Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag gegen Gewerbeuntersagung

Aktenzeichen  M 16 S 18.4223

Datum:
21.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 37533
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 1, Abs. 5
VwZVG Art. 19 Abs. 1, Art. 21a

 

Leitsatz

1 Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig, wenn die Klage kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung entfaltet. (redaktioneller Leitsatz)
2 In diesem Fall besteht auch hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Androhung des unmittelbaren Zwangs kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, sofern eine Vollstreckung erst möglich ist, wenn der zu vollstreckende Grundverwaltungsakt vollziehbar ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller betreibt seit 2009 ein Gewerbe zur Beratung von Unternehmen im Gebiet der Antragsgegnerin.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2018, ausweislich der Postzustellungsurkunde zugestellt am 1. August 2018, untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller nach erfolgter Anhörung die Ausübung des Gewerbes „Beratung von/in/im/über Unternehmen“ als selbständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe (Ziffer 1), die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter einer Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe (Ziffer 2) und forderte den Antragsteller auf, seine Tätigkeit spätestens 10 Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung einzustellen (Ziffer 3). Für den Fall, dass der Antragsteller dieser Verpflichtung nicht (fristgerecht) nachkommt, wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs angedroht (Ziffer 4). Die Verfahrenskosten wurden dem Antragsteller auferlegt (Ziffer 5).
Hiergegen erhob der Antragsteller am 23. August 2018 Klage zur Niederschrift der Rechtsantragstelle mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Juli 2018 aufzuheben. Die Klage, über die noch nicht entschieden ist, wird unter Aktenzeichen M 16 K 18.4220 geführt.
Des Weiteren beantragt der Antragsteller im vorliegenden Verfahren,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führt der Antragsteller im Wesentlichen aus, er habe seine Steuerschulden inzwischen reduziert und versäumte Steuererklärungen nachgeholt. Seine Rückstände beim Finanzamt wolle er weiterhin abbauen. Hierzu sei es erforderlich, sein Gewerbe weiterhin ausüben zu dürfen.
Die Antragsgegnerin führt mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 aus, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sei nicht nachvollziehbar. Es sei keine sofortige Vollziehung angeordnet worden, so dass die Klage gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid aufschiebende Wirkung entfalte.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 16 K 18.4220, und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist unzulässig.
Grundsätzlich hat eine Anfechtungsklage gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung der Klage entfällt nur in den Fällen des § 80 Abs. 2 VwGO, insbesondere in durch Gesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) oder in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung von der Behörde besonders angeordnet wird (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). In diesen Fällen kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen bzw. wiederherstellen.
Da die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall keine sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat, entfaltet die vom Antragsteller erhobene Anfechtungsklage gegen die Gewerbeuntersagung (Ziffern 1 und 2 des Bescheides) und gegen die Verpflichtung zur Einstellung der Tätigkeit (Ziffer 3 des Bescheides) kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dass sich die Antragsgegnerin dessen bewusst ist, wird auch dadurch deutlich, dass sie den Beginn der in Ziffer 3 des Bescheides bestimmten Frist an die Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung geknüpft hat. Zwar ist die Androhung des unmittelbaren Zwangs in Ziffer 4 des Bescheides gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) sofort vollziehbar. Jedoch ist gemäß Art. 19 Abs. 1 VwZVG eine Vollstreckung erst möglich, wenn der zu vollstreckende Grundverwaltungsakt vollziehbar ist, also nicht mehr mit einem förmlichen Rechtsbehelf angefochten werden kann, der förmliche Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat oder die sofortige Vollziehung angeordnet ist. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall. Insofern hat der Antragsteller kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz i.V.m. Nrn. 54.2.1, 54.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs.


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