Verwaltungsrecht

Erledigungserklärung – unstatthafter Widerspruch

Aktenzeichen  Au 7 K 18.1008

Datum:
12.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23143
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 75, § 92 Abs. 3, § 161 Abs. 2, Abs. 3
BayAGVwGO Art. 15 Abs. 2

 

Leitsatz

Eine allein auf Erlass eines Widerspruchsbescheides gerichtete Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig unzulässig. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Widerspruch unstatthaft ist und die Behörde diesen als unzulässig abzulehnen hat. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klägerseite hat mit Schreiben vom 7. August 2018, eingegangen per Fax beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 21. August 2018, die Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 29. August 2018, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg am 30. August 2018, der Erledigung zugestimmt.
Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.
§ 161 Abs. 3 VwGO, wonach in den Fällen des § 75 VwGO die Kosten stets dem Beklagten zur Last fallen, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte, ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn die Untätigkeitsklage war nicht auf das Ziel einer Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 18. September 2017 (Entziehung der Fahrerlaubnis wegen des Erreichens von 8 Punkten im Fahreignungsregister) gerichtet, sondern nur auf schlichtes Tätigwerden der Widerspruchsbehörde. Die ergibt sich schon aus dem Klageantrag Nr. 1 der Klageschrift vom 13. Juni 2018 („Die Beklagte wird verpflichtet, auf den Widerspruch des Klägers vom 26.9.2017 gegen den Bescheid der Beklagten vom 18.9.2017 einen rechtsbehelfsfähigen Widerspruchsbescheid zu erlassen.“). In diesem Schriftsatz wird zudem unter III. ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „Ziel der Klage lediglich ist, eine rechtsbehelfsfähige Bescheidung des Widerspruchs des Klägers (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erreichen.“ Und auf dieses Ziel wird auch im Schriftsatz vom 7. August 2018 nochmals hingewiesen.
Hat sich ein derartiges Klagebegehren, das in dieser Form wegen eines fehlenden, auch für eine Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zu fordernden Rechtsschutzinteresses an der bloßen Bescheidung unzulässig ist (dazu unten), durch das Ergehen der Behördenentscheidung erledigt – hier durch den Erlass des Widerspruchbescheids der Regierung von … vom 16. Juli 2018 – greift das Kostenprivileg des § 161 Abs. 3 VwGO nicht zugunsten des Klägers ein und die Kostenentscheidung richtet sich nach § 161 Abs. 2 VwGO (Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Auflage, § 161 Rn. 23 m.w.N.; OVG Hamburg, B.v. 24.8.1998 – 4 Bf 247/98 – juris Rn. 3).
Daher ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Maßgebend sind in erster Linie die Erfolgsaussichten der Klage, mithin wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn das erledigende Ereignis nicht eingetreten wäre (Eyermann, VwGO, Kommentar, 14. Auflage, § 161 Rn. 15 ff; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 23. Auflage 2017, § 161 Rn. 16).
Im vorliegenden Fall hatte die Klage keine Aussicht auf Erfolg. Denn eine allein auf Erlass eines Widerspruchsbescheides gerichtete Klage ist regelmäßig unzulässig. In Fällen, in denen die Widerspruchsbehörde – wie hier – nur (noch) eine gebundene Rechtsentscheidung zu treffen hatte, der ein Ermessens-, Beurteilungs- oder Bewertungsspielraum nicht innewohnt, ist ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Erlass eines Widerspruchsbescheids zu verneinen; eine gleichwohl ausschließlich hierauf gerichtete Klage muss deshalb regelmäßig schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses ohne Erfolg bleiben (vgl. BVerwG, B. v. 28.4.1997 – 6 B 6/97 – juris; BayVGH, B.v. 1.7.2013 – 7 ZB 13.305 – juris; OVG LSA, B.v. 28.4.2017 – juris Rn. 6; HessVGH, B.v. 15.10.2013 – 6 A 1492/13.Z – juris). Hier hatte der Beklagte im Widerspruchsverfahren eine gebundene Entscheidung im o.g. Sinne zu treffen. Denn der Widerspruch vom 26. September 2017 war gemäß Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) bereits unstatthaft und damit zwingend als unzulässig abzulehnen, wie im Widerspruchsbescheid der Regierung von … vom 16. Juli 2018 zu Recht ausgeführt wurde. Im Fall der Entziehung einer Fahrerlaubnis nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 StVG ist ein Widerspruchsverfahren gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO unstatthaft ist, da es sich in diesem Fall nicht um eine personenbezogene Prüfungsentscheidung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Nr. 6 AGVwGO handelt (vgl. BayVGH, B.v. 11.5.2012 – 11 CS 12.772 – juris Rn. 11, 12).
Im Übrigen war der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter bereits in der zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung:darüber belehrt und nochmals mit Schreiben des Beklagten vom 5. Oktober 2017 darauf hingewiesen worden, dass gegen den Bescheid des Beklagten vom 18. September 2017 nur (Anfechtungs-) Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben werden kann. Damit fehlte der ausschließlich auf Erlass eines Widerspruchsbescheids, also auf schlichtes Tätigwerden gerichteten Untätigkeitsklage, das Rechtsschutzinteresse.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nach dem Streitwertkatalog 2013 ist nur die Fahrerlaubnisklasse B mit dem Auffangstreitwert von 5.000,00 Euro maßgeblich, da alle anderen Klassen, die der Kläger innehatte (M, L und S), von der Berechtigung mitumfasst werden, die sich aus dieser Klasse ergibt (§ 6 Abs. 3 Nr. 4 FeV).


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