Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag mangels Verletzung rechtlichen Gehörs

Aktenzeichen  14 ZB 19.31233

Datum:
1.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14588
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, Abs. 4 S. 4
VwGO § 86 Abs. 2, § 108 Abs. 2, § 138 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Wird ein Beweisantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung prozessordnungswidrig abgelehnt und findet sich in den schriftlichen Urteilsgründen eine Begründung, die die Ablehnung hätte tragen können, ist eine Gehörsrüge nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beweisantragsteller darlegt, wie er sich auf die ihm erst durch das Urteil bekannt gewordenen, für sich gesehen prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe erklärt hätte, weil sonst nicht beurteilt werden kann, ob sich die nach § 86 Abs. 2 VwGO verspätete Bekanntgabe der prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe überhaupt auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann (im Anschluss an BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB 17.31318 – juris Rn. 7; HessVGH, B.v. 14.2.2002 – 9 UZ 1249/98.A – juris Rn. 41; OVG NW, B.v. 25.4.2002 – 8 A 1530/02.A – juris Rn. 12). (Rn. 8)

Verfahrensgang

M 28 K 17.34265 2019-02-15 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Gehörsverstoßes (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) ist nicht in einer den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegt nicht vor.
1. Eine Berufungszulassung im Hinblick auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen verfahrensfehlerhafter Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2019 gestellten Beweisantrags kommt nicht in Betracht.
1.1. In dieser mündlichen Verhandlung ließ der Kläger durch Bezugnahme auf den Schriftsatz seiner damaligen Klägerbevollmächtigten vom 9. Januar 2019 die Einholung eines psychologisch-psychiatrischen Gutachtens zum Beweis der Tatsache, 1. dass der Kläger an einer schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom (ICD 10 F 32.11), einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1) und einer emotional instabilen Persönlichkeitsstruktur mit forcierter Impulsivität (F 60.31 „Borderline-Störung“) leidet, die dringend psychotherapeutischer Behandlung bedarf, 2. dass bei Abbruch der Therapie bzw. bei Rückführung des Klägers in den Iran mit überwiegender Wahrscheinlichkeit alsbald nach Rückkehr mit einer schweren Gesundheitsverschlechterung im Sinne von schweren körperlichen und psychischen Schäden bis hin zum Suizid zu rechnen ist, 3. dass eine Therapie im Iran für den Kläger individuell nicht durchführbar ist, weil bei Rückführung zum einen die Retraumatisierung droht und außerdem das für die erfolgreiche Therapie erforderliche Sicherheitsgefühl dort nicht existiert, beantragen.
Das Verwaltungsgericht hat, nachdem es die mündliche Verhandlung am 21. Januar 2019 durch Beschluss zur Fortsetzung auf den 7. Februar 2019 vertagt hatte, diesen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2019 abgelehnt. Zur Begründung hat es zu Protokoll dieser mündlichen Verhandlung ausgeführt, der Beweisantrag sei nicht hinreichend substantiiert. Zwar habe der Kläger einen ärztlichen Bericht des Facharztes für Innere Medizin, Rettungsmedizin, Psychoanalyse und Psychotherapie vorgelegt, der dem Kläger das Vorliegen einer schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom, einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer emotional instabilen Persönlichkeitsstruktur mit forcierter Impulsivität attestiere. Allerdings beruhten diese medizinischen Feststellungen offenbar auf nicht im Attest festgehaltenen Tatsachengrundlagen. Es heiße dort insbesondere zum traumatisierten Ereignis lediglich, die durch den Berichterstatter erhobenen Befunde seien allesamt sehr schlüssig und aus psychotherapeutischer Sicht glaubhaft. Welche dies seien, erläutere das Attest nicht. Die Tatsachengrundlagen, die ursächlich für die Traumatisierungen des Klägers sein sollen, seien nicht zur richterlichen Überzeugung glaubhaft gemacht. Die darauf gestützten therapeutischen Bewertungen zur weiteren Behandlungsbedürftigkeit des Klägers seien damit nicht auf tatsächliche Grundlagen gestützt, die die Diagnosen tragen könnten. Insoweit seien auch die Beweisanträge zu 2 und 3 nicht entscheidungserheblich.
Im angegriffenen Urteil (UA S. 13 zweiter Absatz) wird im Rahmen der Würdigung eines gesundheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergänzend ausgeführt, etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass das vorgelegte Attest nicht ausschließlich das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung als traumabedingte Erkrankung attestierte, sondern daneben weitere Diagnosen psychischer Erkrankungen enthalte, die möglicherweise nicht auf ein traumatisierendes Ereignis zurückzuführen sein könnten. Denn der Arzt beziehe sich sowohl hinsichtlich der erforderlichen Therapie als auch hinsichtlich der gesundheitlichen Folgen des Abbruchs einer Therapie oder einer erzwungenen Rückkehr ins Heimatland ausschließlich auf eine Trauma-Therapie, die zwangsläufig in Zusammenhang mit einem geschilderten Trauma auslösenden Ereignis stehen dürfte. Hinsichtlich der Folgen einer erzwungenen Rückkehr beziehe sich der Arzt sogar nur auf die vom Kläger geäußerte Konversion, der das Gericht jedoch keinen Glauben schenke.
1.2. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe außer Acht gelassen, dass die Unglaubwürdigkeit der Traumatisierung allein die Diagnose posttraumatische Belastungsstörung betreffen könne. Für die weiteren Diagnosen bestehe kein Raum für eine Glaubwürdigkeitsprüfung. Unzutreffend gehe das Verwaltungsgericht davon aus, dass sich aus der vorgelegten ärztlichen Stellungnahme nicht die von der Rechtsprechung für die Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung zum Gegenstand habe, gestellten Mindestanforderungen ergeben.
1.3. Dieses Klägervorbringen rechtfertigt nicht den Schluss auf eine mit der Ablehnung des Beweisantrags verbundene Gehörsverletzung.
1.3.1. Die Ablehnung eines Beweisantrags kann zu einem Gehörsverstoß führen, wenn sie keine Stütze im Prozessrecht (§ 86 Abs. 2 VwGO) findet (BVerfG, B.v. 30.1.1985 – 1 BvR 393/84 – BVerfGE 69, 141/143 f.; B.v. 27.1.1995 – 1 BvR 1430/94 – NJW 1995, 1417; OVG Bremen, B.v. 29.12.2011 – 2 A 216/10.A – juris Rn. 3 m.w.N). § 86 Abs. 2 VwGO, demzufolge ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag nur durch einen Gerichtsbeschluss, der zu begründen ist, abgelehnt werden kann, verlangt eine Verbescheidung solcher unbedingter Beweisanträge vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung und gerade nicht erst in den Urteilsgründen, was schon wegen der Verspätung nach § 86 Abs. 2 VwGO prozessordnungswidrig ist. Wird ein Beweisantrag im Termin zur mündlichen Verhandlung prozessordnungswidrig abgelehnt und findet sich in den schriftlichen Urteilsgründen eine Begründung, die die Ablehnung hätte tragen können, ist eine Gehörsrüge jedoch nur dann schlüssig erhoben, wenn der Beweisantragsteller darlegt, wie er sich auf die ihm erst durch das Urteil bekannt gewordenen, für sich gesehen prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe erklärt hätte, weil sonst nicht beurteilt werden kann, ob sich die nach § 86 Abs. 2 VwGO verspätete Bekanntgabe der prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe überhaupt auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann (vgl. BayVGH, B.v. 20.11.2017 – 11 ZB 17.31318 – juris Rn. 7; HessVGH, B.v. 14.2.2002 – 9 UZ 1249/98.A – juris Rn. 41; OVG NW, B.v. 25.4.2002 – 8 A 1530/02.A – juris Rn. 12 jeweils unter Bezugnahme auf BVerwG, B.v. 13.9.1977 – V CB 68.74 – juris zur Konstellation erstmals durch das Urteil bekannt gewordener Ablehnungsgründe hinsichtlich eines vorher nicht verbeschiedenen, in der mündlichen Verhandlung gestellten unbedingten Beweisantrags; ebenso BVerwG, B.v. 23.2.2005 – 1 B 102.04 – juris Rn. 2).
1.3.2. Daran gemessen war bereits die in der mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2019 protokollierte Ablehnungsbegründung prozessordnungsgemäß, soweit sie den Beweisantrag in Bezug auf die posttraumatische Belastungsstörung betraf.
Denn damit hatte das Verwaltungsgericht bundesverwaltungsgerichtliche Mindestanforderungen an ein fachärztliches Attest aufgegriffen, aus dem sich insbesondere nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8.07 – BVerwGE 129, 251 Rn. 15). Diese tatsächliche Grundlage hatte es im Facharztbericht vom 13. Oktober 2018 zu Recht vermisst.
1.3.3. Soweit der Beweisantrag im Übrigen (hinsichtlich des Vorliegens einer behandlungsbedürftigen schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom und einer behandlungsbedürftigen emotional instabilen Persönlichkeitsstruktur mit forcierter Impulsivität) abgelehnt wurde, ist zweifelhaft, ob die ursprünglich am 7. Februar 2019 protokollierte Ablehnungsbegründung prozessordnungswidrig war.
Insbesondere in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs werden unterschiedliche Standpunkte zu der Frage vertreten (vgl. BayVGH, B.v. 21.12.2017 – 20 ZB 17.31672 – juris Rn. 5), ob die vom Bundesverwaltungsgericht zur posttraumatischen Belastungsstörung entwickelten Substantiierungserfordernisse (vgl. BVerwG, U.v. 11.9.2007 – 10 C 8.07 – BVerwGE 129, 251 Rn. 15) auf andere psychische Störungen übertragbar sind (bejahend bei einer gleichzeitig neben einer posttraumatischen Belastungsstörung diagnostizierten Angststörung und Depression etwa BayVGH, B.v. 14.12.2018 – 1 ZB 18.33263 – juris; generell ablehnend etwa BayVGH, B.v. 30.3.2016 – 13a ZB 15.30248 – juris Rn. 2-5).
1.3.4. Es kann vorliegend offen bleiben, ob tatsächlich eine solche Prozessordnungswidrigkeit (siehe 1.3.3.) vorgelegen hat oder nicht. Denn selbst wenn dies zugunsten des Klägers unterstellt wird, wäre die Gehörsrüge nicht den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG entsprechend dargelegt.
1.3.4.1. Jedenfalls hat das Verwaltungsgericht die von ihm zuvor protokollierte Begründung für die Ablehnung des Beweisantrags als unsubstantiiert im angegriffenen Urteil um eine für sich gesehen prozessordnungsgemäße Ablehnungsbegründung ergänzt.
Die betreffenden Begründungserwägungen (UA S. 13 zweiter Absatz, siehe 1.1.), dienen ersichtlich der Ergänzung der am 7. Februar 2019 protokollierten Ablehnungsbegründung, weil diese bisherige Ablehnungsbegründung in der vorhergehenden Urteilspassage (UA S. 12 letzter Absatz und S. 13 erster Absatz) wörtlich wiedergegeben wird und sich die betreffenden Begründungserwägungen im Urteil an diese Passage eingeleitet mit den Worten „Ein anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, …“ anschließen.
Diese im Urteil enthaltenen ergänzenden Begründungserwägungen für die Ablehnung des Beweisantrags im vorgenannten Umfang sind für sich gesehen prozessordnungsgemäß, weil in ihnen hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass nach dem Facharztbericht aus Sicht des Verwaltungsgerichts schon keine greifbaren Anhaltspunkte (vgl. BVerwG, B.v. 26.6.2017 – 6 B 54.16 – NVwZ 2017, 1388 Rn. 7) für eine Behandlungsbedürftigkeit dieser Erkrankungen bestanden. Das Verwaltungsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen mit Recht auf den Standpunkt gestellt, dass sich der Facharzt in seinem Bericht sowohl hinsichtlich der erforderlichen Therapie als auch hinsichtlich der gesundheitlichen Folgen des Abbruchs einer Therapie oder einer erzwungenen Rückkehr ins Heimatland ausschließlich auf eine Trauma-Therapie bezieht. Darin kommt zugleich zum Ausdruck, dass schon keine greifbaren Anhaltspunkte für eine jeweilige Behandlungsbedürftigkeit der schweren depressiven Episode mit somatischem Syndrom und der emotional instabilen Persönlichkeitsstruktur mit forcierter Impulsivität in dem vom Beweisantrag aufgegriffenen Facharztbericht dargestellt sind, weil diese Erkrankungen ihrerseits kein Trauma voraussetzen, was bereits insoweit die Ablehnung des Beweisantrags als unsubstantiiert rechtfertigte.
1.3.4.2. Weil die Antragsbegründung nicht darlegt, wie sich der Kläger auf die ihm erst durch das Urteil bekannt gewordenen prozessordnungsgemäßen Ablehnungsgründe erklärt hätte, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen verfahrensfehlerhafter Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2019 gestellten Beweisantrags nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
2. Soweit der Kläger rügt, es lägen besondere Umstände vor, die darauf schließen ließen, dass tatsächliches Vorbringen seinerseits überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung nicht erwogen worden sei, ist ein Gehörsverstoß nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
2.1. Zwar kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) darin liegen, dass entscheidungserheblicher Vortrag von einem Gericht nicht zur Kenntnis genommen wird oder unerwogen bleibt (BVerfG, B.v. 23.1.1991 – 2 BvR 902/85 u.a. – BVerfGE 83, 216/229 f.). Allerdings sind die Gerichte nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, B.v. 12.10.1988 – 1 BvR 818/88 – BVerfGE 79, 51/61 m.w.N.). Dies ist nur der Fall, wenn Tatsachen oder Tatsachenkomplexe übergangen werden, deren Entscheidungserheblichkeit sich aufdrängt (BVerwG, B.v. 1.10.1993 – 6 P 7.91 – NVwZ-RR 1994, 298 m.w.N.).
2.2. Ein solches Übergehen von sich als entscheidungserheblich aufdrängenden Tatsachen oder Tatsachenkomplexen hat der Kläger nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
2.2.1. Soweit er darauf verweist, laut Protokoll über die Einzelrichtersitzung am 21. Januar 2019 erklärt zu haben, der letzte christliche Feiertag, der gefeiert worden sei, sei Weihnachten, Maria und Josef seien auf einer Reise gewesen, da der römische König Herodes eine Volkszählung veranstaltet habe, und Jesus sei in einem Stall geboren worden, da sie keinen Platz zum Übernachten gehabt hätten, und der Kläger sinngemäß rügt, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Verwaltungsgericht vorliegend annehme, dass er zentrale Glaubensinhalte wie etwa den Inhalt der Weihnachtsgeschichte nicht kenne, ist ein Übergehen von sich als entscheidungserheblich aufdrängenden Tatsachen oder Tatsachenkomplexen nicht hinreichend dargelegt. Diese Rüge ist unschlüssig, weil der Kläger mit ihr selbst vorträgt, dass das Verwaltungsgericht seinen Vortrag zur Weihnachtsgeschichte bewertet hat, wobei er insoweit nur die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts – zentrale Glaubensinhalte wie etwa der Inhalt der Weihnachtsgeschichte oder Epiphanias schienen dem Kläger eher fremd zu sein, was insbesondere vor dem Hintergrund, dass beides im Zeitpunkt der (ersten) mündlichen Verhandlung noch keinen Monat zurückgelegen habe, verwunderlich erscheine (UA S. 9 unten bis S. 10 oben) – kritisiert, auf die allein sich eine Gehörsrüge nicht stützen lässt (siehe 5.).
2.2.2. Soweit der Kläger ausführt, er habe in seiner informatorischen Anhörung geschildert, sein Entschluss zur Konversion beruhe nicht nur darauf, was er in der Bibel gelesen habe, sondern auch darauf, was passiert sei, und er vorbringt, der Sitzungsniederschrift sei auf Seite 14 zu entnehmen, dass die Klägerbevollmächtigte ihn sodann gefragt habe, was er mit seiner Aussage gemeint habe, worauf er geantwortet habe, sich sehr einsam gefühlt und zu Gott gebetet zu haben, jemanden kennen zu lernen, woraufhin er bei einem Projekt mitgemacht habe und dort Bokart kennengelernt habe, den ihm Gott als Freund geschickt habe, und es ihm besser gegangen sei, als er zu Gott gebetet habe, und er rügt, diese Umstände seien durch das Gericht nicht berücksichtigt worden, ist ein Übergehen dieses Klägervorbringens nicht hinreichend dargelegt. Es wird nicht näher dargelegt, warum das Verwaltungsgericht angesichts der von ihm angeführten verschiedenen Begründungsansätze das mit der Rüge angeführte Klägervorbringen übergangen haben sollte. Insbesondere geht die Antragsbegründung nicht darauf ein, dass das Verwaltungsgericht die Darstellung des Klägers dazu, weshalb er sich vom Islam abgewandt und dem Christentum zugewandt habe, explizit als nicht überzeugend bewertet hat (UA S. 10 dritter Absatz). Das Verwaltungsgericht hat – abgesehen von der bereits genannten (siehe 2.2.1.) Begründungserwägung – nach einer Gesamtwürdigung des klägerischen Vortrags beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung auch deshalb keine identitätsprägende Hinwendung des Klägers zum Christentum angenommen, weil es dessen Ausführungen zu seiner Glaubenspraxis für nicht überzeugend gehalten hat und insgesamt seine Darstellung zu objektiv darstellbaren Aspekten, etwa weshalb der Kläger sich vom Islam abgewandt und dem Christentum zugewandt habe, wie er seinen christlichen Glauben derzeit im Bundesgebiet lebe, welche Merkmale seines neuen Glaubens ihn so geprägt haben sollen, dass er ohne sie nicht mehr leben wolle oder könne, als nicht überzeugend erachtet hat; insgesamt konnte die Einzelrichterin danach nicht den Eindruck gewinnen, dass der Kläger mit einem echten und tatsächlich verinnerlichten Verständnis von dem, was er über seinen neuen Glauben mitteilte, gleichsam „aus dem Herzen“ sprach und in seinem neuen Glauben so gefestigt ist, dass er in eine ernstliche innere Gewissensnot geraten würde, wenn er diesen Glauben unter dem Druck einer möglichen Verfolgung ehemals muslimischer Konvertiten im Iran nicht mehr frei leben könnte (UA S. 10-11).
2.2.3. Auch soweit der Kläger anführt, das Gericht nehme zwar an, dass der Kläger „sicherlich über gewisse Kenntnisse des christlichen Glaubens“ verfüge und religiöse Tätigkeiten entfalte, sei aber nicht davon überzeugt, dass dies identitätsprägend sei, und er rügt, diese Passage verdeutliche, dass das Verwaltungsgericht vorliegend keine ernsthafte Würdigung des klägerischen Sachvortrags, sondern eine erkennbar von Misstrauensbereitschaft, schon fest vorgegebenem Nichtglauben und Voreingenommenheit gekennzeichnete, negativ eingefärbte Teil- und Fehlwürdigung vorgenommen habe, ist ein Gehörsverstoß nicht hinreichend dargelegt. Unabhängig davon, dass sich die von der Antragsbegründung zitierte Passage dem angegriffenen Urteil so nicht wörtlich, sondern bestenfalls sinngemäß entnehmen lässt (vgl. UA S. 9 unten und S. 10 zweiter Absatz), ist im Kontext dieser Rüge jedenfalls nicht genau genug dargelegt, welches konkrete tatsächliche Vorbringen des Klägers das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung übergangen haben soll. Sollte sich der Kläger insoweit auf den Sachvortrag seinerseits beziehen, der den bereits gewürdigten Rügen zugrunde liegt, ist ein Übergehen von sich als entscheidungserheblich aufdrängenden Tatsachen oder Tatsachenkomplexen aus den bereits genannten Gründen nicht hinreichend i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt.
3. Nicht zur Berufungszulassung führt die weitere Rüge, das Verwaltungsgericht habe gegen seine Hinweispflicht verstoßen.
3.1. Die Antragsbegründung führt aus, mangels gerichtlichen Hinweises sei weiterer Vortrag des Klägers zu anspruchstragenden Tatsachen, welche die Zweifel des Gerichts hätten ausräumen können, abgeschnitten worden, worauf das Urteil beruhe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Verwaltungsgericht eine für den Kläger günstige Entscheidung hätte treffen können, hätte es diesem durch die prozessual gebotene Form des Vorhalts Gelegenheit gegeben, in der mündlichen Verhandlung die Zweifel des Verwaltungsgerichts durch konkrete Schilderung der erforderlichen Tatsachen auszuräumen.
3.2. Dieser Vortrag reicht in mehrfacher Hinsicht nicht hin, um von einem Gehörsverstoß des Verwaltungsgerichts ausgehen zu können.
3.2.1. Eine § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügende Darlegung einer Gehörsrüge erfordert neben Ausführungen zu den Umständen, aus denen sich das Vorliegen einer Gehörsversagung ergibt, grundsätzlich auch die substantiierte Darlegung, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs noch vorgetragen worden wäre, und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 2.4.1985 – 3 B 75.82 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 165 m.w.N.; zu den Ausnahmen vgl. VGH BW, B.v. 18.9.2017 – A 11 S 2067/17 – juris Rn. 20 m.w.N.).
Dem wird die Antragsbegründung, die nicht näher darlegt, was bei Gewährung rechtlichen Gehörs im Einzelnen konkret vorgetragen worden wäre und inwieweit dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre, nicht gerecht.
3.2.2. Unabhängig davon beschreibt die Antragsbegründung aber auch keine Konstellation, aus der sich eine verwaltungsgerichtliche Hinweispflicht schlüssig ergeben könnte.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht keine, auch nicht eine aus Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitende, generelle Pflicht des Gerichts, den Beteiligten vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten des Parteivortrags versteht und bewertet. Das folgt schon daraus, dass in aller Regel die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der Schlussberatung des Gerichts vorbehalten bleiben und sich deshalb einer Voraberörterung mit den Beteiligten entziehen. Das gilt auch für den Tatsachenvortrag des Asylbewerbers, der selbst für die Darlegung seiner Asylgründe verantwortlich ist (BVerwG, B.v. 26.11.2001 – 1 B 347.01 – juris Rn. 5 m.w.N.; B.v. 14.11.2007 – 10 B 47.07 – juris Rn. 16). Selbst soweit ein Verwaltungsgericht gehalten sein sollte, tatsächlichen oder vermeintlichen Widersprüchen im Sachvortrag von Asylbewerbern durch Nachfragen im Einzelnen nachzugehen, folgen daraus keine weitergehende Anforderungen an eine gerichtliche Hinweispflicht (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2001 a.a.O. Rn. 5).
Schon aufgrund dieser allgemeinen Erwägungen ist aufgrund der Antragsbegründung nicht von einem Verstoß gegen eine verwaltungsgerichtliche Hinweispflicht auszugehen. Zusätzlich spricht vorliegend auch der konkrete Ablauf der mündlichen Verhandlungen des Verwaltungsgerichts gegen die Annahme einer solchen Hinweispflicht. Das Verwaltungsgericht hat den Kläger zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2019 (16 Seiten) eingehend zu den Umständen seiner Ausreise, insbesondere zu seinem Zusammenleben mit vier Personen in einem Ein-Zimmer-Appartement, und zu den Umständen seiner vorgetragenen Hinwendung zum Christentum befragt. Der Kläger hatte auch in der mündlichen Verhandlung vom 7. Februar 2019 die Gelegenheit genutzt, weiter vorzutragen, und danach ausgeführt, er habe dem nichts hinzuzufügen (VG-Protokoll 7.2.2019 S. 4 Mitte).
Unabhängig davon, dass die Gesamtwürdigung von Beweismitteln ohnehin der Schlussentscheidung vorbehalten bleibt (siehe oben), machte das Verwaltungsgericht durch die besagte Vielzahl der Fragen der Einzelrichterin noch zusätzlich deutlich, dass den damit zusammenhängenden Themen Bedeutung zugemessen wurde, was dem Kläger hinreichend Anlass gegeben hätte, insoweit erschöpfend vorzutragen, so dass es hierfür schon aus diesem Grund keines zusätzlichen expliziten Hinweises bedurft hätte.
4. Soweit gerügt wird, das Verwaltungsgericht gehe im Gegensatz zum eindeutigen Vortrag des Klägers zu dessen Ungunsten von einem anderen Sachverhalt aus, ist ein Gehörsverstoß in der Fallgruppe der Annahme eines aktenwidrigen Sachverhalts schon deshalb nicht i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt, weil nicht hinreichend deutlich gemacht wird, im Gegensatz zu welchem konkreten Vortrag des Klägers das Verwaltungsgericht zu dessen Ungunsten von welchem konkreten anderen Sachverhalt ausgegangen sein soll.
5. Soweit der Kläger schließlich die verwaltungsgerichtliche Beweiswürdigung als solche rügt, scheidet eine allein darauf gestützte Gehörsverletzung aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Grundsätze der Beweiswürdigung in der Regel schon nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2013 – 10 B 19.13 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO Nr. 67 Rn. 4 m.w.N.). Zwar kann die Beweiswürdigung ausnahmsweise verfahrensfehlerhaft i.S.v. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sein, wenn sie objektiv willkürlich ist, gegen Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Jedoch liegt auch bei einer mit derart schweren Mängeln behafteten Sachverhaltswürdigung ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 i.V.m. § 108 Abs. 2 VwGO nur bei spezifisch auf das rechtliche Gehör bezogenen Fehlern vor, etwa wenn bei einer Entscheidung ein aktenwidriger Vortrag zugrunde gelegt wird (vgl. BVerwG, U.v. 3.4.1987 – 4 C 30.85 – NJW 1988, 275) oder wenn sich das Gericht einer sachlichen Auseinandersetzung mit entscheidungserheblichem Vorbringen entzieht (vgl. BVerwG, B.v. 27.10.2014 – 3 B 40.14 u.a. – LKV 2015, 30 Rn. 4). Ein derartiger spezifischer Gehörsverstoß ist im Zusammenhang mit der besagten kritisierten verwaltungsgerichtlichen Beweiswürdigung – wie gezeigt (siehe 1. – 4.) – vorliegend aber nicht hinreichend dargelegt.
6. Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel vorliegend ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG i.V.m. § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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