Verwaltungsrecht

Erfolgloser Zweitantrag nach abgeschlossenem Asylverfahren in Dänemark

Aktenzeichen  Au 7 S 17.35239

Datum:
4.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 264
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 26a Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1, Abs. 4 S. 1, § 71a Abs. 1, Abs. 4
GG Art. 16a Abs. 2 S. 1
Dublin III-VO Art. 23 Abs. 2, Art. 34
VwVfG § 51 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge der aktuelle Stand eines Asylverfahrens eines Antragstellers in einem anderen Mitgliedstaat, der sicherer Drittstaat ist, nicht bekannt, so muss es diesbezüglich zunächst weitere Ermittlungen anstellen, wobei stets die Informationen zum Verfahrensstand und zum Tenor einer ggf. getroffenen Entscheidung erforderlich sind. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Androhung seiner Abschiebung nach Nigeria.
1. Der Antragsteller, der keine Ausweisdokumente vorlegte, meldete sich am 18. August 2015 in * als Asylsuchender. Er gab an, er sei am * 1987 in, Sudan, geboren, christlicher Religionszugehörigkeit, verheiratet und spreche die Sprachen Englisch und Swahili.
Am 9. Dezember 2015 stellte der Antragsteller beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag.
In der sog. Dublin – Erstbefragung (Persönliches Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens – Erstbefragung, Bl. 18 bis 21 der Bundesamtsakte) am 9. Dezember 2015 gab er u.a. an, er habe sein Herkunftsland 1996 verlassen, habe sich dann 10 Jahre in Südafrika aufgehalten, ein Jahr im Senegal und drei Wochen in Mauretanien. Im Jahr 2007 sei er in Spanien eingereist und dort mehr als drei Jahre geblieben. Dann sei er vier bis fünf Jahre in Dänemark gewesen (Haft). In Deutschland sei er am 28. August 2015 eingereist. Ca. 2007 habe er in Spanien internationalen Schutz beantragt. In Spanien und Dänemark seien ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden (ca. 2007 und 2010).
Aus dem INPOL-Ausdruck (Personen-Kurzauskunft) vom 10. Dezember 2015 (Bl. 37/38 der Bundesamtsakte) geht hervor, dass der Antragsteller unter folgenden Alias-Personalien geführt wird:
1. Datum ed-Behandlung 4. Januar 2013:, geboren * 1987, Staatsangehörigkeit: Nigerianisch, Geburtsland: Nigeria,
2. Datum ed-Behandlung 9. Dezember 2015:, geboren * 1987, Staatsangehörigkeit: Sudanesisch, Geburtsland: Botsuana.
Im Aktenvermerk des Bundesamts vom 23. Februar 2016 (Bl. 36 der Bundesamtsakte) ist vermerkt, dass die Frist für eine Wiederaufnahmeersuchen gemäß Art. 23 Abs. 2 bzw. Art. 24 Abs. 2 Dublin III-VO abgelaufen und die Zuständigkeit daher auf Deutschland übergegangen sei.
In der Anhörung gemäß § 25 AsylG am 24. April 2017 (Bl. 51 – 61 der Bundesamtsakte) gab der Antragsteller u.a. an, sein Geburtsland sei Sudan, seine Volkszugehörigkeit Dinka. Personalpapiere könne er nicht vorlegen, da er mit sechs Jahren den Sudan verlassen habe. Bis zur Ausreise aus dem Sudan im Jahr 1993 habe er sich in der Stadt * aufgehalten. Er sei durch die Länder Südafrika, Mali, Senegal, Mauretanien, Spanien, Dänemark, Schweden, Deutschland gereist. Er sei in Dänemark registriert worden. Einen Asylantrag habe er nicht gestellt. Auf Vorhalt, dass er in Dänemark doch einen Asylantrag gestellt habe, gab der Antragsteller an, er sei, aus Spanien kommend auf dem Weg zu seinem kürzlich geborenen Sohn gewesen, als er in Dänemark aufgegriffen und gezwungen worden sei, einen Asylantrag zu stellen. Hierzu ist im Bundesamtsprotokoll vermerkt, dass die Registrierung in Dänemark am 2. März 2012 erfolgt sei. Auf weitere Fragen hierzu gab der Antragsteller u.a. an, wie über seinen Asylantrag in Dänemark entschieden worden sei, wisse er nicht. Er sei inhaftiert worden und hätte nach Afrika abgeschoben werden sollen. Er sei 2007 in Spanien eingereist und habe sich dort sieben Jahre aufgehalten. In Dänemark sei er etwa zwei Jahre gewesen. In Spanien habe er als Erntehelfer gearbeitet und eine sog. „Yellow Card“ gehabt. Als sein Sohn geboren worden sei, sei er auf dem Weg nach Schweden gewesen und sei in Dänemark aufgegriffen worden. In Dänemark sei er die ganze Zeit im Gefängnis gewesen. Während der Haft habe er arbeiten dürfen und viel Geld angespart. Die Polizei habe ihm gesagt, sie könnten ihn nicht nach Afrika abschieben. Sie hätten ihn freigelassen und ihm nicht mal Papiere gegeben.
Sein Vater * sei verstorben, seine Mutter * lebe in Großbritannien.
Zu den Gründen für seinen Asylantrag trug der Antragsteller u.a. Folgendes vor:
Nachdem sein Vater, ein Prediger, im Sudan getötet worden sei und auch er entführt werden sollte, sei seine Mutter mit ihm nach Nigeria gereist, wo sie 1993 angekommen wären. Zunächst seien sie in * gewesen und später nach * gegangen. Dort habe seine Mutter einen anderen Mann kennengelernt, sei mit diesem nach London geflogen und habe ihn verlassen. Danach sei er nach * gereist. Er habe einen Mann namens * kennengelernt, der ihm gesagt habe, er würde für die Regierung in * arbeiten. Sie würden am Marktplatz Steuern eintreiben. Er sollte Mitglied dieser Gruppe werden. Er sei zu einem Platz gebracht worden, wo es sog. „Politik-Vampire“, die Ogboni Gruppe gegeben habe. Sie hätten angegeben, sie würden ein Baby opfern und dessen Blut trinken. Er habe nicht mehr „nein“ sagen können und jeder habe dieses Blut getrunken. Er habe 15 Personen mitbringen sollen, die anschließend geopfert werden sollten. Die PDP-Partei habe sie mit Waffen ausgestattet, um Mitglieder der SDP umzubringen. Er habe gesagt, dass er sie nicht umbringen könne. Sie seien insgesamt 15 Personen gewesen, die diesen Orden verweigert hätten. Sieben seien zur Polizei gegangen und im *- Gefängnis inhaftiert worden. Er sei zweieinhalb Jahre im *- Gefängnis inhaftiert gewesen. * habe ihn im Gefängnis besucht und ihn an beiden Beinen markiert. Der einzige Weg, aus dem Gefängnis freigelassen zu werden, wäre gewesen, die 15 Personen zu besorgen. Als er freigekommen sei, sei er aus Nigeria ausgereist.
Auf Nachfragen gab der Antragsteller an, er könne nicht Arabisch sprechen. Die Sprache Swahili habe er in Südafrika gelernt. Zu dem Vorhalt, dass die Namen seiner Eltern nicht sudanesischen Ursprungs seien, konnte der Antragsteller keine erhellende Erklärung abgeben.
Auf Nachfrage, wann sich die Angelegenheit mit der PDP-Partei und der SDP-Partei abgespielt habe, trug er vor, es sei im Jahr 1999 bis 2000 gewesen, bevor er ausgereist sei. Im weiteren Verlauf der Anhörung gab er an, er sei von 2003 bis 2005 in Nigeria inhaftiert gewesen. Er habe für diese Leute sieben Jahre gearbeitet und Nigeria 2006 verlassen.
Zudem trug der Antragsteller vor, er habe in Deutschland den Sohn * (geboren am * 2011 in Schweden) und die Tochter * (geboren am * 2015 in Italien). Das Asylverfahren der Kinder wird beim Bundesamt unter den Az. * (*) und Az. * (*) geführt. Die Mutter seiner Kinder habe er in Schweden kennengelernt. Sie seien nicht mehr zusammen. Die Tochter * habe er in Dänemark gezeugt, als deren Mutter ihn dort im Gefängnis besucht habe.
Auf das Informationsersuchen der Antragsgegnerin vom 16. Mai 2017 teilten die dänischen Behörden mit Schreiben vom 30. Mai 2017 (Bl. 87 der Bundesamtsakte) u.a. mit, dass der Antragsteller in Dänemark als nigerianischer Staatsangehöriger,, geboren * 1987, bekannt sei. Diese Person sei in Dänemark am 4. Februar 2012 angekommen und habe am 2. März 2012 einen Asylantrag gestellt. Das Asylgesuch sei in der Sache geprüft und am 14. Juni 2012 abgelehnt worden. Das Asylgesuch sei endgültig am 18. Dezember 2012 abgelehnt worden. Der Antragsteller sei seit 2012 mehrmals als untergetaucht registriert worden. Seit seinem Verschwinden am 13 Juli 2015 sei der Antragsteller nicht mehr in Kontakt mit den dänischen Behörden gestanden.
2. Mit Bescheid vom 6. November 2017, der der Bevollmächtigten des Antragstellers laut Postzustellungsurkunde am 9. November 2017 zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids). Es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Sollte er diese Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Nigeria oder in einen anderen Staat abgeschoben, in den er einreisen dürfe oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 36 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Zur Begründung führte das Bundesamt u.a. aus, der Antragsteller sei in Deutschland am 3. Januar 2013 als nigerianischer Asylsuchender aus Dänemark erfasst worden. Das Amtsgericht * habe Sicherungshaft angeordnet. Nachdem Dänemark der Übernahme des Antragstellers mit Schreiben vom 14. März 2013 zugestimmt habe, sei der Antragsteller am 29. Januar 2013 nach Dänemark überstellt worden. Die dänischen Behörden hätten mit Schreiben vom 30. Mai 2017 mitgeteilt, dass der Asylantrag des Antragstellers, der dort angegeben habe, nigerianischer Staatsangehöriger zu sein, am 18. Dezember 2012 endgültig abgelehnt worden sei.
Da der Antragsteller bereits in einem sicheren Drittstaat ein Asylverfahren erfolglos betrieben habe, handle es sich bei dem erneuten Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland um einen Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG.
Der Asylantrag sei unzulässig, da die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nicht vorlägen. Die vom Antragteller in der Anhörung am 24. April 2017 angegebenen Gründe stellen keine Änderung der Sachlage dar. Seinen Angaben, er habe die sudanesische Staatsangehörigkeit, könne kein Glauben geschenkt werden. Die in der Anhörung am 24. April 2017 angegebenen Gründe seien entstanden, bevor er nach Europa eingereist sei. In Spanien habe er keinen Asylantrag gestellt und dadurch gezeigt, dass es ihm nicht darum gegangen sei, in Europa Schutz zu erhalten. Seine Gründe hätte er bereits in Dänemark angeben können und auch müssen.
Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor. Seinen Angaben, er müsse bei einer jetzigen Rückkehr nach Nigeria befürchten, getötet zu werden, könne kein Glauben geschenkt werden. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass ihm bei einer Rückkehr nach Nigeria Folter oder relevante unmenschliche Behandlung oder Bestrafung drohen würde. Dem Antragsteller drohe auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde.
3. Am 12. November 2017 wurde hiergegen Klage erhoben mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheids und der Verpflichtung der Antragsgegnerin, festzustellen, dass der Antragsteller asylberechtigt sei, die Flüchtlingseigenschaft bei ihm vorliege, der subsidiäre Schutzstatus bei ihm vorliege bzw. Abschiebungsverbote bei ihm vorliegen.
Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen.
Der Antragsteller sei nigerianischer Staatsangehöriger. Er habe den Sudan bzw. Nigeria verlassen müssen, da er Mitglied in einer Kuoni-Gruppe werden sollte, wobei er das Blut eines Babys hätte trinken sollen. Dies habe der Antragsteller abgelehnt. Ferner sollte er für die PDP-Partei politische Auftragsmorde begehen, was er ebenfalls abgelehnt habe. Da seine Mutter Nigeria mit einem anderen Mann verlassen habe, sei er ohne weitere Kontakte in Nigeria gewesen, so dass er das Land verlassen habe.
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2017 legte der (neue) Bevollmächtigte des Antragstellers die Urkunde über die Anerkennung der Vaterschaft und Zustimmungserklärung vom 7. Juni 2017 vor, laut der der Antragsteller (mit Zustimmung der Mutter *) anerkennt, der Vater des Kindes * (geb. * 2011 in …Schweden) zu sein.
4. Für die Antragsgegnerin legte das Bundesamt die Behördenakten vor, äußerte sich sonst jedoch nicht.
5. Der Asylantrag (Zweitantrag) der Frau * (Mutter der Kinder, * und *) wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 7. November 2017 (Gz.: *) als unzulässig abgelehnt. Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint und ihr wurde die Abschiebung nach Nigeria angedroht. Die gegen diesen Bescheid am 12. November 2017 erhobene Klage, über die noch nicht entscheiden wurde, wird unter dem Az.: Au 7 K 17.35235 geführt. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (§ 80 Abs. 5 VwGO) wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. November 2017 (Az.: Au 7 S. 17.35237) abgelehnt.
Der Asylantrag des Kindes * und seines Bruders * wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 8. November 2017 (Gz.: *) abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint und ihnen wurde die Abschiebung nach Nigeria angedroht. Die gegen diesen Bescheid am 12. November 2017 erhobene Klage, über die noch nicht entscheiden wurde, wird unter dem Az.: Au 7 K 17.35242 geführt.
Der Asylantrag des Kindes * wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 7. November 2017 (Gz.: *) abgelehnt, die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus wurden nicht zuerkannt. Das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde verneint und ihr wurde die Abschiebung nach Nigeria angedroht. Die gegen diesen Bescheid am 12. November 2017 erhobene Klage, über die noch nicht entschieden wurde, wird unter dem Az.: Au 7 K 17.35240 geführt.
6. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten, auch im Verfahren der Kinder, * und * und deren Mutter, Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gerichtete Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung (vgl. § 71a Abs. 4 i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG) ist zulässig, insbesondere ist er fristgerecht erhoben.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.
Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. November 2017, auf den im Sinne von § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.
Nach dem gemäß § 71a Abs. 4 AsylG anwendbaren Prüfungsmaßstab des § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, wobei Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, unberücksichtigt bleiben, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Abschiebungsandrohung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Nr. 1 des angefochtenen Bescheids; der Asylantrag des Antragstellers vom 9. Dezember 2015 ist als Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylG zu werten, ein Asylverfahren ist jedoch nicht durchzuführen, da die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens gemäß § 71a Abs. 1 AsylG, § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) nicht vorliegen.
Nach § 71a AsylG ist im Falle eines Zweitantrags ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Antragsgegnerin für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Ein Zweitantrag liegt vor, wenn der Ausländer nach erfolglosem Abschluss eines Asylverfahrens in einem sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a AsylG und § 71a Abs. 1 AsylG im Bundesgebiet einen Asylantrag stellt.
Die Antragsgegnerin ist auf Grund des Fristablaufs gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO für die Prüfung des Antrags zuständig geworden; das wurde von den Behörden der Antragsgegnerin auch erkannt (siehe Aktenvermerk vom 23.2.2016, Bl. 36 der Bundesamtsakte).
Auch die für die Annahme eines Zweitantrags notwendige Voraussetzung, dass das Asylverfahren im sicheren Drittstaat, um den es sich bei Dänemark zweifelsohne handelt (vgl. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes, § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG), erfolglos abgeschlossen wurde, ist gegeben.
Ein erfolgloser Abschluss des in einem anderen Mitgliedstaat betriebenen Asylverfahrens setzt voraus, dass der Asylantrag entweder unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nach Rücknahme des Asylantrags bzw. dieser gleichgestellten Verhaltensweisen endgültig – d.h. ohne die Möglichkeit einer Wiederaufnahme auf Antrag des Asylbewerbers – eingestellt worden ist (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4/16 – juris Rn. 30 ff.). Maßgeblich für die entsprechende Beurteilung ist die Rechtslage in dem betreffenden Mitgliedstaat (BVerwG, U.v. 14.12.2016 a.a.O. – juris Rn. 33 ff.). Diese Voraussetzungen müssen feststehen – bloße Mutmaßungen genügen nicht (Bruns in: Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 71a AsylG Rn. 9). Ist dem Bundesamt der aktuelle Stand des Verfahrens in dem anderen Mitgliedstaat nicht bekannt, muss es diesbezüglich zunächst weitere Ermittlungen anstellen, insbesondere im Rahmen der für den Informationsaustausch vorgesehenen sog. Info– Request (vgl. Art. 34 Dublin III –VO; BayVGH, U.v. 13.10.2016 – 20 B 14.30212 – juris Rn. 39 ff.; U.v. 13.10.2016 – 20 B 15.30008 – juris Rn. 42 ff.). Erforderlich sind danach stets die Informationen zum Verfahrensstand und zum Tenor einer ggfs. getroffenen Entscheidung in dem Mitgliedstaat (vgl. Art. 34 Abs. 2 Buchst. g Dublin– III –VO).
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung des Asylantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG liegen hier vor. Die Antragsgegnerin geht im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht davon aus, dass aus dem Schreiben der dänischen Behörden vom 30. Mai 2017 hervorgeht, dass das Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz in Dänemark erfolglos abgeschlossen ist. Aus diesem Schreiben, auf das Bezug genommen wird (Bl. 87 der Bundesamtsakte), geht eindeutig hervor, dass über den Asylantrag des Antragstellers unanfechtbar entschieden wurde. In dem Schreiben wird nicht nur der gestellte Asylantrag in Bezug genommen („the above mentioned person…applied for asylum on 02 March 2012“), sondern auch dessen Ablehnung („The asylum application of the applicant was examined on its merits and rejected on 14 june 2012. The asylum application was definitvely rejected on 18 December 2012“). Damit steht fest, dass das Asylverfahren des Antragstellers in Dänemark erfolglos abgeschlossen ist. Weder hat der Antragsteller irgendetwas vorgetragen, was diese Feststellung in Zweifel ziehen könnte, noch ist sonst irgendetwas ersichtlich, warum die Mitteilung der dänischen Behörden nicht zutreffen sollte.
Das Bundesamt geht auch zu Recht davon aus, dass gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist.
Nach diesen Vorschriften liegen Wiederaufgreifensgründe nur vor, wenn sich die dem Verwaltungsakt zu Grunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zu Gunsten des Betroffenen geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG), Wiederaufgreifensgründe entsprechend der Zivilprozessordnung vorliegen (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG) und der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren geltend zu machen (§ 51 Abs. 2 VwVfG).
Ein Wiederaufgreifen nach diesen Vorschriften kommt im Falle des Antragstellers unter keinem Aspekt in Betracht. Es kann weder angenommen werden, dass sich die Sachlage nachträglich geändert hat. Denn der Antragsteller bezieht sich nur auf Vorkommnisse, die sich vor seiner jeweiligen Ausreise zum einen aus dem Sudan und zum anderen aus Nigeria dort angeblich zugetragen haben sollen. Noch liegen neue Beweismittel vor. Auch eine Änderung der Rechtslage zugunsten des Antragstellers ist nicht erkennbar.
Der Asylantrag wurde damit zu Recht als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG abgelehnt.
b) Auch die Entscheidung unter Nr. 2 des angegriffenen Bescheids unterliegt keinen Bedenken; auch insofern wird auf den Bescheid Bezug genommen, insbesondere auf Seite 6 (unter 2.) bis Seite 9.
c) Die Ausreisefrist von einer Woche ist ebenfalls rechtmäßig (§ 71 a Abs. 4, § 36 Abs. 1 AsylG).
Die Abschiebungsandrohung beruht auf § 71a Abs. 4, § 34 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen vorliegen.
Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots bestehen im maßgeblichen Zeitpunkt nicht (§ 11 Abs. 1 AufenthG).
3. Die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind * (geb.: * 2011 in …Schweden) durch den Antragsteller ist hier nicht relevant. Diese Fallgestaltung ist für die Feststellung, dass zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, unbeachtlich. Vielmehr bestünde, sollte das Kind * einen Aufenthaltstitel erhalten, ggf. ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das ggf. von der Ausländerbehörde zu berücksichtigen wäre. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass auch die Asylanträge von * und seinem Bruder * (geb.: * 2017 in *) durch den Bescheid des Bundesamtes vom 8. November 2017 (Gesch.Z.: *) abgelehnt wurden, ebenso wurde der Asylantrag des Kindes * mit Bescheid des Bundesamtes vom 7. November 2017 (Gesch.Z.: *) abgelehnt; über die dagegen erhobenen Klagen (Az. Au 7 K 17.35242 und Au 7 K 17.35240) wurde noch nicht entschieden. Die Mutter der o.g. Kinder, Frau, ist derzeit vollziehbar ausreisepflichtig, da ihr Asylzweitantrag mit Bescheid des Bundesamtes vom 7. November 2017 (Gesch.Z.: *) als unzulässig abgelehnt wurde und ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 28. November 2017 (Az.: Au 7 S. 17.35237) abgelehnt wurde.
Unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls war daher der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vor allem im Hinblick auf die fehlenden Erfolgsaussichten der Klage abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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