Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen Nichtvorliegens einer Divergenz (Gruppenverfolgung von Ahmadis)

Aktenzeichen  21 ZB 16.30014

Datum:
5.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 43494
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 78 Abs. 3 Nr. 2
GG aF Art. 16 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

Die Annahme einer Verfolgung nur für den Teil der Ahmadis, der seinen Glauben öffentlich auslebt, steht nicht in Widerspruch zu den vom BVerfG entwickelten Maßstäben zur Gruppenverfolgung.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 11 K 14.30840 2015-11-18 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Die allein auf das Vorliegen einer Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) gestützten Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg.
Eine Divergenz setzt voraus, dass das angefochtene Urteil in einem inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz widerspricht, den eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG bezeichneten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Daran fehlt es hier.
Der Klägerbevollmächtigte beruft sich für die geltend gemachte Abweichung sinngemäß auf einen im 3. Leitsatz des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 1991 (2 BvR 902/85, 515/89, 1827/89 -BVerfGE 83, 216) zur Auslegung von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG a. F. aufgestellten Rechtssatz. Danach stellten die unmittelbare Betroffenheit des Einzelnen durch gerade auf ihn zielende Verfolgungsmaßnahmen sowie die Gruppengerichtetheit der Verfolgung die Eckpunkte eines durch fließende Übergänge gekennzeichneten Erscheinungsbildes politischer Verfolgung dar. Die gegenwärtige Gefahr politischer Verfolgung für einen Gruppenangehörigen könne daher aus dem Schicksal anderer Gruppenmitglieder möglicherweise auch dann herzuleiten sein, wenn diese Referenzfälle es noch nicht rechtfertigten, vom Typus einer gruppengerichteten Verfolgung auszugehen.
Hiervon weiche der vom Verwaltungsgericht auf S. 9 seines Urteils angewendete Verfolgungsmaßstab ab. Das Verwaltungsgericht habe den Vortrag des Klägers zu den Schicksalen seiner nächsten Familienangehörigen als detailarm und unkonkret bezeichnet, denn es werde nicht klar, inwiefern diese Vorfälle mit dem Kläger in Zusammenhang stünden, außer dass er ganz allgemein scheinbar daraus eine Gruppenverfolgung der Ahmadis herleiten wolle. Eine solche könne aber außerhalb der betroffenen Gruppe der Ahmadis, die ihren Glauben öffentlich auslebten, nicht angenommen werden (UA S. 9 f.).
Es wurde bereits nicht dargelegt, dass die behauptete Divergenz dieselbe Rechtsvorschrift betrifft und sich die vom Bundesverfassungsgericht zum Grundrecht auf Asyl (Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG a. F.) entwickelten Maßstäbe zur Gruppenverfolgung und zur individuellen, aus gruppenbezogenen Merkmalen ableitbaren Gefahr der Verfolgung auch für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG gelten.
Unabhängig davon kann dem genannten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts der behauptete „Rechtssatz“ nicht entnommen werden. Das Bundesverfassungsgericht hat Maßstäbe für eine alle Gruppenmitglieder erfassende Verfolgung und für eine hiervon gesondert zu beurteilende Einzelverfolgung bestimmter Gruppenmitglieder entwickelt. Das Verwaltungsgericht hat seinem angefochtenen Urteil Grundsätze für die Gruppenverfolgung zugrunde gelegt, die denen des Bundesverfassungsgerichts entsprechen und ist auch nicht von einem vom Bundesverfassungsgericht abweichenden Maßstab für die gruppenbezogene Einzelverfolgung ausgegangen. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr ausführlich dargestellt, dass die Kläger nicht zu der verfolgungsrelevant betroffenen Gruppe der Ahmadis zählen, die ihren Glauben öffentlich ausleben. (vgl. UA S. 11 ff.)
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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