Verwaltungsrecht

Keine Berufungszulassung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Amtsermittlung

Aktenzeichen  3 ZB 14.843

Datum:
15.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 42659
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 86 Abs. 1, § 124 Abs. 2
GG GG Art. 33 Abs. 5

 

Leitsatz

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Amtsermittlung, der als Verfahrensmangel zur Zulassung der Berufung führen kann, ist nicht hinreichend dargelegt, wenn der Kläger die aus seiner Sicht erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen nicht bezeichnet und sich dem Gericht eine weitere Sachaufklärung (der angenommen allein organisatorischen und nicht persönlichen Gründe für die Umsetzung eines Beamten) nicht aufdrängen musste. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 K 13.4827 2014-02-18 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Die auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) und des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO (Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung beruhen kann) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ein Verfahrensmangel sowie eine – zugleich ernstliche Zweifel begründende – ungenügende Sachverhaltsaufklärung ist nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
Verstöße gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO sind nur dann ausreichend dargelegt, wenn substantiiert vorgetragen wird, hinsichtlich welcher tatsächlicher Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss dargelegt werden, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen. Außerdem ist darzulegen, dass und inwieweit die angefochtene Entscheidung auf dem behaupteten Mangel beruht, das heißt, inwiefern die nicht aufgeklärte Tatsache – ausgehend vom materiell-rechtlichen Standpunkt des Verwaltungsgerichts – zu einer günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. BayVGH, B. v. 28.10.2014 – 8 ZB 12.1938 – juris Rn. 22 m. w. N.).
Diesen Anforderungen entspricht das Vorbringen des Klägers in mehrfacher Hinsicht nicht. Die klägerischen Ausführungen erschöpfen sich in der Aussage, dem Verwaltungsgericht habe sich aufgrund der persönlichen Stellungnahme des Klägers zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung (übersandt mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14. Februar 2014) aufdrängen müssen, der Frage nachzugehen, ob der Kläger nicht aus anderen, als den vorgeblich bestehenden organisatorischen Gründen umgesetzt worden sei, nämlich wegen des zerrütteten Vertrauensverhältnisses mit seiner damaligen Abteilungsleiterin. Erfolge die Umsetzung zur Behebung einer innerdienstlichen Spannung, müsse im Rahmen der Ermessensentscheidung eine etwaige ausschließliche Ursächlichkeit bei der Entscheidung, welcher der Konfliktbeteiligten umzusetzen sei, berücksichtigt werden. Das Verwaltungsgericht habe infolge seiner unterbliebenen Sachaufklärung den Ermessensausfall auf Seiten der Beklagten nicht erkannt. Der Kläger führt jedoch nicht aus, welche Aufklärungsmaßnahmen (Beweismittel, vgl. Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 75) für eine weitere Sachaufklärung in Betracht gekommen wären. Dem Verwaltungsgericht musste sich eine entsprechende Sachaufklärung im Übrigen auch nicht aufdrängen, zumal die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung wiederholt betonte, die Umsetzung beruhe ausschließlich auf organisatorischen Gründen. Davon war der Senat auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgegangen (vgl. B. v. 27.5.2013 – 3 CE 13.947 – juris Rn. 19 a. E.). Es war und ist unstreitig, dass es Schwierigkeiten zwischen dem Kläger und seiner damaligen Abteilungsleiterin bzw. seinen Vorgesetzten gab. Das Verwaltungsgericht ist jedoch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon ausgegangen, dass die Umsetzung des Klägers bereits allein durch die Neuorganisation ausreichend sachlich begründet ist und hat lediglich „hilfsweise“ ausgeführt, dass auch Differenzen in Sachfragen einen sachlichen Grund für eine Umsetzung darstellen können. Letztlich zielt die Aufklärungsrüge des Klägers darauf ab, das Verwaltungsgericht hätte aufklären müssen, ob einer der beiden Konfliktbeteiligten ausschließlich ursächlich für das Spannungsverhältnis war. Damit kann er aber bereits deshalb keinen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz darlegen, weil seine Prämisse fehl geht, er könne sich hier auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 2008 (2 BvL 11/07 – BVerfGE 121, 205 – juris Rn. 35) berufen und daraus ableiten, die damalige Abteilungsleiterin sei für das Spannungsverhältnis (allein) verantwortlich, mithin die Ermessensausübung fehlerhaft. Der Senat hat bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darauf hingewiesen, dass sich die Entscheidung – im Zusammenhang mit dem Prinzip der Bestenauslese – mit Art. 33 Abs. 5 GG und erdienten Statusrechten befasst und diese Grundsätze nicht auf eine Umsetzung übertragen werden können. Der Umstand, dass der Kläger seine Amtsführung für rechtsstaatlich geboten, aber (partei-)politisch unerwünscht hält, führt nicht auf eine alleinige Verantwortung der Abteilungsleitung für die innerdienstliche Spannung.
2. Die Rechtssache weist auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Eine Rechts- oder Tatsachenfrage ist dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, höchstrichterlich oder durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts noch nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist.
Die vom Kläger im Rahmen des Zulassungsantrag aufgeworfene Frage, ob ein Beamter, der in Ausübung seiner rechtsstaatlichen Funktion seine Vorgesetzten informiere und berate, ohne Rücksicht darauf, ob dies opportun ist, sondern einzig und allein auf der Grundlage seines fachlichen Wissens, ermessensfehlerfrei umgesetzt werden könne, weil die getreue Erfüllung seiner grundgesetzlich verankerten Pflichten zu Spannungen mit seinen Vorgesetzten geführt habe, ist jeweils im Einzelfall zu klären und keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 2, § 47 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 6 Satz 4 VwGO).


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