Verwaltungsrecht

Fehlende Darlegung eines Gehörsverstoßes und der grundsätzlichen Bedeutung im asylrechtlichen Berufungszulassungsverfahren

Aktenzeichen  20 ZB 17.30610

Datum:
19.6.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 116482
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EMRK Art. 3
AsylG § 78 Abs. 3, Abs. 4
VwGO § 138 Nr. 3

 

Leitsatz

1 Eine ordnungsgemäße Darlegung eines Gehörsverstoßes erfordert die substantiierte Darlegung, welcher zusätzliche Tatsachenstoff ohne die Verletzung rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre. Wird die Unvollständigkeit der Erkenntnisquellen gerügt, muss ausgeführt werden, was vorgetragen worden wäre, wenn die genannten Erkenntnismittel bereits in der vor der mündlichen Verhandlung übersandten Auskunftsliste enthalten gewesen wären. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2 Hat der Senat bereits entschieden, dass ein junger Mann aus einem somalischen Mehrheitsclan, dessen Familie noch in Belet Weyne lebt, bei einer Rückkehr keiner extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, hat die Frage, ob die schlechte Versorgungslage oder defizitäre humanitäre Bedingungen einen Anspruch auf subsidiären Schutz begründen, keine grundsätzliche Bedeutung.  (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 17.30218 2017-04-13 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. April 2017 ist abzulehnen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer § 78 Abs. 4 Satz 4 Asyl genügenden Art und Weise dargelegt wurden oder nicht vorliegen.
Die ordnungsgemäße Darlegung des hier vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrundes eines Verfahrensmangels nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG, § 138 Nr. 3 VwGO verlangt neben der Darlegung der Tatsachen, aus denen sich der behauptete Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ergibt, insbesondere auch, dass substantiiert vorgetragen wird, welcher zusätzliche Tatsachenstoff vorgetragen worden wäre, hätte das Verwaltungsgericht den geltend gemachten Verstoß gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs nicht begangen (GK-AsylG, § 78 Rn. 633 und 637). Im vorliegenden Fall legt der Kläger zwar ausführlich dar, auf welche Quellen, die in der übersandten Auskunftsliste nicht enthalten waren, sich das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung gestützt hat. Es fehlen jedoch jegliche Ausführungen dazu, was vorgetragen worden wäre, wenn auch diese Erkenntnismittel bereits in der zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung übersandten Auskunftsliste enthalten gewesen wären. Damit sind die Anforderungen an die ordnungsgemäße Darlegung nicht erfüllt.
Die daneben geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 78 Abs. 3 Nr. 1 Asyl liegt nicht vor. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes hat der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren, auszuführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, zu erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist und schließlich darzulegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 72; GK-AsylG, § 78 Rn. 591 f.).
Insoweit ist bereits fraglich, ob der Kläger in seiner Begründung des Zulassungsantrags die Entscheidungserheblichkeit der von ihm als klärungsbedürftig erachteten Rechtsfrage,
dass die in Zentral- und Südsomalia, insbesondere in Belet Weyne, der Heimatregion des Klägers, herrschende schlechte Versorgungslage bzw. defizitären humanitären Bedingungen einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG begründen und darüber hinaus Rückführungen dorthin eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen,
dargelegt hat. Denn der Kläger geht in seinen Ausführungen nicht auf die in der streitgegenständlichen Entscheidung formulierte Begründung des Verwaltungsgerichts, dass nämlich die Kernfamilie des Klägers noch am Heimatort vorhanden sei und ihn unterstützen würde, weshalb eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung ihm am Heimatort nicht drohen würde, nicht ein.
Die Frage hat aber dessen ungeachtet keine grundsätzliche Bedeutung. Diese erfordert, dass für die angefochtene Entscheidung des Verwaltungsgerichts die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, dass ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 36). Klärungsbedürftig sind nur Fragen, die nicht ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind oder durch die Rechtsprechung des EuGH, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Berufungsgerichts geklärt sind (Happ, a.a.O., Rn. 38). Der Senat hat aber bereits in seinem Urteil vom 17. März 2016 (20 B 13.30233 – juris Rn. 30) ausgeführt, dass ein junger Mann, der einem somalischen Mehrheitsclan wie der Kläger im vorliegenden Fall angehört und dessen Eltern und Familien noch in Belet Weyne leben, bei einer Rückkehr keiner extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, und dass ihm damit eine Verletzung von Art. 3 EMRK nicht drohe . Diese Einschätzung wird durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsantrag nicht infrage gestellt. Damit weist die Frage eine grundsätzliche Bedeutung nicht auf.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das verwaltungsgerichtliche Urteil rechtskräftig, § 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG.


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