Verwaltungsrecht

Fiktionswirkung

Aktenzeichen  Au 1 E 20.1283

Datum:
24.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 26729
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3
VwGO § 88, § 123 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, eine russische Staatsangehörige, begehrt eine einstweilige Anordnung, mit der ihr eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird.
Sie reiste am 2. Juli 2016 in die Bundesrepublik ein und meldete ihren Wohnsitz an der Adresse ihres späteren Ehemanns im Stadtgebiet der Antragsgegnerin an. Am … 2016 heiratete sie in Dänemark einen deutschen Staatsangehörigen und beantragte am 26. September 2016 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Sie gebar am … 2017 im Bundesgebiet einen Sohn. Mit Bescheid vom 21. Juni 2017 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zunächst ab. Am 7. August 2018 wurde der Antragstellerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt, die bis zum 20. September 2020 gültig ist.
Am 23. Februar 2020 beantragte die Antragstellerin die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis um 10 Jahre. Die Antragstellerin brachte am … 2020 ein weiteres gemeinsames Kind zur Welt. Mit Schreiben vom 3. Juni 2020 bat die Antragsgegnerin um die Vorlage verschiedener Dokumente, u.a. einer unterschriebenen Erklärung zur familiären Lebensgemeinschaft. Dieser Aufforderung kam die Antragstellerin bislang nicht nach.
Am 28. Juli 2020 ließ die Antragstellerin eine Klage (Au 1 K 20.1281) sowie einen Eilantrag erheben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin unzulässiger Weise eine unterschriebene Erklärung zur familiären Lebensgemeinschaft gefordert habe. Es müsse nur der gewöhnliche Aufenthalt der Familienangehörigen im Bundesgebiet vorliegen. Dieser sei von der Antragsgegnerin weder bestritten worden, noch seien irgendwelche Nachweise angefordert worden.
Die Antragstellerin beantragt,
ihr im Wege der einstweiligen Anordnung eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antrag sei bereits unzulässig, weil die Antragstellerin schon keinen Anordnungsgrund vorgetragen habe. Nachdem der Aufenthaltstitel der Antragstellerin noch bis 20. September 2020 gültig sei, sei eine Eilbedürftigkeit in keiner Weise vorgetragen worden. Im Übrigen habe ihr Verlängerungsantrag nach Ablauf der Gültigkeit Fiktionswirkung.
Hierauf ließ die Antragstellerin erwidern, dass die Eilbedürftigkeit auf Grund der langen Wartezeiten für einen Termin bei der Ausländerbehörde gegeben sei. Die Erforderlichkeit einer Fiktionsbescheinigung sehe sie als weitere Schikane an.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der von der Antragsgegnerin vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Eilantrag hat keinen Erfolg.
1. Die nicht anwaltlich vertretene Antragstellerin begehrt bei sachgerechter Auslegung ihres Antrags nach § 88 VwGO analog den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, ihr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
2. Dieser Antrag ist zumindest unbegründet, weil die Antragstellerin schon keinen Anordnungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht hat.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, oder auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Voraussetzung eines derartigen Antrags bei Gericht ist, dass das Vorliegen des behaupteten strittigen Rechts (Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht wird. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund im Sinne einer Eilbedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht. Der Annahme einer Eilbedürftigkeit zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung steht zudem entgegen, dass die Aufenthaltserlaubnis noch bis zum 20. September 2020 gültig ist und der bereits gestellte Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis eine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG auslöst. Demnach gilt der Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Teil hat die Antragstellerin die Verfahrenskosten zu tragen. Die Streitwertfestsetzung folgt den Vorgaben der §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. den Ziffern 8.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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