Verwaltungsrecht

Häufigkeit der Nutzung von Feuerstätten

Aktenzeichen  22 ZB 17.752

Datum:
18.9.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 126552
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 1 S. 1
SchfHwG § 14b
GKG § 52 Abs. 1, Abs. 3 S. 1, § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 71 Abs. 1 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1 Nach § 108 Abs. 1 S. 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dies schließt die Befugnis ein, eine Parteibehauptung auch ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen und für die tatsächlichen Feststellungen das Vorbringen eines Beteiligten zu verwerten, soweit es dem Gericht überzeugend erscheint und es nicht durch anderweitiges Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt wird. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2 Zwar kann von einem anwaltlich nicht vertretenen Rechtsuchenden grundsätzlich nicht verlangt werden, dass er einen förmlichen Beweisantrag stellt, um für den Fall der Ablehnung eines solchen Antrags in der Rechtsmittelinstanz erfolgreich einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 S. 1 VwGO) rügen zu können. Die Notwendigkeit einer weiteren Beweisaufnahme muss sich für das Verwaltungsgericht jedoch aufdrängen. Dies ist bei in sich widersprüchlichem und im Laufe des Verfahrens schwankendem Vorbringen des Klägers aber nicht der Fall. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Streitwert eines Hauptsacheverfahrens, das die Gesamtheit der in einem Feuerstättenbescheid enthaltenen Festsetzungen zum Gegenstand hat, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG regelmäßig mit 5.000 € zu veranschlagen. Eine Ermäßigung dieses Betrages kann dann veranlasst sein, wenn sich der Rechtsschutzsuchende nur gegen einen Teil der in einem solchen Bescheid getroffenen Regelungen wendet. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
4 Grundsätzlich sind nach § 71 Abs. 1 S. 1 GKG in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, Kosten nach bisherigem Recht zu erheben. Bei pflichtgemäßer Ausübung des durch § 52 Abs. 1 GKG eröffneten Ermessens ist jedoch das Anliegen, das dem Gesetzgeber Anlass zur Schaffung einer besonderen Streitwertvorschrift für Verfahren gegeben hat, bereits jetzt zu berücksichtigen. (Rn. 33 – 34) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 K 16.557 2017-03-08 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Soweit der Kläger ursprünglich die Aufhebung der Kostenrechnung und der Mängelliste des Beklagten vom 26. April 2016 erstrebt hat, wird das Verfahren auf Zulassung der Berufung eingestellt.
II. Es werden abgelehnt
1. der Antrag auf Zulassung der Berufung im Übrigen;
2. der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren.
III. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
IV. Unter Abänderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für das Verfahren im ersten Rechtszug und für das Zulassungsverfahren bis zum 23. Juli 2017 auf jeweils 1.079,60 € festgesetzt. Ab dem 24. Juli 2017 beläuft sich der Streitwert des Zulassungsverfahrens auf 1.000 €, ab dem 14. September 2017 auf 500 €.

Gründe

I.
Der Beklagte erließ als der für das Anwesen des Klägers zuständige bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger am 26. April 2016 aufgrund der von ihm am gleichen Tag durchgeführten Feuerstättenschau gegenüber dem Kläger einen Feuerstättenbescheid. In der Nummer 1 des Tenors dieses Bescheids wurde der Kläger verpflichtet, den im Feuerstättenbescheid mit der laufenden Nummer 1 versehenen Kamin (nachfolgend „Kamin 1“ genannt) dreimal jährlich durch einen zugelassenen Schornsteinfegerbetrieb kehren zu lassen. Die Nummer 4 des Tenors des Bescheids enthält den Ausspruch: „Dieser Bescheid ist kostenpflichtig.“
Am 26. April 2016 richtete der Beklagte außerdem ein mit „Mängel“ überschriebenes Schriftstück an den Kläger, in dem mehrere brandgefährliche Zustände aufgelistet wurden, die der Beklagte bei der am 26. April 2016 durchgeführten Feuerstättenschau festgestellt habe. Falls der Kläger die Mängel nicht bis zum 15. Juni 2016 behoben bzw. er dem Beklagten kein diesbezügliches Bestätigungsschreiben zugeleitet habe, werde der zuständigen Behörde ein Duplikat der Mängelmitteilung zugehen.
Ebenfalls am 26. April 2016 stellte der Beklagte dem Kläger eine auf 79,60 € lautende Rechnung über von ihm an jenem Tag vorgenommene Tätigkeiten aus.
Mit der am 25. Mai 2016 erhobenen Klage erstrebte der im ersten Rechtszug nicht vertretene Kläger nach Maßgabe der vom Verwaltungsgericht formulierten Klageanträge, die ihm in der mündlichen Verhandlung vorgelesen wurden und die er ausweislich der Sitzungsniederschrift genehmigt hat, die Aufhebung
– der Nummer 1, lfd. Nummer 1, des Feuerstättenbescheids vom 26. April 2016 insoweit, als dort mehr als eine einmalige Kehrung angeordnet wurde (nachfolgend „Streitgegenstand 1“ genannt),
– der Nummer 4 dieses Bescheids („Streitgegenstand 2“),
– der Kostenrechnung vom 26. April 2016 („Streitgegenstand 3“) und 8
– der Mängelliste vom 26. April 2016 („Streitgegenstand 4“).
Durch Urteil vom 8. März 2017 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sie sei hinsichtlich der laufenden Nummer 1 der Nummer 1 des Feuerstättenbescheids als Anfechtungs-, hinsichtlich der Kostenrechnung und der Mängelliste als allgemeine Leistungsklage zulässig, jedoch in vollem Umfang unbegründet.
Der Kläger beantragt, gestützt auf § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen. Außerdem beantragt er, ihm für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung einer seiner anwaltlichen Bevollmächtigten zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt, den Zulassungsantrag abzulehnen.
In Reaktion auf einen gerichtlichen Hinweis vom 26. Juni 2017, wonach die Zulässigkeit des sich auf den Streitgegenstand 3 beziehenden Klagebegehrens Bedenken begegne, hat der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 21. Juli 2017, hier eingegangen am 23. Juli 2017, mitgeteilt, der Antrag auf Zulassung der Berufung werde insoweit nicht weiterverfolgt. Eine gleichlautende Erklärung haben seine Bevollmächtigten am 14. September 2017 in Beantwortung eines gerichtlichen Hinweisschreibens vom 29. August 2017 abgegeben, in dem der Verwaltungsgerichtshof dargelegt hatte, dass Bedenken auch hinsichtlich der Zulässigkeit des den Streitgegenstand 4 betreffenden Klagebegehrens bestünden.
II.
1. Die in den Zuschriften der Klagebevollmächtigten vom 21. Juli 2017 und 14. September 2017 enthaltenen Erklärungen sind als teilweise Rücknahmen des Antrags auf Zulassung der Berufung, im ersten Fall bezogen auf den Streitgegenstand 3, im zweiten Fall hinsichtlich des Streitgegenstands 4, zu verstehen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat die Klagebevollmächtigten im Schreiben vom 29. August 2017 darauf hingewiesen, dass er die Wendung, der Antrag auf Zulassung der Berufung werde hinsichtlich des Verlangens auf Aufhebung der Kostenrechnung vom 26. April 2017 nicht weiterverfolgt, vorbehaltlich einer ausdrücklichen gegenläufigen Äußerung der Klagebevollmächtigten als teilweise Rechtsbehelfsrücknahme, nicht aber als Erledigterklärung verstehen werde. Dieser Auslegung haben die Klagebevollmächtigten nicht nur nicht widersprochen; im Schriftsatz vom 14. September 2017 haben sie vielmehr auf die gleiche Formulierung zurückgegriffen.
Das Zulassungsverfahren war daher hinsichtlich der Streitgegenstände 3 und 4 entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Rücknahme des den Streitgegenstand 3 betreffenden Antrags hat ferner zur Folge, dass nicht mehr darüber befunden zu werden braucht, ob die Voraussetzungen des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) vorliegen. Denn der Kläger hat einen Anspruch auf Zulassung der Berufung nach dieser Vorschrift allein daraus herzuleiten versucht, dass geklärt werden müsse, ob der Beklagte die Gesamtlänge der beiden im Anwesen des Klägers vorhandenen Kamine im Schätzwege mit 18 m ansetzen durfte. Der Frage, ob der Beklagte von einer zutreffenden Kaminlänge ausgegangen ist, kommt rechtliche Erheblichkeit jedoch nur im Hinblick auf die zweite der fünf Gebührenpositionen zu, die in die Rechnung vom 26. April 2016 Eingang gefunden haben; für die Streitgegenstände 1 und 2, hinsichtlich derer Kläger nur noch eine gerichtliche Entscheidung begehrt, ist sie ohne Belang.
Ebenfalls nicht mehr einzugehen ist seit der Rücknahme des sich auf den Streitgegenstand 3 beziehenden Antrags auf Zulassung der Berufung aus dem gleichen Grund auf die Angriffe, die der Kläger im Rahmen seiner Ausführungen zu den Zulassungsgründen nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO gegen den Ansatz einer Kaminlänge von insgesamt 18 m vorbringt.
2. Soweit über den Antrag auf Zulassung der Berufung noch zu befinden ist, bleibt er ohne Erfolg, da sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung (vgl. zu ihrer Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) nicht ergibt, dass die Voraussetzungen der Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 5 VwGO vorliegen.
2.1 Im Mittelpunkt des Vorbringens des Klägers, soweit es noch entscheidungserheblich ist, steht die Behauptung, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der Richtigkeit der Darstellung des Beklagten ausgegangen, die an den Kamin 1 angeschlossenen Feuerstätten (ein Küchenherd und ein Wohnzimmerofen) würden während der üblichen Heizperiode regelmäßig benutzt, so dass der Beklagte gemäß der Nummer 1.2 der Anlage 1 zur Kehr- und Überprüfungsordnung (KÜO) in Verbindung mit § 1 Abs. 4 Satz 1 KÜO verpflichtet war, insofern eine dreimalige Kehrung je Kalenderjahr festzusetzen. Ein Verfahrensfehler im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liege darin, dass das Verwaltungsgericht den Kaminkehrer B* …, der Kehr- und Überprüfungsarbeiten im Anwesen des Klägers vornehme, nicht als Zeugen über die Häufigkeit der Nutzung dieser Feuerstätten einvernommen habe. Wenn es stattdessen der Schilderung des Beklagten gefolgt sei, so ergäben sich hieraus zugleich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dies schließt die Befugnis ein, eine Parteibehauptung auch ohne Beweisaufnahme als wahr anzusehen (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – BayVBl 1985, 567/568) und für die tatsächlichen Feststellungen das Vorbringen eines Beteiligten zu verwerten, soweit es dem Gericht überzeugend erscheint und es nicht durch anderweitiges Parteivorbringen schlüssig in Frage gestellt wird (BVerwG, U.v. 8.6.1979 – 4 C 1.79 – DVBl 1980, 593/594). Frei ist das erkennende Gericht prinzipiell auch darin, welche Aussagekraft es Indizien – einzeln und in ihrer Gesamtheit – für seine Überzeugungsbildung beimisst (W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 108 Rn. 4).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat das Verwaltungsgericht weder einen Verfahrensfehler begangen, wenn es hinsichtlich der Frage, wie oft die an den Kamin 1 im Anwesen des Klägers angeschlossenen Feuerstätten benutzt werden, ohne weitere Sachverhaltsaufklärung der Darstellung des Beklagten gefolgt ist, noch ergeben sich hieraus ernstliche Bedenken gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils.
Denn der Beklagte hat nachvollziehbar begründet, warum er zu der Auffassung gelangt ist, die an den Kamin 1 angeschlossenen Feuerstätten würden während der üblichen Heizperiode regelmäßig benutzt. Er hat insofern darauf verwiesen, dass in diesem Kamin am 26. April 2016 erhebliche Rußablagerungen festgestellt worden seien, obwohl er zuletzt am 11. März 2016 durch den Schornsteinfegerbetrieb B* … gereinigt worden sei. Für die Richtigkeit dieser Darstellung spricht nicht zuletzt, dass der Beklagte bei der Feuerstättenschau am 26. April 2016 außer durch einen Gesellen durch den Diplom-Sozialpädagogen B. – … von der Institutsambulanz des Psychiatrischen Bezirkskrankenhauses Schloss W. begleitet wurde. Herr B. – …, der bereits in der Vergangenheit in ähnlichem Zusammenhang für den Kläger tätig geworden ist (vgl. das vom Beklagten als Anlage 7 zur Klageerwiderung vorgelegte Schreiben von Herrn B* …- … vom 5.2.2014), kann, wie auch aus den Ausführungen auf Seite 3 oben des Schreibens des Klägers an das Verwaltungsgericht vom 29. Juni 2016 hervorgeht, jedenfalls in gewissem Umfang als Vertrauensperson des Klägers angesehen werden. Wenn der Beklagte in der Klageerwiderung u. a. Herrn B* …- … als Zeugen dafür benannt hat, dass im Kamin 1 bereits ca. sechs Wochen nach dessen letztmaliger Kehrung erhebliche Rußablagerungen vorgefunden wurden, so stellt das ein gewichtiges Indiz für die Richtigkeit seiner Sachverhaltsdarstellung dar. Unabhängig hiervon kann mangels einschlägiger Rügen des Klägers davon ausgegangen werden, dass ein bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger aufgrund seiner beruflichen Vorbildung und Erfahrung in der Lage ist, dann aus der in einem Kamin vorgefundenen Rußmenge zumindest im Wesentlichen zutreffende Rückschlüsse auf die Intensität der Nutzung der daran angeschlossenen Feuerstätten zu ziehen, wenn ihm – wie hier – Art und Zahl dieser Feuerstätten sowie der seit der letzten Kehrung verstrichene Zeitraum bekannt sind.
Zusätzlich bestätigt wird die Plausibilität der Einschätzung des Beklagten, der Kläger nutze die an den Kamin 1 angeschlossenen Feuerstätten während der üblichen Heizperiode regelmäßig, durch den Umstand, dass der Beklagte am 26. April 2016 im Anwesen des Klägers außer den drei für einen Betrieb mit festen Brennstoffen bestimmten Herden bzw. Öfen keine weiteren für einen Dauerheizbetrieb geeigneten Heizmöglichkeiten vorgefunden hat, und dass außerdem Brennholz in ausreichender Menge vorhanden war (vgl. die diesbezüglichen Angaben in der Klageerwiderung vom 21.6.2016). Für die Richtigkeit dieses Vorbringens spricht, dass dem Kläger in der Person von Herrn B* …- … ein potenzieller Zeuge zur Verfügung stand, der auch diese Sachverhaltsdarstellung des Beklagten u. U. hätte widerlegen oder erschüttern können, sollte sie mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht in Einklang stehen. Tatsächlich hat sich der Kläger weder in seinen umfangreichen schriftlichen Ausführungen, die dem angefochtenen Urteil vorausgingen, noch in der mündlichen Verhandlung noch in der Begründung des Zulassungsantrags auf diese Vertrauensperson mit dem Ziel berufen, die Richtigkeit der Schilderungen des Beklagten in Frage zu stellen.
Auch unabhängig hiervon war das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers nicht geeignet, die Befugnis des Verwaltungsgerichts einzuschränken oder auszuschließen, die glaubwürdigen Angaben des Beklagten der eigenen Überzeugungsbildung zugrunde zu legen. Im Rahmen des vorprozessualen Schriftverkehrs sowie zu Beginn des Verfahrens im ersten Rechtszug hat der Kläger die Stilllegung der an den Kamin 1 angeschlossenen Feuerstätten behauptet, wobei er jedoch fortlaufend zwischen den Darstellungen schwankte, die Außerbetriebsetzung sei bereits erfolgt oder sie werde künftig stattfinden. Dergestalt in sich widersprüchliche Einlassungen stellen kein schlüssiges Parteivorbringen im Sinn des vorerwähnten Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 1979 (4 C 1.79 – DVBl 1980, 593/594) dar.
Erstmals mit Schreiben an das Verwaltungsgericht vom 30. August 2016 hat er sodann erklärt, er melde die von der laufenden Nummer 1 des Bescheids vom 26. April 2016 erfassten Feuerstätten nach den Nummern 1.7 und 1.10 der Anlage 1 zur Kehr- und Überprüfungsordnung „mit einer einmaligen Kehrung und einer einmaligen Überprüfung jährlich“ an; in einem dem Schreiben vom 30. August 2016 beigefügten Textauszug der Anlage 1 zur Kehr- und Überprüfungsordnung hat er sowohl die dortige Nummer 1.7 als auch die Nummer 1.10 farblich gekennzeichnet. Dieses Vorbringen ist ebenfalls in sich widersprüchlich, da der Nummer 1.7 Feuerstätten unterfallen, die gelegentlich benutzt werden, während die Nummer 1.10 voraussetzt, dass eine solche Anlage auf Dauer überhaupt nicht mehr benutzt wird, sie allerdings noch betriebsbereit (d.h. nicht stillgelegt) ist.
Seine Fortsetzung hat dieses inkonsistente Parteivorbringen im Schreiben des Klägers an das Verwaltungsgericht vom 12. September 2016 gefunden, in dem er ausgeführt hat, die Feuerstätten seien „außer Betrieb und stillgelegt“; allerdings seien sie nicht als dauernd außer Betrieb gesetzt zu betrachten. Vorsorglich werde „der gelegentliche Betrieb eventuell wegen eines Kälteeinbruchs wieder angemeldet“.
Anlass, den Schornsteinfeger B* … darüber als Zeugen einzuvernehmen, ob er Wahrnehmungen getätigt hat, die einen Rückschluss auf das Ausmaß der Nutzung der an den Kamin 1 angeschlossenen Feuerstätten gestatten, bestand für das Verwaltungsgericht vor diesem Hintergrund nicht. Zwar kann von einem anwaltlich nicht vertretenen Rechtsuchenden grundsätzlich nicht verlangt werden, dass er einen förmlichen Beweisantrag stellt, um für den Fall der Ablehnung eines solchen Antrags in der Rechtsmittelinstanz erfolgreich einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) rügen zu können. Die Notwendigkeit einer Einvernahme von Herrn B* … als Zeugen musste sich für das Verwaltungsgericht jedoch schon angesichts des in sich widersprüchlichen und im Laufe des Verfahrens schwankenden Vorbringens des Klägers über den Umfang der Nutzung der an den Kamin 1 angeschlossenen Feuerstätten nicht aufdrängen. Zudem hat der Kläger vor Erlass des angefochtenen Urteils weder ausdrücklich noch sinngemäß zu verstehen gegeben, Herr B* … könne seine Darstellung über das Maß der Nutzung dieser Feuerstätten als richtig bestätigen; dies hätte nicht zuletzt eine Festlegung dahingehend erfordert, welche der divergierenden Einlassungen des Klägers durch diesen Zeugen verifiziert werden sollte. In seinem Schreiben an das Verwaltungsgericht vom 29. Juni 2016 hat der Kläger Herrn B* … vielmehr lediglich mit dem Bemerken erwähnt, dieser habe mit Wirkung ab dem 12. Juli 2013 die in seinem Anwesen anfallenden Kaminkehrerarbeiten übernommen.
Nicht aufdrängen musste sich eine von Amts wegen erfolgende Einvernahme von Herrn B. entgegen der Antragsbegründung ferner zum Zweck der Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Behauptung des Klägers, die am 26. April 2016 im Kamin 1 vorgefundenen erheblichen Rußablagerungen seien auf eine unzulängliche Kehrleistung dieses Schornsteinfegers zurückzuführen. Denn auch diese Einlassung ist im Kontext des sonstigen Vorbringens des Klägers unplausibel. In seinem Schreiben an das Landratsamt vom 30. Juli 2016 hat er in Reaktion auf die Forderung dieser Behörde, die unterbliebene Kehrung vornehmen zu lassen, deren Durchführung der Beklagte im Feuerstättenbescheid vom 26. April 2016 für die 22. bis 25. Kalenderwoche eines jeden Jahres angeordnet hatte, nämlich geltend gemacht, „dass die Fa. B. momentan sich im Urlaub befindet … ansonsten kommt mir kein anderer Handwerker ins Haus.“ Das kann nur so verstanden werden, dass er der Fa. B. nach wie vor Wertschätzung entgegenbringt und ihm an einer Zusammenarbeit mit ihr gelegen ist. Dies wäre kaum verständlich, hätten Mitarbeiter dieses Unternehmens den Kamin 1 am 11. März 2016 derart unzureichend gereinigt, dass der Beklagte aus diesem Grund am 26. April 2016 eine erhebliche Rußmenge vorgefunden hat.
2.2 An dem Begehren, die Berufung hinsichtlich des Streitgegenstands 2 zuzulassen, hält der Kläger – wie im Schreiben seiner Bevollmächtigen vom 21. Juli 2017 klargestellt wurde – ungeachtet des Umstands fest, dass er im vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr gegen die hierauf aufbauende Rechnung vorgeht.
Hinsichtlich dieses Streitgegenstandes muss der Antrag auf Zulassung der Berufung schon deshalb erfolglos bleiben, weil der Kläger entgegen der sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ergebenden Obliegenheit nicht dargelegt hat, dass insoweit die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes erfüllt sind. Auf den Umstand, dass sich der Regelungsgehalt der Nummer 4 des Tenors des Feuerstättenbescheids darauf beschränkt, die Kostenpflichtigkeit dieses Verwaltungsakts dem Grunde nach festzustellen, und dass dieser Ausspruch angesichts der in § 20 Abs. 1 SchfHwG enthaltenen Regelung ersichtlich mit der Rechtsordnung in Einklang steht, ist bei alledem nur nachrichtlich zu verweisen.
3. Ist der Antrag auf Zulassung der Berufung, soweit er aufrechterhalten wurde, nach alledem in vollem Umfang abzulehnen, so konnte der Kläger hierfür mangels hinreichender Aussicht der Rechtsverfolgung nicht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beanspruchen.
4. Der Kostenausspruch folgt, soweit der Antrag zurückgenommen wurde, aus § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen aus § 154 Abs. 2 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 GKG, die Abänderung des erstinstanzlichen Streitwertbeschlusses auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Das Verwaltungsgericht ging in Übereinstimmung mit der bisherigen Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofs davon aus, dass der Streitwert eines Hauptsacheverfahrens, das die Gesamtheit der in einem Feuerstättenbescheid enthaltenen Festsetzungen zum Gegenstand hat, gemäß § 52 Abs. 2 GKG regelmäßig mit 5.000 € zu veranschlagen ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 30.1.2014 – 22 B 13.1709 – juris Rn. 45 f.; B.v. 24.3.2014 – 22 C 14.472 – juris Rn. 5; B.v. 30.10.2015 – 22 ZB 15.1328 – juris; B.v. 8.11.2016 – 22 C 16.2150 – juris Rn. 4). Bereits im Beschluss vom 8. November 2016 (a.a.O. Rn. 5) hat der Verwaltungsgerichtshof allerdings zum Ausdruck gebracht, dass eine Ermäßigung dieses Betrages dann veranlasst sein kann, wenn sich der Rechtsschutzsuchende – wie hier – nur gegen einen Teil der in einem solchen Bescheid getroffenen Regelungen wendet.
Im gegebenen Fall erscheint es im Licht des § 14b SchfHwG in der Fassung des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl I S. 2495; nachfolgend „SchfHwG n.F.“ genannt) jedoch geboten, den Wert des Streitgegenstandes 1 nur mit 500 € anzusetzen. Diese Vorschrift ist trotz ihres Inkrafttretens am 22. Juli 2017 vorliegend allerdings nicht unmittelbar anwendbar, da nach § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG in Rechtsstreitigkeiten, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung anhängig geworden sind, Kosten nach bisherigem Recht erhoben werden; dies gilt auch für die Höhe des anzusetzenden Streitwerts (vgl. BVerwG, B.v. 2.4.1998 – 8 B 19.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 146; VGH BW, B.v. 4.4.2002 – 14 S 2326/01 – NJW 2002, 1893). Da der Antrag auf Zulassung der Berufung ebenfalls bereits vor dem 22. Juli 2017 gestellt wurde, beansprucht § 14b SchfHwG n.F. – wie aus § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG folgt – auch für das Verfahren im zweiten Rechtszug noch keine unmittelbare Geltung.
Pflichtgemäßer Ausübung des durch § 52 Abs. 1 GKG eröffneten Ermessens entspricht es jedoch, die Anliegen, die dem Gesetzgeber Anlass zur Schaffung einer besonderen Streitwertvorschrift für Verfahren gegeben haben, die Feuerstättenbescheide zum Gegenstand haben, bereits jetzt zu berücksichtigen. Die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung für ein Erstes Gesetz zur Änderung des Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes (BT-Drs. 18/12493 S. 51) hat insoweit darauf hingewiesen, dass sich die Summe der Entgelte für die in Feuerstättenbescheiden festgesetzten Schornsteinfegerarbeiten im Durchschnitt auf nur 100 € bis 200 € im Kalenderjahr belaufe. Die Festsetzung des Auffangstreitwerts nach § 52 Abs. 2 GKG führe vor diesem Hintergrund dazu, dass bei Anfechtungsrechtsbehelfen gegen Feuerstättenbescheide die Kostenbelastung sowohl für betroffene Eigentümer als auch für die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger insbesondere dann unverhältnismäßig hoch werde, wenn sich Beteiligte anwaltlich vertreten lassen; es bestehe die Gefahr, dass Rechtsschutzversicherungen bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger aus diesem Grund die einschlägigen Verträge kündigen würden. Praktische Bedeutung komme diesen Gesichtspunkten vor allem in solchen Bundesländern zu, in denen (wie das in Bayern der Fall ist) bei Meinungsverschiedenheiten über Feuerstättenbescheide wegen der Abschaffung des Widerspruchsverfahrens insoweit sogleich der Rechtsweg beschritten werden müsse.
Der für den Streitgegenstand 1 deshalb anzusetzende Betrag von 500 € war in beiden Rechtszügen um den Wert der Klagebegehren 3 und 4 zu erhöhen. Das Gericht veranschlagt die Kosten, die für die Beseitigung der im Schreiben des Beklagten vom 26. April 2016 erwähnten Mängel anfallen würden, auf ca. 500 €, so dass sich der Streitwert auf 1.000 € erhöht. Eine weitere Anhebung um 79,60 € ergibt sich gemäß § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG aus dem Streitgegenstand 3. Vom gesonderten Ansatz eines Betrags für den Streitgegenstand 2 sieht das Gericht mangels einer ins Gewicht fallenden praktischen Bedeutung dieses Teils des Rechtsschutzbegehrens ab. Für das Zulassungsverfahren wurden vorsorglich gestufte Streitwerte festsetzt, die dem verminderten Umfang des Rechtsschutzbegehrens nach dem Eingang der Rücknahmeerklärungen vom 21. Juli 2017 und vom 14. September 2017 Rechnung tragen.
Einer Anhörung der Beteiligten vor der Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung (vgl. BVerfG, B.v. 6.9.2016 – 1 BvR 1586/15 – NVwZ-RR 2017, 81) bedurfte es nicht, da sich die Herabsetzung ausschließlich zugunsten des kostenbelasteten Klägers auswirkt und im ersten Rechtszug keiner der Beteiligten durch einen Bevollmächtigten vertreten war.
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel eröffnet.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben