Verwaltungsrecht

Keine Genehmigung einer Berufsausbildung – Asylbewerber

Aktenzeichen  W 10 K 17.33371

Datum:
16.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 32657
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RL 2013/33/EU Art. 15
AsylG § 61 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Aus Art. 15 der RL 2013/33/EU folgt sich kein unmittelbarer Rechtsanspruch des jeweiligen Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungs- bzw. Ausbildungserlaubnis, wenn die zuständige Behörde nicht nach neun Monaten über seinen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes entschieden hat (vgl. BayVGH BeckRS 2017, 108393). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Über die Klage entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten auf eine solche verzichtet haben.
Gegenstand der Klage ist nach der Klageumstellung noch die begehrte Feststellung, dass die Ablehnung der Erlaubnis zur Berufsausbildung bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses rechtswidrig gewesen ist.
Die Klage ist unzulässig.
1. Der Kläger begehrt nach der Erledigung seines Anspruchs auf Beschäftigungserlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG durch die unanfechtbare Ablehnung seines Asylantrages (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2019 – 10 ZB 18.85 – juris Rn. 6) und Umstellung seines Klageantrags gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 ZPO nunmehr, die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Ausbildungserlaubnis bis zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Eintritt der Rechtskraft des Urteils vom 5. Oktober 2018, Az. W 4 K 17.32551) festzustellen. Mit diesem Klageantrag ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft.
2. Dem Kläger steht jedoch nicht das hierfür gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche besondere Feststellungsinteresse zur Seite, weshalb die Klage bereits unzulässig ist.
a) Das besondere Feststellungsinteresse ergibt sich im vorliegenden Fall nicht unter dem Gesichtspunkt der hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr. Diese setzt voraus, dass der Beklagte auch in Zukunft unter im wesentlichen unveränderten Umständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegenüber dem Kläger einen gleichartigen (unterstellt rechtswidrigen) Verwaltungsakt erlassen wird (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 133 m.w.N.). Dies ist hier zu verneinen, da das Asylbegehren des Klägers unanfechtbar abgelehnt wurde. Der Kläger ist somit kein Asylbewerber mehr, weshalb ihm auf der Grundlage des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG keine Ausbildungserlaubnis mehr erteilt werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 25.6.2019 – 10 ZB 18.85 – juris Rn. 6).
b) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus einer Präjudizwirkung der Feststellung für eine Schadensersatzklage auf Ersatz des entgangenen Arbeitslohns, da ein solcher Anspruch nicht besteht. Ein solcher Anspruch könnte nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Verweigerung der Ausbildungserlaubnis in Folge unzureichender Umsetzung des Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU bzw. nicht richtlinienkonformer Anwendung der Regelung des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG gestützt werden. Denn ein solcher Anspruch besteht vorliegend unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt, was sich auch ohne eine ins Einzelne gehende Würdigung aufdrängt (vgl. zu diesem Maßstab BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris Rn. 5 m.w.N.). Der Verwaltungsprozess muss nicht zur Klärung öffentlich-rechtlicher Vorfragen der Staatshaftung fortgeführt werden, wenn der Kläger daraus wegen offenkundigen Fehlens anderer Anspruchsvoraussetzungen keinen Nutzen ziehen könnte (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 40.12 – juris Rn. 42). Letzteres drängt sich hier schon ohne eine detaillierte rechtliche Würdigung auf, denn ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch des Klägers scheiterte an dem Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen europäisches Unionsrecht. Aus Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU folgt sich kein unmittelbarer Rechtsanspruch des jeweiligen Asylbewerbers auf Erteilung einer Beschäftigungs- bzw. Ausbildungserlaubnis, wenn die zuständige Behörde nicht nach neun Monaten über seinen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes entschieden hat (vgl. dazu im Einzelnen BayVGH, B.v. 21.4.2017 – 10 ZB 16.2281 – juris Rn. 11 ff.). Dies lässt sich weder dem Wortlaut der einschlägigen Richtlinienvorschrift entnehmen, zumal deren Art. 15 Abs. 2 den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung des den Asylbewerbern zu gewährenden Zugangs zum Arbeitsmarkt einen Gestaltungsspielraum einräumt und dabei weder die Berücksichtigung arbeitsmarktpolitischer noch migrationspolitischer Gesichtspunkte verwehrt. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Grundrecht der freien beruflichen Betätigung nach Art. 15 EU-GR-Charta, und zwar schon deshalb, weil dieses kein einklagbares Recht auf Arbeit garantiert (vgl. BayVGH a.a.O., Rn. 14 m.w.N.; Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Rn. 9 zu Art. 15 EU-GR-Charta). Anhaltspunkte für eine offenkundige und erhebliche Überschreitung des dem mitgliedstaatlichen Gesetzgeber bzw. der mitgliedstaatlichen Vollzugsbehörde, welche im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur unionsrechtlichen Staatshaftung einen hinreichend qualifizierten Unionsrechtsverstoß begründen würde, sind des Weiteren weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich (vgl. BayVGH a.a.O., Rn. 16 m.w.N.).
c) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich auch nicht unter dem Aspekt einer Grundrechtsverletzung, wobei offenbleiben kann, ob nach der neueren, restriktiven Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes nur sich typischerweise kurzfristig erledigende Grundrechtsverletzungen, welche nicht im Wege einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden könnten, ein solches besonderes Feststellungsinteresse zu begründen vermögen (BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 40.12 – juris Rn. 27). Denn die Versagung der Ausbildungserlaubnis führt nicht zu einem unmittelbaren Eingriff in eine tatsächlich gelebte Vater-Kind-Beziehung des Klägers zu seinem Kind deutscher Staatsangehörigkeit. Zwar macht der Kläger eine solche Beziehung unter dem Gesichtspunkt geltend, dass diese zu einem Abschiebungshindernis auf der Grundlage des Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK führen bzw. ihm einen Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 AufenthG vermitteln könnte. Dies stellt jedoch nur einen mittelbar in der Ermessensentscheidung nach § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG zu berücksichtigenden Gesichtspunkt dar. Dagegen ist mit der Ablehnung der Ausbildungserlaubnis keine aufenthaltsbeendende Maßnahme verbunden, welche in eine schützenswerte familiäre Beziehung des Klägers zu seinem Kind deutscher Staatsangehörigkeit – vorausgesetzt, eine solche Beziehung besteht tatsächlich – eingreifen würde.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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