Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag eines ohne erforderlichen Aufenthaltstitel eingereisten Drittstaatsangehörigen

Aktenzeichen  B 6 S 17.968

Datum:
31.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24065
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5, § 81 Abs. 3 S. 1, § 123
AufenthG § 4 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 2 S. 1, S., 2, § 6 Abs. 3, § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1, 2, § 58 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 1, Abs. 5, § 59, § 60a Abs. 2 S. 1, § 81, § 84
EG-VisaVO Art. 1 Abs. 2 S. 1, Anh. II
SGK Art. 6 Abs. 1 lit. c
AufenthV § 15
SDÜ Art. 18, Art 20 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Löst ein Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis keine Erlaubnis-, Duldungs- oder Fortgeltungsfiktion aus, ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die Versagung des Aufenthaltstitels gerichteten Klage unzulässig. (Rn. 18 – 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Beabsichtigt ein unter Anhang II EG-VisaVO fallender Drittstaatsangehöriger von vornherein einen Aufenthalt von mehr als 90 Tagen Dauer, benötigt er ein nationales Visum für den längerfristigen Aufenthalt. Andernfalls hält er sich von Anfang an rechtswidrig im Bundesgebiet auf. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … im heutigen Serbien geborene Antragsteller reiste am 24.06.1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 29.06.1998 einen Asylantrag, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (nunmehr Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) mit bestandskräftigem Bescheid vom 06.07.1998 ablehnte.
Am 24.08.2001 heiratete der Antragsteller eine serbische Staatsangehörige mit einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis und wurde am 20.05.2002 Vater eines deutschen Kindes. Auf seinen Antrag vom 18.06.2002 erteilte die Stadt N. dem Antragsteller als Vater eines deutschen Kindes am 20.06.2002 eine bis 19.06.2005 gültige Aufenthaltserlaubnis und verlängerte diese auf Antrag des Antragstellers vom 14.06.2005 am 17.06.2005 bis 17.10.2007. Im August 2005 trennte sich die Ehefrau vom Antragsteller, am 10.02.2007 wurde die Ehe geschieden.
Mit rechtskräftiger Verfügung vom 22.01.2007 wies die Stadt N. den Antragsteller aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aus und ordnete seine zwangsweise Abschiebung nach Serbien an, nachdem ihn das Landgericht N. am 13.04.2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung und versuchter räuberischer Erpressung verurteilt hatte.
Mit Bescheid vom 21.01.2008 sah die Staatsanwaltschaft N. von der weiteren Vollstreckung der gegen den Antragsteller verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren gemäß § 456a StPO zum Zeitpunkt der Abschiebung des Antragstellers aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, frühestens zum 22.06.2008 ab und ordnete für den Fall der Rückkehr des Antragstellers in die Bundesrepublik Deutschland die Nachholung der Vollstreckung gemäß § 456a Abs. 2 Satz 3 StPO an.
Am 23.07.2008 wurde der Antragsteller nach Belgrad abgeschoben. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde bis zum 31.05.2014 befristet.
Am 07.03.2017 wurde der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland festgenommen. In seinem serbischen Reisepass, der ihn seit 25.06.2011 als V. A., geboren am …, ausweist, befindet sich weder ein nationales Visum noch ein Einreisestempel.
Seit 07.03.2017 verbüßt der Antragsteller in der Justizvollzugsanstalt N. und seit 30.03.2017 in der Justizvollzugsanstalt B. seine Reststrafe von 457 Tagen. Laut Haftübersicht vom 03.04.2017 endet die Haftzeit am 06.06.2018.
Mit Schreiben vom 23.04.2017 beantragte der Antragsteller bei der Stadt N* … die Erteilung eines befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitels, weil seine Mutter und sein Sohn in N. lebten. Seine geschiedene Frau lebe ebenfalls in Deutschland und wolle ihm zur Hälfte das Sorgerecht sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht zurückgeben, sodass er an der Erziehung seines Sohnes teilhaben könne. Im Wesentlichen wolle er seinem Kind, gerade jetzt in der Pubertät, beistehen. Vater und Mutter wären dann in Deutschland vereint.
Die Stadt N. leitete den Antrag an die Stadt B. weiter.
Bei seiner Vernehmung am 16.05.2017 gab der Antragsteller an, er sei eigentlich nach Deutschland gekommen, um mit seiner Familie, sprich Sohn und Mutter, die hier wohnten, wieder zusammenzukommen. Dass die Haftstrafe wieder auflebe, habe er nicht gewusst, andernfalls wäre er nicht nach Deutschland eingereist, zumindest nicht, solange die ganze Sache noch nicht geklärt sei.
Mit Strafbefehl vom 19.06.2017 verhängte das Amtsgericht N.gegen den Antragsteller eine Geldstrafe in Höhe von 600,00 EUR (60 Tagessätze je 10,00 EUR) wegen unerlaubter Einreise in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt gemäß § 4 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 95 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 AufenthG, § 52 StGB.
Mit Schreiben vom 18.10.2017 hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Abschiebung nach Serbien an.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 07.11.2017 wurde
1. festgestellt, dass der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen hat;
2. der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zum deutschen minderjährigen ledigen Kind zur Ausübung der Personensorge abgelehnt;
3. die Abschiebung aus der Haft in die Republik Serbien nach Vollziehbarkeit dieses Bescheides angeordnet sowie für den Fall der Haftentlassung vor Vollziehbarkeit dieses Bescheides der Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland 7 Tage nach Eintritt der Vollziehbarkeit dieses Bescheides zu verlassen, und widrigenfalls dem Antragsteller die Abschiebung in die Republik Serbien angedroht;
4. dem Antragsteller die Einreise nach und der Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, gerechnet ab dem Verlassen des Bundesgebietes, ein halbes Jahr lang untersagt.
Aus den Gründen des Bescheides ergibt sich, dass der Sohn des Antragstellers seit dem 17.06.2005 in D. gemeldet ist. Der Antragsteller sei gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet, weil er ohne das für einen Familiennachzug erforderliche nationale Visum in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Wollte man, entgegen der Aussage des Antragstellers, von einer Einreise zu touristischen Zwecken ausgehen, wäre er jetzt ebenfalls zur Ausreise verpflichtet, weil die visumfreien 90 Tage abgelaufen seien. Gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG sei die Ausreisepflicht vollziehbar. Die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis scheitere sowohl an den allgemeinen als auch an den speziellen Erteilungsvoraussetzungen. Bezüglich § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG – Erfüllung der Passpflicht – lägen noch keine Nachweise über die Legalität der Namensänderung bzw. Echtheit des Reisepasses vor. Das Visumerfordernis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG und die Voraussetzungen für ein Absehen von diesem Erfordernis gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG seien nicht erfüllt. Im Hinblick auf § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG sei das Sorgerecht des Antragstellers für seinen Sohn nicht nachgewiesen, außerdem werde angezweifelt, dass der Antragsteller zu seinem Sohn derzeit aktiven Kontakt habe. Ein Familiennachzug des volljährigen Antragstellers zu seiner Mutter komme nicht in Betracht. Die Abschiebung erfolge gemäß § 58 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, § 59 Abs. 5 AufenthG aus der Strafhaft zum Haftzeitende am 06.06.2018, ohne dass es einer Fristsetzung bedürfe. Abschiebungsverbote oder Duldungsgründe seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, insbesondere keine schützenswerte Beziehung aus Art. 6 GG, Art. 8 EMRK, nachdem seit mindestens 12 Jahren keine familiäre Lebensgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn mehr bestanden habe. Die Wiedereinreisesperre von einem halben Jahr ermögliche dem Antragsteller einen Familiennachzug zu seinem Sohn nach erfolgreicher Durchführung des Visumverfahrens.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2017, beim Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangen am 08.12.2017, hat der Antragsteller Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.11.2017 zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu verpflichten. Mit weiterem Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2017, ebenfalls eingegangen am 08.12.2017, hat der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsätzen vom 15.12.2017 beantragt, die Klage abzuweisen und den Antrag abzulehnen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten B 6 S 17.968 und B 6 K 17.969 sowie der beigezogenen Ausländerakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Versagung der Aufenthaltserlaubnis (Ziffer 2 des Bescheides vom 07.11.2017) ist unzulässig.
Gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG hat die Klage gegen die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels keine aufschiebende Wirkung. Deren Anordnung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ergibt aber nur dann einen Sinn, wenn sich die Tragweite der ausländerbehördlichen Entscheidung nicht in der Versagung der Aufenthaltserlaubnis erschöpft, sondern der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eine Erlaubnis-, Duldungs- oder Fortgeltungsfiktion gemäß § 81 Abs. 3 oder Abs. 4 AufenthG ausgelöst hat, die regelmäßig mit der Entscheidung der Ausländerbehörde endet, jedoch vorläufig weitergilt, wenn die Klage gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung erhält.
Daran fehlt es hier, weil der Antrag des Antragstellers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 23.04.2017 die hier allein in Betracht zu ziehende Erlaubnisfiktion des § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht ausgelöst hat.
Gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG gilt der Aufenthalt eines Ausländers bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt, wenn er die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt, während er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen.
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG bedürfen Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist. Gemäß § 15 AufenthV richtet sich die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern für Kurzaufenthalte nach dem Recht der Europäischen Union, insbesondere dem Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ) und der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 (EG-VisaVO). Für serbische Staatsangehörige bestimmt Art. 1 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Anhang II EG-VisaVO, dass sie für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, von der Pflicht, beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums zu sein, befreit sind. Gemäß Art. 20 Abs. 1 SDÜ können sichtvermerksfreie Drittausländer sich in dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien frei bewegen, höchstens jedoch 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen und soweit sie die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a, c, d und e der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex – SKG) aufgeführten Einreisevoraussetzungen erfüllen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c SGK muss der Drittstaatsangehörige den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen. Beabsichtigt er von vornherein einen Aufenthalt von mehr als 90 Tagen Dauer, benötigt er ein nationales Visum für den längerfristigen Aufenthalt gemäß Art. 18 SDÜ, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 6 Abs. 3 AufenthG und hält sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ungeachtet der Möglichkeit des visumfreien Kurzaufenthalts von Anfang an rechtswidrig im Bundesgebiet auf, wenn er kein entsprechendes nationales Visum besitzt (OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.07.2012 – 8 ME 94/12, Rn. 5, juris).
Gemessen daran hielt und hält sich der nicht im Besitz eines nationalen Visums befindliche Antragsteller nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da angesichts seiner Angaben im Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 23.04.2017 sowie in der Vernehmung am 16.05.2017 kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass er nicht lediglich einen visumfreien Kurzaufenthalt, sondern von vornherein einen längerfristigen Aufenthalt „zur Familienzusammenführung“ beabsichtigt hatte.
Deutet man den unzulässigen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in einen zulässigen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO um, wäre dieser Antrag gemäß § 123 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO unbegründet, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, er habe einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und infolgedessen einen Anordnungsanspruch auf eine einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen vorübergehenden Aussetzung seiner Abschiebung (Duldung) gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
Die Abschiebung eines Ausländers ist gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn dadurch die Verwirklichung eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Ein entsprechender Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist aber nicht ersichtlich.
Wie sich aus den Ausführungen unter II. 1. ergibt, liegen die Voraussetzungen des § 39 Satz 1 Nr. 3 AufenthV, wonach ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen kann, wenn er Staatsangehöriger eines in Anhang II EG-VisaVO aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind, schon deshalb nicht vor, weil der Antragsteller sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Demgemäß scheitert ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bereits an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, wonach die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis voraussetzt, dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat. Die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege hiervon abzusehen, rechtfertigt nicht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, zumal nach summarischer Prüfung schon der Tatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht vorliegt. Besondere Umstände des Einzelfalles, auf Grund derer es dem Antragsteller nicht zumutbar wäre, das Visumverfahren nachzuholen, sind ebenso wenig ersichtlich wie die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen des in Betracht zu ziehenden § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG. Danach ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Nach dem Vorbringen des Antragstellers im Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels vom 23.04.2017, seine geschiedene Frau wolle ihm zur Hälfte das Sorgerecht sowie das Aufenthaltsbestimmungsrecht zurückgeben, hat er derzeit kein Sorgerecht für seinen Sohn. Außerdem müsste die Personensorge auch tatsächlich ausgeübt werden. Als Rechtsgrundlage für einen Nachzug des volljährigen Antragstellers zu seiner im Bundesgebiet lebenden Mutter kommt nur § 36 Abs. 2 AufenthG in Betracht, der als Ermessensvorschrift keinen Rechtsanspruch im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vermittelt.
2. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 des Bescheides vom 07.11.2017) ist zulässig, aber unbegründet.
2.1 Der Antrag ist zulässig, insbesondere statthaft, weil gemäß § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO in Verbindung mit Art. 21a Satz 1 VwZVG Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die – wie die Abschiebungsandrohung gemäß § 59 AufenthG – in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden. In diesem Fall kann gemäß Art. 21a Satz 2 VwZVG in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
2.2 Der Antrag ist unbegründet. Das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsandrohung überwiegt nicht das öffentliche Interesse an deren sofortiger Vollziehung, weil die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes lediglich gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist mit der Aufhebung der Abschiebungsandrohung gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zu rechnen, weil sie aller Voraussicht nach rechtmäßig und der Antragsteller dadurch nicht in seinen Rechten verletzt ist.
Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist die in § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorgesehene Abschiebung eines Ausländers unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen, wobei gemäß § 59 Abs. 2 AufenthG in der Androhung der Staat bezeichnet werden soll, in den der Ausländer abgeschoben werden soll. In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. wenn die Überwachung der Ausreise erforderlich ist, weil der Ausländer sich auf richterliche Anordnung in Haft befindet, bedarf es gemäß § 59 Abs. 5 AufenthG keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft abgeschoben, wobei die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll. Gemäß § 59 Abs. 3 Sätze 1 und 2 AufenthG steht dem Erlass der Androhung das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen; in der Androhung ist gegebenenfalls lediglich der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Die Rechtmäßigkeit einer Abschiebungsandrohung setzt (nur) voraus, dass der Ausländer gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet ist.
Danach begegnet die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung vom 07.11.2017 nach summarischer Prüfung keinen Bedenken, weil alles dafür spricht, dass der Antragsteller ausreisepflichtig ist. Gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ist ein Ausländer zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt. Wie sich aus den Ausführungen unter II.1. ergibt, bedarf der Antragsteller für seinen geplanten längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels in Gestalt eines nationalen Visums gemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1, § 6 Abs. 3 AufenthG. Da er kein entsprechendes Visum besitzt, ist er gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig.
3. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Feststellung, dass der Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen hat (Ziffer 1 des Bescheides vom 07.11.2017), ist jedenfalls unbegründet, weil nach summarischer Prüfung an der Rechtmäßigkeit dieser Feststellung keine ernstlichen Zweifel bestehen. Da der Antragsteller gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG zur Ausreise verpflichtet ist, hat er gemäß § 50 Abs. 2 AufenthG das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen. Die entsprechende Konkretisierung der in Ziffer 1 des Bescheides vom 07.11.2017 getroffenen Feststellung ergibt sich aus Ziffer 3. Vollziehbar ist die Ausreisepflicht des Antragstellers gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, weil er ohne den erforderlichen Aufenthaltstitel und damit gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG unerlaubt eingereist ist.
4. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die befristete Untersagung der Wiedereinreise (Ziffer 4 des Bescheides vom 07.11.2017) ist unzulässig, auch wenn man diesen Verwaltungsakt als Befristung gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG versteht. In diesem Fall ist in der Hauptsache die Verpflichtungsklage statthaft, und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ergibt – wie im Falle der Ablehnung eines Aufenthaltserlaubnisantrages ohne Fiktionswirkung – keinen Sinn.
5. Nach alledem wird der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Antragsteller als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens trägt, abgelehnt.
6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG (halber Auffangstreitwert).


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