Verwaltungsrecht

Gewährung des Baukindergelds Plus

Aktenzeichen  6 ZB 20.1652

Datum:
14.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 24803
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1
BayHO Art. 23, Art. 44
Bayerisches Förderprogramm Baukindergeld Plus

 

Leitsatz

Für Kinder, die nach der Antragstellung geboren werden, kann kein Baukindergeld des Bundes und kein Kindergeld Plus nach dem bayerische Förderprogramm gewährt werden. (Rn. 10 und 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 8 K 20.330 2020-05-25 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. Mai 2020 – W 8 K 20.330 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin‚ die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen‚ bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 VwGO liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Die Klägerin begehrt eine höhere Förderung nach den Richtlinien für die Gewährung des Baukindergelds Plus zum Bau oder Erwerb von selbstgenutztem Wohnraum für Familien mit Kindern und Alleinerziehende in Bayern (Baukindergeld-Plus-Richtlinien – BayBauKGPR) vom 14. September 2018 (AllMBl. S. 905) durch die Berücksichtigung eines weiteren Kindes.
Sie erwarb im Wege des Zweiterwerbs 2019 ein Einfamilienhaus in H. zu eigenen Wohnzwecken. Für diese Immobilie bestätigte die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit Schreiben vom 1. April 2019 die Auszahlung der ersten von zehn Zuschussraten des am 22. März 2019 beantragten Baukindergeldes des Bundes in Höhe von 2.400 € pro Jahr, wobei die beiden vor Antragstellung bei der KfW geborenen Kinder der Klägerin berücksichtigt worden sind. Am 15. Oktober 2019 beantragte die Klägerin bei der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt (BayernLabo) die Bewilligung des Bayerischen Baukindergeldes Plus, wobei neben den beiden von der KfW berücksichtigten Kindern auch der am 20. Juli 2019 geborene Sohn E. angegeben wurde. Mit Zuwendungsbescheid vom 17. Dezember 2019 bewilligte die BayernLabo ein Baukindergeld Plus von jährlich 600 € auf die Dauer von zehn Jahren für die beiden erstgeborenen Kinder.
Hiergegen erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht mit dem Antrag, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides der BayernLabo vom 17. Dezember 2019 zu verpflichten, der Klägerin ein Baukindergeld Plus von jährlich 900 € auf die Dauer von zehn Jahren zu bewilligen. Das zuletzt geborene dritte Kind sei zu Unrecht bei der Förderung nicht berücksichtigt worden.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin keinen Rechtsanspruch auf Gewährung von Baukindergeld Plus auch für ihr jüngstes Kind habe, weil nach der maßgeblichen Förderpraxis auf Basis der Richtlinien Kinder, die erst nach dem Zeitpunkt der Beantragung des Baukindergeldes des Bundes geboren werden, bei der Höhe der Förderung nicht berücksichtigt würden.
2. Die gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Klägerin wendet mit ihrem Zulassungsantrag im Wesentlichen ein, dass maßgeblich der Förderzweck der Förderung von Wohneigentum von Familien mit Kindern sei und hierbei ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV sowie Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 124 Abs. 1 BV nicht darauf abgestellt werden könne, ob ein Kind vor oder nach einem (noch dazu anderweitigen) Förderantrag und erst recht stichtagsbezogen geboren sei. Diese Einwände stellen das erstinstanzliche Urteil nicht ernstlich in Frage und bedürfen keiner Prüfung in einem Berufungsverfahren.
Sind die Fördervoraussetzungen – wie hier – zulässigerweise in Förderrichtlinien geregelt, so müssen diese von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den selbst gegebenen Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Entscheidend ist daher allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris Rn. 9; B.v. 9.3.2020 – 6 ZB 18.2102 – juris Rn. 9; U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.).
Gemessen an diesem Maßstab hat das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden, dass die vom Beklagten ausgeübte Verwaltungspraxis nicht etwa „inkorrekt“ ist, wie die Klägerin meint, sondern im Einklang mit den einschlägigen Förderrichtlinien steht und rechtlich nicht zu beanstanden ist. Nach dem Merkblatt Baukindergeld der KfW (Teil 2) ist ausschlaggebend für die Höhe der Förderung die Anzahl der Kinder unter 18 Jahren, die bei Antragstellung (für das Baukindergeld des Bundes) im Haushalt leben und für die zum Zeitpunkt der Antragstellung die Kindergeldberechtigung vorliegt. Für Kinder, die nach Antragseingang geboren bzw. in den Haushalt aufgenommen werden, kann kein Baukindergeld beantragt werden. Da die Klägerin den Antrag auf Baukindergeld des Bundes am 22. März 2019 gestellt hat und ihr drittes Kind E. erst am 20. Juli 2019 geboren worden ist, steht ihr insoweit kein Baukindergeldanspruch des Bundes zu.
Das bayerische Förderprogramm Baukindergeld Plus knüpft unmittelbar an eine Förderung durch den Bund an und ist streng akzessorisch zu dieser. Das ergibt sich aus Nr. 2 der BayBauKGPR, wonach das Schaffen von Eigenwohnraum zur Selbstnutzung durch den Erwerb von neuen oder bestehenden Ein- oder Zweifamilienhäusern oder Eigentumswohnungen gefördert wird, soweit dafür das Baukindergeld des Bundes gewährt wird. Nach Nr. 3.1 BayBauKGPR ist zuwendungsberechtigt, wer das Baukindergeld des Bundes erhält. Der Nachweis ist durch die Auszahlungsbestätigung der KfW für das Baukindergeld des Bundes zu erbringen. Jeder Zuwendungsempfänger wird nach Nr. 3.2 BayBauKGPR nur einmal gefördert. Für jedes Kind, für das das Baukindergeld des Bundes gewährt wird, kann diese Zuwendung nur einmalig beantragt werden. Nach Nr. 5 BayBauKGPR erfolgt die Zuwendung mittels eines Zuschusses in Höhe von 300 € pro Jahr für jedes Kind, für das Baukindergeld des Bundes gezahlt wird, über einen Zeitraum von maximal zehn Jahren. Aus den bayerischen Förderrichtlinien ergibt sich somit eindeutig, dass das Bayerische Baukindergeld Plus nach ständiger Verwaltungspraxis nur gezahlt wird, wenn und soweit für das jeweilige Kind auch das Baukindergeld des Bundes gewährt wird.
Die dagegen gerichteten Einwendungen der Klägerin bleiben ohne Erfolg. Es ist allein Sache des Zuwendungsgebers, die Modalitäten einer Förderung festzulegen. Die vom Bund gewählte Stichtagsregelung, an die die bayerischen Baukindergeldrichtlinien anknüpfen, begegnet auch mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 118 Abs. 1 BV oder Art 6 Abs. 1 GG und Art. 124 Abs. 1 BV keinen rechtlichen Bedenken. Die von der Klägerin der Sache nach angestrebte erweiternde Auslegung der Förderrichtlinien liefe auf eine Änderung und Ausdehnung des Förderzwecks hinaus und kommt von vornherein nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2020 – 6 ZB 20.216 – juris Rn. 10). Für eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes legt die Klägerin nichts Substantiiertes dar.
b) Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Klägerin beigemessene grundsätzliche Bedeutung, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Berufungszulassung führen würde. Die Frage, „ob Baukindergeld Plus auch für Kinder zu zahlen ist, die erst nach der Antragstellung auf Gewährung von Baukindergeld des Bundes geboren sind“, lässt sich auf der Grundlage der Ausführungen unter 1. ohne weiteres – im Sinn des Verwaltungsgerichts – verneinen und bedarf keiner Klärung in einem Berufungsverfahren.
c) Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist die Rechtssache nicht auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Derartige Schwierigkeiten ergeben sich auch nicht aus der im Zulassungsantrag aufgeworfenen Frage, „ob eine Rechtsanwendung im Sinne der streitgegenständlichen Entscheidung eine Verletzung der Grundrechtspositionen aus Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV sowie Art 6 Abs. 1 GG, Art. 124 Abs. 1 BV ergibt“. Dies ist, wie unter 1. ausgeführt, nicht der Fall.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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