Verwaltungsrecht

Immissionsschutz im Falle einer “seltenen Veranstaltung”

Aktenzeichen  M 16 K 17.2157

Datum:
15.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 3549
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
GastG § 12
LStVG Art. 19
BImSchG § 3 Abs. 1
Freizeitlärm-Richtlinie

 

Leitsatz

1 Verstöße gegen die in der Genehmigung einer Veranstaltung enthaltenen immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmungen lassen grundsätzlich die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle. Anders liegt es hingegen, wenn von vornherein belastbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die festgelegten Immissionsschutzwerte voraussichtlich nicht eingehalten werden können. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei der Beurteilung der Zumutbarkeitsschwelle von Immissionen sind auch die Seltenheit des Anlasses und seine Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Adäquanz zu berücksichtigen. (Rn. 35 – 37) (redaktioneller Leitsatz)
3 Seltene Veranstaltungen iSd Immssionsschutzrechts sind nicht auf den historisch überkommenen Bestand beschränkt. Auch ändert eine überregionale Bedeutung nichts am Charakter der seltenen Veranstaltung; maßgeblich ist lediglich, dass sie auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von dieser angenommen wird.  (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
4 Um die Zumutbarkeit einer Veranstaltung einschließlich der immisionsschutzrechtlich absolut geltenden Grenzen beurteilen zu können, ist die Behörde im Fall einer größeren Veranstaltung verpflichtet, eine immissionsschutzfachliche Äußerung einzuholen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II. Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 25. April 2017 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017 rechtswidrig gewesen ist.
III. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, hat der Kläger die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. Im Übrigen tragen der Beklagte und der Beigeladene die Kosten des Verfahrens je zu Hälfte.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I.
Soweit die Klage nach der mit Schriftsatz vom 9. August 2018 erklärten Klageerweiterung (vgl. dazu Rennert, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 91 Rn. 25) vorbeugend auf Unterlassung zielte, war sie gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Denn insoweit hat die Klagepartei die Klage in der mündlichen Verhandlung konkludent zurückgenommen, indem sie einen eingeschränkten, allein auf die Fortsetzungsfeststellung gerichteten Antrag gestellt hat (vgl. dazu Rennert, a.a.O., § 92 Rn. 9; BFH, B.v 1.10.1999 – VII R 32/98 – BFHE 189, 252 = juris Rn. 9 ff.).
II.
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde und sich auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 25. April 2017 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017 richtet, ist sie zulässig und begründet.
1. Die Klage ist nach Umstellung des Klageantrags als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) zulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO spricht das Gericht, wenn sich der Verwaltungsakt – wie hier durch die Durchführung der Veranstaltung – erledigt hat, auf Antrag aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Hier hat der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein solches berechtigtes Interesse, da Wiederholungsgefahr gegeben ist. Das sog. Oldtimertreffen soll, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, auch in Zukunft und insbesondere 2019 an und in der T. stattfinden. An den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen hat sich nichts Wesentliches geändert. Es ist damit davon auszugehen, dass der Beklagte erneut einen entsprechenden Bescheid erlassen und sich die kontroversen Rechtsfragen zwischen den Beteiligten wiederum stellen werden (vgl. dazu BayVGH, U.v. 22.7.2015 – 22 B 15.620 – juris Rn. 33; BayVGH, B. v. 24.3.2011 – 22 ZB 10.3014 – juris Rn. 10).
2. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 25. April 2017 in der Gestalt des Ergänzungsbescheids vom 30. Mai 2017 war zum Zeitpunkt der Veranstaltung rechtswidrig und hat den Kläger in seinen Rechten verletzt, weil er die rechtlichen Vorgaben zum Schutz des Klägers vor unzumutbaren Lärmeinwirkungen nicht hinreichend berücksichtigt hat.
a) Keiner abschließenden Entscheidung bedarf dabei, inwieweit die Zulassung der Veranstaltung auf § 12 GastG oder Art. 19 Abs. 2 LStVG beruht bzw. – bei Annahme eines Nebeneinanders von Zulassungsentscheidungen nach beiden Rechtsgrundlagen – in welchem der genannten Regelungsregime die hier in Rede stehenden Geräuscheinwirkungen zu berücksichtigen waren.
Ausgangspunkt ist dabei der Grundsatz der Subsidiarität der Erlaubnis nach Art. 19 LStVG. Für eine Anzeige- bzw. Erlaubnispflicht danach ist kein Raum, soweit bundesrechtliche oder besondere landesrechtliche Vorschriften bestehen. Besteht eine Erlaubnispflicht nach anderen Vorschriften, z.B. nach dem Gaststättengesetz oder auch der Straßenverkehrsordnung, beschränken sich Anordnungen und Erlaubnisse nach Art. 19 LStVG auf den Bereich, der nicht sondergesetzlich geregelt ist (vgl. VG München, B.v. 2.6.2017 – M 16 S 17.2177 – juris Rn. 25; Schenk, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 36). Für den hier maßgeblichen Zeitpunkt folgt diese Subsidiarität bereits aus Art. 19 Abs. 9 LStVG in der bis zum 31. Juli 2017 gültigen Fassung; im Übrigen dürfte sich daran aber auch mit dessen Streichung nichts geändert haben (vgl. LT-Drs. 17/16299 S. 16; VG Würzburg, U.v. 21.2.2018 – W 6 K 17.394 – juris Rn. 38).
Weiterhin ist anerkannt, dass zu den im gaststättenrechtlichen Verfahren zu berücksichtigenden Lärmeinwirkungen sowohl die Geräusche durch den eigentlichen Gaststättenbetrieb, also der Lärm aus der Gaststätte, als auch der sonstige der Gaststätte zurechenbare Lärm zählt. Zurechenbar in diesem Sinne ist etwa der Lärm, der durch die Gäste auf dem Weg von und zu der Gaststätte hervorgerufen wird, sofern er einen erkennbaren Bezug zu dem Betrieb hat. Dies ist u.a. bei Verkehrslärm der Fall, solange die Gäste nicht mehr bzw. noch nicht in den allgemeinen Straßenverkehr eingegliedert sind (vgl. BVerwG, B.v. 30.4.1965 – VII B 195/64 – VwRspr 1966, 483; BVerwG, U.v. 7.5.1996 – 1 C 10/95 – BVerwGE 101, 157 = juris Rn. 35; BVerwG, B.v. 9.4.2003 – 6 B 12/03 – juris Rn. 10).
Nach diesen Maßstäben spricht viel dafür, dass in der hier vorliegenden Situation die gesamten von der in Rede stehenden Veranstaltung ausgehenden Geräuscheinwirkungen dem Gaststättenbetrieb zuzurechnen und damit auch unter dem Blickwinkel des § 12 GastG zu prüfen waren, jedenfalls weil die Bewirtung und die Verantwortung für die Gesamtveranstaltung hier in einer Hand lagen (in diesem Sinne auch BayVGH, U.v. 2.11.1992 – 22 B 92.263 – n.v.; Metzner, GastG, 6. Aufl. 2002, § 12 GastG Rn. 5).
Einer abschließenden Entscheidung bedarf diese Frage jedoch nicht. Die Beklagte war sowohl für den Vollzug des § 12 GastG zuständig (vgl. § 1 Abs. 2 BayGastV) als auch, da es sich hier in Ermangelung eines sportlichen Wettkampfes nicht um eine motorsportliche Veranstaltung i.S.d. Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LStVG handelte (vgl. Schenk, in: Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand: September 2015, Art. 19 Rn. 70), für die Erteilung der Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG. Sowohl die Gestattung nach § 12 GastG (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG, § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG) als auch die Erlaubnis nach Art. 19 Abs. 3 LStVG (vgl. Art. 19 Abs. 4 LStVG, vgl. auch BayVGH, B.v. 16.4.2018 – 10 ZB 18.310 – juris Rn. 6) setzen voraus, dass keine schädlichen Umwelteinwirklungen i.S.d. § 3 BImSchG für die Nachbarschaft zu befürchten sind, und entfalten insoweit drittschützende Wirkung (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2014 – 22 CS 14.3013 – juris Rn. 4 zu §§ 4, 5 GastG; BayVGH, B.v. 16.4.2018 – 10 ZB 18.310 – juris Rn. 6 zu Art. 19 Abs. 4 LStVG). Schließlich konnte die Beurteilung der Geräuschimmissionen hier in jedem Fall allein anhand eines alle Geräusche der Veranstaltung erfassenden Summenpegels, also einer Gesamtbetrachtung erfolgen. Eine segmentierende Betrachtung und Aufteilung der Immissionen – insbesondere aus dem Gaststättenbetrieb, der Livemusik, der Oldtimervorführung, dem Feuerwerk, dem An- und Abfahrtsverkehr sowie der Kommunikation der Besucher – würde den tatsächlichen Verhältnissen und der Zusammenfassung aller Bestandteile der Veranstaltung zu einer Einheit im Sinne eines integrativen Konzepts nicht gerecht (vgl. dazu BVerwG, U.v. 16.5.2001 – 7 C 16/00 – juris Rn. 11 ff.).
b) Nach der Definition in § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Die Erheblichkeit von Immissionen muss dabei nach dem Maßstab der Zumutbarkeit bestimmt werden. Sie ist anzunehmen, wenn die Einwirkungen der Umgebung mit Rücksicht auf deren durch die Gebietsart und konkreten tatsächlichen Verhältnisse bestimmten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit nicht mehr zugemutet werden können (vgl. BVerwG, U.v. 7.7.1978 – IV C 79.76 – BVerwGE 56, 110 = juris Rn. 89; VGH BW, U.v. 6.3.2018 – 6 S 1168/17 – juris Rn. 34; vgl. auch BayVGH, B.v. 17.9.2014 – 22 CS 14.2013 – juris Rn. 5). Dabei kommt es hinsichtlich des zumutbaren Maßes auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen, nicht auf die individuelle Einstellung eines besonders empfindlichen Dritten an (vgl. VGH BW, a.a.O.; BVerwG, U.v. 7.5.1996 – 1 C 10/95 – BVerwGE 101, 157 = juris Rn. 28). Immissionen, die Gesundheitsschäden hervorrufen, sind stets erheblich (vgl. BayVGH, U.v. 6.5.2013 – 22 B 12.1967 – juris Rn. 27).
Zur Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit kann auf technische Regelwerke zurückgegriffen werden, die in typischen nachbarlichen Konfliktsituationen objektivierbare Maßstäbe zur Konkretisierung des Schutzanspruchs bieten. In Betracht kommt insoweit insbesondere die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm). Unmittelbare Geltung beansprucht diese in Fällen wie hier allerdings nicht, da Nr. 1 Buchst. b TA Lärm immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftige Freizeitanlagen von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Der Begriff der Freizeitanlage nach der TA Lärm deckt sich mit dem Terminus, wie er in Nr. 1 der sog. Freizeitlärm-Richtlinie des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) vom 6. März 2015 verwendet wird (vgl. Hansmann in: Landmann/Rohmer, Nr. 1.1 TA Lärm Rn. 11). Er erfasst danach Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, von Personen zur Gestaltung ihrer Freizeit genutzt zu werden. Davon ausgehend ist hier das gesamte Veranstaltungsgelände als Freizeitanlage zu qualifizieren. Dies gilt auch insoweit, als die Veranstaltung nach 22 Uhr in der sog. T. weitergeführt wurde. Dass Freizeitanlagen im Freien liegen müssten, ist der vorgenannten Definition nicht zu entnehmen (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 – 8 S 136/14 – juris Rn. 70). Eine etwaige gaststättenrechtliche (Voll) Erlaubnis nach § 2 GastG für die Bewirtschaftung der T. außerhalb von Veranstaltungen der hier in Rede stehenden Art wäre dabei für den vorliegend zu beurteilenden Betrieb unerheblich. Sie führte nicht dazu, dass die T. insoweit als Gaststätte zu qualifizieren und die TA Lärm nach 22 Uhr unmittelbar anzuwenden wäre (vgl. auch BVerwG, U.v. 16.5.2001 – 7 C 16/00 – juris Rn. 13). Solange für die Ermittlung und Bewertung der Geräuschimmissionen rechtlich keine bestimmten Mess- und Berechnungsverfahren sowie Lärmwerte vorgegeben sind, ist es damit der Würdigung im Einzelfall vorbehalten, die Erheblichkeit der Lärmbelästigung unter Berücksichtigung der einzelnen Schallereignisse, ihres Schallpegels und ihrer Eigenart (Dauer, Häufigkeit, Impulshaltigkeit) sowie ihres Zusammenwirkens zu beurteilen. Die Zumutbarkeitsgrenze ist aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere der Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets zu beurteilen (vgl. BVerwG, B.v. 6.8.2018 – 7 B 4/18 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 22.11.2005 – 22 ZB 05.2679 – juris Rn. 11). Als Orientierungshilfen kommen dabei – ungeachtet ihrer fehlenden unmittelbaren Geltung – zum einen die TA Lärm in Betracht, zum anderen – im Sinne eines „groben Anhalts“ – die o.g. Freizeitlärm-Richtlinie (vgl. BVerwG, a.a.O.; BayVGH, a.a.O.; BVerwG, B.v. 17.7.2003 – 4 B 55/03 – juris Rn. 8; vgl. zur Freizeitlärm-Richtlinie auch die Anwendungsempfehlung des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Schreiben v. 15.5.2015, Az. 33-4100/751/2).
Hier hält es die Kammer für sachgerecht, zur Beurteilung der von der Veranstaltung ausgehenden Geräuschimmissionen die Freizeitlärm-Richtlinie als Orientierungshilfe heranzuziehen. Das sog. Oldtimertreffen stellt sich als volksfestartige Veranstaltung mit Elementen eines Kulturevents dar. Das Lärmpotential, das damit verbunden ist, ist dem Emissionscharakter der in der Freizeitlärm-Richtlinie aufgeführten Freizeitanlagen ähnlicher als dem der gewerblichen Anlagen, die von der TA Lärm erfasst werden. Die Freizeitlärm-Richtlinie enthält adäquate Maßstäbe, um die Bedürfnisse der Allgemeinheit an solchen Kultur- und Freizeitveranstaltungen, die im Wesentlichen auch im Freien und während des Sommerhalbjahres stattfinden, und das Ruhebedürfnis der Bevölkerung in Ausgleich zu bringen (vgl. dazu auch VG Neustadt (Weinstraße) – U.v. 9.5.2016 – 4 K 1107/15.NW – juris Rn. 48; VGH BW, U.v. 4.8.2016 – 8 S 136/14 – juris Rn. 73; OVG RP, U.v. 22.12.2017 – 1 A 11826/16 – juris Rn. 33; BVerwG, B.v. 6.8.2018 – 7 B 4/18 – juris Rn. 5).
c) Dies hat der Beklagte grundsätzlich zutreffend erkannt. Von den hier inmitten stehenden Immissionen der einmal jährlich stattfindenden Veranstaltung gehen keine Gesundheitsgefährdungen aus (vgl. dazu BayVGH, B.v. 18.8.2016 – 15 B 14.1624 – juris Rn. 17), zumal die von der Klagepartei vorgetragene atypische individuelle Empfindlichkeit nach den o.g. Maßstäben keine Rolle spielt (vgl. auch VG Arnsberg, U.v. 18.7.2016 – 8 K 3533/15 – juris Rn. 35; Jarass, in: Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 3 Rn. 57). Zur Beurteilung der Erheblichkeit der von der Veranstaltung ausgehenden Belästigungen für das körperliche und seelische Wohlbefinden sowie der Beeinträchtigungen des Eigentums hat die Beklagte sich zu Recht an der Freizeitlärm-Richtlinie orientiert. Die von der Beklagten in Nr. 2.12.3 des Bescheidstenors im Wege der Auflage und in Anlehnung an Nr. 4.1 Buchst. c der Freizeitlärm-Richtlinie festgelegten Immissions-Höchstwerte verletzen den Kläger an sich auch nicht in seinen Rechten. Dahinstehen kann dabei, ob das Gebiet, in dem der Kläger wohnt, tatsächlich die Schutzwürdigkeit eines Kern- bzw. Mischgebietes beanspruchen kann. Der Bescheid liegt insoweit jedenfalls auf der sicheren Seite, ebenso mit Blick auf die festgelegten Maximalpegel (vgl. dazu Nr. 4.3 Freizeitlärm-Richtlinie).
d) Gleichwohl trägt der Bescheid dem Schutz des Klägers vor unzumutbarem Lärm nicht ausreichend Rechnung. Denn der Beklagte durfte sich hier nicht darauf beschränken, die Gestattung bzw. Erlaubnis zu erteilen und dem Beigeladenen aufzugeben, die o.g. Immissionswerte einzuhalten. In der Regel reicht eine solche zielorientierte Festlegung, die dem Emittenten die Art und Weise der Einhaltung des Gebots nicht vorschreibt, zwar aus, um eine Immissions-Konfliktlage zu lösen (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1968 – I C 29.67 – BVerwGE 31, 15; BayVGH, B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 26; BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 17; VG Würzburg, B.v. 30.5.2016 – W 5 E 16.483 – juris Rn. 57; Schenk in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 19 Rn. 116). Eventuelle Verstöße gegen in einer Genehmigung enthaltene Nebenbestimmungen lassen danach regelmäßig die Rechtmäßigkeit der Genehmigung unberührt und betreffen zunächst allein die Frage der Vollzugskontrolle (VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 – 4 K 1107/15.NW – juris Rn. 67 unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 12.4.2012 – 1 ZB 09.247 – juris Rn. 19). Anders liegt es hingegen, wenn von vornherein belastbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die festgelegten Immissionswerte voraussichtlich nicht eingehalten werden können (vgl. BayVGH, Beschlüsse v. 18.10.2017 und 18.5.2018, a.a.O.; VG Würzburg, a.a.O.; VG Koblenz, U.v. 12.4.2016 – 1 K 1069/15.KO – juris Rn. 34; Schenk, a.a.O.). Denn in diesem Fall sind die Nebenbestimmungen von vornherein ungeeignet, den Schutz des Nachbarn vor Lärm sicherzustellen, und wird der ungelöste Konflikt unzulässig auf die Vollzugsebene verlagert.
Derartige Anhaltspunkte dafür, dass die festgelegten Immissionswerte, bezogen auf das von dem Kläger bewohnte Gebäude, bei Durchführung der geplanten Veranstaltung nicht einzuhalten waren, lagen hier vor. Angesichts der Vielzahl der prognostizierten Besucher, des zu erwartenden Verkehrs, der Situierung der Parkplätze, des volksfestartigen Charakters der Veranstaltung mit Gastbetrieb im Freien, der Livemusik und nicht zuletzt auch der geringen Entfernung zwischen dem Veranstaltungsgelände und dem Anwesen des Klägers entsprach es allgemeiner Lebenserfahrung, dass die recht niedrigen festgelegten Immissionswerte, die die Freizeitlärm-Richtlinie in Nr. 4.1 Buchst. c für den „Regelfall“ vorsieht, hier nicht einzuhalten waren. Dies gilt insbesondere für den Höchstwert von 55 dB(A) innerhalb der Beurteilungszeit von 20 bis 22 Uhr (Ruhezeit). Der typische Verlauf von Freizeitveranstaltungen im Freien, die im Wesentlichen durch den Verzehr von Speisen und Getränken geprägt sind, legte nahe, dass die Besucheranzahl, der Bewirtungsbetrieb und damit auch der Geräuschpegel durch die Kommunikation der Gäste am Abend eher noch zunehmen würden, so dass der abgesenkte Immissionswert von 55 dB(A) nicht einzuhalten war. Vergleichbares gilt aber auch für die Nachtzeit. Auch der festgelegte Immissionswert von 45 dB(A), der auf die unter gewöhnlichen Umständen in einem Misch- bzw. Kerngebiet auftretende Immissionslast ausgerichtet ist (vgl. Nr. 6.1 Buchst. d TA Lärm), konnte nach dem geplanten Zuschnitt der Veranstaltung nicht eingehalten werden, zumal insoweit auf die volle Nachtstunde mit dem höchsten Beurteilungspegel abzustellen ist (vgl. Nr. 3.4 Freizeitlärm-Richtlinie) und in diese Zeit auch das Feuerwerk sowie der Abfahrtsverkehr fielen. Insoweit war auch zu berücksichtigen, dass es schon in der Vergangenheit Auseinandersetzungen wegen des von der Veranstaltung ausgehenden Lärms gab und der Kläger in dem vor dem erkennenden Gericht geführten Verfahren M 22 K 17.5133 eigene Lärmmessungen und massive Überschreitungen der o.g. Immissionswerte vortrug. Schließlich ist aus der Verwaltungs- und Gerichtspraxis sowie den Medien bekannt, dass Großveranstaltungen der hier in Rede stehenden Art mit Blick auf ihre Immissionen problematisch sind und in der Regel nur über eine sog. Sonderfallbeurteilung für seltene Ereignisse zugelassen werden können. Davon geht übrigens auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft in der o.g. Anwendungsempfehlung v. 15. Mai 2015 aus. Ob das von dem Kläger vorgelegte, nach der Veranstaltung erstellte Gutachten des Ingenieurbüros … … … vom 25. Juli 2017 für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheids bzw. der Prognose, ob die festgesetzten Immissionswerte eingehalten werden können, heranzuziehen ist, kann damit dahinstehen. Dies gilt umso mehr, als dieses ebenso wie auch der Vermerk des Beklagten vom 21. Juni 2017 über das Ergebnis der vom Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung durchgeführten Messungen dazu kommt, dass die festgelegten Werte tatsächlichen überschritten wurden.
Die mit Ergänzungsbescheid vom 30. Mai 2017 eingefügte Auflage Nr. 2.1.3 vermochte den Lärmschutz der Nachbarschaft ebenfalls nicht ausreichend sicher zu stellen. Die punktuellen und zeitlich beschränkten stichprobenartigen Messungen durch einen Mitarbeiter des Beklagten mit Hilfe eines mobilen Pegelmessgeräts waren insoweit nicht geeignet. Während der laufenden Veranstaltung standen diesem schon keine realistischen Möglichkeiten zur wirksamen Lärmbegrenzung zur Verfügung, was der o.g. Vermerk vom 21. Juni 2017 letztlich bestätigt.
e) Der Bescheid stellt sich auch nicht mit Blick auf die Rechtsfigur der seltenen Veranstaltung als rechtmäßig dar.
aa) Es ist zwar anerkannt, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeitsschwelle auch die Seltenheit des Anlasses und seine Bewertung unter dem Gesichtspunkt der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz zu berücksichtigen sind. Insbesondere Volksfeste können als herkömmliche und allgemein akzeptierte Formen des städtischen und dörflichen Zusammenlebens angesehen werden, die Identität und Zusammenhalt der örtlichen Gemeinschaft stärken und für viele Bewohner einen hohen Stellenwert besitzen. Damit einhergehende Geräusche werden daher von verständigen Durchschnittmenschen in höherem Maße akzeptiert als andere Immissionen (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.1997 – 22 B 96.3327 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 16.4.2018 – 10 ZB 18.310 – juris Rn. 7; OVG NRW, B.v. 25.5.2016 – 4 B 581/16 – juris Rn. 11 ff.; VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 – 4 K 1107/15.NW – juris Rn. 58 ff.). Diesem Gedanken trägt die Freizeitlärm-Richtlinie durch die Sonderregelung in Nr. 4.4 Rechnung, die ebenfalls als Orientierungshilfe zur Beurteilung der Zumutbarkeit herangezogen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2018, a.a.O.; OVG NRW, a.a.O.).
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich das hier inmitten stehende Oldtimertreffen als seltene Veranstaltung mit hoher Standortgebundenheit oder sozialer Adäquanz und Akzeptanz i.S.d.Nr. 4.4 Freizeitlärm-Richtlinie dar. Hohe Standortgebundenheit liegt bei besonderem örtlichen oder regionalen Bezug vor. Hierunter können Feste mit kommunaler Bedeutung – wie die örtliche Kirmes oder das jährliche Fest der Feuerwehr – sowie besondere Vereinsfeiern fallen (vgl. Nr. 4.4.1 Freizeitlärm-Richtlinie). Das hier in Rede stehende Oldtimertreffen 2017 war bereits die sechste Veranstaltung dieser Art in P. und gehörte, nicht zuletzt aufgrund seiner überörtlichen Anziehungskraft, bereits zu diesem Zeitpunkt zum festen Bestandteil des Veranstaltungskalenders in dem Markt P., wie u.a. aus dem vorgelegten Beschluss des Marktgemeinderates vom 28. September 2016 ersichtlich wird. Die soziale Adäquanz und Akzeptanz zeigt sich u.a. in dem vorgenannten Votum des Marktgemeinderates, der von einem „Highlight“ spricht, in der positiven Berichterstattung in der Presse sowie in der hohen Anzahl von Besuchern. Damit kommt der Veranstaltung offenkundig auch eine soziale Funktion und Bedeutung zu. Dies gilt umso mehr, als sie auch Elemente einer Kulturveranstaltung aufweist und das Zusammenspiel des ehemaligen Bergbauareals mit der Oldtimerveranstaltung, die ebenfalls Objekte der Technikgeschichte präsentiert, die Identität sowie die „Marke“ P.s als Ort der „Industrie- und Technikkultur“ stärken dürfte.
Dass die Veranstaltung sich als neuartig darstellt, ist dabei unerheblich; seltene Veranstaltungen der o.g. Art sind nicht auf den historisch überkommenen Bestand beschränkt (vgl. OVG NRW, a.a.O., Rn. 13; VG Arnsberg, U.v. 18.7.2016 – 8 K 3533/15 – juris Rn. 27 f.). Ebenso unbeachtlich ist, dass das Treffen eine gewisse überregionale Bedeutung hat; maßgeblich ist, dass es auch für die örtliche Bevölkerung bestimmt ist und von dieser angenommen wird (vgl. VG Arnsberg, a.a.O.). Und auch der Umstand, dass die Regelung zur Sonderfallbeurteilung bei seltenen Veranstaltungen in Ziff. 4.4 der Freizeitlärm-Richtlinie sich nach ihrem Wortlaut nur auf Veranstaltungen im Freien und/oder in Zelten bezieht, steht ihrer Anwendung nicht entgegen. Die für die Regelung tragende Überlegung, dass die unter Ziffer 4.1 bis 4.3 genannten Immissionsrichtwerte mitunter trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen nicht eingehalten werden können, gilt nicht nur für Veranstaltungen im Freien oder in Zelten, sondern auch für Veranstaltungen in geschlossenen Gebäuden (vgl. VGH BW, U.v. 4.8.2016 – 8 S 136/14 – juris Rn. 74 mit Ausführung u.a. zur Parallelität zu Nr. 7.2 TA Lärm).
Die Veranstaltung ist weiterhin als „selten“ einzuordnen. Bei der Bestimmung dieses Merkmals sind allein solche Veranstaltungen in den Blick zu nehmen, die sowohl hinsichtlich des Austragungsorts als auch im Hinblick auf die Immissionsbelastungen, die von ihnen ausgehen, Ähnlichkeiten aufweisen (vgl. VG Arnsberg, a.a.O., Rn. 29). Nach dem Akteninhalt sticht das Oldtimertreffen nach Größe und Immissionslast aus den sonstigen Veranstaltungen auf dem Areal heraus. Die Beklagte hat in dem Verfahren M 22 K 17.5133 ausgeführt, der gesamte Außenbereich werde außer für das Oldtimertreffen nur für den Weihnachtsmarkt benötigt, hinzu kämen noch bis zu vier kleinere Veranstaltungen im Freien wie ein Museumsfest, ein Familienfest und die sog. Vorwies`n der Fußballer; etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger im hiesigen Verfahren als A10 vorgelegten Anlage. Dass die genannten Veranstaltungen unter dem Gesichtspunkt der Immissionsbelastung Ähnlichkeiten mit dem Oldtimertreffen aufweisen, liegt nicht nahe und wurde auch nicht substantiiert vorgetragen, kann letztlich aber dahinstehen, da es sich jedenfalls insgesamt nur um eine eng begrenzte Anzahl von Veranstaltungen handelt (vgl. auch Nr. 4.4.2 Buchst. d Freizeitlärm-Richtlinie).
cc) Weiterhin scheint nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die bei seltenen Veranstaltungen im o.g. Sinn vorzunehmende Prüfung der Zumutbarkeit und Unvermeidbarkeit (vgl. Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie) zu einem positiven Ergebnis hätte kommen können.
Seltene Veranstaltungen werden insoweit privilegiert, als Beurteilungspegel von bis zu 70 dB(A)/tags und 55 dB(A)/nachts grundsätzlich als zumutbar angesehen werden, wobei der Beginn der Nachtzeit in einem besonders gelagerten Fall, an den hier zu denken wäre, um bis zu zwei Stunden verschoben werden kann (vgl. Nr. 4.4.2 Buchst. a, b, c Freizeitlärm-Richtlinie). Darüber hinaus können nach Nr. 4.4.2 Buchst. a Freizeitlärm-Richtlinie in Einzelfällen, die explizit zu begründen sind, sogar Immissionswerte von mehr als 70 dB(A)/tags und 55 dB(A)/nachts als zumutbar angesehen werden. Dabei sollen allerdings Überschreitungen eines Beurteilungspegels nachts von 55 dB(A) nach 24 Uhr vermieden werden (Nr. 4.4.2 Buchst. b). Zudem liegt es nahe, dass diese Ausnahme jedenfalls im Wesentlichen auf herausragende Ereignisse beschränkt ist, die in der Rechtsprechung unter die Rechtsfigur des „sehr seltenen Ereignisses“ gefasst wurden (vgl. dazu BayVGH, B.v. 17.9.2013 – 22 CS 14.2013 – juris Rn. 12; Schenk, in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 19 Rn. 116; vgl. zur Diskussion um die Bedeutung des „sehr seltenen Ereignisses“ nach der Neuregelung der Freizeitlärm-Richtlinie auch VG Neustadt, U.v. 9.5.2016 – 4 K 1107/15.NW – juris Rn. 58 ff.). Geräuschspitzen sollen die Werte von 90 dB(A)/tags und 65 dB(A)/nachts einhalten (Nr. 4.4.2 Buchst. e).
Dass die sich daraus ergebenden (absoluten) Grenzen der Zumutbarkeit hier einzuhalten waren bzw. tatsächlich eingehalten wurden, erscheint danach durchaus möglich. Dies dürfte angesichts der Beendigung bis 22:30 Uhr auch für die Lärmbelastung durch das Feuerwerk gelten (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 2.11.1992 – 22 B 92.263). Dabei wäre allerdings noch näher zu prüfen, welche Bedeutung dem Feuerwerk nach der Konzeption der Veranstaltung zukommt.
dd) Letztlich kann dies aber offen bleiben. Denn um die Zumutbarkeit einschließlich der Einhaltung der o.g. absoluten Grenzen beurteilen zu können, hätte der Beklagte angesichts der Größe der Veranstaltung eine immissionsschutzfachliche Äußerung (ggf. auch des Landratsamts) über die zu erwartenden Immissionen einholen müssen (vgl. dazu auch OVG NRW, B.v. 25.5.2016 – 4 B 581/16 – juris Rn. 3; VG Würzburg, U.v. 21.2.2018 – W 6 K 17.394 – juris Rn. 48). Anders mag es bei einer kleineren Veranstaltung wie etwa einem Weihnachtsmarkt oder Familienfest liegen, bei der die Gemeinde auch ohne immissionsschutzfachliche Unterstützung zu der Einschätzung gelangen kann, dass die zu erwartenden Immissionen jedenfalls „auf der sicheren Seite“ liegen.
Hier lag der Zulassungsentscheidung keine fachliche Stellungnahme zu Grunde. Im gerichtlichen Verfahren kann sie auch nicht nachgeholt werden. Denn Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist bei der Fortsetzungsfeststellungsklage allein die Rechtswidrigkeit der durch Zeitablauf (hier: Durchführung der Veranstaltung am 17. Juni 2017) erledigten, d.h. unwirksam gewordenen Zulassungsentscheidung. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage kann jedenfalls nicht nach dem Zeitpunkt der Erledigung liegen. Die rückwirkende Nachbesserung oder sogar Nachholung einer materiell-rechtlich relevanten Begründung nach diesem Zeitpunkt wäre systemwidrig und ist deshalb prozessual ausgeschlossen (vgl. dazu BayVGH, B.v. 10.7.2018 – 10 B 17.1996 – juris Rn. 34; Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 113 Rn. 152).
Eine Verletzung der Klägers in eigenen Rechten wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Kläger sich mit E-Mail vom 11. April 2017 an den Gemeinderat wandte und sich gegen den Vorschlag der Gemeindeverwaltung aussprach, dass der Beklagte eine entsprechende Lärmprognose im Rahmen eines umfassenden, sich auf alle regelmäßig auf dem Areal stattfindenden Veranstaltungen erstreckenden Gutachtens einholt. Die Intervention des Klägers mag der Klärung der Immissionsbelastung zwar nicht förderlich gewesen sein, kann ihm jedoch nicht unter dem Gesichtspunkt der treuwidrigen Vereitelung weiterer Aufklärung entgegengehalten werden. Zum einen bleibt im Unklaren, aus welchen konkreten Gründen der Marktgemeinderat den Vorschlag der Verwaltung (einstimmig) ablehnte. Zum anderen erscheint es, auch wenn die Motive des Klägers gleichfalls ungewiss bleiben, nicht illegitim, wenn der Kläger den Standpunkt einnimmt, die Kosten für die Lärmprognose solle der Veranstalter und nicht die Allgemeinheit tragen.
ee) Vergleichbares gilt mit Blick auf die gebotene Prüfung der Unvermeidbarkeit der zu erwartenden Immissionen. Eine solche Prüfung hat die zuständige Behörde nach Nr. 4.4.2 Freizeitlärm-Richtlinie vor der Zulassungsentscheidung vorzunehmen. Die Unvermeidbarkeit setzt dabei voraus, dass eine Überschreitung aufgrund der Umgebungsbedingungen und der Mindestversorgungspegel entsprechend VDI 3770:2012-09 trotz aller verhältnismäßigen technischen und organisatorischen Lärmminderungsmaßnahmen unvermeidbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn lokal geeignete Ausweichstandorte nicht zur Verfügung stehen.
Die Beklagte hätte in jedem Fall technische und organisatorische Lärmminderungsmaßnahmen untersuchen müssen, und zwar, angesichts der Größe der Veranstaltung und der Komplexität des zu erwartenden Immissionsgeschehens, ebenfalls auf der Grundlage einer immissionsschutzfachlichen Stellungnahme (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Als Lärmminderungsmaßnahmen wären dabei insbesondere eine Optimierung der Ausrichtung der Beschallungstechnik in Betracht gekommen (vgl. Nr. 4.4.3 Freizeitlärm-Richtlinie), aber auch ein lärmminimierendes Parkmanagement.
e) Schließlich bestehen Zweifel an der Bestimmtheit des Bescheids.
Bei einer Genehmigung oder Erlaubnis muss klar sein, was genau genehmigt wurde und welchen Umfang die gestattende Wirkung der Genehmigung hat. Soweit Dritte betroffen sind, gilt dies auch im Verhältnis zu diesen. In eigenen Rechten verletzt wird ein Dritter durch eine Unbestimmtheit dann, wenn sich diese gerade auf die Merkmale eines Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um die Verletzung solcher Vorschriften auszuschließen, die seinem Schutz zu dienen bestimmt sind (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 37 Rn. 28, 4 f.; OVG NRW, B.v. 23.7.2018 – 2 B 565/18 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 13.). Welches Maß an Konkretisierung im Einzelfall notwendig ist, hängt dabei von der Art des Verwaltungsaktes, den Umständen seines Erlasses und seinem Zweck ab, wobei sich die Maßstäbe aus dem jeweiligen Fachrecht ergeben können (vgl. OVG NRW, U.v. 11.6.1992 – 20 A 2485/89 – juris Rn. 10; Stelkens, a.a.O. Rn. 5).
Diese Anforderungen dürften auch für die hier in Rede stehenden Zulassungsentscheidungen nach § 12 GastG bzw. Art. 19 LStVG zum Tragen kommen, soweit es die Lärmwirkungen betrifft. Soweit Art. 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 LStVG einschlägig ist, spricht dafür, dass die „Veranstaltung“ schon begrifflich durch ihren Gegenstand, räumlich sowie durch einen gewissen organisatorischen Einsatz im Sinne eines Konzepts bestimmt wird (vgl. Schenk, in Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand September 2015, Art. 19 Rn. 5, 17, 20). Der Umfang der Erlaubnis ist damit nur erkennbar, wenn sich alle wesentlichen Elemente aus der Anzeige bzw. der Erlaubnis selbst ergeben. Wenn der Veranstalter diese nicht in seine Anzeige oder einen Erlaubnisantrag einbezieht, sind sie formell illegal und können untersagt werden (vgl. Schenk, a.a.O. Rn. 20). Der gaststättenrechtlichen Erlaubnis als raumbezogener Personalkonzession liegt zwar ein typisierender Ansatz insofern zu Grunde, als sie nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GastG für eine bestimmte Betriebsart (und bestimmte Betriebsräume) erteilt wird und dem Erlaubnisinhaber innerhalb der vom Typ vorgegebenen Variationsbreite Spielraum für die Ausgestaltung seines Betriebs lässt (vgl. Michel/Kienzle/Pauly, GastG, 14. Aufl. § 3 Rn. 1, 17). Dies dürfte auch für die Gestattung aus besonderem Anlass gelten, die unter „erleichterten Voraussetzungen“ erteilt wird. Andererseits ist für die Gaststättenerlaubnis als Feststellung, dass gegen die beabsichtigte Tätigkeit in den genannten Räumen keine gaststättenrechtlichen Bedenken bestehen (Michel/Kienzle/Pauly, a.a.O., § 3 Rn. 25), nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG auch das Verhältnis des Betriebs zu seiner Umgebung in den Blick zu nehmen, insbesondere zur Beurteilung der hier in Rede stehenden Gefahr schädlicher Umwelteinwirkungen.
Danach dürfte das Bestimmtheitserfordernis objektiv-rechtlich bei der Gestattung bzw. Erlaubnis einer Veranstaltung der hier in Rede stehenden Art und Größe verlangen, dass in der Zulassungsentscheidung bzw. dem entsprechenden Antrag zumindest die wesentlichen (dem Gaststättenbetrieb zuzurechnenden) Lärmquellen wie insbesondere Ausschank und Sitzgelegenheiten, Bühne, Beschallungstechnik sowie Parkplätze räumlich und zeitlich bezeichnet werden, z.B. mit Hilfe eines Lageplans. Weiterhin dürfte das Bestimmtheitsgebot insoweit drittschützende Wirkung haben, weil die o.g. Merkmale Gegenstand der Beurteilung sind, ob das Vorhaben mit dem gebotenen Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen für die Nachbarschaft vereinbar ist. Darüber hinaus dürften die o.g. Angaben und ihre Dokumentation in den Akten aber auch zwingende Voraussetzung dafür sein, dass der Beklagte selbst die gebotene Einschätzung der Immissionsbelastung vornehmen bzw. eine belastbare immissionsschutzfachliche Stellungnahme einholen kann.
Derartige Angaben finden sich hier weder in den Anzeige- bzw. Antragsunterlagen noch in der Zulassungsentscheidung..
III.
Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 154 Abs. 1, § 154 Abs. 3 VwGO. Dabei entsprach es der Billigkeit im Sinne von § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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