGO im Hinblick auf den Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, hat keinen Erfolg.
1. Die von der Antragstellerin gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO persönlich eingelegte Beschwerde ist nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhoben, da sie erst am 11. März 2016 und damit einen Tag nach Fristablauf (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB) beim Verwaltungsgerichtshof (§ 147 Abs. 2 VwGO) eingegangen ist. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am 25. Februar 2016 zugestellt (vgl. VGH BW, B. v. 25.6.2001 – 11 S 2290/00 – juris Rn. 5 m. w. N.).
2. Das Auskunftsbegehren der Antragstellerin im einstweiligen Rechtsschutz bietet darüber hinaus nach dem im Verfahren der Prozesskostenhilfe maßgebenden Prognosemaßstab auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO).
Im Rahmen der Prüfung hinreichender Erfolgsaussichten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO dürfen die eigentliche Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht aus dem Hauptsacheverfahren in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert werden und die Anforderungen nicht überspannt werden (BVerfG, B. v. 28.1.2013 – 1 BvR 274/12 – juris Rn. 12). Der Erfolg muss nicht gewiss sein; es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso infrage kommt, wie ein Unterliegen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 166 Rn. 26). Nach diesem Maßstab bleibt der Antrag erfolglos.
a) Dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich des Auskunftsbegehrens fehlt es – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – bereits am Rechtsschutzbedürfnis, weil nicht ersichtlich ist, dass sich die Antragstellerin vor Antragstellung bei Gericht mit einem entsprechenden Antrag an das Landratsamt L. gewandt hat. Das Vorbringen der Antragstellerin in Ihren Schriftsätzen vom 3. März 2016 und 5. Juli 2016 ist nicht substantiiert und nicht geeignet, ein entsprechendes Begehren zu belegen. Die Antragstellerin hat sich zwar offenbar an viele verschiedene Stellen gewandt, bereits aus ihrem eigenen Vortrag wird jedoch nicht ersichtlich und ist nicht nachvollziehbar, dass auch tatsächlich ein entsprechendes Schreiben rechtzeitig an das Landratsamt L. gesandt wurde. Eine Kontrolle der Postlisten der Justizvollzugsanstalt kommt jedenfalls im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht in Betracht, zumal dies auch nicht entscheidungserheblich sein dürfte, weil sich insoweit weder der Inhalt noch der Zugang entsprechender Schreiben belegen lässt. Unabhängig davon sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder substantiiert vorgetragen, dass ausnahmsweise eine sofortige Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes geboten wäre.
Darüber hinaus wurde der Antragstellerin mit Schreiben des Landratsamts L. vom 8. April 2016 eine Auskunft hinsichtlich der bisher entstandenen Kosten erteilt. Damit ist jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz insoweit entfallen (Happ in Eyermann, a. a. O., § 123 Rn. 34; Buchheister in Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 123 Rn. 13).
b) Es kann offenbleiben, auf welche Rechtsgrundlage die Antragstellerin ihr Auskunftsbegehren stützt und ob sie einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO glaubhaft gemacht hat, denn es ist jedenfalls – wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat – kein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Abgesehen davon, dass durch die Erteilung der Auskunft mit Schreiben vom 8. April 2016 jedenfalls die Dringlichkeit insoweit entfallen ist (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., § 123 Rn. 53 f., 40), hat die Antragstellerin auch insgesamt keine besondere Dringlichkeit dargelegt. Die bloße Berufung darauf, sie müsse über den Zustand der Tiere und die entstandenen Kosten Kenntnis haben, genügt jedenfalls nicht. Im Übrigen läuft die Erteilung der begehrten Auskünfte im Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, die nur zulässig wäre, wenn ein Abwarten der Hauptsache für die Antragstellerin schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (vgl. BVerwG, B. v. 10.2.2011 – 7 VR 6.11 – juris Rn. 6). Auch hierzu ist nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen im Fall der Zurückweisung der Beschwerde kostenpflichtig (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 – 9 C 16.96 – juris Rn. 8). Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO).
Eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist nicht erforderlich, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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