Verwaltungsrecht

Keine Neubewertung von Prüfungsarbeiten der Ersten Juristischen Staatsprüfung

Aktenzeichen  7 ZB 16.51

Datum:
14.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 105525
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 138
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 178

 

Leitsatz

1 Wird die Kritik an der Bewertung von Prüfungsarbeiten, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war, im Wesentlichen wiederholt, werden damit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts dargelegt. (redaktioneller Leitsatz)
2 Da die Prüflinge in der Ersten Juristischen Staatsprüfung zeigen sollen, dass sie das Recht mit Verständnis erfassen und anwenden können, reicht es nicht aus, Rechtsbegriffe lediglich zu nennen, ohne sie herzuleiten oder zu erklären. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 2 K 15.175 2015-10-22 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt unter Aufhebung des entgegenstehenden Prüfungsbescheids des Landesjustizprüfungsamts vom 26. Juni 2012 die Verpflichtung des Beklagten, über ihre Bewertung mehrerer schriftlicher Prüfungsarbeiten der Ersten juristischen Staatsprüfung 2012/1 (Wiederholungsprüfung) erneut zu entscheiden.
Das (damalige) Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Landesjustizprüfungsamt – hatte der Klägerin mit Bescheid vom 26. Juni 2012 unter Angabe der in den einzelnen schriftlichen Prüfungsarbeiten erzielten Punktzahlen (Klausur 1 mit 4 jeweils 1 Punkt, Klausur 5 – 2 Punkte, Klausur 6 – 4,5 Punkte) und der Gesamtnote der schriftlichen Prüfung (1,75 – mangelhaft) mitgeteilt, dass sie die Erste Juristische Staatsprüfung wiederholt nicht bestanden habe. Eine weitere Wiederholung der Prüfung sei auch nach einem erneuten Studium nicht möglich. Das auf Antrag der Klägerin durchgeführte Nachprüfungsverfahren blieb ohne Erfolg.
Die gegen den Prüfungsbescheid und auf Neubewertung der Klausuren gerichtete Klage hat das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 22. Oktober 2015 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin geltend, an der Richtigkeit des Urteils bestünden ernstliche Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Im Wesentlichen unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ist sie der Auffassung, dass hinsichtlich der Arbeiten 1, 2, 3, 4 und 6 Bewertungsfehler vorlägen, die sich auf die Notengebung und damit auf das Prüfungsergebnis ausgewirkt haben.
Der Beklagte widersetzt sich dem Zulassungsantrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts bestehen keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Prüfungsbescheids und Neubewertung der streitgegenständlichen Prüfungsarbeiten. Die geltend gemachten Bewertungsfehler der Prüfer liegen nicht vor. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren ist ergänzend zu bemerken:
Mit ihrer – im wesentlichen wiederholten – Kritik an der Bewertung der Prüfungsarbeiten 1, 2, 3 (Zivilrecht), 4 (Strafrecht) und 6 (Öffentliches Recht) dringt die Klägerin nicht durch, weil sich die Bewertung innerhalb des den Prüfern eingeräumten und insoweit nicht justiziablen Spielraums hält. Im Einzelnen:
1. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Bewertung von Aufgabe 1 auf Seite 6 des angefochtenen Urteils sind auch aus Sicht des erkennenden Senats zutreffend. Entgegen dem Zulassungsvorbringen setzt sich die Klägerin auf Seite 5 ihrer Arbeit bei Prüfung der Voraussetzungen des § 138 BGB weder intensiv mit dem Begriff der Unerfahrenheit auseinander, noch liefert sie eine überzeugende Definition oder Subsumtion. Ihre diesbezüglichen Ausführungen beschränkten sich vielmehr auf die Behauptung „Da B unerfahren ist, was die Uhrreparatur anbelangt …“ (wofür es im Sachverhalt indes keine näheren Anhaltspunkte gibt) und weisen deshalb – wie zutreffend gerügt wird – einen spekulativen Charakter auf.
Die mangelnde inhaltliche Qualität der Arbeit ergibt sich in diesem Zusammenhang – was die Prüfer ebenfalls zu Recht feststellen – vor allem aus der fehlenden Differenzierung zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 138 Abs. 1 und Abs. 2 BGB.
2. Die Bewertung von Aufgabe 2 begegnet auch unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens keinen Bedenken. Die Klägerin wiederholt hier ihr erstinstanzliches Vorbringen, dass die Ausführungen zur Zustellung nach § 178 ZPO durch ihre Erwägungen zum Zugang nach den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuchs lediglich ergänzend angestellt worden seien. Abgesehen davon, dass die gewählte Formulierung nicht für diese Auslegung spricht, haben die Prüfer auch vor diesem Hintergrund die Ausführungen der Klägerin zum BGB auf Seite 2 ihrer Arbeit zu Recht als für die Zustellung nach den Regeln der Zivilprozessordnung unerheblich kritisiert.
3. Die Bewertung von Aufgabe 3 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Prüflinge sollen im Rahmen der Ersten Juristischen Staatsprüfung zeigen, dass sie das Recht mit Verständnis erfassen und anwenden können und über die hierzu erforderlichen Kenntnisse verfügen (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 3 JAPO). Gemessen daran reicht es nicht aus, einen Rechtsbegriff („Geschäftsbesorgung mit dienstvertraglichem Charakter“) lediglich zu nennen ohne ihn selbständig herzuleiten oder zu erklären.
4. Hinsichtlich der beanstandeten Bewertung von Aufgabe 4 (Strafrecht) wiederholt das Zulassungsvorbringen wörtlich den Vortrag aus dem Verfahren erster Instanz (dort S. 5 f. der Klagebegründung vom 18.4.2015). Der Senat nimmt deshalb gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf S. 7 f. des angefochtenen Urteils und sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.
5. Schließlich sind auch die Bewertungen der Prüfungsaufgabe 6 frei von den im Zulassungsverfahren gerügten Fehlern. Insbesondere ist sowohl den Prüfern, als auch dem Verwaltungsgericht in ihrer Einschätzung zuzustimmen, dass die Klägerin die Bearbeitung abbricht und nicht etwa – wie sie im Zulassungsverfahren geltend macht – mit einem vertretbaren Ergebnis abschließt. Insoweit fehlen sowohl die Feststellung, dass sie die Klage für unzulässig hält, als auch weitere – hilfsgutachtliche – Erwägungen zur Begründetheit der Klage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 3 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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