Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag eines malischen Staatsangehörigen auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  15 ZB 18.32644

Datum:
15.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26928
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 S. 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Die vom Kläger als grundsätzlich behaupteten Fragen, „ob aufgrund der aktuellen Situation und Sicherheitslage in Mali eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht und aus diesem Grund ein Schaden droht“ (§ 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 AsylG), sowie „ob ein alleinstehender junger gesunder Mann aus Mali, der ohne jede Ausbildung ist, bei einer Rückkehr nach Mali mit Blick auf die aktuelle Lage sein Existenzminimum sichern kann“, genügen nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 S. 4 AsylG. (Rn. 4 – 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 29 K 17.43939 2018-08-10 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
Der Kläger – ein nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger – wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 29. Mai 2017, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurde, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Mali oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Mit Urteil vom 10. August 2018 wies das Verwaltungsgericht München die vom Kläger erhobene Klage mit den Anträgen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Mai 2017 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft und (hilfsweise) den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie (weiter hilfsweise) festzustellen, dass bei ihm Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist vom Kläger nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 7 m.w.N.; B.v. 24.4.2018 – 8 ZB 18.30874 – juris Rn. 4; B.v. 6. Juni 2018 – 15 ZB 18.31230). Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit muss auch bei der Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG unter Angabe konkreter Anhaltspunkte (z.B. Erkenntnismittel) hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnte (BayVGH, B.v. 20.9.2018 – 15 ZB 18.32223 – noch unveröffentlicht; OVG LSA, B.v. 23.8.2018 – 3 L 293/18 – juris Rn. 3 m.w.N.; OVG NRW, B.v. 31.7.2018 – 19 A 1675.17.A – juris Rn. 12 m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt der Kläger mit den als grundsätzlich behaupteten Fragen,
„ob aufgrund der aktuellen Situation und Sicherheitslage in Mali eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht und aus diesem Grund ein Schaden droht“ (Bezugnahme auf § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 AsylG), sowie
„ob ein alleinstehender junger gesunder Mann aus Mali, der ohne jede Ausbildung ist, bei einer Rückkehr nach Mali mit Blick auf die aktuelle Lage sein Existenzminimum sichern kann“,
nicht.
Der streitgegenständliche Bundesamtsbescheid vom 29. Mai 2017, auf den das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit gem. § 77 Abs. 2 AsylG Bezug nimmt, verneint die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes am Maßstab von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG damit, dass jedenfalls interner Schutz für den Kläger im Süden des Landes möglich wäre (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V. mit § 3e AsylG). Hiermit setzt sich die Antragsbegründung nicht auseinander. Unabhängig von der Frage, ob die Antwort auf die zweite Frage von einer Vielzahl von Einzelumständen und Faktoren abhängig ist, sie deshalb womöglich nicht hinreichend konkret gefasst ist und sie sich in dieser Allgemeinheit somit in einem Berufungsverfahren in entscheidungserheblicher Weise nicht stellen würde (vgl. BVerwG, B.v. 21.9.2016 – 6 B 14.16 – juris Rn. 11 m.w.N.; BayVGH, B.v. 2.11.2017 – 15 ZB 17.31494 – juris Rn. 9 m.w.N.; B.v. 7.11.2017 – 15 ZB 17.31475 – juris Rn. 26 m.w.N.), findet sich im Zulassungsantrag jedenfalls keine nähere Begründung dafür, warum der Kläger trotz seiner vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten sprachlichen Verständigungsmöglichkeit, seinen Arbeitserfahrungen in der Landwirtschaft und seinen vom Bundesamt und vom Erstgericht angenommenen Möglichkeiten, Hilfstätigkeiten nachzugehen, nicht dazu fähig sein soll, sein Existenzminimum zu sichern. Den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Darlegung, warum die aufgeworfenen Fragen im Berufungsverfahren anders als im angefochtenen Urteil zu entscheiden sein könnten, wird der Kläger mit seiner Zulassungsbegründung mithin nicht ansatzweise gerecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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