Verwaltungsrecht

Hauptsacheerledigung im Normenkontrollverfahren nach Aufhebung der Veränderungssperre und deren Verlängerung durch die Gemeinde

Aktenzeichen  9 N 18.1591

Datum:
16.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 14734
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 92 Abs. 3 S. 1, § 161 Abs. 2 S. 1
BauNVO § 4, § 10

 

Leitsatz

Auch bei offenen Erfolgsaussichten des Normenkontrollverfahrens sind die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin in vollem Umfange aufzuerlegen, wenn sie das erledigende Ereignis durch Aufhebung der Veränderungssperre und ihrer Verlängerung selbst herbeigeführt und sich daher aus eigenem Willensentschluss in die Rolle der Unterlegenen begeben hat. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Antragsteller und Antragsgegnerin haben den Rechtsstreit im Normenkontrollverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Verfahren ist daher in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels, aber auch eine durch das Nachgeben einer Partei bewirkte Herbeiführung des erledigenden Ereignisses einzubeziehen (vgl. BVerwG, B.v. 24.10.2006 – 9 A 23.06 – juris; B.v. 11.12.2009 – 9 A 25.08 – juris; B.v. 11.1.2010 – 10 C 6.09 – juris).
Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Die Antragsteller griffen im Wege des Normenkontrollverfahrens als betroffene Grundstückseigentümer im Plangebiet eine Veränderungssperre an, deren Geltungsdauer um ein Jahr verlängert wurde. Zur Begründung des Aufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan „C* …“ wurde ausgeführt, dass Ziel die Ausweisung eines Sondergebiets nach § 10 BauNVO sowie die Ausweisung von Flächen zur Wohnnutzung nach § 4 BauNVO auf den Flächen des Campingplatzes und angrenzenden Flächen sei. Die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt zwar als offen zu bewerten, nachdem der in § 161 Abs. 2 VwGO zum Ausdruck kommende Grundsatz der Prozesswirtschaftlichkeit nach Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache das Gericht von dem Gebot befreit, anhand eingehender Erwägungen abschließend über den Streitstoff zu entscheiden (BVerwG, B.v. 24.2.2008 – 3 C 5.07 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 21.8.2019 – 1 N 17.304 – juris Rn. 2). Gleichwohl sind die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin in vollem Umfange aufzuerlegen, denn sie hat das erledigende Ereignis durch Aufhebung der Veränderungssperre und ihrer Verlängerung selbst herbeigeführt und sich daher aus eigenem Willensentschluss in die Rolle der Unterlegenen begeben (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2018 – 15 B 15.1220 – juris Rn. 3). Wie der Niederschrift über die Stadtratssitzung vom 23. April 2020 entnommen werden kann, beruht die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses zum Bebauungsplan und in der Folge der Veränderungssperre darauf, dass nach einer negativen Beurteilung des mit einer Machbarkeitsstudie beauftragten Planungsbüros, der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Antragsteller und der zersplitterten Grundstückssituation davon auszugehen sei, dass sich die vielschichtigen Problemfelder nicht mit dem Mittel der Bauleitplanung lösen ließen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.4 und Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO).


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