Verwaltungsrecht

Gerichtliches Disziplinarverfahren, Disziplinarmaßnahme, Landesanwaltschaft, Ruhegehaltsaberkennung, Ruhegehaltsbezüge, Aberkennung des Ruhegehalts, Milderungsgrund, Schwere des Dienstvergehens, Tatsächliche Feststellungen, Disziplinarrechtliche, Innerdienstliches Dienstvergehen, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, Antragstellers, Verwaltungsgerichte, Freiheitsstrafe, Vermögensbetreuungspflicht, Teilweise Einbehaltung, Schweres Dienstvergehen, Prozeßbevollmächtigter, Schadenswiedergutmachung

Aktenzeichen  M 19L DA 20.5485

Datum:
5.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 34
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 14 Abs. 2
BayDG Art. 39 Abs. 2 S. 2
BayDG Art. 61
StGB § 266 Abs. 1 und Abs. 2, § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller, ein Landrat a.D., begehrt die Aussetzung der mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 14. August 2020 angeordneten teilweisen Einbehaltung des Ruhegehalts.
1. Der am … 19… geborene Antragsteller war – nach vielen Jahren sonstiger kommunalpolitischer Tätigkeit – vom 1. Mai 2008 bis 30. April 2014 Landrat des Landkreises … und in dieser Funktion zugleich Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreissparkasse … (vgl. Art. 7 Abs. 1 lit. b Sparkassengesetz – SpkG). Er ist seit 1. Mai 20** im Ruhestand und bezieht als ehemaliger kommunaler Wahlbeamter Ruhegehalt aus der Besoldungsgruppe B6. Er ist verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und studierter Ingenieur.
2. Die Regierung von Oberbayern informierte die Landesanwaltschaft Bayern – Disziplinarbehörde – mit Schreiben vom 9. März 2018 unter Übermittlung einer MiStra der Staatsanwaltschaft München II vom 26. Februar 2018 über den Verdacht des Vorliegens eines Dienstvergehens durch den Antragsteller und übertrug ihr die Disziplinarbefugnisse. Die Landesanwaltschaft Bayern leitete daraufhin auf Grundlage der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft München II vom 23. Februar 2018 mit Verfügung vom 18. April 2018 ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller ein und setzte dieses gleichzeitig aus. Mit Schreiben vom selben Tag setzte sie ihn hiervon in Kenntnis und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung. Mit Beschluss vom 2. Oktober 2018 ließ das Landgericht München II die Anklage gegen den Antragsteller und drei weitere Angeklagte zur Hauptverhandlung zu. Die Landesanwaltschaft Bayern hörte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 zum beabsichtigten teilweisen Einbehalt des Ruhegehalts an. Dessen Bevollmächtigte äußerten sich mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2018 und E-Mail vom 6. Februar 2019 unter Vorlage von Unterlagen aus dem laufenden Strafverfahren. Die Landesanwaltschaft Bayern sah daraufhin zunächst von einer Einbehaltung des Ruhegehalts ab. Eine Verurteilung des Antragstellers erging mit Urteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019 (vgl. 3.), das infolge einer Revision durch die Staatsanwaltschaft München II noch nicht rechtskräftig ist. Die Staatsanwaltschaft München II übersandte der Landesanwaltschaft Bayern mit Schreiben vom 22. August 2019 das vorgenannte Urteil. Diese setzte daraufhin mit Verfügung vom 15. Juli 2020 das Disziplinarverfahren fort, konkretisierte es im Hinblick auf die tatsächlichen Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019 und setzte es erneut aus. Gleichzeitig stellte sie klar, dass weitere dem Antragsteller in der Einleitungsverfügung vom 18. April 2018 vorgeworfene Sachverhalte unverändert Gegenstand des Disziplinarverfahrens seien und nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens auf ihre disziplinarrechtliche Relevanz überprüft würden. Außerdem hörte sie den Antragsteller nochmals zum teilweisen Einbehalt des Ruhegehalts an. Die Bayerische Versorgungskammer übersandte mit Schreiben vom 27. Juli 2020 eine Simulation der Kürzung der Versorgungsbezüge von 10 v.H. bis 40 v.H.. Die Bevollmächtigten des Antragstellers äußerten sich mit Schriftsatz vom 7. August 2020. Eine Erklärung zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen legten sie bisher nicht vor.
3. Mit Urteil vom 8. April 2019 verurteilte das Landgericht München II den Antragsteller wegen Untreue (§ 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch – StGB) in sieben tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde; im Übrigen sprach es ihn frei und stellte das Verfahren ein.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Antragsteller als Landrat des Landkreises … und somit kraft Amtes als Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse … seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Kreissparkasse verletzt habe, indem er
– für eine Verwaltungsratsfahrt nach … im April 2011,
– eine Verwaltungsratsfahrt nach … im Dezember 2011,
– eine Bürgermeisterfahrt nach … im April 2012,
– drei Entenessen in den Jahren 2011 bis 2013 und
– eine Kreistagsfahrt nach … im Oktober 2011
sachlich nicht gerechtfertigte und unverhältnismäßig hohe Ausgaben getätigt habe. Die Fahrten hätten wegen der luxuriösen Ausgestaltung infolge Unterbringung in gehobenen Hotels, Essen in exklusiven Restaurants und umfangreichen Genusses alkoholischer Getränke, der Mitnahme der Ehepartner sowie des teilweise umfangreichen touristischen Begleitprogramms den Charakter von privaten Ausflugsfahrten gehabt (LG München II, U.v. 8.4.2019, Urteilsausfertigung = UA S. 25 – 93). Der Antragsteller habe der Kreissparkasse durch seine Taten einen Vermögensschaden in Höhe von insgesamt 153.479,62 € zugefügt (UA S. 18 und 402). Der Strafrahmen der Untreue reiche nach § 266 Abs. 1 StGB bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren (UA S. 395). Ein besonders schwerer Fall nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB liege nicht vor (UA S. 395). Die Voraussetzungen für eine Strafrahmenverschiebung nach § 46a Nr. 1 StGB seien zu bejahen, weil der Antragsteller zur Schadenswiedergutmachung einen Betrag in Höhe von 15.000 € an die Kreissparkasse gezahlt und sich im Rahmen einer Verwaltungsratssitzung persönlich entschuldigt habe (UA S. 396).
Im Hinblick auf den Abschluss eines Beratungsvertrags mit dem Mitangeklagten B., die Renovierung der Räumlichkeiten im Landratsamt, die Annahme von Geschenken, die Feier zum 70. Geburtstag des Zeugen F. und die Vorwürfe der Vorteilsgewährung/ -annahme sprach das Landgericht München II den Antragsteller frei (UA S. 18 – 20). Im Rahmen der Prüfung der Vorteilsgewährung/-annahme bejahte es seine Amtsträgereigenschaft (UA S. 362 f.).
Die Anklagepunkte Verwaltungsratsfahrt nach … 2013 und Kostenbeteiligung des Landkreises … an den Kosten der Geburtstagsfeier des Antragstellers wurden nach § 154 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt bzw. die Strafverfolgung insoweit nach § 154a Abs. 2 StPO beschränkt (UA S. 20 f.).
4. Mit Verfügung vom 14. August 2020 ordnete die Landesanwaltschaft Bayern die Einbehaltung von 30 v.H. der monatlichen Ruhegehaltsbezüge des Antragstellers an. Im Wesentlichen wortgleich wie im Urteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019 (dort UA S. 25 – 93) wurde ihm vorgeworfen, als Landrat des Landkreises … und somit kraft Amtes als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreissparkasse … seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der Kreissparkasse verletzt zu haben, indem er
– für eine Verwaltungsratsfahrt nach … im April 2011,
– eine Verwaltungsratsfahrt nach … im Dezember 2011,
– eine Bürgermeisterfahrt nach … im April 2012,
– drei Entenessen in den Jahren 2011 bis 2013 und
– eine Kreistagsfahrt nach … im Oktober 2011
sachlich nicht gerechtfertigte und unverhältnismäßig hohe Ausgaben getätigt habe (Verfügung LA Bayern v. 14.8.2020, S. 4 – 71).
Weiter wurde ausgeführt, dieses dem Antragsteller vorgeworfene Verhalten begründe ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen. Er habe in seiner Funktion als Landrat bzw. als Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse … gehandelt. Die Untreuehandlungen stellten Verstöße gegen die Pflicht zur Beachtung der Gesetze nach § 33 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) i.V.m. § 266 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 4 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB dar. Die Disziplinarbehörde gehe jedenfalls im Hinblick auf die Verwaltungsratsfahrten nach … und … von einem besonders schweren Fall der Untreue aus. Zur Tatbegehung habe der Antragsteller gerade die aus dem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis als Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse folgenden Befugnisse missbraucht. Weiter lägen Verstöße gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung aus § 34 Satz 2 BeamtStG sowie die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG vor. Jedenfalls im Hinblick auf die Bürgermeisterfahrt nach …, die Entenessen in der Gaststätte … und die Kreistagsfahrt nach … komme auch ein Verstoß gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG in Betracht. Diese Vorschrift reiche insofern weiter als § 331 Abs. 1 StGB, als das Kriterium der Dienstbezogenheit weiter sei als das Tatbestandsmerkmal „für die Dienstausübung“ in § 331 Abs. 1 StGB. Der Antragsteller habe vorsätzlich gehandelt. Die Einbehaltung des Ruhegehalts stütze sich auf Art. 39 Abs. 2 Satz 2 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG). Die Vorwürfe gegen ihn ließen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwarten, dass im Disziplinarverfahren auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werde. Aufgrund des Strafrahmens für Untreue bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf (§ 266 Abs. 1 StGB) bzw. in einem schweren Fall zehn Jahren (§ 266 Abs. 1, Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB) sei der Orientierungsrahmen bis zur Aberkennung des Ruhegehalts eröffnet. Auch wenn dem ausgeurteilten Strafmaß bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine indizielle Bedeutung zugemessen werde, sei die erhebliche Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten in den Blick zu nehmen. Der konkrete Unrechtsgehalt der Taten sei unabhängig hiervon sehr hoch. Die dem Antragsteller vorgeworfenen Straftaten umfassten sieben Einzeltaten der Untreue in einem Zeitraum von zwei Jahren und mit einem Schaden von insgesamt 199.073,33 €. Der Antragsteller habe sich durch die Taten selbst bereichert, die Tatbegehung sei teilweise unter Ausnutzung seiner dienstlichen Stellung als Verwaltungsratsvorsitzender erfolgt. Es lägen keine von der Rechtsprechung anerkannten oder sonstigen Milderungsgründe vor. Der Milderungsgrund des freiwilligen Offenbarens des Fehlverhaltens bzw. der freiwilligen Schadenswiedergutmachung sei nicht gegeben. Wegen der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarverfahren könne weder der Täter-Opfer-Ausgleich noch der Schadensersatz durch den Versicherer des Antragstellers die Schwere des Dienstvergehens dahin abmildern, dass von der Höchstmaßnahme abzusehen wäre. Die vorgeworfenen Sachverhalte hätten keinen Eingang in die Prüfberichte gefunden mit der Folge, dass die Regierung von Oberbayern und das Bayerische Staatsministerium des Innern als staatliche Aufsichtsbehörden keine Kenntnis erhalten hätten; jedenfalls habe der Unrechtsgehalt der vorgeworfenen Straftaten auch für einen juristischen Laien auf der Hand gelegen. Dass der Antragsteller bislang straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei, stelle eine Selbstverständlichkeit dar. Die Einbehaltung des Ruhegehalts erscheine unter Abwägung aller Umstände ermessensgerecht; die Höhe von 30 v.H. sei mangels Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen verhältnismäßig.
5. Am 28. Oktober 2020 ließ der Antragsteller durch seine Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München beantragen,
die mit Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern – Disziplinarbehörde – vom 14. August 2020 angeordnete Einbehaltung von 30 v.H. des monatlichen Ruhegehalts auszusetzen.
Er ließ vortragen, die Feststellungen aus dem gegen ihn ergangenen Urteil ließen nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erwarten, dass im Disziplinarverfahren auf Aberkennung des Ruhegehalts erkannt werde. Ein Verstoß gegen die Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung aus § 34 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG liege nicht vor, weil er sich bei den vorgeworfenen Anlässen nicht persönlich bereichert habe, sondern vielmehr als Delegationsleiter besonders gefordert gewesen sei und diese ihm auch keine Reputationssteigerung eingebracht hätten. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen die Pflicht aus § 42 BeamtStG vor, weil im Strafurteil festgehalten sei, dass er sich nicht einer Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB strafbar gemacht habe. Er sei zudem nicht wegen eines besonders schweren Falls der Untreue verurteilt worden. Der Schaden sei im Strafurteil mit 153.479,62 € angegeben und belaufe sich nicht, wie von der Landesanwaltschaft Bayern angegeben, auf 199.073,33 €. Jedenfalls liege kein irreversibler Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit vor. Die Persönlichkeit des Antragstellers sei unzutreffend gewürdigt worden. Er habe sich im März 2019 in einer außerordentlichen Verwaltungsratssitzung gegenüber dem Verwaltungsrat der Kreissparkasse … für „sein zu unkritisches Verhalten bzw. das Wegschieben seiner Bedenken und der sich daraus ergebenden Konsequenzen“ entschuldigt und außerdem eine überobligatorische Zahlung in Höhe von 15.000 € als immateriellen Schadensausgleich geleistet, überobligatorisch deshalb, weil der der Kreissparkasse entstandene Schaden bereits durch seinen Versicherer kompensiert worden sei. Zudem hätten die Aufsichtsgremien versagt; weder die Regierung von Oberbayern noch die Prüfungsstelle des Sparkassenverbands hätten Auffälligkeiten moniert. Schließlich habe die Disziplinarbehörde seine dienstlichen Leistungen und die fehlende Vorbelastung in straf- und disziplinarrechtlicher Hinsicht nicht ausreichend gewürdigt. Die vorgenannten Umstände seien wesentlich mildernd zu seinen Gunsten zu berücksichtigen.
Der Antragsgegner beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Er führte aus, aus dem Urteil des Landgerichts München II ergebe sich, dass der Antragsteller eigennützig gehandelt und dadurch unberechtigte Vorteile erlangt habe, insbesondere durch Teilnahme an den luxuriösen Reisen und den Entenessen in Begleitung seiner Ehefrau, weshalb sehr wohl ein Verstoß gegen die Pflicht zu uneigennütziger Amtsführung vorliege. Die Reisen seien im Wesentlichen durch den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden B. geplant und organisiert worden, so dass der Antragsteller als Delegationsleiter nicht sehr gefordert gewesen sei. Der Pflichtenverstoß gegen § 42 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG sei darin zu sehen, dass Vorteile in Bezug auf das Amt – und nicht wie bei § 331 StGB in Bezug auf die Dienstausübung – angenommen würden. Die rechtliche Bindungswirkung des Art. 25 Abs. 1 BayDG erstrecke sich nicht auf die strafrechtliche Bewertung. Das Strafurteil habe offensichtlich übersehen, dass die Amtsträgerschaft des Antragstellers zur Annahme eines besonders schweren Falls im Sinne von § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB führe. Seine späte Einsicht im Strafverfahren lasse das Dienstvergehen nicht in einem milderen Licht erscheinen. Er habe in aktivem Zusammenwirken mit dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden B. der Kreissparkasse … den Zuschnitt der Veranstaltungen und Fahrten festgelegt. Eine Entschuldigung gegenüber dem Verwaltungsrat der Kreissparkasse sei zu erwarten und führe nicht zu einer milderen Disziplinarmaßnahme. Wie im Strafurteil festgestellt hätten weder die Regierung von Oberbayern noch das Bayerische Staatsministerium des Inneren von den zu beanstandenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Antragsteller habe zudem im Strafverfahren eingeräumt, dass er um die überzogenen Kosten und die nicht gerechtfertigte Teilnahme der Ehepartner gewusst habe, sodass es aufsichtlicher Hinweise nicht bedurft habe. Selbst eine unzureichende Kontrolle wirke sich nicht entlastend für einen Beamten aus, weil von ihm aufgrund seiner besonderen Treuepflicht auch ohne eine solche eine zuverlässige und ehrliche Diensterfüllung erwartet werden könne. Es gebe vorliegend weder einzelne noch in der Gesamtheit ausreichende Milderungsgründe für ein Absehen von der Höchstmaßnahme.
Mit weiterem Schreiben vom 18. November 2020 erläuterte der Antragsgegner die von ihm angenommene Schadenshöhe von 199.073,33 €.
Der Antragsteller ließ mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 14. Dezember 2020 erwidern, sowohl für sich genommen als auch in der Gesamtschau lägen ausreichend Gründe vor, um ein Absehen von der Höchstmaßnahme zu rechtfertigen. Eine besondere Fallgestaltung sei im vorliegenden Fall darin begründet, dass er offen gehandelt und eine seit Jahrzehnten von keiner Seite bemängelte Praxis übernommen habe, die aus heutiger Sicht mit anderen Maßstäben bewertet werde. Eine persönliche Bereicherung sei zu verneinen, insbesondere habe die Teilnahme der Ehefrauen an den Fahrten der Tradition entsprochen. Die Veranstaltungen hätten ihn in besonderem Maße gefordert, weil er etwa die Verwaltungsratssitzungen zu leiten gehabt und durch die Tagungen habe führen müssen. Eine weitere Besonderheit des Falls sei, dass nach dem Sparkassenrecht vorgeschriebene regelmäßige Kontrollmechanismen unzureichend durchgeführt worden seien, ohne dass es ihm gegenüber zu irgendeinem Zeitpunkt einen Hinweis auf ein unrechtmäßiges Verhalten gegeben habe. Eine Aberkennung des Ruhegehalts sei nicht verhältnismäßig, weil sämtliche Kontrollmechanismen versagt hätten, der Schaden freiwillig und überobligatorisch wieder gutgemacht worden sei, der Dienstherr entgegen seiner Verpflichtung nicht frühzeitig eingeschritten sei, der Antragsteller nicht vorbelastet sei, 30 Jahre verantwortungsvoll gehandelt und überdurchschnittliche Leistungen erbracht, Einsicht gezeigt und ein Geständnis abgelegt habe sowie durch die lange Verfahrensdauer sehr belastet sei.
Hinsichtlich der Einzelheiten der dem Antragsteller vorgeworfenen Taten wird auf Seite 25 – 93 des Urteils des Landgerichts München II vom 8. April 2019 und Seite 4 – 71 der Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 14. August 2020 Bezug genommen, hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegten Akten (Disziplinar-akten, Versorgungsakten, Urteil des LG München II S. 1 – 415) und die Gerichtsakte.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 BayDG kann die Disziplinarbehörde bei voraussichtlicher Aberkennung des Ruhegehalts die Einbehaltung von bis zu 30 v.H. des Ruhegehalts anordnen.
Der Ruhestandsbeamte kann bei dem Gericht der Hauptsache die Aussetzung der Einbehaltung von Ruhegehalt beantragen (Art. 61 Abs. 1 BayDG). Die Einbehaltung ist auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen (Art. 61 Abs. 2 BayDG). Solche Zweifel sind immer dann anzunehmen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts offen ist, ob die Prognose gerechtfertigt ist, gegen den Beamten werde im Disziplinarverfahren voraussichtlich die Aberkennung des Ruhegehalts ausgesprochen. Diese Prognose ist anhand einer summarischen Prüfung im Eilverfahren vorzunehmen, wobei die Wahrscheinlichkeit der Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme betrachtet werden muss. Ist zumindest ebenso wahrscheinlich, dass von der Höchstmaßnahme abgesehen wird, ist die Rechtmäßigkeit der Einbehaltung von Ruhegehalt offen und damit von ernstlichen Zweifel gemäß Art. 61 Abs. 2 BayDG auszugehen (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2019 – 16a DS 19.1720 – juris Rn. 6; Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Stand: Aug. 2020, Art. 61 Rn. 6).
Hinsichtlich des dem Beamten zur Last gelegten Dienstvergehens genügt hierbei die Feststellung, dass er dieses mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen hat; nicht erforderlich ist hingegen, dass es bereits in vollem Umfang nachgewiesen ist. Da im gerichtlichen Verfahren nach Art. 61 BayDG für eigene Beweiserhebungen des Gerichts im Regelfall kein Raum ist, muss es anhand einer ihrer Natur nach lediglich summarisch möglichen Prüfung des Sachverhalts aufgrund der aktuellen Aktenlage entscheiden. Eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Dienstvergehens ergibt sich regelmäßig aus der Erhebung der öffentlichen Klage (§ 170 Abs. 1 StPO) bzw. aus der Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO), die einen hinreichenden Tatverdacht voraussetzen (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2019 – 16a DS 19.1720 – juris 7 m.w.N.). Hier liegt sogar bereits ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019 vor.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Einbehaltung von 30 v.H. des Ruhegehalts.
1. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 14. August 2020 bestehen nicht. Mit Schreiben vom 18. April 2018 wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller eingeleitet. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2018 und 15. Juli 2020 wurde er zum beabsichtigten Einbehalt des Ruhegehalts angehört.
2. Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung die tatsächlichen Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts München II vom 8. April 2019, dort S. 25 – 93, zugrunde, die in der streitgegenständlichen Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern vom 14. August 2020, dort S. 4 – 71, wiedergegeben sind, soweit sie den Antragsteller betreffen. Das Urteil des Landgerichts München II ist zwar nicht rechtskräftig und entfaltet daher keine Bindungswirkung nach Art. 55 Halbs. 1, Art. 25 Abs. 1 BayDG. An seinen tatsächlichen Feststellungen bestehen aufgrund der detaillierten und umfangreichen Sachverhaltsermittlung an 26 Hauptverhandlungstagen unter Einbeziehung umfangreicher schriftlicher Beweismittel dennoch keine Zweifel. Dementsprechend hat der Antragsteller gegen das Urteil auch keine Rechtsmittel eingelegt und sich im behördlichen und gerichtlichen Disziplinarverfahren auch nicht gegen dessen tatsächliche Feststellungen gewandt.
Nach den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts München II sind dem Antragsteller damit folgende Taten vorzuwerfen:
2.1. Zusammen mit dem Vorstandsvorsitzenden B. der Kreissparkasse … hat er in der Zeit vom 7. – 9. April 2011 eine Verwaltungsratsfahrt nach … und vom 2. – 4. Dezember 2011 eine Verwaltungsratsfahrt nach … organisiert und durchgeführt. An diesen Fahrten nahmen alle acht Verwaltungsratsmitglieder der Kreissparkasse, darunter auch der Antragsteller und der Vorstandsvorsitzende B., teil, außerdem der stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende F. und Vorstände der Kreissparkasse und ihre Stellvertreter sowie ein Sparkassenmitarbeiter, wobei die Teilnehmer – ebenso wie der Antragsteller – überwiegend in Begleitung ihrer Ehefrauen reisten. Dabei gab es weder für die Durchführung einer Verwaltungsratssitzung in … oder … noch für die Mitreise der Ehegattinnen einen sachlichen Grund. Die Unterbringung erfolgte bei beiden Reisen in 5-Sterne-Hotels, die Einnahme von Speisen und Getränken im Hotel oder in gehobenen Restaurants. Die Kosten der Reisen inklusive hoher Beträge für Getränke und Geschenke für die Reisenden wurden komplett von der Kreissparkasse getragen (mit Ausnahme der Anreise nach …*), die auch die pauschale Versteuerung der Reisekosten übernahm. Für die Fahrt nach … fielen Reisekosten in Höhe von 34.903,22 € und ein Betrag für die Versteuerung der Reisekosten in Höhe von 11.779,83 € an, insgesamt 46.683,05 €, für die Fahrt nach … Kosten in Höhe von 24.065,99 €.
2.2. Auf Initiative des Antragstellers organisierte der Mitangeklagte B. zur Informationsgewinnung im Bereich Regionalentwicklung eine Bürgermeisterfahrt nach …, die vom 20. – 22. April 2012 durchgeführt wurde. An der Reise nahmen insgesamt 41 Personen teil, darunter der Antragsteller in Begleitung seiner Ehefrau, außerdem 16 der 17 eingeladenen Bürgermeister. Die Unterbringung erfolgte im 5-Sterne Luxushotel „… … … … * …“ in … Die Speisen wurden im Wesentlichen im Hotel eingenommen. Programmpunkte waren zwei Vorträge sowie eine Gondelfahrt zum … Die Reise wurde im Interesse des Landkreises durchgeführt und diente der Gewinnung von Informationen über die touristische Entwicklung in ähnlich dem Landkreis … strukturierten Tourismusgebieten; sie hatte keinen unmittelbaren Bezug zur Geschäftstätigkeit der Kreissparkasse. Für die Mitnahme der Ehepartner gab es ebenso wenig einen sachlichen Grund wie für die luxuriöse Ausgestaltung der Reise. Die entstandenen Kosten in Höhe von 85.244,76 € wurden komplett von der Kreissparkasse … übernommen, die für die Mitnahme der Ehepartner eine Erstattung in Höhe von 100 € pro Person (insgesamt 1.700 €) und einen Kostenbeitrag des Landkreises in Höhe von 36.000 € erhielt.
2.3. Im Januar der Jahre 2011 – 2013 sprach der Antragsteller eine Einladung an die Teilnehmer eines am … stattfindenden Landräteseminars zu einem Entenessen in der Traditionsgaststätte … in … aus. Diese Einladung zum Abschluss des Seminars ging auf eine seit 1978 bestehende und bereits von seinen Vorgängern praktizierte Tradition zurück. Neben den Seminarteilnehmern wurden noch weitere Gäste hinzu geladen. Die Kosten der Entenessen wurden komplett durch die Kreissparkasse getragen. Einen konkreten Bezug zum Landkreis … oder zur örtlichen Kreissparkasse hatten die Seminarprogramme in den Jahren 2011 – 2013 nicht. An den Entenessen 2011 und 2012 nahm der Antragsteller jeweils in Begleitung, 2013 alleine teil. Für die Entenessen entstanden Kosten in Höhe von 4.603,20 € (2011) 5.090,70 € (2012) und 4.575,60 € (2013).
2.4. Der Antragsteller lud insgesamt 79 Personen, darunter er selbst, in der Zeit vom 1. – 3. Oktober 2011 zu einer Fahrt des Kreistags des Landkreises … nach … in Österreich ein. Die Gemeinde … ist Partnergemeinde der im Landkreis … gelegenen Gemeinde … Die Reise hatte keinen Bezug zur Geschäftstätigkeit der Kreissparkasse … Dennoch bezahlte diese aufgrund einer Verständigung zwischen dem Antragsteller und dem Mitangeklagten B. einen Zuschuss in Höhe von 20.000 €. Für die Versteuerung dieses Zuschusses fielen Kosten in Höhe von 3.760,02 € (Kapitalertragsteuer) und 6.750 € (Lohnsteuer) an.
2.5. Dem Antragsteller war dabei hinsichtlich der Verwaltungsratsfahrten nach … im April 2011 und nach … im Dezember 2011 bekannt, dass eine fachliche Veranlassung für die Durchführung der Reisen und ihre luxuriöse Ausgestaltung nicht existierte. Er wählte die Reiseziele insbesondere deshalb aus, weil hierdurch schöne Reisen zu touristisch besonders interessanten Zielen veranstaltet werden sollten. Hinsichtlich der Bürgermeisterfahrt nach … im April 2012, der Entenessen in den Jahren 2011 – 2013 und der Kreistagsfahrt nach … im Oktober 2011 war ihm bewusst, dass ein konkreter Sachbezug zur Tätigkeit der Kreissparkasse nicht bestand. Ihm war auch klar, dass eine sachliche Veranlassung für die Teilnahme der Ehepartner an den Reisen und Essen nicht vorlag.
2.6. Im Gegensatz zu den vorstehenden tatsächlichen Feststellungen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt, erachtet es dagegen die Aussage des Urteils, der Antragsteller habe der Kreissparkasse durch seine Taten einen Gesamtvermögensschaden in Höhe von (lediglich) 153.479,62 € zugefügt (UA S. 18 und 402), als nicht zutreffend. Dieses Gesamtergebnis widerspricht der Auflistung der einzelnen Schadenspositionen auf Seite 16 f. des strafgerichtlichen Urteils und auch den diesbezüglichen übrigen Ausführungen in dem Urteil. In Übereinstimmung mit der Landesanwaltschaft Bayern nimmt das erkennende Gericht eine Schadenshöhe von 199.073,32 € an, die sich aus folgenden Einzelpositionen zusammensetzt:
Anlass
Schadenssumme in €
Fundstellen im Urteil des LG München II
Zusätzliche Erläuterung
Verwaltungsratsfahrt nach … im April 2011
46.683,05
S. 16, 319
Bei Addition der Reisekosten in Höhe von 34.903,22 € und der Kosten der Versteuerung in Höhe von 11.779,83 € ist dem LG bei den Cent-Beträgen ein Fehler unterlaufen. Richtigerweise beträgt das Ergebnis 46.683,05 €.
Verwaltungsratsfahrt nach … im Dezember 2011
24.065,99
S. 16, 326
Bürgermeisterfahrt nach … im April 2012
83.544,76
S. 16, 333
Entenessen in den Jahren 2011 bis 2013
4.603,20
5.090,70
4.575,60
S. 17, 337
Kreistagsfahrt nach … im Oktober 2011
23.760,02
6.750,00
S. 92, 341
Beim Ansatz eines Betrags in Höhe von 23.760,02 € (UA S. 17, 400) wurde irrtümlich die pauschalierte Lohnsteuer zzgl. Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 6.750,- € (S. 92, 341) nicht berücksichtigt.
Gesamtschaden
199.073,32
3. Aufgrund der ihm vorgeworfenen Untreuetaten hat der Antragsteller die Pflicht zur Beachtung der Gesetze aus § 33 Abs. 1 Nr. 3 BeamtStG verletzt. In strafrechtlicher Hinsicht hat er sich der Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB in sieben tatmehrheitlichen Fällen strafbar gemacht. Dabei liegt jedenfalls im Hinblick auf die Verwaltungsratsfahrten nach … im April 2011 und nach … im Dezember 2011 Untreue in einem besonders schweren Fall vor (vgl. § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 StGB), weil er seine Befugnisse als Amtsträger im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. b StGB missbraucht hat, wobei die Eigenschaft als Amtsträger durch seine Ämter als Landrat (Art. 31 Landkreisordnung – LKrO) und Verwaltungsratsvorsitzender (Art. 7 Abs. 1 lit. b, Art. 6 Abs. 1 Nr. 1, Art. 5 Abs. 5 SpkG) der Kreissparkasse … begründet wird. Hinsichtlich der Bürgermeisterfahrt nach … im April 2012, der Entenessen in den Jahren 2011 – 2013 und der Kreistagsfahrt nach … im Oktober 2011 dürfte die Regelannahme eines besonders schweren Falls in § 263 Abs. 3 Satz 2 StGB entkräftet sein, weil zumindest ein entfernter dienstlicher Bezug vorliegen dürfte, der die Möglichkeit der sachlichen Rechtfertigung der Ausgaben als nicht ganz fernliegend erscheinen lässt. Die vorgenannten Straftaten können daher mit Freiheitsstrafe bis zu zehn (§ 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB), jedenfalls aber bis zu fünf Jahren (§ 266 Abs. 1 StGB) geahndet werden. Bei dieser Wertung ist das Gericht nicht an die Rechtsauffassung des Strafgerichts gebunden, weil sich die Bindungswirkung eines strafgerichtlichen Urteils – selbst im Falle seiner Rechtskraft – nach Art. 25 Abs. 1 BayDG nur auf die tatsächlichen Feststellungen, nicht auf die rechtliche Würdigung bezieht. Es leuchtet zudem nicht ein, das das Landgericht München II zwar die Amtsträgereigenschaft des Antragstellers bejaht (UA S. 362 f.), diesen Umstand im Rahmen des Untreuetatbestands aber unerwähnt lässt.
Weiter hat der Antragsteller seine Pflicht zu uneigennütziger Amtsführung aus § 34 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG verletzt. Mit Ausnahme des Entenessens im Jahr 2013, bei dem seine Ehefrau nicht anwesend war, hat er an allen von den Vorwürfen gegen ihn erfassten Anlässen selbst und in Begleitung seiner Ehefrau teilgenommen und damit nicht unerhebliche materielle Vorteile in Anspruch genommen. Weil allein aufgrund dessen die Pflicht zu uneigennütziger Amtsführung verletzt ist, kommt es nicht darauf an, ob er als „Delegationsleiter“ besonders gefordert war oder ob die Fahrten und Essen ihm eine Reputationssteigerung eingebracht haben.
Durch die ihm vorgeworfenen Taten hat der Antragsteller außerdem die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG verletzt.
Zuletzt liegt in seinem Verhalten auch ein Verstoß gegen die Pflicht aus § 42 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der ein Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen statuiert. Dessen Voraussetzungen gehen weiter als die der Strafvorschrift des § 331 Abs. 1 StGB, weil die in § 42 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG verwendete Formulierung „in Bezug auf ihr Amt“ umfassender ist als die in § 331 Abs. 1 StGB enthaltene Voraussetzung „für die Dienstausübung“ (Zängl, Bayer. Disziplinarrecht, Stand Aug. 2020, MatR/II Rn. 354), so dass der Freispruch vom Vorwurf der Vorteilsgewährung/-annahme durch das Landgericht München II (UA S. 362 ff.) der Bejahung dieser Pflichtverletzung nicht entgegensteht.
3. Das Fehlverhalten des Antragstellers stellt ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen dar (§ 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG), weil das pflichtwidrige Verhalten in seine Ämter als Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender der Kreissparkasse und in die damit verbundenen dienstlichen Tätigkeiten eingebunden war (vgl. nur BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 14). Als Landrat war der Antragsteller zugleich Mitglied und Vorsitzender des Verwaltungsrats (Art. 7 Abs. 1 lit. b, Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 SpkG).
4. Dem Antragsteller ist hinsichtlich aller Vorwürfe Vorsatz anzulasten, er handelte jeweils willentlich und in Kenntnis aller Tatumstände.
5. Das Fehlverhalten des Antragstellers wiegt voraussichtlich schwer im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BayDG. Da er, wäre er noch im Dienst, bei überschlägiger Prüfung aufgrund seines Fehlverhaltens nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen wäre, ist ihm als Ruhestandsbeamter nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG voraussichtlich das Ruhegehalt abzuerkennen.
Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild des Beamten und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14 – juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 5.10.2016 – 16a D 14.2285 – juris Rn. 55). Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BayVGH, U.v. 29.6.2016 – 16b D 13.993 – juris Rn. 36).
Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße und Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 16b D 14.2351 – juris Rn. 73).
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis setzt dabei voraus, dass der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
Zur konkreten Bestimmung der disziplinaren Maßnahmebemessung ist auch bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen in einer ersten Stufe auf den Strafrahmen zurückzugreifen, weil der Gesetzgeber mit der Strafandrohung seine Einschätzung zum Unwert des Verhaltens verbindlich zum Ausdruck gebracht hat (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Ls. und Rn. 15). Für die disziplinarrechtliche Ahndung einer innerdienstlichen Straftat mit einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 5.10.2016 – 16a D 14.2285 – juris Rn. 59). Damit ist hier im Hinblick auf den nach § 266 Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 1 StGB eröffneten Strafrahmen von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe für Untreue in einem besonders schweren Fall der Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnet. Nichts anderes würde gelten, wenn man lediglich auf den Strafrahmen der (einfachen) Untreue abstellt, für die nach § 266 Abs. 1 StGB eine Strafandrohung von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe gilt.
Bei dem vorliegenden innerdienstlichen Dienstvergehen kommt dem ausgeurteilten Strafmaß keine indizielle Bedeutung zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Ls.). Unabhängig davon hat das Landgericht München II den Antragsteller zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt.
Danach bildet vorliegend die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts den Ausgangspunkt der disziplinarrechtlichen Maßnahmezumessung. Dieses Ergebnis ist auch angesichts einer konkreten Betrachtung der Taten aufrecht zu erhalten. Der Antragsteller hat zwischen 2011 und 2013 sieben mehrheitliche Straftaten der Untreue begangen, die in jeweils mehraktigen Handlungen bestanden, zu Lasten der Kreissparkasse einen Schaden von nahezu 200.000 € verursacht und dabei seine Befugnisse als Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender missbraucht. Er hat dabei im Kernbereich seiner Pflichten versagt. Obwohl er als Verwaltungsratsvorsitzender gerade die Aufgabe hatte, die Geschäftsführung durch den Vorstand zu überwachen (vgl. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 SpkG) und hierdurch Untreuehandlungen zu verhindern, hat er diesen nicht nur nicht entgegengewirkt, sondern sich selbst maßgeblich und öffentlichkeitswirksam daran beteiligt. Als Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender hatte er besondere Pflichten und eine besondere Vertrauensstellung inne, denen er durch seinen sorglosen Umgang mit öffentlichen Geldern nicht gerecht wurde. Seinen weitreichenden Befugnissen in diesen Ämtern stehen hohe Anforderungen an seine Führungsfähigkeiten und seine persönliche Integrität gegenüber. Sein Fehlverhalten ist daher in besonderem Maß geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Kommunal- und Sparkassenverwaltung zu beschädigen (BayVGH, U.v. 21.12.1016 – 16a D 13.2335 – juris Rn. 107 zum vergleichbaren Fall eines ersten Bürgermeisters).
6. Von der danach voraussichtlich auszusprechenden Höchstmaßnahme ist hier auch nicht ausnahmsweise zugunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzusehen, weil Milderungsgründe vorliegen, die geeignet sein könnten, das schwere Dienstvergehen des Antragstellers als weniger gravierend erscheinen zu lassen, und die nicht durch Erschwerungsgründe aufgewogen werden. Vorliegend sind schon keine mildernden Umstände von nennenswertem Gewicht ersichtlich, die ein Abweichen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten.
6.1. Ein Milderungsgrund von durchschlagendem Gewicht kann nicht darin gesehen werden, dass der Antragsteller über den Ersatz des unter seiner Mitwirkung entstandenen Schadens durch Einschaltung und Leistung seines Versicherers hinaus eine überobligatorische Zahlung an die Kreissparkasse … in Höhe von 15.000 € geleistet und sich im März 2019 in einer außerordentlichen Verwaltungsratssitzung gegenüber dem Verwaltungsrat der Kreissparkasse entschuldigt hat. Dieser Schadenswiedergutmachung kommt kein nennenswert milderndes Gewicht zu. Der Ersatz des Schadens ist nicht durch ihn persönlich, sondern durch seinen Versicherer erfolgt und war im Übrigen Voraussetzung dafür, dass das Landgericht München II überhaupt eine Verurteilung nicht über elf Monate ausgesprochen hat, die – anders als eine Verurteilung von über einem Jahr – nicht den automatischen Verlust seiner Beamtenrechte nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG zur Folge hatte (vgl. die Hinweise des LG München II in der Hauptverhandlung v. 5.12.2018, Disziplinarakte S. 267). Die überobligatorische Zahlung und die Entschuldigung sind zudem erst nach Entdeckung der Taten und Einleitung des Disziplinarverfahrens erfolgt und können daher als nachträgliche Maßnahmen nicht dasselbe Gewicht beanspruchen wie ein Verhalten vor Aufdeckung der Taten (BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 16a D 18.1764 – juris Rn. 69).
6.2. Die von den Bevollmächtigten des Antragstellers angeführte verspätete Einleitung des Disziplinarverfahrens begründet ebenfalls keinen mildernden Umstand. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass der Dienstherr bei zeitlich gestreckt auftretenden Dienstpflichtverletzungen, die nach ihrer Schwere für sich genommen keine höheren Disziplinarmaßnahmen gebieten, in der Regel zunächst zeitnah zur begangenen Verletzungshandlung mit niederschwelligen disziplinaren Maßnahmen auf den Beamten einwirkt (BVerwG, B.v. 28.11.2019 – 2 VR 3.19 – juris Rn. 25; U.v. 15.11.2018 – 2 C 60.17 – juris). Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch schon an zeitlich gestreckt auftretenden Dienstpflichtverletzungen, weil die schwerwiegenden Untreuetaten der Verwaltungsratsfahrten nach … und …, der Bürgermeisterfahrt nach … und der Kreistagsfahrt nach … zwischen April 2011 und April 2012 und damit innerhalb eines Jahres stattfanden. Die Entenessen in den Jahren 2011 – 2013 fallen demgegenüber nicht nennenswert ins Gewicht. Infolge der zeitlich nah beieinanderliegenden Untreuetaten hätte ein Disziplinarverfahren nicht so zeitnah eingeleitet werden können, dass es den Antragsteller vor weiteren Taten abgehalten hätte, sodass ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht ersichtlich ist. Im Übrigen hat der Dienstherr nicht – wie in den vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fällen – sehenden Auges von der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Antragsteller abgesehen, um weitere Beweise gegen ihn zu sammeln, sondern hatte keine Kenntnis von den Dienstpflichtverstößen.
6.3. Nicht maßgeblich zu Gunsten des Antragstellers spricht weiter, dass die Aufsichtsgremien der Kreissparkasse nicht eingegriffen und der Praxis der nicht gerechtfertigten und überdies überhöhten Ausgaben für Reisen und Essen kein Ende bereitet haben. Die Kreissparkasse unterliegt der Rechtsaufsicht der Regierung von Oberbayern (vgl. Art. 13 Abs. 1 SpkG) und der Fachaufsicht durch die Prüfungsstelle des Bayerischen Sparkassenverbands (vgl. Art. 22 Abs. 2 SpkG).
Die unzureichende Wahrnehmung der Fachaufsicht wirkt sich nicht zu Gunsten des Antragstellers aus. Zwar liegt ein vorwerfbares Unterlassen der fachaufsichtlichen Stellen darin, dass die von der Prüfungsstellenleitung unterzeichneten Prüfberichte für die Jahre 2009 bis 2012 keinen Hinweis auf die Unzulässigkeit der getätigten Ausgaben enthielten. In der Folge wurden weder die agierenden Personen auf die Unzulässigkeit der von ihnen praktizierten Handhabung hingewiesen noch gelangten diese Umstände der Regierung von Oberbayern und dem Bayerischen Staatsministerium des Inneren zur Kenntnis (vgl. LG München II, UA S. 114 – 116). Eines Hinweises an den Antragsteller bedurfte es hier jedoch nicht. Die vorgeworfenen Ausgaben für Reisen und Essen gingen in so eklatanter Weise über das zulässige Maß hinaus, dass ihm deren Unzulässigkeit klar sein musste. Exemplarisch zu verweisen ist hier etwa auf die Unterbringung in 5-Sterne Hotels bei den für die Tätigkeit des Verwaltungsrats nicht erforderlichen Reisen nach … und …, einen Betrag in Höhe von 9.100 € für Getränke bei der Verwaltungsratsfahrt nach … oder die Teilnahme der Ehegattinnen an allen vorgeworfenen Anlässen. Entsprechend hat der Antragsteller im strafrechtlichen Verfahren etwa hinsichtlich der Verwaltungsratsfahrt nach … ausdrücklich bekundet, ihm sei bewusst gewesen, dass diese nicht in Ordnung gewesen sei und auch die Ehepartner nicht auf Kosten der Kreissparkasse hätten mitreisen dürfen. Entsprechende Aussagen hat er zu den anderen Ausgaben für Reisen und Essen getätigt (vgl. die Beweiswürdigung im Urteil des LG München II, UA S. 164 ff.), so dass bei ihm auch ohne Überwachungsmaßnahmen positive Kenntnis der Unzulässigkeit seines Verhaltens vorlag.
Auch das Ausbleiben rechtsaufsichtlicher Maßnahmen begründet keinen Milderungsgrund. Ein Tätigwerden der Regierung von Oberbayern und des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren konnte vorliegend mangels Kenntnis von den rechtswidrigen Zuständen nicht erfolgen. Eine Vernachlässigung der Aufsichtspflicht kann sich nur dann mildernd auswirken, wenn konkrete Anhaltspunkte für Umstände vorliegen, die ausreichende Kontrollmaßnahmen unerlässlich machen, diese aber pflichtwidrig unterblieben sind (BVerwG, B.v. 20.12.2016 – 2 B 110.15 – juris Rn. 11; BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 16a D 18.1764 – juris Rn. 64 ff.). Ansonsten führt eine unzureichende Kontrolle regelmäßig nicht zur Entlastung für einen Beamten. Gerade Beamte müssen aufgrund ihrer besonderen Treuepflicht auch dann zuverlässig Dienst leisten, wenn eine lückenlose Kontrolle der Betriebsabläufe und des Personals nicht durchführbar ist. Von einem Beamten muss erwartet werden, dass er sich auch dann ehrlich verhält, wenn er nicht besonders überwacht wird (BayVGH, U.v. 30.9.2020 – 16a D 18.1764 – juris Rn. 65). Hier lagen der Regierung von Oberbayern und dem Bayerischen Staatsministerium des Innern keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit intensiverer Kontrollmaßnahmen vor.
6.4. Nicht zugunsten des Antragstellers herangezogen werden kann auch der von seinen Bevollmächtigten angeführte Umstand, dass die sieben Untreuetaten nicht zu seiner Bereicherung geführt hätten. Zutreffend ist zwar, dass der hohe Gesamtschadensbetrag nur zu einem geringen Teil ihm und seiner Ehefrau persönlich zugutekam, indem auch sie in den Genuss von luxuriösen Reisen sowie kostenlosen Speisen und Getränken kamen. Dennoch hat er mit den Untreuetaten seine Vermögensbetreuungspflicht in erheblichem Maße verletzt.
6.5. Die fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung des Antragstellers ist als neutral zu werten und führt ebenfalls nicht zu einem milderen Ergebnis. Sie stellt ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar und ist nicht ausreichend, um die Schwere des Dienstvergehens derart abzumildern, dass von einer Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen werden könnte. Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derart gravierende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 09.3029 – juris Rn. 96). Dabei kann auch ein überdurchschnittliches Engagement als Landrat die zu Lasten der Kreissparkasse begangenen Untreuehandlungen, bei denen es sich um einen gravierenden Pflichtverstoß handelt, nicht ungeschehen machen (BayVGH, U.v. 21.12.2016 – 16a D 13.2335 – juris Rn. 113 zum vergleichbaren Fall eines ersten Bürgermeisters).
6.6. Nicht maßgeblich zugunsten des Antragstellers spricht weiter, dass er durch das seit vielen Jahren laufende Strafverfahren mit 26 Hauptverhandlungstagen in 1. Instanz und das Disziplinarverfahren stark belastet wird. Auch diesem Milderungsgrund kommt kein nennenswert milderndes Gewicht zu, weil beide Verfahren Ausfluss seiner Verfehlungen als kommunaler Wahlbeamter sind.
6.7. Allein zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen ist danach, dass er die rechtswidrige Tradition der Entenessen bereits bei seinem Amtsantritt vorgefunden hat und diese bis ins Jahr 1978 zurückgeht. Im Hinblick auf diese langjährige Praxis lag deren Rechtswidrigkeit für ihn jedenfalls nicht auf der Hand. Der Schwerpunkt des Vorwurfs liegt damit nicht darin, diese Praxis begründet, sondern es unterlassen zu haben, sie zu beenden (BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 16a D 17.907 – juris Rn. 34). Die Entenessen stehen hinsichtlich ihrer Vorwerfbarkeit und der durch sie verursachten Schadenssumme jedoch hinter den anderen Untreuetaten, so dass sich dieser Milderungsgrund nicht gravierend auswirkt.
6.8. Mit hohem Gewicht zu Lasten des Antragstellers zu berücksichtigen ist demgegenüber seine herausgehobene Rolle in der Kommunalverwaltung. Als Landrat, der das Landratsamt … leitete und in dieser Funktion Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse … war, hatte er – wie dargestellt – eine Vorbildrolle mit besonderer Öffentlichkeitswirksamkeit und eine besondere Vertrauensstellung inne, denen er mit seinem Verhalten nicht gerecht wurde. Mit seinen Taten hat er im Hinblick auf seine Vermögensbetreuungspflicht für öffentliche Mittel in besonderem Maße versagt. Sein Vorgehen wurde zudem einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
In einer Gesamtschau der derzeit bekannten be- und entlastenden Umstände ist daher die Prognose der Aberkennung des Ruhegehalts zu treffen. Der Antragsteller hat durch die vorgeworfene Untreue in sieben Fällen einen endgültigen und vollständigen Verlust seines Ansehens als Landrat und Verwaltungsratsvorsitzender verursacht und müsste, wäre er noch im Dienst, aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Demzufolge ist ihm als Ruhestandsbeamten nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG voraussichtlich das Ruhegehalt abzuerkennen.
In der Folge hieraus ist die Einbehaltung des Ruhegehalts nach Art. 39 Abs. 2 Satz 2 BayDG zulässig. Die Einbehaltung des Höchstsatzes von 30 v.H. ist dabei nicht zu beanstanden; der Antragsteller hat keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht, die dem entgegenstehen würden.
Der Antrag war daher abzulehnen. Die Kostenfolge ergibt sich aus Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG gerichtsgebührenfrei.


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