Verwaltungsrecht

Kein Rechtsschutzbedürfnis für Eilantrag gegen Untersagung von Dienstleistungen

Aktenzeichen  20 NE 21.326

Datum:
3.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 3805
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 6
11.BayIfSMV § 12 Abs. 2

 

Leitsatz

Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für einen Antrag auf Außervollzugsetzung der Schließung eines Dienstleistungsunternehmens, wenn die zeitliche Dauer der Schließung bei der Entscheidung abgelaufen ist. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Wert des Verfahrensgegenstands wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Die Antragstellerin betreibt einen Friseursalon in Bayern. Mit ihrem Eilantrag nach § 47 Abs. 6 wendet sie sich gegen § 12 Abs. 2 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 15. Dezember 2020 (11. BayIfSMV; BayMBl. 2020 Nr. 737) in der Fassung vom 12. Februar 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 112), soweit damit Friseurdienstleistungen bis zum 28. Februar 2021 untersagt sind.
Zur Begründung ihres am 29. Januar 2021 gestellten Antrags, dem der Antragsgegner entgegentritt, führt sie u.a. aus, die angegriffene Norm verstoße gegen das Gebot der Normenklarheit und verletze sie als unverhältnismäßige Maßnahme in ihren Grundrechten.
Der Senat hat der Antragstellerin mit Schreiben vom 16. Februar 2021 mitgeteilt, dass im Hinblick auf § 1 Nr. 3 Buchst. b) der ÄnderungsVO vom 12. Februar 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 112) und die hierauf bezogene Begründung (BayMBl. 2021 Nr. 113) davon auszugehen sei, dass Friseurdienstleistungen mit Wirkung zum 1. März 2021 wieder ausgeübt werden dürften. Nach vorläufiger Einschätzung erscheine unter Bezugnahme auf die bisherige Senatsrechtsprechung zur Untersagung sog. „körpernaher Dienstleistungen“ fraglich, ob der Eilantrag bei einer Entscheidung vor diesem Zeitpunkt Erfolg haben könne.
Die Antragstellerin hat jedoch mit Schriftsatz vom 16. Februar 2021 an ihrem Antrag festgehalten und ihr Vorbringen vertieft. Die Verlagerung des Öffnungszeitpunkts auf einen willkürlich gewählten Zeitpunkt in der Zukunft sei nicht angemessen, da die vom Verordnungsgeber gewählte Begründung eine Öffnung auch schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt rechtfertige.
Mit Wirkung zum 1. März 2021 hat der Antragsgegner die Untersagung der Dienstleistungen der Friseure – abweichend von § 12 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 11. BayIfSMV – aufgehoben (vgl. § 2 der Änderungsverordnung vom 24. Februar 2021 i.V.m. § 1 Nr. 3 Buchst. b), § 2 Satz 2 Nr. 3 der Änderungsverordnung vom 12. Februar 2021 ).
Trotz Anheimstellung der Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung mit Schreiben des Senats vom 2. März 2021 bittet die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 2. März 2021 um eine Entscheidung in der Sache.
2. Der Antrag hat keinen Erfolg. Der Antrag ist schon unzulässig, weil die Antragstellerin durch die angegriffene Vorschrift derzeit nicht (mehr) beschwert ist und insofern über kein Rechtsschutzbedürfnis verfügt. Ein Rechtsschutzbedürfnis auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO fehlt insbesondere dann, wenn der begehrte Rechtsschutz dem Antragsteller keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann (vgl. nur Schoch in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2020, § 47 Rn. 151 m.w.N.). So liegt der Fall hier.
Die mit dem Eilantrag angegriffene Bestimmung entfaltet gegenüber der Antragstellerin derzeit keine Rechtswirkungen mehr, da die Erbringung von Friseurdienstleistungen seit dem 1. März 2021 nicht mehr untersagt ist. Eine gerichtli-che Überprüfung der angegriffenen Vorschrift im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO kommt nach dem Wegfall der Beschwer nicht in Betracht, da Sinn und Zweck des Eilverfahrens einer solchen Klärung entgegenstehen. Die aufgrund summarischer Prüfung ergehende einstweilige Anordnung dient der Sicherung eines Rechts oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses, kann aber nicht zu einer nachträglichen Klärung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Maßnahme führen, von der für die Antragstellerin keine nachteiligen Rechtswirkungen mehr ausgehen (stRspr., vgl. BVerwG, B.v. 27.1.1995 – 7 VR 16/94 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 16.8.2012 – 8 CE 11.2759 – juris Rn. 19; B.v. 7.7.2009 – 19 CE 09.1334 – juris Rn. 17; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 139 m.w.N.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus §§ 47, 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache abzielte, erscheint eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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