Verwaltungsrecht

Erkrankung des Rechtsanwalts ist grundsätzlich kein Wiedereinsetzungsgrund

Aktenzeichen  7 CE 16.10140

Datum:
11.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 60, § 146 Abs. 4 S. 1
ZPO ZPO § 85 Abs. 2

 

Leitsatz

Ein Rechtsanwalt muss organisatorische Vorkehrungen zur Wahrung von Fristen treffen; seine Erkrankung (hier Stirnhöhlen- bzw. Kiefernhöhlenentzündung) stellt daher grundsätzlich keinen Wiedereinsetzungsgrund dar (vgl. auch VGH München BeckRS 2015, 41046 Rn. 4; BeckRS 2013, 50085 Rn. 3). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 E 15.10266 2016-03-09 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I.
Die Beschwerde wird verworfen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die einstweilige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im 1. Fachsemester an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016, hilfsweise beschränkt auf den ersten Studienabschnitt. Das Verwaltungsgericht hat seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 9. März 2016, dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen am 19. April 2016 zugestellt, abgelehnt. Mit Schriftsatz vom 19. April 2016, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 20. April 2016, ließ der Antragsteller Beschwerde einlegen und am 19. Mai 2016 durch eine seinen Bevollmächtigten vertretende Anwältin unter Vorlage eines privatärztlichen Attests beantragen, die Beschwerdebegründungsfrist aufgrund der Erkrankung des Bevollmächtigten bis zum 27. Mai 2016 zu verlängern. Nach dem umgehenden Hinweis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, eine gesetzliche Frist könne nicht verlängert werden, begründete der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 26. Mai 2016, beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen am 10. Juni 2016, die eingelegte Beschwerde und beantragte gleichzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Aufgrund der Erkrankung, einer fieberhaften Sinusitis frontalis und maxillaris vom 19. Mai 2016 bis zum 26. Mai 2016 sei ihm die rechtzeitige Beauftragung eines Vertreters nicht möglich, im Übrigen die Fertigung einer Beschwerdebegründung durch einen Vertreter auch unmöglich, mindestens aber unzumutbar gewesen.
II. Die Beschwerde ist zu verwerfen, weil sie entgegen § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses des Verwaltungsgerichts begründet wurde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) war abzulehnen, weil die Fristversäumnis nicht unverschuldet war. Die von dem Bevollmächtigten des Antragstellers geltend gemachte Erkrankung (eine Stirnhöhlen- bzw. Kiefernhöhlenentzündung) stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund dar, weil für diesen Fall organisatorische Vorkehrungen zu treffen sind (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, B. v. 25.3.2013 – 5 ZB 13.340; B. v. 16.1.2015 – 7 ZB 14.2138 – juris, jeweils m. w. N.).
Vorliegend war der Bevollmächtigte des Antragstellers zu solchen organisatorischen Vorkehrungen nicht nur in der Lage, sondern hatte ersichtlich auch bis zu einem gewissen Umfang vorgesorgt: Denn am 19. Mai 2016, dem Tag des Ablaufs der Beschwerdebegründungsfrist, beantragte eine offenbar vertretungsberechtigte Rechtsanwältin die – indes nicht zulässige – Verlängerung dieser gesetzlichen Frist und legte eine Krankschreibung vor. Der jetzige Vortrag des Bevollmächtigten des Antragstellers, die rechtzeitige Beauftragung eines Vertreters bzw. einer Vertreterin sei ihm nicht möglich gewesen, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Angesichts dessen erschließt sich ebenso wenig, weshalb eine vertretungsweise Fertigung der fristgebundenen Beschwerdebegründung nicht möglich oder unzumutbar gewesen sein soll: Die entsprechenden Ausführungen erschöpfen sich in einer diesbezüglichen bloßen Behauptung, enthalten aber keine weitere Erläuterung oder nähere Substantiierung. Dem Bevollmächtigten hätte es oblegen, für eine ordnungsgemäße Vertretung, welche diese auch im rechtlich gebotenen Umfang wahrnimmt, zu sorgen. Da er das nicht getan hat, trägt er an der Fristversäumnis ein Verschulden, das sich der Antragsteller gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 9. März 2016 wird damit rechtskräftig.


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