Verwaltungsrecht

Frage der Gruppenverfolgung von Zeugen Jehovas in der Ostukraine

Aktenzeichen  11 ZB 18.32162

Datum:
4.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 25001
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3e, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3
VwGO § 138 Nr. 3, Nr. 6

 

Leitsatz

1 Es ist nicht ersichtlich, dass in der Westukraine Verfolgungshandlungen wegen der Zugehörigkeit zu der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten sind. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein bei seiner Verkündung oder Niederlegung des Urteilstenors noch nicht vollständig abgefasstes Urteil gilt iSd § 138 Nr. 6 VwGO als nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe innerhalb einer – in Anlehnung an die in §§ 517 und 548 ZPO bestimmten – Frist von fünf Monaten nach Verkündung nicht unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden sind. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 5 K 16.31709 2018-03-09 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.
III. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige russischer Volkszugehörigkeit. Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 sind der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas zugehörig.
Mit Bescheid vom 14. November 2014 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) die Anträge der Kläger auf Anerkennung als Asylberechtigte und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie subsidiären Schutzes ab. Es stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Den nach eigenen Angaben aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten in der Ostukraine stammenden Klägern stehe in den von der Regierung kontrollierten Landesteilen der Ukraine interner Schutz zur Verfügung. Eine Verfolgung wegen ihrer Religionszugehörigkeit sei dort nicht zu befürchten.
Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Bayreuth aufgrund mündlicher Verhandlung vom 26. Februar 2018 mit Urteil vom 9. März 2018, den Klägern zugestellt am 20. Juli 2018, abgewiesen. Die Einzelrichterin hat nach Aktenlage am 18. Juli 2018 die Zustellverfügung unterschrieben und die Geschäftsstelle hat unter dem gleichen Datum den Versand der Entscheidung bestätigt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht nach § 77 Abs. 2 AsylG auf den Bescheid vom 14. November 2014 verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, den Klägern drohe wegen ihrer Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas keine individuelle oder kollektive Verfolgung. Es stehe ihnen eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.
Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung. Sie machen geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung. Es sei zu klären, ob Personen, die zur Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas zählen, in der Ukraine aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien. Darüber hinaus sei das Urteil nicht mit Gründen versehen, da die Maximalfrist von fünf Monaten seit der mündlichen Verhandlung fast ausgeschöpft worden sei. Dazu würden besondere Umstände hinzutreten, die darauf hinwiesen, dass der gesetzlich geforderte Zusammenhang zwischen der Urteilsfindung und den schriftlichen Urteilsgründen nicht mehr gewahrt sei. Des Weiteren sei der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da der bedingte Beweisantrag der Kläger, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass den Klägern in der Ostukraine aufgrund der Zugehörigkeit zur Religionsgruppe der Zeugen Jehovas Angriffe auf Leib und Leben oder Verhaftung drohen, zu Unrecht abgelehnt worden sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da kein Berufungszulassungsgrund (§ 78 Abs. 3 AsylG) hinreichend dargelegt ist (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG).
1. Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist. Ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ in Eyermann, a.a.O. § 124a Rn. 72; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Mai 2018, § 124a Rn. 102 ff.; Berlit in GK-AsylG, Stand März 2018, § 78 Rn. 88 m.w.N.). Bei einer auf die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland gestützten Grundsatzrüge genügt es nicht, die gerichtlichen Feststellungen zu den Gegebenheiten im Herkunftsland des Asylsuchenden bloß in Zweifel zu ziehen oder schlicht gegenteilige Behauptungen aufzustellen. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2017 – 11 ZB 17.30602 – juris Rn. 2; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/17.A – juris Rn. 5; B.v. 12.12.2016 – 4 A 2939/15.A – juris Rn. 7 m.w.N.; Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 609 ff.). Wird die angefochtene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so ist – sofern nicht ausnahmsweise ein Fall der Rechtskrafterstreckung vorliegt – in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund darzulegen, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund dann entweder nicht entscheidungserheblich ist oder das angefochtene Urteil hierauf nicht beruht (BVerwG, B.v. 20.12.2016 – 3 B 38.16 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 5.9.2016 – 11 ZB 16.1451 – juris Rn. 2 und B.v. 13.1.2014 – 13a ZB 13.30365 – juris Rn. 4; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7; Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 180 f. m.w.N.).
Diese Voraussetzungen erfüllt die Begründung des Zulassungsantrags nicht. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass den Klägern im von der Regierung kontrollierten Teil der Ukraine eine innerstaatliche Fluchtalternative nach § 3e AsylG zur Verfügung steht. Dagegen haben die Kläger keine gesonderten Zulassungsgründe vorgebracht.
Die von den Klägern formulierte Frage wäre daher ohnehin nur entscheidungserheblich, soweit sie sich auf die von der Regierung kontrollierten Gebieten bezieht, denn es kommt nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht darauf an, ob den Klägern in den von Separatisten kontrollierten Gebieten Verfolgung drohen würde, da sie dorthin nicht zurückkehren müssen. Hinsichtlich einer so verstandenen Frage haben die Kläger aber keine Erkenntnisquellen angegeben, die die Einschätzungen des Verwaltungsgerichts zweifelhaft erscheinen lassen. Sowohl der Bericht des UNHCR vom September 2015 (Rn. 33, S. 13) als auch der Bericht des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte über die Menschenrechtssituation in der Ukraine vom 16. November 2017 bis 15. Februar 2018 (Rn. 98 f., S. 17) stellen fest, dass in den von Nichtregierungstruppen kontrollierten Gebieten in der Ostukraine eine Verfolgung von Zeugen Jehovas stattfindet. Hinsichtlich der von der Regierung kontrollierten Gebiete werden keine Vorfälle berichtet. Es ist auch aus anderen Erkenntnismitteln nicht ersichtlich, dass in der Westukraine Verfolgungshandlungen i.S.d. § 3a AsylG wegen der Zugehörigkeit zu der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten sind.
2. Es sind auch keine Verfahrensfehler i.S.d. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG hinreichend dargelegt.
2.1 Soweit die Kläger geltend machen, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen, kann dem nicht gefolgt werden. Ein bei seiner Verkündung oder Niederlegung des Urteilstenors noch nicht vollständig abgefasstes Urteil gilt im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO als nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe innerhalb einer – in Anlehnung an die in §§ 517 und 548 ZPO bestimmten – Frist von fünf Monaten nach Verkündung nicht unterschrieben der Geschäftsstelle übergeben worden sind. Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Beratung und Verkündung des Urteils einerseits und der Übergabe der schriftlichen Urteilsgründe andererseits ist dann so weit gelockert, dass in Anbetracht des nachlassenden Erinnerungsvermögens der Richter die Übereinstimmung zwischen den in das Urteil aufgenommenen und den für die richterliche Überzeugung tatsächlich leitend gewordenen Gründen nicht mehr gewährleistet erscheint (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, B.v. 27.4.1993 – GmS-OGB 1.92 – BVerwGE 92, 367, 375 f.; BVerwG, B.v. 26.4.1999 – 8 B 67.99 – Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 30 S. 6 f.). Die Frist zur Absetzung des Urteils von fünf Monaten ist hier unstreitig gewahrt. Umstände, die bereits wegen des langen Zeitablaufs zwischen Niederlegung des Urteilstenors bei der Geschäftsstelle am 9. März 2018 und Übergabe des abgesetzten Urteils an die Geschäftsstelle am 18. Juli 2018 bestehende Zweifel zu der Annahme verdichten, dass der gesetzlich geforderte Zusammenhang zwischen der Urteilsfindung und den schriftlich niedergelegten Gründen nicht mehr gewahrt ist (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2012 – 9 C 5.11 – NVwZ 2013, 218; U.v.19.9.2013 – 9 B 20.13 u.a. – juris Rn. 4), liegen nicht vor. Von der dreieinhalbstündigen Verhandlung wurde ein elf Seiten umfassendes, sehr ausführliches Protokoll erstellt, auf das sich das Urteil stützt. Ein Protokollberichtigungsantrag nach § 105 VwGO i.V.m. § 164 ZPO wurde von den Klägern nicht gestellt. Die von den Klägern behaupteten Unstimmigkeiten in den Urteilsgründen sind nicht gegeben oder derart untergeordnet und nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts ohnehin nicht entscheidungserheblich, sodass daraus keine begründeten Zweifel resultieren, dass der Zusammenhang zwischen der Urteilsfindung und den schriftlich niedergelegten Gründen nicht mehr gewahrt ist.
Gemäß der Niederschrift über den Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2018 hat der Kläger zu 1 angegeben, dass es durch das Kriegsgeschehen nicht mehr möglich gewesen sei, zu Treffen und Versammlungen zu gehen (S. 3 der Niederschrift). Demgegenüber hat die Klägerin zu 2 angegeben, sie hätten noch predigen könne, das sei aber sehr unsicher gewesen. Die Glaubensbrüder hätten empfohlen, sich nicht mehr in den Königreichsälen zu treffen und zu predigen, sondern sich in den Wohnungen zu treffen (S. 5 der Niederschrift). Dass das Verwaltungsgericht diese Aussagen als widersprüchlich angesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Denn der Kläger zu 1 hat die Situation so dargestellt, dass eine Religionsausübung mit Treffen und Versammlungen nicht mehr möglich gewesen sei, während die Klägerin zu 2 angegeben hat, sie hätten noch predigen können. Dass die Kläger unter „predigen“ etwas anderes verstehen, nämlich ein von-Haus-zu-Hausgehen, als das Gericht angenommen hat, haben sie gemäß der Niederschrift nicht näher erläutert. Dies versteht sich auch nicht von selbst. Im Protokoll ist vermerkt, der Kläger zu 1 habe ausgeführt, sie seien zwei Mal pro Woche zu religiösen Treffen gegangen und zusätzlich einmal pro Woche zu Predigttreffen. Im Anschluss daran seien sie durch die Häuser gegangen, um zu predigen (S. 3 der Niederschrift). Diese Ausführungen legen es nahe, dass es sowohl Treffen zum Predigen gab, als auch ein anschließendes von-Haus-zu-Hausgehen.
Auch hinsichtlich der Frage, ob der Kläger zu 1 in der Westukraine eine Arbeit wird finden können, besteht kein Widerspruch zur Niederschrift vom 26. Februar 2018, der den Zusammenhang zwischen Urteilsfindung und niedergelegten Gründen in Zweifel ziehen könnte. Die Klägerin zu 2 hatte diesbezüglich ausgeführt, für sie sei es fast unmöglich, eine Arbeit zu finden, für ihren Mann sei es eventuell noch möglich (S. 6 der Niederschrift). Weiter hat die Klägerin zu 2 dann aber angegeben, dass sie vielleicht noch einen Job mit einem Mindestlohn von ca. 3.000,00 Hrywnja würde finden können (S. 7 der Niederschrift) und damit zu erkennen gegeben, dass ihre erste Aussage sich nur auf eine Beschäftigung in ihrem erlernten Beruf als Grundschullehrerin bezogen hat. Das Verwaltungsgericht hat diese Aussagen dahingehend verstanden, dass selbst die Klägerin zu 2 davon ausgehe, es werde ihrem Ehemann wohl gelingen, eine Arbeit zu finden. Dies ist nicht zu beanstanden, denn es ist Aufgabe des Gerichts, die Angaben der Parteien bei der informatorischen Anhörung zu würdigen. Nachdem die Klägerin zu 2 selbst für sich davon ausgegangen ist, dass sie vielleicht eine Arbeit für den Mindestlohn wird finden können, erscheint die Interpretation des Gerichts nachvollziehbar, die Klägerin zu 2 gehe davon aus, dass ihr Ehemann wohl eine (ggf. nur mit dem Mindestlohn bezahlte) Arbeit wird finden können.
2.2 Es ist auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO dargelegt. Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO besteht nach obergerichtlicher Rechtsprechung darin, jedem Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu dem gesamten, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D u.a. – juris Rn. 8 m.w.N.; Berlit, GK-Asyl, § 78 Rn. 272, 274). Sie verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, jedoch nicht, ihnen in der Sache zu folgen (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 261). Ferner gebietet sie dem Gericht, formell ordnungsgemäßen, prozessrechtlich beachtlichen Beweisanträgen nachzugehen (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 355). Die Ablehnung eines Beweisantrags verletzt das rechtliche Gehör folglich nur dann, wenn sie im Prozessrecht objektiv keine Stütze findet (BVerwG, B.v. 17.6.2013 – 10 B 8.13 – juris Rn. 8 m.w.N.; Geiger in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 32). Kommt das Verwaltungsgericht einem hilfsweise gestellten Beweisantrag bzw. Anregungen des Klägers zur Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung nicht nach, setzt eine Aufklärungsrüge regelmäßig die substantiierte Darlegung voraus, welche tatsächlichen Umstände aufklärungsbedürftig gewesen wären, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und erforderlich gewesen wären, weshalb sich die unterbliebene Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen oder auf welche Weise, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Aufklärungsmaßnahme hingewirkt worden ist, welches Ergebnis die Aufklärung voraussichtlich gebracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 7.6.2016 – 1 B 60.16 – juris Rn. 8; B.v. 19.8.2010 – 10 B 22.10 u.a. – juris Rn. 10 m.w.N.). Dabei ist die prozessrechtliche Frage, ob das erstinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus zu beurteilen (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 17.6.2013, a.a.O.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 48). Von vornherein nicht geeignet ist die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs mit dem Ziel, eine – vermeintlich – fehlerhafte Feststellung und Bewertung des Sachverhaltes einschließlich seiner rechtlichen Würdigung zu beanstanden (Berlit, a.a.O. § 78 Rn. 262).
Soweit sich der Zulassungsantrag gegen die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten bedingten Beweisantrags wendet, ob den Klägern in der Ostukraine wegen der Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas Angriffe auf Leib und Leben drohen, ist ein Verfahrensmangel nicht hinreichend dargelegt. Auf die Beweisfrage kam es nach der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts nicht an, da es davon ausgegangen ist, den Klägern stehe eine inländische Fluchtalternative in den von der Regierung kontrollierten Landesteilen im Westen der Ukraine zur Verfügung. Ob in der Ostukraine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas zu befürchten ist, war daher vom Standpunkt des Verwaltungsgerichts aus nicht entscheidungserheblich.
3. Den Klägern kann mangels hinreichender Erfolgsaussichten ihres Rechtsbehelfs auch keine Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Prozessvertreter nicht beigeordnet werden (§ 166 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
5. Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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