Verwaltungsrecht

Kein Anordnungsgrund, wenn es sich bei zwei Bewerbern um einen Dienstposten auf Seiten des Antragstellers lediglich um einen Um-/Versetzungsbewerber handelt, auf Seiten des Beigeladenen um einen Beförderungsbewerber

Aktenzeichen  B 5 E 20.1381

Datum:
12.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 8888
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Entscheidung des Antragsgegners, den Dienstposten eines weiteren Schulrats bei den Staatlichen Schulämtern in der Stadt und im Landkreis … (Besoldungsgruppe A14+AZ) mit dem Beigeladenen zu besetzen.
1. Der am … 1970 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 13. März 2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Lehrer ernannt. Er wurde zunächst mit Wirkung vom 11. Januar 2013 zum Rektor (BesGr. A14) befördert und schließlich mit Wirkung vom 1. Februar 2019 zum Schulrat ernannt, gleichzeitig von der …Mittelschule … an die Staatlichen Schulämter in der Stadt und im Landkreis … versetzt und zum weiteren Schulrat bestellt. Mit Wirkung vom selben Tag wurde er in eine freie und besetzbare Planstelle für Schulräte der BesGr. A14+AZ eingewiesen.
In der aktuellen Anlassbeurteilung für das Beurteilungsjahr 2020 (Beurteilungszeitraum 11.11.2018-1.3.2020) erzielte der Antragsteller das Gesamturteil von 10 Punkten. Ihm wurde darüber hinaus die Eignung für den Dienstposten als Stellvertreter des Fachlichen Leiters, künftiger Fachlicher Leiter eines Staatlichen Schulamtes (BesGr. A14+AZ/A15) zuerkannt.
Der am … 1970 geborene Beigeladene wurde mit Wirkung vom 14. März 2001 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Lehrer ernannt und wurde zuletzt mit Wirkung vom 1. November 2010 zum Rektor befördert. Damit war er zunächst in die BesGr. A13+Z eingruppiert und wurde mit Wirkung ab dem 1. Januar 2011 gemäß Art. 104 Abs. 2 und 3 des Bayerischen Besoldungsgesetzes (BayBesG) in ein Amt der BesGr. A14 übergeleitet.
In der periodischen Beurteilung vom 1. Januar 2019 (Beurteilungszeitraum 1.1.2015-31.12.2018) erzielte er das Gesamtprädikat „BG“.
Der Antragsgegner schrieb mit Bekanntmachung des Kultusministeriums vom 30. Januar 2020, Az. …, BayMBl. 2020 Nr. 74, die Funktionsstelle eines weiteren Schulrats bei den Staatlichen Schulämtern in der Stadt und im Landkreis … (BesGr. A14+AZ) aus. Die Ausschreibung richtete sich auch an Schulaufsichtsbeamte des Freistaats Bayern oder staatliche Beamte, die unbeschadet der allgemeinen beamten- und laufbahnrechtlichen Erfordernisse die Lehramtsbefähigung an Volksschulen, an Grund- oder an Hauptschulen besitzen und eine mindestens vierjährige Bewährung im bayerischen Grundschul- oder Mittelschuldienst in einem Amt als Konrektor/in, Rektor/in, Beratungsrektor/in oder Seminarrektor/in vorweisen können. Das Staatsministerium behielt sich vor, Bewerber, die das statusrechtliche Amt bereits innehaben, und solche Bewerber, die sich auf einen höheren Dienstposten bewerben, nicht in unmittelbarer Konkurrenz zu werten. Sollten mehrere Bewerber für die Besetzung einer Stelle im Wesentlichen gleich geeignet sein, würde die Auswahlentscheidung auf das Ergebnis eines Auswahlgesprächs im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus (BayStMUK) gestützt.
Innerhalb offener Ausschreibungsfrist bewarben sich auf diesen Dienstposten lediglich der Antragsteller und der Beigeladene.
Mit Auswahlvermerk vom 19. August 2020 stellte das BayStMUK unter Punkt 2 fest, dass die Entscheidung des mit Aufschreibung vom 21. April 2020 ergangenen Besetzungsvorschlags für die Nachbesetzung eines weiteren Schulrates bei den Staatlichen Schulämtern im Landkreis und in der Stadt … mit der Bitte um Überprüfung auf Rechtsfehlerfreiheit durch die zuständigen Fachreferate des Hauses zurückgestellt worden sei. Als Fazit der Überprüfung sei mit Vermerk vom 15. Juni 2020 durch das Referat II.5 vorgeschlagen worden, den Besetzungsvorschlag beim vorliegenden Beurteilungsgleichstand der beiden Bewerber auf das Ergebnis eines Personalauswahlgesprächs zu stützen. Die betroffenen Referate seien diesem Vorschlag nachgekommen und hätten mit beiden Bewerbern am 7. bzw. 13. August 2020 jeweils ein strukturiertes Auswahlgespräch geführt. Beide Bewerber erfüllten das Anforderungsprofil. Bei einer dienstlichen Beurteilung mit dem Prädikat „BG“ (was einer Bewertung mit 11-14 Punkten entspreche) in der BesGr. A14 bei dem Beigeladenen und einem Prädikat vom 10 Punkten (was der Bewertung „UB“ entspreche) in der BesGr. A14+AZ bei dem Antragsteller liege ein Beurteilungsgleichstand vor. Unter Punkt 2.4 wurden ein Bewerbervergleich bzw. eine „Harmonisierung der Dienstlichen Beurteilungen“ vorgenommen. Aufgrund des sich daraus ergebenden Gleichstands der Bewerber sei mit beiden ein strukturiertes Auswahlgespräch unter der Leitung von RSchD … geführt und von ORR … und KRin … protokolliert worden. In der Folge waren in dem Vermerk die Angaben von Antragsteller und Beigeladenem aus den Auswahlgesprächen zusammengefasst und bewertet worden.
Der Antragsgegner setzte mit Schreiben vom 28. September 2020 den Hauptpersonalrat beim BayStMUK über die beabsichtigte Vergabe des streitgegenständlichen Dienstpostens an den Beigeladenen in Kenntnis.
Mit Mitteilung vom 25. November 2020 setzte das BayStMUK den Antragsteller darüber in Kenntnis, dass seine Bewerbung um die Stelle eines weiteren Schulrats bei den Staatlichen Schulämtern im Landkreis und in der Stadt … keinen Erfolg gehabt habe. Stattdessen sei der Beigeladene ausgewählt worden.
Der Antragsteller ließ mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2020 Widerspruch gegen diese Entscheidung erheben. Über diesen wurde bislang nicht entschieden.
2. Mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2020, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, ließ der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen,
Dem Antragsgegner ist im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu untersagen, die Stelle eines weiteren Schulrats bei den Staatlichen Schulämtern im Landkreis und in der Stadt … mit einem Mitbewerber zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
Zur Begründung seines Antrags ließ der Antragsteller mit Schriftsatz vom 7. Januar 2021 ausführen, dass ein Anordnungsgrund gegeben sei, weil verhindert werden müsse, dass der derzeit ausgewählte Bewerber einen Erfahrungsvorsprung auf dem streitgegenständlichen Dienstposten sammeln könnte, der bei einer gegebenenfalls zu wiederholenden Auswahlentscheidung zu dessen Gunsten zu berücksichtigen wäre.
Darüber hinaus stehe dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch zu, weil die zu seinen Lasten getroffene Auswahlentscheidung des Antragsgegners den aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) folgenden Anspruch des Antragstellers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletze und die Auswahl des Antragstellers in einem erneuten Auswahlverfahren zumindest möglich erscheine.
Diesen Anspruch könne der Antragsteller auch als sogenannter Versetzungsbewerber geltend machen. Sofern sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließe, an dem sowohl Beförderungs- als auch Um- bzw. Versetzungsbewerber unterschiedslos teilnähmen, lege er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Verfahren fest, mit der Folge, dass auch bloße Umsetzungs-/Versetzungsbewerber am Leistungsgrundsatz zu messen seien. Die Feststellungen des Antragsgegners zum behaupteten Beurteilungsgleichstand der beiden Bewerber sei nicht ausreichend. Die dienstlichen Beurteilungen bezögen sich zum einen auf unterschiedliche Statusämter. Des Weiteren würden sich auch die Gesamturteile hinsichtlich der Art ihrer Bewertung (sieben unterschiedliche Bewertungsstufen beim Beigeladenen gegenüber einer Punkteskala von 1 bis 16 beim Antragsteller) unterscheiden. Sofern man einen Qualifikationsgleichstand aufgrund des gleichen Gesamturteils annehmen wolle, bestünde die Verpflichtung, eine Binnendifferenzierung vorzunehmen. Dadurch hätten die Voraussetzungen für die Durchführung eines strukturierten Auswahlverfahrens nicht vorgelegen, weil erst nach zutreffend festgestelltem Qualifikationsgleichstand, der hier gerade nicht gegeben sei, der Weg für nach Art. 16 Abs. 1 Satz 3 des Leistungslaufbahngesetzes (LlbG) grundsätzlich mögliche Auswahlgespräche eröffnet sei. Eine Binnendifferenzierung könne auch nicht nachgeschoben werden. Lediglich ergänzend weise er darauf hin, dass dem Akteninhalt auch nicht entnommen werden könne, inwieweit das durchgeführte Auswahlgespräch als systematisches Personalauswahlgespräch nach Art. 16 Abs. 1 Satz 4 LlbG anzusehen sei. Dem Vermerk sei nicht zu entnehmen, inwieweit beiden Kandidaten gleiche Fragen gestellt worden seien, ebenso wenig die Struktur, der Inhalt und die Teilnehmer am Auswahlgespräch.
Das BayStMUK sicherte für den Antragsgegner mit Schriftsatz vom 8. Dezember 2020 zu, dass bis zum Abschluss des verwaltungsrechtlichen Verfahrens sowohl von einer Abordnung an die Staatlichen Schulämter im Landkreis und in der Stadt … als auch einer Ernennung des ausgewählten Bewerbers abgesehen werde.
Mit Beschluss vom 9. Dezember 2020 lud das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth den ausgewählten Bewerber zum Verfahren bei.
Der Antragsgegner erwiderte mit Schriftsatz vom 15. Januar 2021 und beantragte dabei zunächst, den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, es fehle schon deswegen an einem Anordnungsgrund, weil der Antragsgegner bereits zugesichert habe, bis zum Abschluss des verwaltungsrechtlichen Verfahrens die Stelle nicht zu besetzen. Ein Erfahrungsvorsprung zu Lasten des Antragstellers könne daher nicht entstehen. Ein solcher würde darüber hinaus auch nicht mit gewertet, sondern unberücksichtigt gelassen.
Auch ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Zunächst bestehe durchaus zwischen den Bewerbern ein Beurteilungsgleichstand, weil es sich um im Wesentlichen gleiche Beurteilungen handle. Der Beigeladene habe in seiner dienstlichen Beurteilung das Gesamtprädikat BG (11-14 Punkte) in der Besoldungsgruppe A14 und der Antragsteller das Gesamtprädikat UB (10 Punkte) in der Besoldungsgruppe A14+AZ. Daraus ergebe sich ein Beurteilungsgleichstand, da die Bewerber in unterschiedlichen Statusämtern eingesetzt seien. Dabei sei im Schulbereich davon auszugehen, dass sich aus einem höheren Statusamt auch höhere Anforderungen ergeben. Hinsichtlich der unterschiedlichen Bewertungssysteme sei auszuführen, dass in einem wertenden Vergleich der Beurteilungssysteme die erworbenen 10 von 16 möglichen Punkten in etwa dem oberen Bereich eines „UB“ in einem 7-stufigen Bewertungssystem zugeordnet würden. So sehe dies auch die Umrechnungstabelle vor, die nach einem Beschluss der AG Personalverwaltung nach wie vor zur Vergleichbarkeit von Bewertungen aus dem Schulaufsichtsdienst und dem Schuldienst herangezogen werden dürfe. Vergleichbares ergebe sich, wenn man die Zuordnung der Verbalbeschreibungen in den Verwaltungsvorschriften zum Bayerischen Beamtenrecht zu den Punkten im 16-stufigen System heranziehe. Daraus ergebe sich, dass 7-10 Punkte zu vergeben seien, wenn die Erfüllung des einzelnen Merkmals in jeder Hinsicht den Anforderungen genüge oder diese übersteige (Ziff. 3.2.2 VV-BeamtR). Dies entspreche dem „UB“ im 7-stufigen Beurteilungssystem der Lehrkräfte. Da dieser Gleichstand in sich schlüssig sei, habe er keiner näheren Erläuterung im Aktenvermerk bedurft. Sinn und Zweck des Auswahlvermerks sei lediglich die Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen. Diese Pflicht dürfe nicht überdehnt werden. In Bezug auf die monierte fehlende Binnendifferenzierung sei auszuführen, dass Art. 16 Abs. 2 LlbG keine starre Vorgabe sei. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich in Art. 16 Abs. 2 Satz 3 LlbG-E, dass es sich hierbei um ein gesetzliches Regelmodell handle. Die Vielfältigkeit der Verwaltungsbereiche und Aufgabenfelder und die in der Praxis vorzufindenden Unterschiede könnten jedoch anderweitige Differenzierungen erforderlich machen. Dies bestätige auch der BayVGH dahingehend, dass bei der bei einem Beurteilungsgleichstand in einem zweiten Schritt zu erfolgenden Binnendifferenzierung nicht die Verpflichtung bestehe, sämtliche Einzelmerkmale einander konkret gegenüberzustellen und die Beurteilungen umfassend auszuwerten (BayVGH, Beschluss vom 1.10.2018 – 3 CE 18.1833). Aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenwahrnehmung des Antragstellers und des Beigeladenen (Schulaufsicht bzw. Schuldienst) sei eine Vergleichbarkeit erschwert und eine gerechte Umrechnung könne nicht erfolgen. Schließlich komme es nicht auf die exakte, sondern lediglich auf die wesentliche Vergleichbarkeit an. Zudem habe man bereits im Ausschreibungstext darauf hingewiesen, dass bei im Wesentlichen gleicher Beurteilungssituation auf Auswahlgespräche rekurriert würde. Bei diesem habe es sich konkret um ein strukturiertes Interview unter Anwendung eines einheitlichen Fragenkatalogs gehandelt. So hätten die Antworten leichter miteinander verglichen werden können. Auf Seite 4 des Aktenvermerks vom 18. August 2020 würden Inhalt, Teilnehmerkreis und Struktur des Gesprächs aufgezählt. Die Anforderungen würden überspannt, wenn man verlangte, dass jede Einzelfrage wörtlich aufgeführt werde. Dass den Bewerbern dieselben Fragen gestellt worden seien, ergebe sich bereits aus der Gegenüberstellung der Antworten im Aktenvermerk. Abschließend habe der Antragsteller – auch bei Wahrunterstellung seiner Ausführungen – nicht dargelegt, inwiefern die erhobenen Rügen seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzen sollten, da eine Kausalität der behaupteten Mängel vom Antragsteller nicht vorgetragen worden sei.
Mit ergänzendem Schriftsatz vom 2. Februar 2021 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers aus, dass es nach wie vor an der erforderlichen Prüfung fehle, inwieweit die beiden Beurteilungen in verschiedenen Statusämtern als „gleichwertig“ anzusehen seien. Gegen die Annahme einer Vergleichbarkeit spreche, dass bereits unterschiedliche Beurteilungsformulare verwendet worden seien. Eine gerechte Umrechnung/Vergleichung könne aufgrund der unterschiedlichen Aufgabenwahrnehmung der Bewerber nur schwer erfolgen. Der Antragsteller sei aufgrund seiner Beurteilung in einem höheren Statusamt als besser geeignet im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG anzusehen, als der Beigeladene.
Der Antragsgegner erwiderte abschließend mit Schriftsatz vom 9. Februar 2021, dass es dem für beide Tätigkeitsbereiche (Schuldienst und Schulaufsicht) eröffneten Ausschreibungstext immanent gewesen sei, dass es Bewerber aus beiden Bereichen gebe, was zwangsläufig zum Vorliegen von Beurteilungen aus unterschiedlichen Systemen führe. Eine echte Vergleichbarkeit sei somit nicht gegeben, es gelte der in der Rechtsprechung verankerte Grundsatz, dass derartige Beurteilungen dann soweit möglich vergleichbar zu machen seien. Dies habe man durch die Anwendung der Umrechnungstabelle getan.
3. Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die geltend gemachte materielle Rechtsposition grundsätzlich sicherungsfähig, hängt die Bejahung eines Anordnungsanspruchs regelmäßig davon ab, welche Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bestehen. Die gerichtliche Überprüfung der hier streitgegenständlichen Auswahlentscheidung ist im Hauptsacheverfahren – verfassungsrechtlich unbeanstandet – grundsätzlich darauf beschränkt, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über die Bewerbung entschieden hat. Dagegen kann der unterlegene Bewerber – von dem unwahrscheinlichen Fall einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bzw. des Ermessens auf Null abgesehen – unter Berufung auf Art. 33 Abs. 2 GG nicht gerichtlich feststellen lassen, dass er an Stelle des ihm vorgezogenen Konkurrenten hätte ausgewählt werden müssen. Streitgegenstand ist mithin nicht ein möglicher Anspruch auf den fraglichen Dienstposten, sondern allein das dahinter zurückbleibende Recht auf fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung. Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, das heißt wenn seine Auswahl möglich erscheint. Derselbe Maßstab wie im Hauptsacheverfahren ist auch anzulegen, wenn der bei der Auswahl eines Beförderungsbewerbers unterlegene Bewerber verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zur vorläufigen Sicherung seines Anspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG begehrt. Da hier effektiver Rechtsschutz letztlich nur im Wege einer einstweiligen Anordnung zu leisten ist, dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen des unterlegenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren gefordert werden könnte (BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – BayVBl 2003, 240).
1. Der Antragsteller kann bereits keinen Anordnungsgrund geltend machen, sodass es auf die Frage nach dem Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht mehr entscheidungserheblich ankommt.
a) Ein Anordnungsgrund ist im streitgegenständlichen Fall bereits deswegen zu verneinen, weil vorliegend keine echte Konkurrenzsituation gegeben ist, wie es der Fall wäre, wenn zwei Beförderungsbewerber um einen Dienstposten konkurrieren.
Liegt die Fallgestaltung so, dass ein Umsetzungs- bzw. Versetzungsbewerber mit einem Beförderungsbewerber um einen Dienstposten konkurriert, verneint der BayVGH die Frage nach dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes, wenn ein in das Auswahlverfahren einbezogener Versetzungs- oder Umsetzungsbewerber die Auswahl eines Beförderungsbewerbers angreifen und im Wege einstweiligen Rechtsschutzes verhindern will (BayVGH, B. v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643, BeckRS 2010, 53974; ebenso OVG Münster, B. v. 16. 10. 2003 – 1 B 1348/03, NVwZ-RR 2004, 437 ff., beck-online). Konkurriert nämlich ein Versetzungs- oder Umsetzungsbewerber mit Beförderungsbewerbern um bestimmte Dienstposten, hat der Versetzungs- oder Umsetzungsbewerber – um dessen Rechtsschutzmöglichkeiten es in derartigen Fallgestaltungen geht – keine vergleichbar gewichtigen Nachteile zu befürchten, wenn die erstrebten Dienstposten zunächst einmal mit seinen Mitkonkurrenten besetzt werden. Das gilt selbst dann, wenn sich an die Dienstpostenvergabe unmittelbar oder in naher Zukunft die Beförderung der Mitkonkurrenten anschließen soll. Denn der reine Versetzungs- oder Umsetzungsbewerber hat ein entsprechendes Statusamt dann bereits inne. Die Besetzung der in Rede stehenden Dienstposten ist für ihn daher unter Beförderungsgesichtspunkten nicht relevant. Darüber hinaus ist aber auch seine künftige Umsetzung auf einen der begehrten Dienstposten jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen. Da die im Zuge der Besetzungsentscheidungen ausgewählten Bewerber auch nach einer „endgültigen” Besetzung der Dienstposten und Beförderung auf diesen Dienstposten keinen Anspruch auf Beibehaltung eines bestimmten Amtes im konkret-funktionellen Sinne haben, verbleibt prinzipiell die Möglichkeit, dass diese Dienstposten (bzw. einer von ihnen) im Wege der Weiterumsetzung zukünftig wieder freigemacht werden und in diesem Sinne für eine Besetzung mit dem Antragsteller weiterhin „offen stehen”. Vor diesem Hintergrund lässt sich nicht feststellen, dass ein Versetzungs- oder Umsetzungsbewerber irreparable oder ihm sonst nicht zumutbare Rechtsnachteile erleiden wird, wenn ihm in der vorliegenden konkreten Situation vorläufiger Rechtsschutz versagt bleibt (vgl. OVG Münster, B. v. 16. 10. 2003 – 1 B 1348/03, a.a.O., S. 438).
Sollte sich in einem Hauptsacheverfahren herausstellen, dass die Entscheidung, den streitbefangenen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, rechtsfehlerhaft war, so kann daher die behördliche Entscheidung jederzeit rückgängig gemacht werden und zwar selbst dann, wenn der Beigeladene dort inzwischen befördert worden wäre. Der streitbefangene Dienstposten kann jederzeit durch Versetzung oder Umsetzung des Beigeladenen wieder freigemacht werden (vgl. BayVGH, B. v. 11.11.2008, a.a.O., Rn. 27).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann der Antragsteller hier keinen Anordnungsgrund geltend machen. Zwar stellt sich für den zum Zuge gekommenen Beigeladenen als einem derzeit auf dem Dienstposten eines Rektors (BesGr. A14) tätigen Bewerber der streitbefangene Dienstposten, der mit A14+AZ bewertet ist, als Beförderungsdienstposten dar. Dies gilt jedoch nicht für den Antragsteller. Er hat auf seinem Dienstposten als Schulrat bei den Staatlichen Schulämtern des Landkreises und der Stadt … bereits ein entsprechendes Amt der Besoldungsgruppe A14+AZ und damit eines, wie es der Antragsgegner im streitgegenständlichen Fall ausgeschrieben hat, inne. Damit handelt es sich bei dem Antragsteller lediglich um einen Umsetzungsbewerber. Da entsprechend der oben dargestellten Fallgestaltung auch in der streitgegenständlichen Konstellation ein Umsetzungs- und ein Beförderungsbewerber um denselben Dienstposten konkurrieren, kommen die eben dargestellten Grundsätze uneingeschränkt zur Anwendung.
Ein Anordnungsgrund ist bereits aus diesem Grund zu verneinen.
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die von Antragstellerseite geltend gemachte Problematik eines etwaigen Bewährungsvorsprungs des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller im Falle des Vollzugs der beabsichtigten Stellenbesetzung mit ihm.
Auch diese Problematik spielt nur bei einer echten Konkurrenzsituation von Beförderungsbewerbern – die hier schon aus den eben dargestellten Gründen nicht vorliegt -eine Rolle. Zusätzlich spricht die von Antragsgegnerseite gewählte Formulierung der Stellenausschreibung gegen das Vorliegen einer echten Konkurrenzsituation. In dieser hat der Antragsgegner mit dem Hinweis darauf, dass das Staatsministerium es sich vorbehält, Bewerber und Bewerberinnen, die das statusrechtliche Amt bereits innehaben, und solche Bewerber und Bewerberinnen, die sich auf einen höheren Dienstposten bewerben, nicht in unmittelbarer Konkurrenz zu werten, deutlich gemacht, dass er Umsetzungs- und Beförderungsbewerber bei der konkreten Stellenbesetzung nicht zwingend gleich behandeln will. Durch diesen Hinweis ist hinreichend klargestellt, dass Beamte, die bereits einen Dienstposten innehaben, der – wie hier – dem Wert des ausgeschriebenen Dienstpostens gleichwertig ist, nicht zwingend an dem am Leistungsprinzip zu messenden Auswahlverfahren teilnehmen. Nur dann, wenn sich der Dienstherr für ein Auswahlverfahren entschließt, an dem Beförderungs- und Umsetzungs- (bzw. Versetzungs-)bewerber unterschiedslos teilnehmen, legt er sich auf ein an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichtetes Auswahlverfahren fest. Schreibt der Dienstherr eine Stelle solcherart aus, so hat er seine Organisationsfreiheit durch Wahl und Ausgestaltung des Besetzungsverfahrens beschränkt mit der Folge, dass auch Versetzungsbewerber bzw. Umsetzungsbewerber am Leistungsgrundsatz zu messen sind. Nur in diesem Fall muss sich der Dienstherr an dem gewählten Modell der Bestenauslese auch bezüglich der Versetzungs- (bzw. Umsetzungs-)bewerber festhalten lassen (vgl. auch BVerfG vom 28.2.2007, Az. 2 BvR 2494/06 m.w.N.).
Der Antragsteller, der Umsetzungsbewerber ist, muss deshalb – anders der Beigeladene als Beförderungsbewerber – nicht nach dem Grundsatz der Bestenauslese bei der Auswahlentscheidung behandelt werden. Vielmehr hat der Antragsgegner hier seine Organisationsfreiheit bezüglich der Umsetzungs-/Versetzungsbewerber nicht (durch eine Festlegung auf Gleichbehandlung von Umsetzungs- und Beförderungsbewerbern) eingeschränkt. Das bedeutet, dass die getroffene Auswahlentscheidung hinsichtlich des Antragstellers – nur – den Anforderungen an die Ausübung des pflichtgemäßen (aber sehr weit gespannten) Ermessens genügen muss und nicht willkürlich sein darf (vgl. BVerfG vom 28.11.2007, Az. 2 BvR 1431/07, NJW 2008, 909 sowie die Rechtsprechung des Senats Beschlüsse vom 3.7.2008, Az. 3 CE 08.1538 und vom 17.6.2008, Az. 3 CE 08.884).
Weil der Antragsteller bei Berücksichtigung dieser eben dargelegten Grundsätze grundsätzlich gar nicht der Bestenauslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung unterfallen würde, käme es auch nicht auf einen etwaigen Bewährungsvorsprung des Beigeladenen auf dem streitbefangenen Dienstposten an. Denn die Bewährung auf einem Dienstposten ist ein Kriterium, das im Rahmen von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung eine Rolle spielt. Ein etwaiger Bewährungsvorsprung des Beigeladenen wäre deshalb hier nicht als Anordnungsgrund gemäß § 123 VwGO zu würdigen (vgl. BayVGH B. v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643, BeckRS 2010, 53974 Rn. 28-33, beck-online).
c) Somit ist in der streitgegenständlichen Konstellation unter keinem denkbaren Gesichtspunkt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes anzunehmen. Es erübrigt sich daher die Prüfung der Frage, ob ein Anordnungsanspruch zu bejahen sein könnte, weil etwa nicht vergleichbare Beurteilungen als gleichwertig eingestuft wurden, dem Beigeladenen entgegen einem etwa bestehenden Erfordernis nicht ebenfalls eine Anlassbeurteilung erstellt worden ist oder einer der beiden Bewerber als besser beurteilt hätte betrachtet werden müssen als der andere und somit ein strukturiertes Auswahlgespräch nicht erst hätte durchgeführt werden dürfen.
2. Der Antragsteller hat als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene, der sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO), seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 162 Abs. 3 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, denn tatsächlich streitgegenständlich ist aus der Perspektive des Antragstellers nicht eine Beförderung (§ 52 Abs. 6 Satz 1 und 4 GKG), sondern eine bloße Dienstpostenbesetzung.


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