Verwaltungsrecht

Klage auf Einstellung des Asylverfahrens nach Rücknahme des Asylantrags

Aktenzeichen  Au 6 K 19.30797

Datum:
12.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 16412
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 30, § 36 Abs. 3

 

Leitsatz

Ein Rechtsschutzinteresse fehlt regelmäßig dann, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche und tatsächliche Vorteile bringen kann. Es wäre eine überflüssige Inanspruchnahme der Gerichte, wenn in solchen Fällen über die Klage sachlich entschieden werden müsste. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, über die wegen des allseitigen Verzichts der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist unzulässig und wäre auch nicht begründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch darauf, die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren des Klägers einzustellen und den Bescheid vom 15. April 2019 aufzuheben, soweit er der Einstellungsentscheidung entgegensteht, da der angefochtene Bescheid bestandskräftig und damit einer Prüfung durch das Verwaltungsgericht entzogen ist.
I.
Die Klage ist unzulässig, da dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Ein Rechtsschutzinteresse fehlt regelmäßig dann, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche und tatsächliche Vorteile bringen kann. Es wäre eine überflüssige Inanspruchnahme der Gerichte, wenn in solchen Fällen über die Klage sachlich entschieden werden müsste.
Das Rechtsschutzinteresse fehlt, da der Bescheid einer gerichtlichen Aufhebung entzogen ist, die hier erhobene Klage also unter keinen Umständen Erfolg haben kann.
1. Dies ist hier der Fall, denn einer Verpflichtung der Beklagten, das Asylverfahren des Klägers einzustellen und den Bescheid vom 15. April 2019 aufzuheben, soweit er der Einstellungsentscheidung entgegensteht, steht die Bestandskraft des Bescheids entgegen.
Dieser bindet nach § 42 AsylG die Ausländerbehörde und ist nach § 74 Abs. 1 AsylG dem gerichtlichen Zugriff entzogen. Solange dieser Bescheid nicht auf anderem Weg beseitigt ist, kann er vom Verwaltungsgericht auch nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Einstellung des Asylverfahrens inzident aufgehoben werden.
Zielführend wäre wohl eine vorsorgliche rechtzeitige Anfechtungsklage gegen den materiell möglicherweise rechtswidrigen Bescheid mit dem hier gestellten Antrag gewesen. Diesen Weg hat der Kläger aber nicht beschritten. Die vorliegende Fallkonstellation ist wegen der zwischenzeitlich eingetretenen und anders als dort nicht durch eine vorsorgliche Klage vermiedenen Bestandskraft der Abschiebungsandrohung auch nicht mit dem seitens der Klägerbevollmächtigten zitierten Urteil vergleichbar (vgl. VG Dresden, U.v. 15.2.2018 – 13 K 782/18.A – juris Rn. 6, 22). Hier aber ist der Bescheid wegen seiner Bestandskraft einer gerichtlichen Überprüfung entzogen, worauf die Bevollmächtigten mit der Erstzustellung ihrer Klage und ihres Antrags durch das Verwaltungsgericht auch hingewiesen worden sind.
2. Soweit ersichtlich, hat der Kläger bei der Beklagten aber auch keine Rücknahme des Bescheids nach § 48 Abs. 1 VwVfG beantragt, über welche die Beklagte eine Ermessensentscheidung – ggf. in einem gesonderten Bescheid – zu treffen hätte, sondern schlicht die Verfahrenseinstellung bei ihr beantragt. Diese aber ist auch der Beklagten im jetzt entscheidungserheblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht mehr möglich, da das Verfahren bereits durch den bestandskräftigen Bescheid beendet und damit einer Verfahrenseinstellung nicht mehr zugänglich ist. Auch hierfür fehlt dem Kläger daher das Rechtsschutzbedürfnis.
3. Dem Kläger bleibt unbenommen, gesondert eine Rücknahme des Bescheids nach § 48 Abs. 1 VwVfG zu beantragen und dieses Begehren notfalls im Klagewege zu verfolgen. Es ist aber nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, das sich auf eine Verfahrenseinstellung beschränkt.
II.
Ob der gegenständliche Bescheid wegen der Antragsrücknahme materiell rechtmäßig ist oder nicht, ist daher der gerichtlichen Prüfung entzogen.
III.
Daher war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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