Verwaltungsrecht

Keine Berufungszulassung eines afghanischen Asylbewerbers bei unsubstantiiertem Bestreiten der Möglichkeit internen Schutzes in Kabul

Aktenzeichen  13a ZB 16.30025

Datum:
23.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 46962
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3e, § 4 Abs. 1, § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3

 

Leitsatz

1 Stützt das Verwaltungsgericht ein klageabweisendes Urteil auf mehrere selbständig tragende Begründungen, ist die Berufung nur dann zuzulassen, wenn hinsichtlich aller Gründe durchgreifende Zulassungsgründe geltend gemacht werden (st. Rspr.). (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Allein die Behauptung eines afghanischen Asylbewerbers, ihm drohten im Raum Kabul wegen seiner Religionszugehörigkeit schwerste Menschenrechtsverletzungen, reicht nicht aus, die Annahme des Verwaltungsgerichts, in Kabul stehe interner Schutz im Sinne von § 4 Abs. 3 iVm § 3e Abs. 1 AsylG zur Verfügung, zu erschüttern. (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

M 9 K 14.31038 2015-11-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. November 2015 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 und 3 AsylG nicht zum Tragen kommen.
Der Kläger führt in seinen Darlegungen aus, dass ihm das rechtliche Gehör versagt gewesen sei, weil das Verwaltungsgericht zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG bezüglich der drohenden Folter oder menschenrechtswidrigen Bestrafung wegen verbotenen Alkoholhandels in Afghanistan ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag gestellt habe, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht habe rechnen müssen. Außerdem sei es von grundsätzlicher Bedeutung, welche schwerwiegenden staatlichen oder nichtstaatlichen Sanktionen der Alkoholhandel in Afghanistan zur Folge hat.
Das Verwaltungsgericht ist bei der Prüfung der subsidiären Schutzberechtigung davon ausgegangen, dass es schon erheblichen Zweifeln begegne, ob dem Kläger im Heimatort ein ernsthafter Schaden im Sinn von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG drohe. Von Seiten des Staates sei ein solcher nicht gegeben und wegen der Bedrohung durch die Taliban bestünden Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers. Der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus stehe jedenfalls entgegen, dass der Kläger internen Schutz in Kabul finden könnte. Aufgrund der Anonymität der Großstadt sei die Befürchtung, dass er dort erkannt werden würde und dem Risiko ausgesetzt wäre, wegen seines vergangenen Verhaltens getötet oder in sonstiger Weise unmenschlich oder erniedrigend behandelt zu werden, nicht plausibel. Gemäß den Erkenntnissen von EASO stelle das Aufspüren weniger bekannter Personen in der Stadt Kabul keine Priorität für die Aufständischen dar.
Da das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts mehrere Begründungen enthält, kann ein Rechtsmittel nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede selbstständig tragende Begründung ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und gegeben ist (BVerwG, B. v. 26.5.1993 – 4 NB 3.93 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 80 = NVwZ 1994, 269; BVerwG, B. v. 17.12.2010 – 9 B 60.10 – BayVBl 2011, 352). Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Ausführungen zum potentiell drohenden Schaden in der Heimatprovinz Baghlan (UA S. 9) keine selbstständig tragende Bedeutung haben, weil das Verwaltungsgericht diese Frage letztlich offen gelassen hat. Entscheidend („jedenfalls“) hat es vielmehr auf den internen Schutz nach § 4 Abs. 3 i. V. m. § 3e Abs. 1 AsylG abgestellt. Somit wäre es erforderlich gewesen, bezüglich der eigentlich tragenden Begründung einen Zulassungsgrund darzutun. Hierfür reicht die Behauptung des Klägers, dass ihm wegen einer drohenden schweren Menschenrechtsverletzung in Anknüpfung an das Merkmal Religion in Kabul keine inländische Fluchtalternative zu Gebote stünde (s. S. 5 der Antragsschrift), nicht aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.


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