Verwaltungsrecht

Fehlender Antrag auf Förderung und Auszahlung – Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt

Aktenzeichen  6 ZB 18.1448

Datum:
20.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 4560
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

1. Unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen kann nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Der Betroffene ist daher generell darauf zu verweisen, einen behaupteten Schaden im Wege der Amtshaftung geltend zu machen. Ein allgemeiner Herstellungsanspruch, wie er vom Bundessozialgericht für das Sozialrecht entwickelt worden ist, wird im allgemeinen Verwaltungsrecht nicht anerkannt. (Rn. 8) (red. LS Alexander Tauchert)
2. Die Frage, „ob und inwieweit sich ein Antragsteller auf amtliche Auskünfte verlassen darf, die über die Interpretation von normalen Fördervorschriften hinausgehen“, rechtfertigt die Berufungszulassung nicht. Sie zielt schon der Fragestellung und ihrer Begründung nach auf die Umstände des konkreten Einzelfalles ab und kleidet ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung lediglich in das Gewand der grundsätzlichen Bedeutung. (Rn. 13) (red. LS Alexander Tauchert)

Verfahrensgang

RO 5 K 16.1662 2018-05-17 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Mai 2018 – RO 5 K 16.1662 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 22.012,70 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ bleibt ohne Erfolg. Die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO, die der Kläger innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gegen das erstinstanzliche Urteil dargelegt hat, liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Der Kläger, ein anerkannter Naturschutzverband, begehrt die Bewilligung und Auszahlung von Förderzuwendungen für Agrarumweltmaßnahmen (AUM) für das Jahr 2006 in Höhe von 22.012,70 €. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die darauf gerichtete Klage mit der Begründung abgewiesen, die Fördervoraussetzungen für das Jahr 2006 seien nicht erfüllt. Selbst wenn man im Widerspruch zu der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden – bindenden – Mitteilung der EU-Kommission, gemäß Art. 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1257/1999 könnten nur „Landwirte“ Zuwendungsempfänger von AUM sein, eine Antragsberechtigung des Klägers für das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) schon für das Jahr 2006 annehme, fehle es an anderen Fördervoraussetzungen. Wie der Kläger selbst vorgetragen habe, liege der für die Auszahlung von Fördergeldern erforderliche, jährlich zu wiederholende fristgerechte Auszahlungsantrag für das Jahr 2006 nicht vor. Dass dies auf eine Beratung der Landwirtschaftsbehörde zurückzuführen sei, führe nicht zu einem Anspruch auf Auszahlung der begehrten Zuwendung. Denn ein Herstellungsanspruch bestehe für das Rechtsgebiet der landwirtschaftlichen Subventionen nicht.
2. Die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigen die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO nicht.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
aa) Der Kläger selbst geht – entsprechend der Aktenlage – davon aus, dass ein Auszahlungsantrag für Förderzuwendungen im Rahmen von Agrarumweltmaßnahmen für das Jahr 2006 nicht wirksam gestellt worden ist. Er macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts leite sich der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus einem Herstellungsanspruch wegen fehlerhafter Beratung durch den Sachbearbeiter der Förderbehörde her. Er habe den Auszahlungsantrag für das Jahr 2006 vor Ende der Antragsfrist ausdrücklich beim zuständigen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) gestellt, diesen dann aber deshalb nicht aufrechterhalten, weil er auf die im Rahmen der Beratung erteilte – zu diesem Zeitpunkt fachlich korrekte – Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters, ihm fehle dafür die erforderliche Antragsbefugnis, vertraut habe. In der Rückschau wären ihm aber Fördermittel für Vertragsnaturschutzmaßnahmen auch für das Jahr 2006 gewährt worden, wenn er sich nicht auf diese behördliche Auskunft verlassen und seine Anträge unbeirrt aufrechterhalten hätte. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu wecken.
Zwingende Voraussetzung für die Auszahlung von – mit Grundbescheid bewilligten – Fördergeldern für Agrarumweltmaßnahmen (AUM) ist nach den Bestimmungen der Gemeinsamen Richtlinien von StMLF und StMUGV in der jeweils geltenden Fassung (hier: vom 2.11.2004 Nr. B4-7292-6029) ein jährlich zu stellender Zahlungsantrag, der an die Einhaltung einer Ausschlussfrist gebunden ist (vgl. VGH BW, U.v. 8.4.2014 – 10 S 2067/12 – juris Rn. 36 zur vergleichbaren MEKA III-Richtlinie). Ein solcher wurde unstreitig für 2006 vom Kläger nicht gestellt.
Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als hätte er den zunächst fristgerecht gestellten Auszahlungsantrag für das Jahr 2006 nicht zurückgezogen: Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, wird ein allgemeiner Herstellungsanspruch, wie er vom Bundessozialgericht für das Sozialrecht entwickelt worden ist, im allgemeinen Verwaltungsrecht und insbesondere für das Rechtsgebiet der landwirtschaftlichen Subventionen nicht anerkannt (vgl. BVerwG, B.v. 14.7.2010 – 1 B 13.10 – juris Rn. 3; U.v. 24.3.1988 – 3 C 48.86 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 7.11.2014 – 21 ZB 14.2003 – juris Rn. 11; U.v. 2.3.2011 – 19 B 10.2815 – juris Rn. 21 m.w.N.; VGH BW, U.v. 8.4.2014 – 10 S 2067/12 – juris Rn. 40). Hier kann – anders als im Sozialrecht – unrechtmäßiges Verwaltungshandeln oder Unterlassen nur im Rahmen zulässigen Verwaltungshandelns ausgeglichen werden. Der Betroffene ist daher generell darauf zu verweisen, einen behaupteten Schaden im Wege der Amtshaftung geltend zu machen. Ob die Voraussetzungen hierfür vorliegen, muss der Beurteilung der zuständigen Fachgerichtsbarkeit überlassen bleiben (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2011 – 19 ZB 09.1045 – juris Rn. 9; B.v. 31.5.2010 – 19 ZB 08.1698 – juris Rn. 19; B.v. 17.10.2008 – 19 ZB 08.2000 – juris Rn. 4).
bb) Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe bei seiner Entscheidung zu Unrecht tragend darauf abgestellt, der Kläger sei im Jahr 2006 nicht als landwirtschaftliches Unternehmen im Sinn von Art. 23 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1257/1999 anerkannt und daher kein antragsberechtigter „Landwirt“ gewesen, trifft nicht zu. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr festgestellt, auch bei Unterstellung einer Antragsbefugnis des Klägers für das Jahr 2006 könne der Klageanspruch wegen Fehlens weiterer wesentlicher Fördervoraussetzungen, wie insbesondere der erforderlichen Angaben im Flächennutzungsnachweis (FNN) zur Maßnahme, des Flächenumfangs und zum Ende der Laufzeit, keinen Erfolg haben (S. 8 des Urteils: „Selbst wenn man annimmt, dass der Kläger als anerkannter Naturschutzverband bereits im Jahr 2006 antragsberechtigt war, …“).
cc) Die Angriffe der Zulassungsschrift auf die weiteren Hilfserwägungen des Verwaltungsgerichts sind von vornherein nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu begründen, weil es auf die Richtigkeit dieser Ausführungen nicht entscheidungserheblich ankommt.
b) Die Rechtssache hat schließlich nicht die ihr vom Kläger zugemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinn dieser Vorschrift, wenn sie eine abstrakte, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder im Interesse der Rechtsfortbildung in einem Berufungsverfahren geklärt werden muss. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn sich die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren nicht stellen würde, wenn sie bereits geklärt ist bzw. aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens beantwortet werden kann oder wenn sie einer abstrakten Klärung nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, B.v. 15.8.2017 – 1 B 120.17 – juris Rn. 3).
Die vom Kläger formulierte Frage, „ob und inwieweit sich ein Antragsteller auf amtliche Auskünfte verlassen darf, die über die Interpretation von normalen Fördervorschriften hinausgehen“, rechtfertigt die Berufungszulassung nicht. Sie zielt schon der Fragestellung und ihrer Begründung nach auf die Umstände des konkreten Einzelfalles ab und kleidet ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung lediglich in das Gewand der grundsätzlichen Bedeutung. Soweit sie verallgemeinerungsfähige Elemente enthält, sind diese bereits höchstrichterlich geklärt (vgl. bereits BVerwG, U.v. 18.4.1997 – 8 C 38.95 – juris zum Fall einer Falschberatung einer Wohngeldstelle). Danach rechtfertigt die Verletzung einer behördlichen Auskunfts-. Beratungs- oder Betreuungspflicht nicht, eine versäumte materielle Ausschlussfrist als gewahrt anzusehen und einen Anspruch zu bejahen, wenn dieser nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nicht (mehr) besteht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben