Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem waffenrechtlichen Verfahren (Führen einer Schusswaffe)

Aktenzeichen  24 ZB 20.1820

Datum:
20.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 42531
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 10 Abs. 1 S. 4, § 19 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit des Führens von Schusswaffen im öffentlichen Bereich ist ein noch strengerer Maßstab anzulegen als er ohnehin schon für die Anerkennung einer Gefährdung gilt, die das Bedürfnis des (bloßen) Waffenbesitzes rechtfertigt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein waffenrechtliches Bedürfnis liegt nicht vor, wenn die Waffe nicht erforderlich ist, weil sich die Gefährdung auf zumutbare andere Weise verhindern oder so mindern lässt, dass eine überdurchschnittliche Gefährdung nicht mehr vorliegt (Anschluss an BVerwG BeckRS 1997, 31221074). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 16 K 19.1463 2020-07-17 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Erlaubnis zum Führen von erlaubnispflichtigen Waffen.
Am 31. Januar 2019 beantragte er bei der Beklagten die Ausstellung eines Waffenscheins. Zur Begründung gab er an, es bestehe aufgrund seiner familiären Situation ein erhöhtes Risiko, Ziel von Straftaten, wie z.B. Überfällen, Entführungen oder ähnliches zu werden. Bei seiner Stiefmutter handele es sich um Frau D* … W* … und auch sein Vater, Herr H* … … W* …, sei Inhaber eines Waffenscheins. Darüber hinaus sei er Inhaber und Geschäftsführer einer Firma, die als Geschäftsfeld den Umbau, sowie den An- und Verkauf von hochpreisigen Supersportwagen habe. Der Betrieb finde zu ungewöhnlichen Uhrzeiten, insbesondere auch nachts statt, da es viele Kunden gebe, die aus dem europäischen Ausland kämen und sehr lange Anfahrtswege hätten. Die Testfahrten könnten nur nachts durchgeführt werden, da dann die Autobahnen frei seien. Diese An- und Verkäufe würden fast ausschließlich mit Bargeld abgewickelt, weshalb sich zu den entsprechenden Terminen meist hohe 6-stellige Summen im Betrieb bzw. in seinem Besitz befänden. Der Betriebssitz liege abgelegen. Zudem seien nur Autobahnparkplätze geeignete Treffpunkte. Andere Zahlungsmethoden seien nicht möglich. Auch andere Mittel, z.B. Pfeffersprays, seien nicht geeignet. Er könne nachts auch keine Mitarbeiter mitnehmen, da diese alle Familienväter seien. Die Beauftragung eines Bewachers, der ihn zu den Treffen begleite, erscheine ihm zu teuer.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2019 lehnte die Beklagte die Erteilung einer Erlaubnis zum Führen von erlaubnispflichtigen Waffen ab. Der Kläger besitze zwar die erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung, er habe aber ein notwendiges Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe nicht glaubhaft gemacht. Es seien keine Tatsachen glaubhaft dargetan, dass beim Kläger durch seine Berufstätigkeit als Autohändler oder seine persönlichen Umstände ein erhöhter Gefährdungsgrad vorliege. Zudem sei es auch zweifelhaft, ob die Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe überhaupt geeignet wäre, den geschilderten Gefahren zu begegnen. Im Übrigen könne auch eine Gefährdung Unbeteiligter nicht ausgeschlossen werden.
Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 17. Juli 2020 abgewiesen. Die materielle Beweislast für ein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe liege beim Kläger. Eine entsprechende Gefährdungslage habe er nicht glaubhaft gemacht. Es bestehe weder aus persönlichen noch aus beruflichen Gründen eine erhöhte Gefährdung. Er habe nicht darauf verwiesen, dass er früher bereits mit ernsthaften Gefährdungssituationen konfrontiert gewesen sei. Bei seinen Geschäftspartnern handele sich offensichtlich weder um Straftäter, die aus dem Hinterhalt auftreten würden, noch betrieben diese illegale Geschäftspraktiken, die einer Verdunkelung bedürften. Es sei dem Kläger zuzumuten, vor Transaktionen mit besonders hohen Umsätzen sorgfältige Erkundigungen über die potentiellen Vertragspartner einzuholen, extrem hohe Sachwerte nicht über Nacht zuhause zu lagern und bei deren Transport ggf. die Dienstleistungen darauf spezialisierter Dritter in Anspruch zu nehmen. Im Übrigen habe der Kläger weder zu der Häufigkeit solcher Geldübergaben noch zu den Einzelheiten seiner Kundenkontakte und zum Zahlungsverkehr nähere Angaben gemacht. Es sei seine Aufgabe, und nicht die der Beklagten, Sicherungsmöglichkeiten zu eruieren. Unabhängig hiervon sei eine Waffe für den Kläger auch nicht erforderlich und nicht geeignet, die behaupteten Gefährdungen zu verhindern. Schließlich sei auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zum effektiven Einsatz einer Schusswaffe in typischen Verteidigungssituationen verfüge. Eine lediglich generalpräventive Wirksamkeit des Führens einer Schusswaffe erfülle die Voraussetzungen des Waffenrechts nicht.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht habe Inhalt und Reichweite des Erfordernisses der Glaubhaftmachung verkannt. Zudem gehe das Gericht fehlerhaft davon aus, dass er nicht über die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zum effektiven Einsatz einer Waffe verfüge. Es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da das Gericht über den Bedeutungsgehalt der handschriftlichen Beischrift auf der polizeilichen Gefährdungsanalyse vom 14. Februar 2019 irre. Aus Sicht des Herrn S* … benötige der Kläger einen Waffenschein. Er habe glaubhaft gemacht, dass er wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet sei und habe dazu den tatsächlichen Geschäftsablauf detailliert geschildert. Es sei nur eine Glaubhaftmachung aber kein Beweis erforderlich. Darunter würden alle Mittel verstanden, „die generell geeignet seien, in einem ausreichenden Maße die Wahrscheinlichkeit des Vorbringens des Gesuchstellers darzutun“. Diese Maßstäbe müssten auch für das Waffenrecht gelten und es dürften keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden. Zudem müsse nur glaubhaft gemacht werden, dass das Führen der Schusswaffe die Gefährdung in der konkreten Situation zu mindern geeignet sei, ein völliger Ausschluss der Gefährdungssituation müsse demgegenüber nicht glaubhaft gemacht werden. Hier liege auch keine typische Überfallsituation vor. Beschränke sich das nachgewiesene Bedürfnis möglicherweise infolge einer entsprechenden Konzentration der Gefährdung nur auf ganz bestimmte (Teil-)Tätigkeiten oder Situationen, so hätte das Gericht auch überprüfen müssen, ob eine Beschränkung auf diese Situationen in Betracht komme. Es liege auch ein Verfahrensfehler vor, da das Verwaltungsgericht das Zeugnis über den sicheren Umgang mit der Schusswaffe nicht zur Kenntnis genommen habe und Herrn S* … nicht als Zeugen angehört habe.
Die Beklagte wendet demgegenüber ein, es sei fraglich, wie bei der vom Kläger geschilderten Geschäftspraxis, die auch zumindest gewisse praktische Schwierigkeiten mit dem Geldwäschegesetz aufwerfe und hinsichtlich derer der Kläger nicht erklärt habe, wie diese ausgeräumt würden, besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen angenommen oder glaubhaft gemacht werden könnten, wenn die Gefahr von den Kunden der Geschäftstätigkeit herrühren solle und man sich diesen vermeintlichen Gefahren dann ohne anderweitige Vorkehrungen, sondern allein mit einer Bewaffnung, bewusst aussetzen wolle.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 VwGO) nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453.12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587.17 – DVBl 2019, 1400 Rn. 32 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis setzt unter anderem voraus, dass der Antragsteller ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 des Waffengesetzes vom 11.10.2002 [WaffG, BGBl I S. 3970], zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.6.2020 [BGBl I S. 1328]). Nach der allgemeinen Regelung des § 8 WaffG ist dieser Nachweis erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen vor allem – soweit hier von Bedeutung – als gefährdete Person sowie die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sind. Beruft sich ein Antragsteller darauf, gefährdet zu sein, bedarf es nach dieser Regelung einer Interessenabwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Antragstellers an der Verbesserung seiner Sicherheit durch den Besitz einer Schusswaffe und dem öffentlichen Interesse daran, dass sich möglichst wenig Waffen in privater Hand befinden (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.1975 – I C 25.73 – juris Rn. 20 zu § 32 Abs. 1 Nr. 3 WaffG 1972).
Die Regelungen des § 19 WaffG konkretisieren für Antragsteller, die bezüglich ihres waffenrechtlichen Bedürfnisses eine Gefährdung geltend machen, die gemäß § 8 WaffG vorzunehmende Interessenabwägung. Danach wird ein Bedürfnis zum Erwerb und Besitz einer Schusswaffe nur dann anerkannt, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, wesentlich mehr als die Allgemeinheit durch Angriffe auf Leib oder Leben gefährdet zu sein (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 WaffG) und dass der Erwerb der Schusswaffe geeignet und erforderlich ist, die behauptete Gefährdung zu mindern (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Für die Anerkennung eines Bedürfnisses zum Führen einer Schusswaffe ist glaubhaft zu machen, dass diese Voraussetzungen auch außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums vorliegen (§ 19 Abs. 2 WaffG).
Ob ein Antragsteller wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet ist, bestimmt sich nicht nach dessen persönlicher Anschauung oder nach der Einschätzung der Lage durch einen besonders ängstlichen, übertrieben vorsichtigen oder phantasiereichen Menschen. Maßgebend ist vielmehr eine objektive Betrachtung, wobei auch die besonderen Umstände des Antragstellers zu berücksichtigen sind. Der Antragsteller muss bei realistischer Würdigung der gegebenen Verhältnisse, nach vernünftiger Überlegung überdurchschnittlich gefährdet sein. Dabei braucht der Eintritt des vom Antragsteller befürchteten Schadens nicht wahrscheinlich (im Sinne des polizeilichen Gefahrenbegriffs) zu sein. Andererseits genügt die bloße (theoretische) Möglichkeit einer Rechtsgüterverletzung nicht, weil diese auch für die Allgemeinheit besteht. Erforderlich ist, dass der Antragsteller auf Grund besonderer Umstände nach den Erfahrungen wesentlich mehr als der Durchschnitt der Bevölkerung mit Angriffen rechnen muss, das heißt, dass sich der Gefährdungsgrad deutlich von dem der Allgemeinheit unterscheidet (BVerwG, U.v. 24.6.1975 – I C 25.73 – juris Rn. 23 und B.v. 12.10.1998 – 1 B 245.97 – juris Rn. 9; VGH BW, U.v. 9.10.2018 – 1 S 2342.17 – juris Rn. 24). Insoweit ist im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit des Führens von Schusswaffen im öffentlichen Bereich ein noch strengerer Maßstab anzulegen als er ohnehin schon für die Anerkennung einer Gefährdung gilt, die das Bedürfnis des (bloßen) Waffenbesitzes rechtfertigt (vgl. BT-Drs. 14/7758 Begr. S. 66).
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben konnte der Kläger mit seiner Berufungszulassungsschrift weder die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass er kein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe im öffentlichen Bereich glaubhaft gemacht habe, da er nicht wesentlich mehr als die Allgemeinheit gefährdet sei, noch die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass eine Schusswaffe weder geeignet noch erforderlich sei, die vermeintliche Gefährdung hinreichend zu reduzieren, erschüttern.
Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe hinsichtlich der Glaubhaftmachung einen falschen Maßstab angelegt, kann dem nicht gefolgt werden. Die Möglichkeit für einen Antragsteller, im Verwaltungsverfahren Tatsachen glaubhaft zu machen, stellt eine Art der Beweisführung dar, bei der die behauptete Tatsache nicht im Rahmen eines Vollbeweises bewiesen werden muss, sondern geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung, nämlich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend sind (vgl. Prütting in Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 294 ZPO Rn. 2). Diesen Beweismaßstab hat das Verwaltungsgericht nicht überspannt, sondern zutreffend festgestellt, dass die vom Kläger geschilderten Gefährdungen nicht hinreichend wahrscheinlich sind. Insbesondere erscheint bei dem behaupteten Geschäftsablauf nicht nachvollziehbar, wie der Kläger, sollte er sich tatsächlich mit einem zu verkaufenden Sportwagen nachts alleine auf einem Autobahnrastplatz mit einem Kunden treffen und es dort zu einem Geschäftsabschluss mit Geldübergabe und dann wohl auch zu einer Übergabe des Fahrzeugs kommen, ohne Fahrzeug wieder zurück zu seinem Betriebssitz oder Wohnort kommt. Dazu hat er keinerlei Angaben gemacht und es erscheint höchst unwahrscheinlich, dass er sich nachts von einem Autobahnrastplatz zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln entfernt. Ebenso unwahrscheinlich erscheint es, dass er sich dort zum Ankauf eines Fahrzeugs ohne eigenes Fahrzeug einfindet, um dann ggf. mit dem gekauften Fahrzeug an seinen Betriebssitz zu fahren. Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, wie und wo die Feststellungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 16 i.V.m. § 10 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 6a Nr. 2 Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (GwG – Geldwäschegesetz) getroffen und überprüft werden und wann ggf. das für eine Ausfuhr eines Kraftfahrzeugs aus der Bundesrepublik Deutschland erforderliche Ausfuhrkennzeichen beantragt wird (§ 19 Fahrzeugzulassungsverordnung – FZV). Des Weiteren erscheint es auch nicht glaubhaft, dass Kunden aus Osteuropa anreisen, um nachts ein Fahrzeug Probe zu fahren und es dann, ohne es bei Tageslicht gesehen zu haben, zu einem sechsstelligen Kaufpreis erwerben und ohne Übernachtung wieder zurückfahren. Die Angaben des Klägers zu den vermeintlichen Geschäftsvorgängen sind derart vage und in sich nicht stimmig, dass daraus eine besondere Gefährdung nicht abgeleitet werden kann.
Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass es dem Kläger obliegt, seine Geschäftsabläufe so zu organisieren, dass Gefährdungen minimiert werden, denn ein waffenrechtliches Bedürfnis liegt nicht vor, wenn die Waffe nicht erforderlich ist, weil sich die Gefährdung auf zumutbare andere Weise verhindern oder so mindern lässt, dass eine überdurchschnittliche Gefährdung nicht mehr vorliegt (vgl. BVerwG, B.v. 30.6.1997 – 1 B 249.96 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 78 = juris Rn. 5). Dagegen hat der Kläger keine durchgreifenden Bedenken dargelegt. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar ausgeführt, aus welchen Gründen die Geldübergabe nicht an seinem Betriebssitz erfolgen kann oder eine weitere Person oder ein Bewachungsunternehmen zugezogen werden kann. Der Verweis auf angebliche geschäftliche Gepflogenheiten reicht dafür nicht aus.
Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die polizeilichen Auskünfte zutreffend bewertet hat. Mit Schreiben vom 11. Februar 2019 teilte des Polizeipräsidium Mittelfranken – Sachgebiet E 2 – mit, dass keine Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung des Klägers vorlägen, aber von einer deutlichen höheren abstrakten Gefährdung ausgegangen werde. Es könne aber nicht beurteilt werden, ob das Führen einer Schusswaffe ein geeignetes Mittel zur Vereitelung von Überfällen sei. Mit Schreiben vom 4. April 2019 ergänzte das Polizeipräsidium diese Ausführungen noch und teilte mit, in der einschlägigen Rechtsprechung werde die Auffassung vertreten, dass in den in Betracht kommenden typischen Überfallszenarien kaum Zeit verbleiben dürfte, eine Schusswaffe effektiv einzusetzen und es bei einem Schusswaffeneinsatz auf öffentlichen Parkplätzen zur Gefährdung Unbeteiligter kommen könne. Die sich auf dem ersten Schreiben befindliche Notiz, der Kläger benötige aus Sicht des Herrn S* … von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle einen Waffenschein, die keinerlei weitere Begründung enthält, kann diese Ausführungen nicht relativieren.
Nachdem der Kläger kein Bedürfnis zum Führen einer Schusswaffe i.S.d. § 19 Abs. 2 WaffG glaubhaft gemacht hat, bestand auch kein Anlass, eine Entscheidung über eine Beschränkung des Geltungsbereichs des Waffenscheins auf bestimmte Anlässe oder Gebiete gemäß § 10 Abs. 4 Satz 3 WaffG zu treffen.
2. Soweit der Kläger geltend macht, es liege ein Verfahrensfehler i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor, da das Verwaltungsgericht Herrn S* … nicht als Zeuge vernommen habe, kann dies nicht zur Zulassung der Berufung führen. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO ist damit nicht hinreichend dargelegt. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich nicht, wenn es – wie hier – von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (BVerwG, B.v. 21.7.2016 – 10 BN 1.15 – CuR 2016, 134 = juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 15 ZB 15.2668 – juris Rn. 26). Ein Beweisantrag ist ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 17. Juli 2020 nicht gestellt worden. Dass sich dem Gericht eine solche Beweiserhebung auch ohne entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, ist weder dargelegt noch ersichtlich.
3. Dem Verwaltungsgericht ist auch kein Verfahrensfehler i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO unterlaufen, auf dem die Entscheidung beruhen kann, indem es den Sachverhalt hinsichtlich des sicheren Umgangs mit einer Waffe nicht richtig zur Kenntnis genommen hat.
Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung auf mehrere Begründungen gestützt, muss im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt und gegeben sein (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 6 ZB 17.956 – juris Rn. 3 m.w.N.). Denn ist nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben, dann kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. BVerwG, B.v. 21.8.2018 – 4 BN 44.17 – juris Rn. 3; B.v. 9.9.2009 – 4 BN 4.09 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 4.6.2020 – 6 ZB 20.647 – juris Rn. 3).
Soweit der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe das Zeugnis über den sicheren Umgang mit der Schusswaffe nicht zur Kenntnis genommen, trifft dies zwar zu. Die Entscheidung kann jedoch darauf nicht beruhen, da das Verwaltungsgericht sich entscheidungstragend auf mehrere Gründe gestützt hat und hinsichtlich der anderen Gründe keine Berufungszulassungsgründe gegeben sind (s.o. Nr. 1 und 2).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 50.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt als Anhang in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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