Verwaltungsrecht

Erledigung der Verpflichtung zur Übermittlung einer Vorankündigung

Aktenzeichen  22 CS 19.1581

Datum:
26.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 33618
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BaustellV § 2 Abs. 2, Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1, S. 3, § 146 Abs. 4 S. 6, § 154 Abs. 2
LStVG Art. 9
GKG § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

Die Verpflichtung zur Übermittlung einer Vorankündigung nach § 2 BaustellV erledigt sich mit ihrer freiwilligen Erfüllung; für einen Eilantrag besteht deshalb kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 S 19.1001 2019-07-29 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen Anordnungen der Regierung von S* … auf Grundlage der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen – Baustellenverordnung (BaustellV).
Am 23. Mai 2019 besichtigte eine Mitarbeiterin der Regierung von S* … eine Baustelle auf dem Grundstück FlNr. 1427/13 der Gemarkung P* … Bei der Besichtigung des Grundstücks wurde u.a. festgestellt, dass die Baustelle bereits seit Wochen betrieben werde, eine Vorankündigung bisher nicht erfolgt sei, ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan nicht erarbeitet und ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator nicht bestellt worden seien.
Mit Bescheid vom 18. Juni 2019 ordnete die Regierung von S* … an, dass ihr für die Baumaßnahme unverzüglich, spätestens bis zum 5. Juli 2019, eine Vorankündigung zu übermitteln sei (Ziffer 1.1), dass für die Baumaßnahme unverzüglich, spätestens bis zum 8. Juli 2019, ein geeigneter Sicherheitskoordinator zu bestellen und der Regierung zu benennen sei (Ziffer 1.2) und dass für die Baumaßnahme unverzüglich, spätestens bis zum 15. Juli 2019, ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu erarbeiten und der Regierung zu übermitteln sei (Ziffer 1.3). Die sofortige Vollziehung der vorgenannten Verfügungen wurde angeordnet. Weiterhin werde ein Zwangsgeld fällig, falls die Verpflichtungen nicht oder nicht vollständig bis zu dem jeweils genannten Termin erfüllt würden, und zwar im Fall von Ziffer 1.1 in Höhe von 500 Euro, im Fall von Ziffer 1.2 und 1.3 in Höhe von jeweils 1.500 Euro.
Der Bescheid wurde damit begründet, dass der Anwendungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes und der Baustellenverordnung eröffnet sei, auch wenn der Antragsteller die Baustelle als Privatperson betreibe. Es genüge insoweit, dass überhaupt Beschäftigte auf der Baustelle tätig würden. Es seien mindestens zwei Fremdfirmen (Firmen S* … und S* …*) mit eigenen Angestellten auf der Baustelle tätig geworden. Nach § 2 BaustellV sei für jede Baustelle, bei der der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage oder 30 Arbeitstage mit mindestens 20 Beschäftigten überschreite, dem Gewerbeaufsichtsamt spätestens zwei Wochen vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung zu übermitteln. Die durchschnittlichen Kosten für ein Wohngebäude mit zwei Wohnungen hätten im Jahr 2017 379.000 Euro betragen. Auch wenn der Antragsteller einiges in Eigenregie erbringe und die Fremdkosten daher senke, änderten sich die formalen Baukosten nicht. Bei einer Baugenehmigungsgebühr von 679 Euro seien vom Landratsamt A* … Baukosten von mindestens 339.500 Euro angesetzt worden. Auf der Baustelle würden daher mehr als 500 Personenarbeitstage anfallen. Dabei würden 37% der Baukosten als Arbeitskosten veranschlagt, bei einem Stundenlohn von 28,20 Euro und einem Acht-Stunden-Tag. Bei der Ermittlung der voraussichtlichen Personenarbeitstage sei zwangsläufig auf pauschale Regelungen abzustellen, da die tatsächlichen Arbeitstage erst im Nachhinein ermittelt werden könnten.
Gemäß § 3 BaustellV seien für Baustellen, auf denen Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig würden, ein oder mehrere geeignete Koordinatoren nach RAB 30 zu bestellen. Der Koordinator habe den Bauherrn, die Planer und die ausführenden Baubetriebe hinsichtlich des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes auf der Baustelle zu beraten und zu unterstützen. Neben dem Antragsteller seien mindestens zwei weitere Firmen auf der Baustelle im Einsatz.
Zudem verlange § 2 BaustellV für Bauvorhaben, für die eine Vorankündigung erforderlich sei, die Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes. In diesem Plan seien die notwendigen Einrichtungen und Maßnahmen zur Erfüllung der Arbeitsschutzbestimmungen zeitlich und in ihrer Ausführung darzustellen. Der Plan sei vor Einrichtung der Baustelle zu erstellen.
Die Anordnungen seien nach pflichtgemäßem Ermessen zur Durchsetzung der Arbeitsschutzvorschriften erforderlich und geeignet. Es kämen weder weniger belastende, jedoch ebenso wirksame Maßnahmen in Betracht, noch führe die Entscheidung im Einzelfall zu einer unverhältnismäßigen Härte. Die Anordnungen hätten den Zweck, den Antragsteller zur Erfüllung einer unmittelbar kraft Rechtsnorm bestehenden Pflicht anzuhalten.
Die Anordnungen seien im öffentlichen Interesse für sofort vollziehbar erklärt worden. Sie dienten dem Gesundheitsschutz der auf der Baustelle Beschäftigten, weswegen sie grundsätzlich vor Einrichtung der Baustelle erfüllt sein müssten. Nur durch eine Vorankündigung sei es dem Gewerbeaufsichtsamt möglich, eine Baustelle vor Inbetriebnahme zu kontrollieren und auf Mängel hinzuweisen. Die Vorlage der Vorankündigung werde jedoch auch mit einer Baukontrolle durch das Gewerbeaufsichtsamt nicht obsolet, da dort weitere Angaben gemacht werden müssten, die sich auf der Baustelle vor Ort nicht erschlössen. Da die Vorankündigung von dem Bauherrn einfach zu erstellen sei, sei eine Frist von wenigen Tagen ausreichend. Auch bezüglich des Sicherheitskoordinators und der Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes sei ein längeres Zuwarten zum Schutz der Beschäftigten nicht duldbar, weswegen die Fristen bewusst kurz bemessen worden seien. Nach den Erfahrungen im Amt sei es möglich, innerhalb von zwei Wochen einen Sicherheitskoordinator zu bestellen und einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan zu erarbeiten.
Unter dem 5. Juli 2019 ließ der Antragsteller im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1.1 und 1.3 des Bescheides der Regierung von S* … vom 18. Juni 2019 wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragte, den Antrag abzulehnen.
Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2019, bei Gericht am selben Tag eingegangen, erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht A* … und beantragte, den Bescheid der Regierung von S* … vom 18. Juni 2019 hinsichtlich Ziffer 1.1 und 1.3 aufzuheben.
Mit Beschluss vom 29. Juli 2019 lehnte das Verwaltungsgericht A* … den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.
Der Antrag sei zulässig, aber nicht begründet. Der Antragsgegner habe die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Art und Weise begründet. Vor allem im Bereich des Sicherheitsrechts dürften die Anforderungen an die Begründung nach § 80 Abs. 3 VwGO nicht überspannt werden. Der Antragsgegner habe hier auf den konkreten Fall bezogene Ausführungen gemacht und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung vor allem mit dem Schutz der auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer begründet. Dies genüge dem formellen Begründungserfordernis.
Die in Nummer 1.1 und 1.3 des Bescheids vom 18. Juni 2019 getroffenen Anordnungen seien nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung rechtmäßig.
Das Bauvorhaben auf dem Grundstück FlNr. 1427/13 der Gemarkung P* … umfasse ausweislich der Aktenlage die Errichtung von zwei verbundenen Doppelhaushälften mit insgesamt vier Wohneinheiten. Da beide Doppelhaushälften im räumlichen Zusammenhang stünden, müssten sie als eine Baustelle im Sinne des § 1 Abs. 3 BaustellV betrachtet werden.
Bezüglich der Anordnung in Nummer 1.1 des Bescheids ergebe sich aus dessen Ausführungen, der von der Baugenehmigungsgebühr auf die Baukosten und daraus auf die Personenarbeitstage schließe, dass die Regierung von S* … die Anordnung auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 BaustellV gestützt habe. Dessen tatbestandliche Voraussetzungen seien auch erfüllt. Die persönliche Einschätzung des Bevollmächtigten des Antragstellers zum Stundenverrechnungssatz von 28,20 Euro sei nicht geeignet, die Berechnungsmethode des Gewerbeaufsichtsamtes insgesamt substantiiert in Zweifel zu ziehen. Im Bescheid werde ausführlich dargelegt, wie die Anzahl der Personenarbeitstage ermittelt worden sei. Als Ausgangspunkt seien anhand der Gebührenfestsetzung die Baukosten ermittelt worden. Dass das Gewerbeaufsichtsamt 37% der Baukosten als Arbeitslohnkosten angesetzt habe, entspreche dessen allgemeinen Erfahrungswerten und sei vom Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden. Das Gericht sehe sich nicht dazu veranlasst, den vom Gewerbeaufsichtsamt aus den Angaben des Jahrbuches 2018 des Statistischen Bundesamtes herangezogenen Stundenlohn anzuzweifeln. Selbst wenn man jedoch den vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgetragenen Stundenverrechnungssatz von 45,22 Euro heranziehen würde, wäre auch in diesem Fall die Grenze des § 2 Abs. 2 Nr. 2 BaustellV von 500 Personentagen überschritten. Denn der Bevollmächtigte des Antragstellers lege seiner Berechnung nur die Baukosten für ein Doppelhaus zugrunde. Da die Baustelle jedoch aus zwei Doppelhäusern bestehe, müssten die Baukosten für beide Doppelhäuser in die Berechnung mit einbezogen werden. Daher verdoppelten sich auch die vom Bevollmächtigten aufgeführten Personentage auf knapp 700. Im Ergebnis komme es deshalb nicht streitentscheidend darauf an, auf welchen Stundenverrechnungssatz abzustellen sei, da die Grenze von 500 Personentagen in jedem Fall überschritten werde. Der Antragsteller sei daher verpflichtet gewesen, eine Vorankündigung zu übermitteln.
Die Anordnung zur Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes beruhe auf § 2 Abs. 3 Satz 1 BaustellV. Dessen tatbestandliche Voraussetzungen seien erfüllt, da für die streitgegenständliche Baustelle nach den obigen Ausführungen eine Vorankündigung übermittelt werden müsse und ausweislich der Aktenlage zumindest Arbeiter von zwei Firmen und damit Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig seien.
Soweit § 22 Abs. 3 ArbSchG der Behörde ein Ermessen eröffne, § 2 BaustellV dagegen aber nicht als Ermessensvorschrift formuliert sei, habe der Antragsgegner erkannt, dass er eine Ermessensentscheidung zu treffen habe. Dies ergebe sich aus den Gründen des Bescheides. Im Hinblick darauf, dass die auf der Grundlage des § 2 BaustellV getroffenen Anordnungen der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz auf Baustellen dienten, könne bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen regelmäßig ermessensfehlerfrei eine solche Anordnung ergehen. Die Anforderungen an die Darlegung der Ermessenserwägungen der Behörde seien im Rahmen des intendierten Ermessens herabgesetzt.
Die Verpflichtungen nach § 2 Abs. 2 und 3 BaustellV seien grundsätzlich vor Errichtung der Baustelle zu erfüllen. Sie hätten sich jedoch auch nach Beginn der Bauarbeiten nicht erledigt, sondern bestünden weiterhin. Sie könnten ihren Zweck auch in Zukunft erfüllen, indem sie dem Gewerbeaufsichtsamt die Überwachung der Baustelle erleichterten.
Der Antragsgegner habe auch in nicht zu beanstandender Weise den Antragsteller als Adressat der Anordnungen herangezogen. Dabei sei mangels spezialgesetzlicher Regelungen auf Art. 9 LStVG zurückzugreifen, der zwischen dem Handlungsstörer und dem Zustandsstörer unterscheide. Der Antragsteller, der nach eigenen Angaben Bauherr und Eigentümer des Grundstücks sei, könne sowohl als Handlungsstörer als auch als Zustandsstörer herangezogen werden. Ermessenserwägungen zu der Frage, ob er im konkreten Fall als Handlungsstörer oder als Zustandsstörer in Anspruch genommen werde, seien entbehrlich.
Nach Angaben des Antragstellers übermittelte ein von ihm beauftragter Sicherheits- und Gesundheitskoordinator am 9. August 2019 der Regierung von S* … eine Vorankündigung für die Baumaßnahme gemäß Ziffer 1.1 des Bescheids vom 18. Juni 2019. Für die Beauftragung des Koordinators wandte der Antragsteller nach seinem Vortrag und einer vorgelegten Unterlage 1.071 Euro auf. Das darin aufgeführte Angebot, das vom Antragsteller offenbar angenommen wurde, beinhaltet nach dortigen Angaben die Erstellung der Vorankündigung, die Erstellung des Sicherheits- und Gesundheitsplanes, eine monatliche Begehung sowie die Erstellung der Unterlage für Arbeiten nach RAB 32.
Der Antragsteller legte Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2019 ein. Der Antragsgegner beantragte die Zurückweisung der Beschwerde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts A* … vom 29. Juli 2019 bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe rechtfertigen keine Abweichung von der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Der Antragsteller beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1.1 und 1.3 des Bescheids der Regierung von S* … vom 18. Juni 2019 wiederherzustellen. Zudem beantragt er, die Aufhebung der Vollziehung von Ziffer 1.1 des Bescheids anzuordnen sowie den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller 1.071 Euro zu erstatten.
1. Soweit der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1.1 des streitgegenständlichen Bescheids wiederherzustellen und insoweit gemäß § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen sowie ihm Kosten zu erstatten, ist der Antrag unzulässig und die Beschwerde unbegründet, weil sich die Anordnung in Ziffer 1.1 des Bescheids durch die Übermittlung der Vorankündigung an die Regierung von S* … am 9. August 2019 erledigt hat.
Der Antragsteller führt im Einzelnen aus, aus welchen Gründen er nach seiner Auffassung nicht zur Übermittlung der Vorankündigung an die Regierung von S* … verpflichtet war, so dass die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen sei. Für den Bau des Hauses fielen entgegen der Einschätzung der Regierung weniger als 500 Personenarbeitstage an. Die Behörde könne sich nicht auf einen nicht näher bezeichneten Erfahrungswert von 37% der Baukosten als Lohnkosten verlassen. Zudem sei der angesetzte Stundenlohn zu niedrig. Auch hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Antragsteller auf der Baustelle erhebliche Eigenleistungen erbringe; diese seien nicht in die Berechnung der Personenarbeitstage einzubeziehen. Darin, dass die Regierung dies nicht berücksichtigt habe, liege auch ein Ermessensfehler. Zu seinem Antrag auf Aufhebung der Vollziehung trägt der Antragsteller vor, Vollziehung meine auch die freiwillige Befolgung eines Verwaltungsakts. Er habe wegen der drohenden Vollstreckung des Zwangsgeldes einen Sicherheitskoordinator bestellt, der die Vorankündigung gemäß Ziffer 1.1 des Bescheids der Regierung von S* … übermittelt habe. Soweit der Antragsgegner meine, das Rechtsschutzbedürfnis sei entfallen, treffe dies nicht zu, da die Rückgängigmachung der Vollziehung in Betracht komme. Dies ergebe sich aus zwei obergerichtlichen Entscheidungen (VGH BW, B.v. 1.10.1993 – 8 S 901/93 – NVwZ-RR 1994, 313; BayVGH, B.v. 25.8.1989 – 23 CS 89.02090 u.a. – NVwZ-RR 1990, 328). Die Restitution im Wege der Folgenbeseitigung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO könne auch in einer Geldzahlung bestehen, wenn sich die rechtswidrigen Folgen in einem Geldverlust manifestierten. Der Antragsteller habe für die Bestellung des Sicherheitskoordinators Kosten in Höhe von 1071 Euro aufgewandt.
1.1 Von der Erledigung eines Verwaltungsakts ist auszugehen, wenn die von ihm ausgehende beschwerende Regelung oder seine Regelungswirkung weggefallen ist (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 100; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 113 Rn. 247). Im Fall der Vollziehung eines Verwaltungsakts wird Erledigung angenommen, wenn die Vollziehung nicht mehr rückgängig zu machen ist (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 113 Rn. 103). Keine Erledigung tritt demgegenüber ein, wenn und solange eine Rückgängigmachung der Vollziehung in Betracht kommt (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris Rn. 33; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 113 Rn. 104). Unter den Begriff der Vollziehung ist dabei auch die freiwillige Befolgung einer Handlungspflicht zu fassen (s. zu § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO BayVGH, B.v. 1.3.1993 – 20 CS 92.2386 – juris Rn. 28; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 116).
Entgegen der Annahme des Antragstellers kommt eine Rückgängigmachung der Vollziehung in der vorliegenden Konstellation nicht in Betracht. Aus § 2 BaustellV folgt, dass sich die Pflicht zur Übermittlung einer Vorankündigung mit ihrer Erfüllung erledigt. Nach der Übermittlung der Vorankündigung gehen davon keine weiteren Rechtswirkungen aus.
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BaustellV ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen hinsichtlich der auf der Baustelle Beschäftigten der zuständigen Behörde spätestens zwei Wochen vor Einrichtung der Baustelle eine Vorankündigung zu übermitteln, die mindestens die Angaben nach Anhang 1 der BaustellV enthält. Mit der Vorankündigung wird bei der Behörde lediglich aktenkundig, dass nach Einschätzung des Bauherrn die voraussichtliche Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf der Baustelle mehr als 20 Beschäftigte gleichzeitig tätig werden oder der Umfang der Arbeiten voraussichtlich 500 Personentage überschreitet. In beiden Fällen handelt es sich um eine vorläufige Einschätzung des Bauherrn; ob diese Umstände später so eintreten, bleibt jeweils abzuwarten.
Über dieses faktische Inkenntnissetzen der Behörde hinaus sind an die Übermittlung der Vorankündigung keine Rechtswirkungen geknüpft, die durch eine Aufhebung der Vollziehung rückgängig gemacht werden könnten. Zwar sieht § 2 Abs. 3 Satz 1 BaustellV vor, dass bei Bestehen der Pflicht zur Übermittlung der Vorankündigung unter der zusätzlichen Voraussetzung, dass auf der Baustelle Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, vor Einrichtung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan erstellt werden muss. Diese Verpflichtung hängt aber nicht davon ab, ob tatsächlich eine Vorankündigung übermittelt wird, sondern die Norm stellt darauf ab, dass nach § 2 Abs. 2 Satz 1 BaustellV eine Verpflichtung zur Übermittlung einer Vorankündigung besteht. Der tatsächlichen Übermittlung der Vorankündigung kommt insoweit mithin keinerlei Rechtswirkung zu; die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Erstellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes sind vielmehr unabhängig davon zu prüfen. Auch darüber hinaus bietet die Baustellenverordnung keine Anhaltspunkte dafür, dass mit der Übermittlung der Vorankündigung weitergehende Rechtswirkungen verbunden wären, die einer Rückgängigmachung zugänglich wären.
Aus den vom Antragsteller zitierten obergerichtlichen Entscheidungen folgt nichts Anderes. Sie befassen sich zwar mit § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO, jedoch bezogen auf gänzlich andere Konstellationen. Sie treffen keine Aussage dazu, ob die Übermittlung einer Vorankündigung nach § 2 Abs. 2 BauStellV der Aufhebung der Vollziehung zugänglich ist.
1.2 Ausgehend von der Erledigung der Anordnung in Ziffer 1.1 des Bescheids mangelt es dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO am Rechtsschutzbedürfnis, so dass er im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 80 Rn. 147) unzulässig ist; die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wäre bei dem hier bereits vollzogenen Verwaltungsakt, dessen Vollzug einer Rückgängigmachung nicht zugänglich ist, für den Antragsteller nutzlos (vgl. zum Rechtsschutzbedürfnis beim Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 83; Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juli 2019, § 80 Rn. 492). Der Antrag auf Anordnung der Aufhebung der Vollziehung nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO ist ebenfalls unzulässig, da sich, wie oben ausgeführt, der gegenständliche Verwaltungsakt erledigt hat (vgl. zur Unzulässigkeit in diesem Fall Puttler, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 163). Für den Antrag auf Kostenerstattung, der sich als Annex dazu darstellt, gilt das Gleiche. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Kostenerstattung als Vollzugsfolgenbeseitigung in der vorliegenden Konstellation überhaupt in Betracht käme. Vollzogen wurde hier die Pflicht zur Übermittlung einer Vorankündigung, nicht eine Zahlungspflicht. Im Übrigen scheidet eine Kostenerstattung für Leistungen, die über die Erstellung und Übermittlung der Vorankündigung hinausgehen, auf diesem Weg von vornherein aus.
2. Soweit der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen Ziffer 1.3 des Bescheides beantragt, führt sein Vorbringen ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde.
2.1 Der Antragsteller rügt, die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügenden Weise begründet worden. Auch im Sicherheitsrecht bedürfe es mehr als der Feststellung, die Anordnungen dienten dem Gesundheitsschutz, denn dies gebe lediglich den Wortlaut der Baustellenverordnung wieder. Es werde nicht berücksichtigt, dass der Bauherr und Antragsteller erhebliche Eigenleistungen auf der Baustelle erbringe.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Beschluss demgegenüber zu Recht darauf abgestellt, dass die Vollziehungsanordnung grundsätzlich mit einer auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nicht formelhaften Begründung des öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung zu versehen ist, die den Betroffenen in die Lage versetzen soll, durch Kenntnis der Gründe, die die Behörde zur Vollziehungsanordnung veranlasst haben, seine Rechte wirksam wahrzunehmen. Gleichzeitig dürften die Anforderungen an eine Begründung im Sinne von § 80 Abs. 3 VwGO, vor allem im Bereich des Sicherheitsrechts, nicht überspannt werden. Das Erstgericht hat zutreffend angenommen, dass diesen Anforderungen hier genügt wurde. Aus der Begründung der Sofortvollzugsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid geht hervor, dass die Anordnungen dem Gesundheitsschutz der auf der Baustelle Beschäftigten dienen, weswegen sie grundsätzlich vor Einrichtung der Baustelle erfüllt sein müssten. Zum Schutz der Beschäftigten sei ein längeres Zuwarten nicht duldbar, so dass die Fristen zur Erfüllung der Verpflichtungen bewusst kurz bemessen worden seien. Aus der Begründung wird erkennbar, dass auf Grund der Tatsache, dass die Baustelle bereits betrieben wurde, eine besondere Eilbedürftigkeit vorlag. Dies wird verstärkt durch den hohen Rang des Rechtsguts, auf dessen Schutz die Anordnung zielt, nämlich die Gesundheit der auf der Baustelle Beschäftigten. Soweit der Antragsteller rügt, seine Eigenleistung sei in der Begründung des Sofortvollzugs nicht berücksichtigt worden, kann dies allenfalls ein Kriterium für die materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts sein, nicht aber Voraussetzung für eine hinreichende Begründung der Sofortvollzugsanordnung.
2.2 Mit seinem Vorbringen zur materiellen Rechtmäßigkeit von Ziffer 1.3 des Bescheids kann der Antragsteller ebenfalls nicht durchdringen.
Er trägt unter Bezugnahme auf seine Ausführungen zu Ziffer 1.1 des Bescheids vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Pflicht zur Übermittlung einer Vorankündigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BaustellV bestanden habe. Der Tatbestand des § 3 Abs. 3 Satz 1 BaustellV (gemeint wohl: § 2 Abs. 3 Satz 1 BaustellV) liege daher nicht vor; zudem habe die Behörde ermessensfehlerhaft gehandelt, weil sie die vom Antragsteller erbrachten Eigenleistungen auf der Baustelle nicht berücksichtigt habe. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Bezug auf Ziffer 1.3 des Bescheids stelle sich auch nicht deswegen als richtig dar, weil besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II der BaustellV ausgeführt würden (§ 2 Abs. 3 BaustellV). Arbeiten, bei denen die Beschäftigten der Gefahr des Absturzes aus einer Höhe von mehr als 7 m ausgesetzt seien, würden nicht ausgeführt. Das Bauvorhaben sei nämlich mit Zeltdächern geplant, d.h. auf allen Gebäudeseiten befände sich ein Dach mit Dachhaut; Giebelseiten seien nicht vorgesehen. Ein Gerüst könne daher maximal bis zur Traufhöhe errichtet werden. Auch wenn Arbeiten auf dem Dach ausgeführt würden, könne ein Sturz begriffsnotwendig erst ab der Traufhöhe beginnen, da erst von dort ein Fall bis zum Boden möglich sei. Die Traufhöhe betrage vorliegend jedoch 5,99 m. Soweit der Antragsgegner auf eine Entscheidung des OLG Zweibrücken (B.v. 12.6.2001 – 1 Ss 117/01 – juris Rn. 12) Bezug nehme, habe sich diese auf ein Dach mit Giebeln bezogen, das das Vorhaben des Antragstellers gerade nicht aufweise. Die Entscheidung stelle auch nicht wie die Regierung von S* … ausdrücklich auf die Firsthöhe ab.
Eine Abweichung von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist deshalb nicht geboten, weil der Vortrag des Antragstellers nicht erkennen lässt, dass hier nicht jedenfalls die zweite Alternative des § 2 Abs. 3 Satz 1 BaustellV vorliegt; darin kann die auf § 22 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 ArbSchG gestützte behördliche Anordnung ihre Rechtfertigung finden. Es werden auf einer Baustelle, auf der Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber tätig werden, besonders gefährliche Arbeiten nach Anhang II der BaustellV ausgeführt.
Zu den besonders gefährlichen Arbeiten nach Anhang II der BaustellV gehören nach Nr. 1 des Anhangs II Arbeiten, bei denen Beschäftigte der Gefahr des Absturzes aus einer Höhe von mehr als 7 m ausgesetzt sind. Die maximale Dachhöhe einer der beiden geplanten Doppelhaushälften beträgt unstreitig 7,39 m; die Traufhöhe beträgt überall 5,99 m. Die Auffassung des Antragstellers, ein Absturz sei hier erst ab der Traufhöhe von 5,99 m möglich, da das Haus keinen Giebel, sondern ein Zeltdach besitze, kann nicht überzeugen. Zum einen kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die Höhe etwa zu errichtender Gerüste an, da gerade Dachdecker erfahrungsgemäß auch außerhalb der Gerüste arbeiten (vgl. OLG Zweibrücken, B.v. 12.6.2001 – 1 Ss 117/01 – juris Rn. 12). Zum anderen kann es nicht darauf ankommen, ob das Haus ein Giebeldach oder ein Zeltdach aufweist. Unter einem Absturz im Sinne der Verordnung kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht nur ein Sturz im Sinne eines freien Falles verstanden werden, sondern von einem Absturz muss auch dann ausgegangen werden, wenn etwa ein Dachdecker über das schräge Dach zunächst bis zur Traufe und dann von dort weiter zu Boden stürzt. Es kann insoweit nicht sicher angenommen werden, dass ein Dachdecker in einem solchen Fall an der Traufe hinreichenden Halt finden würde, um einem Sturz bis zum Boden zu entgehen. Die Gefahr eines Absturzes aus einer Höhe von 7 m besteht damit. Für eine einschränkende Auslegung der Nr. 1 des Anhangs II der BaustellV im Sinne des Vortrags des Antragstellers finden sich im Verordnungstext keine Anhaltspunkte.
Die Frage, ob im vorliegenden Fall eine Vorankündigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BaustellV zu übermitteln war, kann daher im vorliegenden Eilverfahren offen bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für den Antragsteller (wie Vorinstanz).
Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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