Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung einer kubanischen Staatsangehörigen in Asylstreitverfahren

Aktenzeichen  15 ZB 20.30954

Datum:
18.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14603
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3, Abs. 4 S. 4
VwGO § 60 Abs. 1, 2, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Einem neuen Prozessbevollmächtigten, der einen Wiedereinsetzungsgrund wegen verspätet gewährter Akteneinsicht geltend macht, kann nur dann kein Verschulden hinsichtlich der Nichteinhaltung der Frist zur Begründung eines Antrags auf Zulassung der Berufung vorgehalten werden, wenn der Antrag auf Akteneinsicht rechtzeitig gestellt wurde, d.h. wenn der Bevollmächtigte nach unverzögerter Antragstellung mit der Einsicht so frühzeitig rechnen konnte, dass eine verantwortliche Auswertung noch vor Fristablauf möglich war (Rn. 12). (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gewährleistet nicht allgemein, dass die angefochtene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern oder sonstigen Verfahrensfehlern ist, sondern sie soll nur sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder in der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (Rn. 31). (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist das angefochtene Urteil entscheidungstragend auf mehrere selbständige Begründungen gestützt, kann die Berufung nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (Rn. 33). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 3 K 17.32607 2020-03-13 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
Die Klägerin, eine kubanische Staatsangehörige, wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22. April 2017, mit dem ihr Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt wurde, ihr die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Kuba oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Mit Urteil vom 13. März 2020, das den vormaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 20. März 2020 zugestellt wurde, wies das Verwaltungsgericht Augsburg die von der Klägerin erhobene Klage mit den gestellten Anträgen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2017 zu verpflichten, sie als asylberechtigt anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, ab.
Am 16. April 2020 ließ die Klägerin über ihren neuen Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 13. April 2020 stellen, der nach Übermittlung durch das Erstgericht am 22. April 2020 beim Verwaltungsgerichtshof einging. Im Antragsschriftsatz führt der neue Bevollmächtigte der Klägerin aus, die Begründung des Zulassungsantrags bleibe einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten, für den aufgrund der durch die Corona-Pandemie bedingten Kontaktbeschränkungen eine Fristverlängerung bis mindestens 20. August 2020 beantragt werde. Es sei derzeit nicht absehbar, wann eine weitere Besprechung stattfinden könne, da hierzu auch ein Dolmetscher notwendig sei und der Klägerin audiovisuelle Möglichkeiten nicht zur Verfügung stünden. Sobald die pandemiebedingten Beschränkungen aufgehoben oder gelockert werden, seien sehr viele fristgebundene Schriftsätze zu fertigen, deren Fertigstellung derzeit aufgeschoben werden müssten. Weiter werde „um Übersendung der Akte der Vorverfahren (…) wenn möglich am besten in elektronischer Form“ gebeten.
Mit Berichterstatterschreiben vom 24. April 2020 wurde der Bevollmächtigte der Klägerin von Seiten des Verwaltungsgerichtshofs darauf hingewiesen, dass eine Verlängerung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht möglich sei. Mit Zuleitungsschreiben der Geschäftsstelle des befassten Senats vom 27. April 2020 wurde ihm zudem Einsicht in die Behördenakten und die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts durch postalische Übermittlung in die Kanzleiräume gewährt.
Im Anschluss ließ die Klägerin mit einem an den Verwaltungsgerichtshof adressierten Anwaltsschreiben ihres Bevollmächtigten vom 6. Mai 2020 (eingegangen per Telefax an demselben Tag) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen. Zur Begründung wird vorgetragen, es lägen zwei Wiedereinsetzungsgründe vor, deren Tatsachengrundlagen anwaltlich und eidesstattlich versichert würden: Zum einen sei er – der neue Bevollmächtigte der Klägerin – erstmals am 31. März 2020 mit dem Fall befasst worden. Er habe die beantragte Akteneinsicht erst über die postalische Übermittlung am 29. April 2020 erhalten. Er habe sich vorher mit den urteilstragenden Gründen nicht sachgerecht auseinandersetzen können. Eine Akteneinsicht in vorher unbekannte Akten sei für eine gewissenhafte und sachgemäße Prozessführung geboten. Der Klägerin hätten schon nicht die Protokolle bei Antragstellung vorgelegen, auf die sich das Verwaltungsgericht beziehe. Die Akteneinsichtnahme sei schon aus Gründen der „Waffengleichheit“ unabdingbar für eine sinnvolle Begründung des Antrags gewesen. Zum andern seien aufgrund der außergewöhnlichen Umstände der Corona-Pandemie und den Weisungen der Landes- und der Bundesregierung persönliche Kontakte auch in seiner Kanzlei bis zum 11. Mai 2020 nicht mehr vereinbart worden. Aufgrund der nicht ausreichenden Deutschkenntnisse der Klägerin habe ohne Dolmetscher keine sinnvolle Besprechung stattfinden können. Die Frage der Öffnungsmöglichkeiten von Kanzleien sei erst am 27. April 2020 im Ansatz geklärt worden. Insofern gebe es noch viele offene Fragen, insbesondere wie viele Personen anwesend sein dürften. Nachdem im vorliegenden Fall daher mindestens drei Personen anwesend sein müssten, habe die notwendige Gesundheitsvorsorge durch Schutzmaßnahmen nicht sicher gewährleistet werden können. Mittlerweile hätten diesbezügliche Maßnahmen ausreichend umgesetzt werden können. Eine Besprechung mit einer Dolmetscherin sei für den 12. Mai 2020 angesetzt. Nach der Besprechung und innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO werde gegebenenfalls nachzutragen sein. Diese Frist hierfür ende frühestens am 29. Mai 2020.
Auf Seiten 3 ff. des Schriftsatzes vom 6. Mai 2020 folgt eine „vorsorgliche Begründung der Zulassung der Berufung“, die auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör sowie auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützt wird. Auf die vorgebrachten Argumente wird Bezug genommen. Ein weiterer Schriftsatz des Bevollmächtigten der Klägerin im Anschluss an den angekündigten Besprechungstermin am 12. Mai 2020 erfolgte bis zur Entscheidung des Senats nicht mehr.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Es bestehen bereits Bedenken an der Zulässigkeit des Antrags auf Zulassung der Berufung.
a) Nach § 78 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AsylG ist die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen u n d zu begründen. Hierauf hat das Verwaltungsgericht in der dem angegriffenen Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrungzutreffend hingewiesen. Eine Verlängerung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung ist, worauf der Senat den Bevollmächtigten der Klägerin unter dem 24. April 2020 hingewiesen hat, nicht möglich (vgl. BayVGH, B.v. 18.12.2012 – 8 ZB 12.30427 – juris Rn. 8; B.v. 17.5.2018 – 9 ZB 18.30931 – juris Rn. 4; B.v. 7.1.2019 – 15 ZB 18.33341 – juris Rn. 1). Das angegriffene Urteil vom 13. März 2020 ist nach dem in den Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts befindlichen Empfangsbekenntnis den (vormaligen) Bevollmächtigten des Klägers am 20. März 2020 zugestellt worden. Zwar wurde die Zulassung der Berufung am 16. April 2020 rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist beim Verwaltungsgericht beantragt. Es wurden jedoch innerhalb der am 20. April 2020 (24:00 Uhr) abgelaufenen Monatsfrist keine Zulassungsgründe dargelegt. Die „vorsorgliche Begründung der Zulassung der Berufung“ erfolgte erst mit Schriftsatz vom 6. Mai 2020.
b) Der Senat lässt es dahinstehen, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
aa) Es spricht grundsätzlich Einiges dafür, dass die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 1 VwGO für die Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt sind, wenn einem Prozessbevollmächtigten, der erst nach Ergehen des erstinstanzlichen Urteils mandatiert worden war und der rechtzeitig vor Ablauf der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 AsylG Einsichtnahme in die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts beantragt hatte, die beantragte Akteneinsichtnahme vor Ablauf der Frist nicht mehr gewährt wurde. Der Prozessbevollmächtigte dürfte dann grundsätzlich nicht gehalten sein, vor der Gewährung der Einsicht in die Gerichtsakten eine Begründung innerhalb der dafür laufenden Frist einzureichen, weil er erst nach Lektüre der Gerichtsakte eventuelle Verfahrensfehler ermitteln und auf dieser Basis darüber entscheiden kann, welche Zulassungsgründe vorgetragen werden sollen (vgl. BGH, B.v. 11.1.2018 – III ZB 81/17 – BGHZ 217, 199 = juris Rn. 8 ff.; OVG NRW, B.v. 10.1.2019 – 6 A 2256/18.A – juris Rn. 1 ff.).
Einem neuen Prozessbevollmächtigten kann jedoch nur dann kein Verschulden hinsichtlich der Nichteinhaltung der Frist vorgeworfen werden, wenn der Antrag auf Akteneinsicht tatsächlich r e c h t z e i t i g gestellt wurde. Das ist nur dann der Fall, wenn der Bevollmächtigte nach unverzögerter Antragstellung mit der Einsicht in die Akten so frühzeitig rechnen kann, dass er sie vor Fristablauf zum Zwecke der Rechtsmittelbegründung noch verantwortlich auswerten kann (BGH, B.v. 11.1.2018 a.a.O. juris Rn. 13), dann aber eine verspätete Akteneinsichtnahme auf Gründen beruht, die in der Sphäre des Gerichts liegen (OVG NRW, B.v. 10.1.2019 a.a.O. juris Rn. 3). Dies ist vorliegend fraglich: Der Prozessbevollmächtigte war nach eigenem Bekunden erstmals am 31. März 2020 mit dem Fall befasst worden, also zu einem Zeitpunkt, an dem noch fast drei Wochen bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 78 Abs. 4 Satz 1 und 4 AsylG verblieben. Zu diesem Zeitpunkt wäre mithin noch genug Zeit für den neuen Bevollmächtigten mit Kanzleisitz in Augsburg verblieben, um entweder selbst beim Verwaltungsgericht Augsburg (vor Ort) Akteneinsicht zu nehmen oder mit der Geschäftsstelle bzw. den Richtern des befassten Senats die Frage einer Akteneinsichtnahme durch Übersendung oder elektronische Übermittlung der Akten verbindlich abzustimmen. Stattdessen wurde der Antrag auf „Übersendung der Akte der Vorverfahren“ zusammen mit der (begründungslosen) Einlegung des Antrags auf Zulassung der Berufung am Donnerstag, 16. April 2020 (Eingang im elektronischen Postfach des Verwaltungsgerichts), und damit nur wenige Tage vor Ablauf der Frist am darauffolgenden Montag (20. April 2020, 24:00 Uhr) gestellt. Insbesondere mit Blick auf das dazwischen liegende Wochenende liegt es jedenfalls nicht auf der Hand, dass der Bevollmächtigte damit rechnen durfte, dass im normalen Geschäftsgang die Umsetzung einer Akteneinsichtsgewährung in Form der beantragten Aktenübermittlung (üblicher Weg: Eingangserfassung des Schriftsatzes bei Gericht, Übermittlung des Schriftsatzes über die Geschäftsstelle an den befassten Berichterstatter, Verfügung der Akteneinsichtsgewährung durch den Berichterstatter, Übermittlung zurück an die Geschäftsstelle, Umsetzung der Verfügung durch Aktenversendung) noch rechtzeitig hätte erfolgen können.
Selbst wenn von einem Wiedereinsetzungsgrund wegen verspätet gewährter Akteneinsicht auszugehen sein sollte, ist fraglich, ob die versäumte Rechtshandlung rechtzeitig innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Satz 3 VwGO nachgeholt wurde. Gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist der Antrag auf Wiedereinsetzung grundsätzlich binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; u.a. bei Versäumung der Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung beträgt die Frist einen Monat. Gem. § 60 Abs. 2 Satz 3 VwGO ist die versäumte Rechtshandlung innerhalb der Antragsfrist nachzuholen. Im vorliegenden Fall wäre – das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes wegen verspäteter Akteneinsichtsgewährung unterstellt – der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zwar im Anschluss an die am 29. April 2020 erhaltende Akteneinsicht (klägerseits angegebenes Datum des Eingangs der Akten in den Kanzleiräumen) mit dem per Telefax eingereichten Schriftsatz vom 6. Mai 2020 rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist gestellt worden. Es ist dann aber fraglich, ob mit der im Schriftsatz vom 6. Mai 2020 erfolgten „vorsorglichen Begründung der Zulassung der Berufung“ die versäumte Rechtshandlung nachgeholt wurde. Denn insofern wird in der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur aufgrund des Wortlauts der Norm und des Zusammenspiels von § 78 Abs. 4 Satz 2 und 4 AsylG vertreten, dass auch die Begründung des Antrags nur beim Verwaltungsgericht vorgelegt werden könne. Wegen der klaren gesetzlichen Regelung könne § 124a Abs. 4 Satz 5 VwGO auch für den Fall einer nachgereichten Begründung nicht ergänzend herangezogen werden. Dies gelte auch, wenn der Antrag einschließlich der Akten bereits dem Verwaltungsgerichtshof bzw. dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt worden sei (str., so z.B. BayVGH, B.v. 28.10.2019 – 5 ZB 19.33539 – juris Rn. 4 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; a.A. BayVGH, B.v. 2.1.2018 – 11 ZB 17.31646 – juris Rn. 2; vermittelnd OVG Hamburg, B.v. 1.7.2009 – 5 Bf 47/09.AZ – juris Rn. 10).
bb) Soweit die vorgetragene Kontaktbeschränkung im Mandantenverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem (neuen) Bevollmächtigten aufgrund der Corona-Pandemie als Wiedereinsetzungsgrund i.S. von § 60 Abs. 1 VwGO anzuerkennen sein sollte, wäre zu hinterfragen, ob i n s o f e r n die versäumte Rechtshandlung rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 60 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Satz 3 VwGO nachgeholt wurde. Im Schriftsatz vom 6. Mai 2020 erfolgte zunächst (unter vorgetragenem Verzicht auf ein Mandantengespräch unter Anwesenheit eines Dolmetschers) eine „vorsorgliche Begründung der Zulassung der Berufung“ auf Basis der vom Verwaltungsgerichtshof gewährten Akteneinsicht (durch Versendung der Akten an die Kanzleiräume). Angesichts eines erst für den 12. Mai 2020 anberaumten Gesprächstermins mit der Klägerin mit einer Dolmetscherin behielt sich der Bevollmächtigte ausdrücklich vor, im Anschluss hieran die Begründung zum Antrag auf Zulassung der Berufung zu ergänzen. Seit dem 12. Mai 2020 ist nunmehr mehr als ein Monat abgelaufen, ohne dass sich der Bevollmächtigte der Klägerin nochmals gegenüber dem Verwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof geäußert hat.
2. Die voranstehenden Fragen zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand können offenbleiben. Denn der Antrag auf Zulassung der Berufung ist auf Basis der „vorsorglichen Begründung der Zulassung der Berufung“ vom 6. Mai 2020 jedenfalls unbegründet und demgemäß abzulehnen.
a) Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Die Klägerin sieht den Berufungszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 6. Mai 2020 als erfüllt an, weil das Verwaltungsgericht aus ihrer Sicht zu Unrecht die Entscheidungen VG Ansbach, U.v. 9.1.2019 – AN 17 K 18.31340 und VG Bayreuth, U.v. 26.7.2018 – B 3 K 17.31780 als Grundlage für seine Annahme herangezogen habe, dass die Asylantragstellung in Deutschland sowie eine verspätete Rückkehr nach Kuba keine beachtliche Verfolgung in Kuba auslösten. Die Entscheidungen seien – so die Klägerin – auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar, weil sie im Gegensatz zu den in den genannten Entscheidungen betroffenen Asylsuchenden schon viele Jahre in Deutschland sei und damit die 24-monatige Rückkehrfrist um fast fünf Jahre überschritten habe. Die Drohung einer Verhaftung und damit der Gefahr einer Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren steige mit der Dauer der Überschreitung der Rückkehrfrist.
Der behauptete Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit muss zudem hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu entscheiden sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2019 – 15 ZB 19.33299 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen im Schriftsatz vom 6. Mai 2020 nicht. Die Klägerin hat schon unterlassen, hinreichend konkret eine Frage zu formulieren, der grundsätzliche Bedeutung im vorgenannten Sinn zukommen soll. Zudem fehlt es für die gebotene Substantiierung des Zulassungsgrunds an einer hinreichenden Durchdringung der Materie resp. an einer Auseinandersetzung mit der konkreten Argumentation und rechtlichen Subsumtion des Verwaltungsgerichts. Der grundsätzlichen These des Verwaltungsgerichts, dass der Verlust der Rückkehrberechtigung nach Kuba nach einem Fristablauf von 24 Monaten keine Verfolgung darstelle, da der Verlust der Rückkehrberechtigung generell an den Ablauf der Rückkehrfrist und nicht an die in § 3 Abs. 1 AsylG genannten Merkmale anknüpfe (so VG Ansbach, U.v. 9.1.2019 – AN 17 K 18.31340 – juris Rn. 39; VG Bayreuth, U.v. 26.7.2018 – B 3 K 17.31780 – juris Rn. 41; vgl. auch BayVGH, U.v. 12.7.2000 – 7 B 98.34682 – juris Rn. 28 sowie – hierauf Bezug nehmend – Seite 4 des angefochtenen Bundesamtsbescheids vom 22. April 2017), ist die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten. Zudem hat das Verwaltungsgericht vorliegend fallbezogen darauf abgestellt, dass gegen ein Verfolgungsinteresse des kubanischen Staates wegen verspäteter Rückkehr aus dem Ausland auch spreche, dass die Klägerin laut ihrer Bestätigung in der mündlichen Verhandlung einen neuen kubanischen Reisepass erhalten hatte, obwohl sie nach ihren eigenen Angaben ihren vorherigen kubanischen Reisepass vor der im Jahr 2015 erfolgten Anhörung vor dem Bundesamt in einem Zug in Deutschland verloren hatte. Hiermit hat sich die Klägerin im Berufungszulassungsverfahren nicht auseinandergesetzt.
b) Die Berufung ist ferner nicht aufgrund eines Verfahrensfehlers gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG zuzulassen. Der Senat vermag auf Basis der Antragsbegründung die von der Klägerin behauptete Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) nicht zu erkennen.
Ein Verfahrensfehler in Form der Versagung rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2019 – 15 ZB 19.30148 – juris Rn. 3 m.w.N.). Aus der Antragsbegründung geht nicht hervor, dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sein könnten.
aa) Das Verwaltungsgericht hat sich schon im Tatbestand des angegriffenen Urteils vom 13. März 2020 (Rn. 3) mit dem Vortrag der Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 11. August 2015 auseinandergesetzt und ihren dortigen Vortrag zusammengefasst wie folgt dargestellt:
„Sie habe bis 2008 als Krankenschwester im Krankenhaus gearbeitet. Später habe sie u.a. Kleidung und Rindfleisch verkauft. Im Krankenhaus habe man von ihr verlangt, in die kommunistische Partei einzutreten, was sie aber nicht gewollt habe. Sie habe sich auch geweigert, auf eine sog. Mission, einen Auslandseinsatz, zu gehen. Wenn man sich weigere, bedeute das Probleme. Sie sei auf Versammlungen des CDR und im Krankenhaus beschimpft worden. Deshalb habe sie aufgehört, im Krankenhaus zu arbeiten. Sie sei von Polizei und Partei so genervt gewesen, dass sie in ihrer Wohnung ein Plakat mit ‚Nieder mit Fidel‘ aufgehängt habe. Sie habe dann (…) begonnen, ihre Ausreise zu organisieren und sich etwas später auch in einer Protestbewegung engagiert. Die Bewegung habe Märsche organisiert und Veranstaltungen auf der Straße durchgeführt, um Menschen dort zu informieren. Sie habe auf der Straße Menschen angesprochen, um neue Mitglieder zu gewinnen. Es habe öfter Probleme mit der Polizei gegeben. Bei Treffen sei die Polizei gekommen. Manchmal habe es Schläge gegeben, manchmal seien sie für einen Tag eingesperrt worden. Die Klägerin sei zweimal für eine Nacht eingesperrt gewesen. Bei der Genehmigung der Ausreise habe es keine Probleme gegeben, sie habe nur ihren Reisepass vorlegen müssen. Bei einer Rückkehr könne sie nicht mehr als Krankenhausschwester arbeiten.“
Ebenfalls hat das Verwaltungsgericht im Tatbestand des angegriffenen Urteils den schriftsätzlichen Vortrag der Klägerin wie folgt zusammengefasst:
„Die Klägerin habe sich über 24 Monate außerhalb von Kuba aufgehalten, daher gehe der kubanische Staat davon aus, dass sie Kuba endgültig verlassen habe, was den Verlust der Staatsbürgerschaft zur Folge habe. Sie habe bereits 2017 von der kubanischen Botschaft in Deutschland eine Bescheinigung erhalten, dass sie den Migrationsstatus ‚emigriert‘ habe und deshalb das kubanische Staatsgebiet nicht betreten dürfe. Die Einreise bedürfe nun der Genehmigung durch den kubanischen Staat. Eine solche sei wegen des oppositionellen Engagements der Klägerin in der Vergangenheit nicht zu erwarten. Aufgrund ihrer oppositionellen Aktivitäten sei sie bei Rückkehr einem erhöhten Risiko ausgesetzt.“
Im Tatbestand des Urteils vom 13. März 2020 hat das Verwaltungsgericht ferner ausdrücklich auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung und damit auch auf die weiteren Angaben der Klägerin im Termin am 13. März 2020 Bezug genommen. In den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils hat sich das Verwaltungsgericht in Rn. 17 bis 20 inhaltlich mit den Angaben der Klägerin zu ihrer beruflichen Tätigkeit, zu ihrer oppositionellen Tätigkeit und den vorgetragenen staatlichen Repressionen auseinandergesetzt; es hat dabei ihren Verfolgungsvortrag wegen widersprüchlicher Angaben nach richterlicher Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) als unglaubhaft angesehen. Ferner hat das Erstgericht ergänzend auch bei Unterstellung der Richtigkeit ihres Vortrags die Voraussetzungen einer relevanten Verfolgung mit der Erwägung abgelehnt, dass die behauptete Inhaftierung für ein oder zwei Tage nicht als hierfür hinreichend gravierend anzusehen sei und dass die von der Klägerin vorgebrachten Probleme mit der Polizei in keinem Zusammenhang mit einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung stünden (Rn. 21 des Urteils). Das Verwaltungsgericht hat schließlich in den Entscheidungsgründen des Urteils ausgeführt (Rn. 22 – 25), warum aus seiner Sicht nicht davon auszugehen ist, dass der Klägerin auch bei einer Wiedereinreise nach Kuba keine Verfolgung drohe.
bb) Mit ihrer Einwendung, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Entscheidungen VG Ansbach, U.v. 9.1.2019 – AN 17 K 18.31340 und VG Bayreuth, U.v. 26.7.2018 – B 3 K 17.31780 als Grundlage für seine Annahme herangezogen habe, wonach die Asylantragstellung in Deutschland sowie eine verspätete Rückkehr nach Kuba (unter Verstoß gegen das gesetzliche Verbot, sich mehr als zwei Jahre bzw. mehr als 24 Monate im Ausland aufzuhalten) keine beachtliche Verfolgung in Kuba auslösten [s.o. a) ], vermag die Klägerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht zu begründen. Dasselbe gilt, soweit sie rügen lässt, das Erstgericht habe aufgrund nicht ordnungsgemäßer Sachverhaltswürdigung und Sachverhaltserforschung zu Unrecht ihren Vortrag als unglaubhaft eingestuft. Letzteres betrifft die folgenden Rügen im Schriftsatz vom 6. Mai 2020:
– Das Verwaltungsgericht habe in seiner Würdigung des Gesamtergebnisses nicht berücksichtigt, dass sie – die Klägerin – bereits bei der Anhörung vor dem Bundesamt am 11. August 2015 den Verlauf ihres beruflichen Werdegangs umfassend dargelegt habe und dass sie diesen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt sowie aufgeklärt habe, warum sie bei der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland als (letzten) Beruf „Obrera Agricola“ angegeben habe. Das Verwaltungsgericht habe diesem Vorgang als widersprüchlich und unglaubwürdig bewertet, ohne die schlüssige und stimmige Aussage im gesamten Asylverfahren auch außerhalb der für die Klägerin höchst belastenden mündlichen Verhandlung zu werten. Das Gericht habe auch nicht gewürdigt, dass das Bundesamt ihre Aussagen als glaubhaft eingeschätzt habe.
– Das Verwaltungsgericht habe die Aussage der Klägerin zu ihrem Engagement in der Gruppierung UNPACU fälschlich dahin gewertet, sie habe vorgetragen, dass sie dieser Gruppe zugehöre. Eine weitere Sachaufklärung dieser entscheidungserheblichen Frage habe das Gericht unterlassen. Auch insofern habe das Verwaltungsgericht die Aussagen der Klägerin im behördlichen Verfahren nicht gewürdigt und die Sachverhaltsaufklärung daher lückenhaft erbracht.
– Das Verwaltungsgericht sei aufgrund der fehlerhaften Betrachtung ihres Vortrags als unwahr zur falschen Erkenntnis gekommen, dass der Klägerin keine Nachteile wegen politischen Engagements vor der Ausreise gedroht hätten. Das Verwaltungsgericht habe eine gebotene Gesamtbetrachtung des Falls unterlassen. Insofern habe das Gericht auch ein in der Klagebegründung angeregtes Sachverständigengutachten nicht eingeholt.
Das Verwaltungsgericht hat sich im Urteil tatsächlich inhaltlich mit den vorgenannten Problemfragen befasst. Die Klägerin wendet sich mit den vorgenannten Einwendungen in der Sache ausschließlich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung bzw. gegen die rechtliche Subsumtion des Erstgerichts, ohne damit jedoch gerade eine Verletzung des rechtlichen Gehörs substantiiert darzulegen. Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gewährleistet nicht allgemein, dass die angefochtene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern oder sonstigen Verfahrensfehlern ist, sondern sie soll nur sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder in der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 10 m.w.N.; OVG Saarl., B.v. 16.6.2015 – 2 A 197/14 – juris Rn. 8). Im Asylverfahrensrecht ist nach Maßgabe des § 78 Abs. 3 AsylG der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht eröffnet. Auch ein gerügter Aufklärungsmangel als solcher begründet (unabhängig, ob er berechtigt oder unberechtigt ist) grundsätzlich weder einen Gehörsverstoß, noch gehört er zu den sonstigen Verfahrensmängeln im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 VwGO (vgl. SächsOVG, B.v. 4.1.2018 – 5 A 578/17.A – juris Rn. 9; OVG NRW, B.v. 18.10.2018 – 4 A 746/18.A – juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 20.9.2018 – 10 LA 284/18 – juris Rn. 29; VGH BW, B.v. 18.9.2017 – A 11 S 2067/17 – juris Rn. 17). Durch Mängel der gerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO, § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) allenfalls ausnahmsweise dann verletzt sein, wenn ein besonders schwerwiegender Verstoß vorliegt, vor allem wenn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts auf einem Rechtsirrtum beruht, objektiv willkürlich ist oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2019 – 15 ZB 19.32063 – juris Rn. 5 m.w.N.). Dies zeigt der Zulassungsantrag nicht auf. Zudem kann der Zulassungsantrag der bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Klägerin nicht aufgrund der gerügten unterlassenen Beweisaufnahme (Einholung eines Sachverständigengutachtens) Erfolg haben, weil es ihr im gerichtlichen Verfahren erster Instanz offenstand, förmliche Beweisanträge in Bezug auf begehrte weitere Aufklärungsmaßnahmen zu stellen, um sich selbst vor Gericht das rechtliche Gehör zu verschaffen (vgl. BayVGH, B.v. 20.2.2020 – 15 ZB 20.30194 – juris Rn. 18; B.v. 16.3.2020 – 15 ZB 20.293 – Rn. 12; B.v. 30.3.2020 – 15 ZB 20.30705 – juris Rn. 7; SächsOVG, B.v. 7.2.2018 – 4 A 142/18.A – juris Rn. 6 m.w.N.). Hiervon hat sie aber keinen Gebrauch gemacht.
cc) Soweit in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils davon die Rede ist, dass bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags eine in P a k i s t a n erlittene oder zum Zeitpunkt ihrer Ausreise unmittelbar drohende flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung nicht zu bejahen sei, ist nicht – wie die Klägerin rügt – davon auszugehen, das Verwaltungsgericht habe die Grundlagen eines nach der Ausreise drohenden Verfolgung unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör tatsächlich auf Basis des Landes „Pakistan“ bewertet, obwohl Kuba ihr Herkunftsland sei. Vielmehr ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang, insbesondere aus den tatbestandlichen Darstellungen und den sonstigen Ausführungen in den Entscheidungsgründen, dass das Verwaltungsgericht gemäß dem Vorbringen der Klägerin vom Herkunftsland Kuba ausgegangen ist und es sich hinsichtlich der in Bezug genommenen Passage mit Pakistan als angegebenem Herkunftsstaat (Rn. 21 des Urteils vom 13. März 2020) um einen offensichtlichen Schreibfehler i.S. von § 118 Abs. 1 VwGO handelt.
dd) Auch der Einwand, das Verwaltungsgericht habe auf Seite 7 (Rn. 21) des angegriffenen Urteils den Sachvortrag der Klägerin übergangen, dass sie tatsächlich zweimal verhaftet und zudem auch geschlagen und beleidigt worden sei, und dass es stattdessen entscheidungstragend darauf abgestellt habe, dass eine bloß einmalige Verhaftung keine Sorge für eine schwerwiegende Verletzung von Menschenrechten bedeute, begründet keine Berufungszulassung wegen einer Gehörsverletzung. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin bei ihrer Anhörung eine zweimalige Verhaftung erwähnt hatte, was auch so im Bescheid des Bundesamts vom 22. April 2017 zugrunde gelegt wurde (vgl. dort Seiten 2, 3). Allerdings bezieht sich die Subsumtion des Verwaltungsgerichts auf jüngste Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 13. März 2020, wo sie auf ausdrückliche Frage des Gerichts, ob sie wegen ihrer Teilnahme an Protesten Probleme bekommen habe, angab (Seite 5 des Gerichtsprotokolls): „Ja, einmal wurde ich auch eingesperrt“. Das sei im Februar 2012 gewesen. Dabei setzte sich das Gericht auch und gerade im Urteil mit der abweichenden Angabe einer zweimaligen Verhaftung im behördlichen Verfahren inhaltlich auseinander, als zum einen der diesbezügliche Vortrag der Klägerin im Tatbestand erwähnt ist (Rn. 3: „Die Klägerin sei zweimal für eine Nacht eingesperrt gewesen.“) und zum anderen in den Entscheidungsgründen die diesbezüglich abweichenden Angaben als ein Kriterium herangezogen wird, um den Verfolgungsvortrag der Klägerin aufgrund Widersprüchlichkeit insgesamt als nicht glaubhaft zu bewerten (Rn. 19). Der Vorwurf einer Gehörsverletzung wegen Übergehens eines vorgetragenen Umstands geht daher ins Leere. Im Übrigen kann die Klägerin mit dem Einwand, der Vortrag einer zweiten Verhaftung sei unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht berücksichtigt worden, gerade wegen der vom Erstgericht erfolgten Einstufung ihres gesamten Verfolgungsvortrags als nicht glaubhaft von vornherein keinen Erfolg haben (s.o.): Ist das angefochtene Urteil entscheidungstragend auf mehrere selbständige Begründungen gestützt (sog. kumulative Mehrfachbegründung), kann die Berufung nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt, da anderenfalls das Urteil mit der nicht in zulassungsbegründender Weise angefochtenen Begründung Bestand haben könnte (vgl. BayVGH, B.v. 2.8.2019 – 15 ZB 19.32569 – juris Rn. 13 m.w.N.).
ee) Die Klägerin lässt weiter ausführen, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag übergangen, wonach ihr als Krankenschwester lebensbedrohlich Nachteile drohten, weil sie in dieser Funktion gegen ihren Willen auf lebensgefährliche Auslandseinsätze – etwa in „höchst epizentrisch betroffene Gebiete“ – geschickt werden könne. Auch mit der diesbezüglichen Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Komplex Krankenhausdienst nicht aufgeklärt und im Urteil ihren diesbezüglichen Vortrag nicht hinreichend beachtet bzw. gewürdigt, vermag die Klägerin eine Zulassung der Berufung wegen Versagung rechtlichen Gehörs nicht zu begründen: Schon bei der Anhörung gegenüber dem Bundesamt am 11. August 2015 gab die Klägerin an, sie habe „aufgehört (…), im Krankenhaus zu arbeiten“ (Protokoll Seite 3), und dass sie in Kuba nicht mehr als Krankenschwester arbeiten könne (Protokoll Seite 4). Auch der Bundesamtsbescheid vom 22. April 2017 geht – ohne dass dies im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens von der Klägerin korrigiert oder substantiiert angegriffen wurde – von ihrem Vortrag aus, ihre Tätigkeit im Krankenhaus aufgegeben zu haben (Seite 2). Ferner ließ die Klägerin in der erstinstanzlichen Klagebegründung vom 6. September 2017 ausführen, sie habe im Jahre 2008 gekündigt und ihre Tätigkeit als Krankenschwester aufgegeben. In der mündlichen Verhandlung trug die Klägerin zwar vor, dass Personen, die im kubanischen Gesundheitssektor arbeiten, gegen ihren Willen zu Auslandseinsätzen geschickt werden könnten, wobei man etwa über Infektionen (z.B. Ebola) krank werden könne. Dieser Vortrag wurde aber im Zusammenhang mit der Frage des Gerichts thematisiert, was die Klägerin nach Aufgabe ihrer Arbeit im Krankenhaus bis zur Ausreise (2013) beruflich getan und wovon sie gelebt habe. Eine Befürchtung der Klägerin, sie könne bei Rückkehr nach Kuba wieder zu einer Arbeit als Krankenschwester und als solche zu gefährlichen Auslandseinsätzen gezwungen werden, war so weder Thema der mündlichen Verhandlung noch Thema ihres sonstigen erstinstanzlichen Vortrags. Im Gegenteil äußerte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erneut, sie könne in Kuba nicht wieder als Krankenschwester arbeiten (Seite 6 des Protokolls). Insofern bestand auch für das Verwaltungsgericht unter dem Gesichtspunkt des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs kein Anlass, auf die Frage, ob ein behaupteter Zwang kubanischer Krankenschwestern zur Teilnahme an womöglich risikoreichen Auslandsmissionen asyl- oder aufenthaltsrechtlich relevant sein könnte, im angegriffenen Urteil vom 13. März 2020 näher einzugehen.
ff) Der weitere Einwand der Klägerin im Schriftsatz vom 6. Mai 2020, wonach sie (allgemein) aufgrund der Corona-Pandemie und der aktuellen Situation in Kuba derzeit einen Anspruch auf Feststellung von Abschiebeverboten gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG habe (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 27.4.2020 – 9 ZB 20.30929 – juris Rn. 6), kann schon deshalb keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör begründen, weil dieser von der Klägerin weder im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren noch im Verwaltungsverfahren erhoben wurde. Es handelt sich insofern vielmehr um einen „neuen“ Vortrag im Berufungszulassungsverfahren, der vom Verwaltungsgericht nicht übergangen worden sein kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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