Verwaltungsrecht

Kein Berufungzulassungsgrund bei Abweichungen von Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte

Aktenzeichen  21 ZB 18.33098

Datum:
6.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 32966
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3
VwGO § 108 Abs. 1 S. 2, § 138 Nr. 6

 

Leitsatz

1 Abweichungen von Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte rechtfertigen die Divergenzberufung nicht. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 In ihr Heimatland zurückkehrenden syrischen Asylbewerbern droht nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrelevante Verfolgung wegen illegalen Verlassens des Landes und des Aufenthalts im Ausland sowie einem dort gestellten Asylantrag. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 7 K 16.33966 2018-08-19 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1.1 Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG) wurde entgegen § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht hinreichend dargelegt.
Die Klägerbevollmächtigte beruft sich darauf, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts München von Entscheidungen mehrer Oberverwaltungsgerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Sie benennt unter Wiedergabe umfangreicher Zitate folgende Entscheidungen:
OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.12.2012 – 14 A 2708/10.A
VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.10.2013 – A 11 S 2048/13
VGH Baden-Württemberg, B.v. 19.6.2013 – A 11 S 927/13
Die Divergenzrüge scheitert bereits daran, dass es sich bei den Oberverwaltungsgerichten anderer Bundesländer nicht um divergenzfähige Gerichte handelt. Relevant ist nur die Abweichung von einer Entscheidung der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte. Die Formulierung „des Oberverwaltungsgerichts“ macht deutlich, dass es sich um eine Entscheidung des dem Verwaltungsgericht übergeordneten Oberverwaltungsgerichts handeln muss. Abweichungen von Entscheidungen anderer Oberverwaltungsgerichte rechtfertigen die Divergenzberufung nicht (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 45; Marx, AsylG, 9. Aufl. 2017, § 78 Rn. 73).
Darüber hinaus wird entgegen der Ausführungen im Zulassungsantrag die Frage, ob aus Syrien stammende Personen bei einer Rückkehr nach Syrien wegen ihrer (illegalen) Ausreise in Verbindung mit einem Asylantrag und dem Verbleib im westlichen Ausland Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG droht, in der obergerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile – soweit ersichtlich – allgemein verneint (vgl. BayVGH, U.v. 12.12.2016 – 21 B 16.30338; U.v. 20.6.2018 – 21 B 18.30825 – juris Rn. 23 m.w.N.). So hat beispielsweise das OVG Nordrhein-Westfalen seine von der Klägervertreterin zitierte Rechtsprechung zwischenzeitlich ausdrücklich aufgegeben (vgl. U.v. 21.2.2017 – 14 A 2316/16.A – juris). Auch der 3. Senat des VGH Baden-Württemberg hat die bisherige Rechtsprechung des 11. Senats, dass in ihr Heimatland zurückkehrenden syrischen Asylbewerbern nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit flüchtlingsrelevante Verfolgung wegen illegalen Verlassens des Landes und des Aufenthalts im Ausland sowie einem dort gestellten Asylantrag droht, bestätigt (U.v. 23.10.2018 – A 3 S 791/18; U.v. 9.8.2017 – A 11 S 710/17 – beide juris).
1.2 Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines in § 138 VwGO bezeichneten Verfahrensmangels (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG) in Form der Begründungsrüge (§ 138 Nr. 6 VwGO) liegt nicht vor.
Die Bevollmächtigte des Klägers rügt, das Urteil sei bzgl. der Verneinung der Sippenhaft des Klägers nicht mit Gründen versehen. Das Verwaltungsgericht verweise auf S. 12 seines Urteils auf ein Urteil des BayVGH unter Zitierung der Fundstelle „BayVGH a.a.O. Rn. 52 ff.“. Die vollständige Fundstelle des Urteils (BayVGH, U.v. 20.6.2018 – 21 B 18.30825 – juris) werde zwar ebenfalls auf S. 12 des angefochtenen Urteils zitiert, jedoch im Hinblick auf die Wehrdienstverweigerung.
Aus den Urteilsgründen des Verwaltungsgerichts ist ohne weiteres erkennbar, welche Gründe im Hinblick auf die Thematik Sippenhaft (bzw. Reflexverfolgung) maßgebend waren. Zur Darlegung seiner maßgebenden rechtlichen Erwägungen durfte das Verwaltungsgericht auf die genannte veröffentlichte Entscheidung des Senats Bezug nehmen (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Den Urteilsgründen ist auch eindeutig zu entnehmen, auf welche Entscheidung sich das Wiederholungszitat bezieht. Es handelt sich dabei um die zwei Sätze zuvor vollständig zitierte Entscheidung „(so BayVGH U.v. 20.6.2018 – 21 B 18.30825 – juris Rn. 43ff.)“, die im darauffolgenden Satz erstmals als Wiederholungszitat erscheint „(insoweit offengelassen durch BayVGH a.a.O. Rn. 52)“. Auch trotz des Umstands, dass im darauffolgenden Satz nunmehr der Themenkomplex Sippenhaft behandelt wird, lässt das Zitat „(vgl. dazu grundlegend in einem der vorliegenden Konstellation vergleichbaren Fall BayVGH a.a.O. Rn. 52 ff.)“ eindeutig erkennen, dass es sich auf die zuvor vollständig zitierte Entscheidung bezieht.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 19. August 2018 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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