Verwaltungsrecht

Haltungsuntersagung für einen Kampfhund

Aktenzeichen  10 ZB 18.2134

Datum:
2.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27397
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KampfhundeV BY § 1 Abs. 1
LStVG Art. 37 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, Nr. 5

 

Leitsatz

§ 1 Abs. 1 der sog. Kampfhundeverordnung BY setzt keine „Reinrassigkeit“ bzw. volle Entsprechung zum Rassestandard voraus, da von der Einstufung als Kampfhund auch „Kreuzungen“ der genannten Rassen und Gruppen erfasst sind. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 15 K 16.02205 2018-06-12 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 4. November 2016 weiter, mit dem ihr die Haltung des Hundes „Sonny Black“ untersagt und dessen Abgabe angeordnet wurde.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, noch liegt ein Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils kann die Klägerin nicht begründen. Sie hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11).
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, die Klägerin halte einen Kampfhund im Sinne von Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (sog. Kampfhundeverordnung), da ihr Hund „Sonny Black“ der Rasse Staffordshire Bullterrier zuzuordnen sei. Dies ergebe sich eindeutig aus dem im gerichtlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für das Hundewesen F., der zu dem Ergebnis gekommen sei, dass aufgrund des Verhaltens des Hundes bei der Begutachtung und der sehr hohen Übereinstimmung mit dem Rassestandard des Staffordshire Bullterriers der Hund der Klägerin vom Verhalten und Aussehen dieser Rasse zuzuordnen sei.
Die Klägerin bringt hierzu vor, es handle sich nicht um einen Hund dieser Rasse; das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht dem Sachverständigengutachten gefolgt. Der Hund überschreite hinsichtlich Gewicht und Größe (Widerristhöhe) die Vorgaben des Rassestandards deutlich; der Gutachter habe auch Gewicht und Größe nur geschätzt, die tatsächlichen Werte lägen noch darüber.
Damit wird die Feststellung des Verwaltungsgerichts zur Rasse des Hundes „Sonny Black“ nicht durchgreifend in Frage gestellt. Das Gutachten legt hinsichtlich des Phänotyps den Rassestandard des Staffordshire Bullterriers zugrunde und stellt fest, dass „Sonny Black“ diesem in fast allen Punkten entspricht und lediglich in Gewicht und Widerristhöhe davon abweicht. Auch das Verhalten bei der Begutachtung sei dem terrierartigen Rassetypus zuzuordnen und für Bulldog-Rassen untypisch. Deswegen und wegen der Ausbildung des Gebisses äußert der Sachverständige auch Zweifel an den Angaben zur Rassezugehörigkeit der Elterntiere von „Sonny Black“. Die Elterntiere standen für eine Begutachtung nicht zur Verfügung, da der Züchter nach seinen Angaben keinen Zugriff mehr auf sie hatte und zu einer weiteren Kooperation nicht bereit war. Eine DNA-Analyse bezüglich „Sonny Black“ war nicht möglich bzw. wurde von der Klägerin verweigert. Daher ist es überzeugend, dass der Sachverständige – und ihm folgend das Verwaltungsgericht – den Hund „Sonny Black“ der Rasse Staffordshire Bullterrier zuordnet. Dass er hinsichtlich Gewicht und Widerristhöhe von dem entsprechenden Rassestandard abweicht, bedeutet lediglich, dass er (wohl) nicht „reinrassig“ ist; insoweit hat auch die Klägerin von Anfang an geltend gemacht, es handle sich um einen Mischling. Auch setzt § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung keine „Reinrassigkeit“ bzw. volle Entsprechung zum Rassestandard voraus, da von der Einstufung als Kampfhund auch „Kreuzungen“ der genannten Rassen und Gruppen erfasst sind. Dass „Sonny Black“ etwas schwerer und größer ist, als es der Rassestandard vorsieht, kann somit die Folgerung, dass es sich um einen Staffordshire Bullterrier oder aber um einen Mischling mit (weit) überwiegenden Eigenschaften dieser Rasse und damit um einen Kampfhund nach § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung handelt, nicht ernsthaft in Frage stellen.
2. Aus dem Vorbringen, § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung sei wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG verfassungswidrig, ergeben sich ebenso keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils; auch ist die Frage, „ob § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG noch verfassungsgemäß ist“, nicht von grundsätzlicher Bedeutung.
Die Argumentation der Klägerin folgt dabei inhaltlich der Argumentation, die ihre Bevollmächtigten bereits in dem vor dem Senat geführten Verfahren 10 BV 18.1917 vorgetragen haben, und vertritt im Wesentlichen die Meinung, die vom Verordnungsgeber in § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung aufgestellte unwiderlegbare Vermutung der dort gelisteten Rassen und Gruppen von Hunden als Kampfhunde sei seit ihrem Erlass vor mehr als 25 Jahren – entgegen der vom Bundesverfassungsgericht (U.v. 16.3.2004 – 1 BvR 1778/01 – juris) aufgestellten Beobachtungspflicht – nie mehr überprüft worden; es könne daher nicht belegt werden, dass die aufgeführten Rassen und Gruppen gefährlicher als die nicht aufgeführten Rassen seien. Eine Gefährlichkeitseinstufung aufgrund der Rasse könne nicht mehr gerechtfertigt werden; dies werde durch aktuelle Rechtsentwicklungen in anderen Bundesländern bestätigt.
Die von der Klägerin insoweit aufgeworfenen Rechtsfragen hat der Senat in dem Urteil vom 19. März 2019 (10 BV 18.1917 – juris; bestätigt durch BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 6 B 37.19 – juris) dahingehend beantwortet, dass § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung (ebenso wie Art. 37 Abs. 1 LStVG) nach wie vor verfassungsgemäß ist; auf die ausführliche Begründung dieses den Bevollmächtigten der Klägerin bekannten Urteils wird Bezug genommen.
3. Es liegt auch kein Verfahrensmangel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor. Die Klägerin ist der Meinung, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend und vollständig aufgeklärt, weil es zwei in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisanträgen nicht nachgegangen sei. Ein Verstoß gegen die sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebende Sachaufklärungspflicht liegt jedoch nicht vor. Eine weitere Sachaufklärung musste sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung nicht aufdrängen. Es hat festgestellt, dass es rechtlich nicht zu beanstanden sei, dass der Gesetzgeber von der rassebedingten Gefährlichkeit der in § 1 Abs. 1 Kampfhundeverordnung bestimmten Hunderassen ausgeht, ohne dass eine Widerlegung dieser Gefährlichkeit möglich ist; dabei ist es unerheblich, dass es dabei vom „Gesetzgeber“ anstatt vom „Verordnungsgeber“ spricht. Das Verwaltungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass es auf die unter Beweis gestellten Tatsachen(behauptungen), dass ein Staffordshire Bullterrier „weder konkret noch abstrakt gefährlicher ist“ als ein Bullterrier bzw. als nicht von der Kampfhundeverordnung erfasste Hunde, und dass er nicht über ein höheres Gefahrenpotential verfügt als ein Bullterrier bzw. als „normale Hunde“, nicht ankommt.
Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben