Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag mangels fristgerechter wirksamer Antragsstellung

Aktenzeichen  13a ZB 19.31798

Datum:
16.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13711
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3, Abs. 4
VwGO § 67 Abs. 4
ZPO § 78b

 

Leitsatz

Der Berufungszulassungsantrag gegen das Urteil über die Abschiebung nach Afghanistan ist erfolglos, da keine fristgerechte wirksame Antragsstellung erfolgte. (Rn. 1 – 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 9 K 17.30895 2019-03-25 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
III. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. März 2019 ist bereits unzulässig, weil er nicht innerhalb der Antragsfrist von einem Prozessbevollmächtigten gestellt worden ist und insoweit auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts ausscheidet.
Der Kläger hat in eigener Person mit beim Verwaltungsgericht am 3. Mai 2019 eingegangenem Schreiben vom 30. April 2019 sinngemäß beantragt, die Berufung gegen das seinem Bevollmächtigten ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 3. April 2019 zugestellten Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. März 2019 zuzulassen. Die Abschiebung nach Afghanistan bedeute für ihn Folter und Lebensgefahr durch Blutrache. Er bitte, das Urteil zu überdenken, da eine Abschiebung in Länder, in denen die Todesstrafe drohe, von Deutschland nicht unterstützt werde. Er bitte um Zulassung der Berufung und Zuteilung eines Rechtsbeistands.
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, weil er nicht innerhalb der Antragsfrist von einem Prozessbevollmächtigten gestellt worden ist:
In Asylstreitigkeiten ist die Zulassung der Berufung nach § 78 Abs. 4 Sätze 1 und 4 AsylG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils mit der Darlegung der Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, zu beantragen. Dabei müssen sich die Beteiligten vor dem Verwaltungsgerichtshof nach § 67 Abs. 4 VwGO durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt nach § 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Ausweislich des in der Akte des Verwaltungsgerichts enthaltenen Empfangsbekenntnisses ist das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrungversehene Urteil dem Bevollmächtigten des Klägers am 3. April 2019 zugestellt worden. Hiervon ausgehend begann die einmonatige Antragsfrist gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO und § 187 Abs. 1 BGB am 4. April 2019, 0.00 Uhr und endete gemäß § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO und § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB am Freitag, 3. Mai 2019, 24.00 Uhr (vgl. allg. zur Fristberechnung BayVGH, B.v. 20.8.2015 – 21 ZB 15.30176 – juris Rn. 2). Bis zum Ablauf der Antragsfrist ist kein formgerechter Antrag auf Zulassung der Berufung eingegangen. Den Zulassungsantrag mit Schreiben vom 30. April 2019 hat der Kläger in eigener Person gestellt, er war mithin dabei nicht ordnungsgemäß vertreten.
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund des Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts scheidet aus:
Der Antrag des Klägers auf „Zuteilung eines Rechtsbeistands“ ist als Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 78b ZPO) zu verstehen (§ 88 VwGO). Gemäß diesen Vorschriften hat das Prozessgericht einer Partei, soweit – wie hier gemäß § 67 Abs. 4 VwGO – eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, auf ihren Antrag für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Zwar kommt bei rechtzeitiger Stellung eines Antrags auf Beiordnung eines Notanwalts innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist eine Wiedereinsetzung bezüglich dieser Frist in Betracht, wenn diesem Antrag stattzugeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2018 – 10 ZB 17.2361 – juris Rn. 6 m.w.N.; Althammer in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 78b ZPO Rn. 6 f.). Vorliegend sind die Voraussetzungen für eine solche Beiordnung eines Notanwalts allerdings nicht gegeben:
Von einem Nichtfinden im Sinne des § 78b Abs. 1 ZPO kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Partei bei ihrer Suche nach einem Rechtsanwalt die ihr nach den Umständen des Einzelfalls zumutbaren Anstrengungen unternimmt, wobei sie ihre diesbezüglichen Bemühungen dem Gericht nachzuweisen hat. Der Rechtsschutzsuchende muss dafür innerhalb der Rechtsmittelfrist substantiiert darlegen und glaubhaft machen, dass er rechtzeitig alles ihm Zumutbare getan hat, um sich vertreten zu lassen. Dazu gehört, dass er eine angemessene Zahl von Rechtsanwälten vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (vgl. BayVGH, B.v. 8.1.2018 – 10 ZB 17.2361 – juris Rn. 8 m.w.N.; Althammer in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 78b ZPO Rn. 4). Dieser Darlegungspflicht hat der Kläger nicht genügt: Im Schreiben vom 30. April 2019 trägt er nicht einmal vor, dass er keinen zur Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, geschweige denn wird substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er diesbezüglich alles ihm Zumutbare unternommen hätte. Der Umstand allein, dass er sich auch derzeit noch in einer Justizvollzugsanstalt befindet, genügt keinesfalls den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung, zumal der Kläger noch in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 22. März 2019 und auch bei der Zustellung des Urteils am 3. April 2019 jeweils von einem Rechtsanwalt vertreten gewesen war.
Unbeschadet dessen erscheint die Rechtsverfolgung des Klägers auch aussichtslos. Aussichtslosigkeit im Sinne von § 78b Abs. 1 ZPO besteht, wenn ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann. Für die Fallkonstellation eines beabsichtigten Antrags auf Zulassung der Berufung bedeutet dies, dass das Berufungsgericht nach Lage der Akten prüft, ob ein Zulassungsgrund ernsthaft in Betracht kommt (BayVGH, B.v. 8.1.2018 – 10 ZB 17.2361 – juris Rn. 9 m.w.N.). Anhaltspunkte hierfür sind vorliegend nicht gegeben und ergeben sich insbesondere auch nicht aus dem Schreiben des Klägers vom 30. April 2019. Mit seinem Vorbringen, die Abschiebung nach Afghanistan bedeute für ihn Folter und Lebensgefahr durch Blutrache, er bitte, das Urteil zu überdenken, da eine Abschiebung in Länder, in denen die Todesstrafe drohe, von Deutschland nicht unterstützt werde, übt der Kläger lediglich Kritik an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das sich mit den insoweit angesprochenen Rechts- und Tatsachenfragen in seinem klageabweisenden Urteil ausführlich beschäftigt hat (UA S. 8 ff., UA S. 12 ff.). Damit vermag er im Asylprozess nicht durchzudringen, da nach § 78 Abs. 3 AsylG anders als im allgemeinen Prozessrecht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils keinen Zulassungsgrund darstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben