Verwaltungsrecht

Konkurrentenstreit um die Stelle eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Landessozialgericht

Aktenzeichen  3 CE 21.2716

Datum:
10.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 194
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
LlbG Art. 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 3

 

Leitsatz

Bei der „Ausschärfung“ der dienstlichen Beurteilungen hat der Dienstherr darüber zu entscheiden, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zählenden Umständen er bei der Auswahlentscheidung entscheidendes Gewicht beimisst. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 E 21.4569 2021-10-18 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 26.706,65 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht, auf dessen Darstellung des Sachverhalts in dem angefochtenen Beschluss vom 18. Oktober 2021 verwiesen wird, hat den Antrag,
dem Antragsgegner zu untersagen, die Stelle eines Vorsitzenden Richters/einer Vorsitzenden Richterin am Bayerischen Landessozialgericht mit der Beigeladenen zu besetzen, solange über die Bewerbung der Antragstellerin keine neue Auswahlentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts getroffen worden ist,
zu Recht abgelehnt.
1. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts wird durch die vorgetragenen Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, nicht erschüttert. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin nach Art. 33 Abs. 2 GG wird durch die vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (Staatsministerium) getroffene Auswahlentscheidung (Schreiben vom 2./29.6.2021 an den Vorsitzenden des Präsidialrats der Sozialgerichtsbarkeit), die ausgeschriebene Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen, nicht verletzt. Das Staatsministerium ist dabei dem Vorschlag des Präsidenten des Bayerischen Landessozialgerichts (BayLSG; Schr. v. 18.5.2021), die Stelle mit der Antragstellerin zu besetzen, nicht gefolgt.
Der Antragsgegner geht zu Recht – unter den Beteiligten unstreitig – von einem Gleichstand der beiden Bewerberinnen nach einem Vergleich der Gesamturteile der maßgeblichen Beurteilungen aus (Beigeladene: 14 Punkte, BesGr R 2 + AZ/ Antragstellerin: 15 Punkte, BesGr R 2; BA S. 10), weil der Statusvorsprung der Beigeladenen durch die um eine Stufe bessere Note der Antragstellerin kompensiert wird. In dieser Situation eines Gleichstandes hat der Antragsgegner die erforderliche Binnendifferenzierung der Beurteilungen nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 LlbG vorgenommen und in seiner Auswahlentscheidung vom 2./18. Juni 2021 ausreichend dargestellt. Demzufolge hat er genügend Anhaltspunkte dafür gewonnen, dass die Beigeladene als leistungsstärkere Bewerberin einzuschätzen ist. Diese Einschätzung ist nicht zu beanstanden. Sie bewegt sich im rechtlich vorgegebenen Rahmen. Das Verwaltungsgericht ist ihr im angefochtenen Beschluss vom 18. Oktober 2021, der die „inhaltliche Ausschöpfung“ der jeweiligen Beurteilung mit überzeugender Begründung nachvollzieht, gefolgt.
Im Rahmen der vorzunehmenden Binnendifferenzierung war nicht zu berücksichtigen, dass es sich bei dem höheren Statusamt der Beigeladene (R 2 + AZ) „nur um ein Zwischenamt handelt“ (vgl. Antragsbegründung v. 18.11.2021, S. 7 c); denn dieser Umstand wurde bereits bei der Betrachtung der zu einem Gleichstand führenden Gesamturteile verwertet, ohne dass er bei der danach erforderlichen „inhaltlichen Ausschärfung“ der einzelnen Merkmale erneut herangezogen werden könnte. Die Antragstellerin beanstandet im Einzelnen:
1.1 Der angegriffene Beschluss sei der Antragstellerin bereits am 19. Oktober zugestellt worden, obwohl sie mit Schriftsatz vom 4. Oktober noch eine Äußerung zur Sache „in Kürze“ angekündigt habe, die vom Verwaltungsgericht nicht abgewartet worden sei.
Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Berichterstatters des Verwaltungsgerichts (vgl. Schr. v. 22.10.2021), dass gerade in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs ein zweiwöchiges Zuwarten völlig ausreichend ist. Demnach war hier eine Aufforderung des Verwaltungsgerichts zur Abgabe der angekündigten weiteren Begründung nicht geboten, zumal die Antragstellerseite ihren Antrag bereits am 26. August 2021 ausführlich begründet hatte. Im Übrigen legt die Antragstellerin nicht dar, welchen entscheidungserheblichen Vortrag sie im erstinstanzlichen Verfahren noch hätte machen wollen. Nach alldem stellt sich der Vorwurf, es handele sich um einen „unglaublichen Verfassungsverstoß“ (Schr. v. 20.10.2021), als haltlos heraus.
1.2 Das Verwaltungsgericht begründe seine Entscheidung im Wesentlichen mit den Argumenten des Antragsgegners aus dessen Schriftsatz vom 21. September 2021 und übersehe dabei, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Überprüfung derjenige der Auswahlentscheidung sei. Nachträgliche Begründungen ohne Grundlage im Auswahlvermerk dürften nicht berücksichtigt werden.
Diese Rüge vermag der Beschwerde schon deswegen nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil die Antragstellerin nicht explizit darlegt, welche der im Schreiben vom 21. September 2021 enthaltenen Argumente nicht schon im Besetzungsvermerk vom 2. Juni 2021 aufgeführt, gewichtet und schließlich als die Auswahlentscheidung tragend gekennzeichnet werden. Der Antragsgegner hat in besagtem Schreiben – in Reaktion auf die Antragsbegründung der Antragstellerin vom 26. August 2021 – lediglich den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Besetzungsvorschlag in interpretierender Weise erläutert, ohne auf weitere (neue) Merkmale im Rahmen des (unveränderten) allgemeinen Anforderungsprofils für die ausgeschriebene Vorsitzendenstelle abzustellen. Als maßgebliche Anforderungsmerkmale hat der Antragsgegner – im Besetzungsvermerk vom 2. Juni 2021 wie auch im Schreiben vom 21. September 2021 – durchgehend „allgemeine Rechtskenntnisse“, „Führungsqualitäten“ sowie „Verhandlungsgeschick“ in den Blick genommen. Darüberhinausgehende („nachgeschobene“) Auswahlerwägungen enthält das letztgenannte Schreiben nicht. Damit ist mit der mehrmaligen Bezugnahme des angefochtenen Beschlusses (BA S. 15, Rn. 41 u. S. 17, Rn. 45, 46) auf das genannte Schreiben keine unzulässige Verschiebung des maßgeblichen Zeitpunkts der Überprüfung der Auswahlentscheidung verbunden.
1.3 Die Beschwerde rügt weiter, das Verwaltungsgericht stütze sich auf ein unzutreffendes Anforderungsprofil und verweise zu Unrecht auf den Beschluss des Senats vom 28. Mai 2015 (3 CE 15.727), der die Kriterien aus der Gemeinsamen Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien der Justiz, des Innern, für Bau und Verkehr, der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat sowie für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 26. März 2015 (GemBek) noch gar nicht zugrunde legen hätte können und dürfen. Im Rahmen der Binnendifferenzierung hätten die Einzelbewertungen entsprechend dem Vorschlag des Präsidenten des BayLSG vom 18. Mai 2021 gegenübergestellt werden müssen. Zu Unrecht habe der Antragsgegner „fünf entscheidende Teilbereiche des Anforderungsprofils unter dem Aspekt der Führungsqualitäten unzulässig auf lediglich ein Kriterium (Verwendungseignung) reduziert“. Die Bewertung des Merkmals „allgemeine Rechtskenntnisse“ einerseits als „sehr vertieft“, andererseits als „umfassend vertieft“, sei Rabulistik. Unklar sei, welchem Kriterium aus der GemBek das Merkmal „Führungsverständnis“ zugeordnet werden solle. Die als entscheidend angesehene Verwendungseignung der Beigeladenen als Präsidentin eines Sozialgerichts sei irrelevant. Eine Vorsitzende Richterin übe keine Führungsposition im eigentlichen Sinne aus. Hingegen komme dem Merkmal „Bearbeitung der Geschäftsaufgaben“ (3.1.1 und 3.1.2 GemBek) großes Gewicht im Leistungsvergleich zu. Aus dem vergleichend zu betrachtenden Anforderungsprofil für Richter und Staatsanwälte ergebe sich, dass bei Vorsitzenden auch die Fähigkeit und Bereitschaft, Nachwuchskräfte einzuarbeiten und zu unterstützen, gefordert sei. Die Antragstellerin übernehme seit Jahren die Einarbeitung des neu eingestellten richterlichen Personals in der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit. Ihr sei im Übrigen eine Verwendungseignung für „leitende Aufgaben der Gerichtsverwaltung“ attestiert worden. Diese Aussage könne nur so ausgelegt werden, dass damit ihre Eignung auch als Präsidentin, Vizepräsidentin oder aufsichtsführende Richterin umfasst sei, weil nur diese Personen in der Gerichtsleitung leitende Aufgaben übernähmen. Selbst wenn man das Merkmal „Verwendungseignung“ als zulässig für die Bewertung der Führungsqualifikation ansehen wolle, ergebe sich kein Vorsprung der Beigeladenen. Ein im Auswahlvermerk des Antragsgegners zu Unrecht unterbliebener Vergleich der dort aufgeführten Einzelmerkmale (3.1.7, 3.1.8, 3.2.7 sowie 3.5) führe zu einem Vorsprung der Antragstellerin im Hinblick auf die Einzelmerkmale 3.1.7 und 3.2.7; hiervon gehe auch der Auswahlvorschlag des Präsidenten des BayLSG vom 18. Mai 2021 aus. Der Antragsgegner räume selbst ein, dass man bei den Kriterien 3.1.3, 3.1.5 und 3.2.3 GemBek zu einer anderen Auffassung kommen könne.
1.3.1 Mit diesem Vorbringen wird die tragende Begründung des angefochtenen Beschlusses, die Beigeladene werde den Anforderungen der ausgeschriebenen Vorsitzendenstelle nach den drei maßgeblichen Einzelmerkmalen in den jeweiligen dienstlichen Beurteilungen besser gerecht, nicht erschüttert. Das Verwaltungsgericht hat dabei zu Recht die Auswahlentscheidung als einen in sich geschlossenen Akt wertender Erkenntnis angesehen, der nicht in einzelne Schritte aufgespalten werden kann und keiner vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Vor diesem Hintergrund hilft die Anmerkung der Beschwerde, es „wäre die Auswahl der Antragstellerin auch möglich“ gewesen, wie insbesondere der Besetzungsvorschlag des Präsidialrats zeige, nicht weiter.
1.3.2 Das Verwaltungsgericht legt seinem Beschluss ein dem Besetzungsvermerk des Staatsministeriums folgendes allgemeines Anforderungsprofil zugrunde. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann hierfür sehr wohl auf den Beschluss des Senats vom 28. Mai 2015 (a.a.O. Rn. 40) Bezug genommen werden, wie dies im Übrigen auch der Präsident des BayLSG in seinem Besetzungsvorschlag vom 18. Mai 2021 (vgl. S. 2) macht. In diesem Beschluss bildete den Streitgegenstand ebenfalls die Konkurrenz um eine R 3-Stelle am Bayerischen Landessozialgericht. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Antragsgegner für die nähere Bestimmung des allgemeinen Anforderungsprofils des zu besetzenden Dienstpostens nicht auf die drei im zitierten Beschluss genannten Merkmale (allgemeine Rechtskenntnisse, Führungsqualitäten und Verhandlungsgeschick) zurückgreifen hätte dürfen. Zwar erging dieser Beschluss noch vor Inkrafttreten der GemBek (vom 13.5.2015) am 31. Dezember 2015; er beschreibt jedoch die Anforderungen, die an den zu besetzenden Dienstposten eines/einer Vorsitzenden Richters/Richterin zu stellen sind, zutreffend. Auch die Beschwerde liefert keine Argumente dafür, dass dies nicht der Fall sein könnte. Sie konzentriert sich vielmehr im Wesentlichen darauf vorzutragen, die Antragstellerin erfülle die genannten Anforderungen besser als die Beigeladene.
Der Antragsgegner und das Verwaltungsgericht gehen aber zu Recht davon aus, dass die der Beigeladenen in der maßgeblichen Beurteilung zuerkannte Eignung als Präsidentin eines Sozialgerichts, also einer höherwertigen Verwendungseignung, zeigt, dass ihr höhere Führungsqualitäten als der Antragstellerin zuerkannt wurden. Unter diesem Blickwinkel konnte der Antragsgegner sehr wohl aus der festgestellten Eignung (Präsidentin eines Sozialgerichts) auf die für eine Vorsitzendenstelle erforderliche Führungsqualität Rückschlüsse ziehen. Daher führt die Behauptung der Antragstellerin nicht weiter, für den Leistungsvergleich sei die hier konkret festgestellte Verwendungseignung irrelevant, weil eine Vorsitzende Richterin keine „Führungsposition im eigentlichen Sinne“ innehabe.
Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass sich der Beschwerdevortrag zum Teil nicht mit den Argumenten des angefochtenen Beschlusses, sondern mit dem Schriftsatz des Staatsministeriums vom 21. September 2021 auseinandersetzt (vgl. Beschwerdebegründung, IV.3. und 5.a „Führungsverständnis“). Entgegen dem Vortrag des Bevollmächtigten der Antragstellerin hat sich das Verwaltungsgericht den zitierten Schriftsatz aber an keiner Stelle „zu eigen gemacht“, sondern von „offenbleiben“, „nicht maßgeblich“ und einem ergänzenden Hinweis (BA S. 15, Rn. 41 u. S. 17, Rn. 46) gesprochen sowie als „zutreffend“ (BA S. 17, Rn. 45) bezeichnet, dass die Führungseigenschaften nicht auf ein konkretes Amt bezogen zu bewerten seien.
Auch die weitere Beanstandung der Antragstellerin, die einzelnen Teilbereiche des Merkmals „Führungsqualitäten“ seien vom Staatsministerium in unzulässiger Weise – anders, als im Besetzungsvorschlag des Präsidenten des BayLSG – auf lediglich ein Kriterium, nämlich das der Verwendungseignung, reduziert worden, führt nicht zum Erfolg der Beschwerde. Denn zu Recht hat das Verwaltungsgericht (BA S. 12, 14 Rn. 35, 38) darauf abgestellt, dass die Frage, welche Einzelmerkmale für die Bewertung der drei als wesentlich erachteten Anforderungen im Rahmen der hier gebotenen Binnendifferenzierung herangezogen werden können, von der zuständigen Auswahlbehörde (Staatsministerium) zu beantworten ist. Bei der „Ausschärfung“ der dienstlichen Beurteilungen hat der Dienstherr darüber zu entscheiden, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zählenden Umständen er bei der Auswahlentscheidung entscheidendes Gewicht beimisst. Denn es ist Sache des Dienstherrn, bei der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Beurteilungen einer etwaigen nicht gerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede insbesondere dadurch zu begegnen, dass er die Einzelfeststellungen mit Blick auf das Beförderungsamt in ihrer Wertigkeit gewichtet (BayVGH, B.v. 5.10.2020 – 3 CE 20.1582 – juris Rn. 18; B.v. 5.9.2019 – 6 CE 19.1508 – juris Rn. 13). Vor diesem Hintergrund konnte der Antragsgegner der Beigeladenen einen Vorsprung auf dem Gebiet der Führungsqualitäten insbesondere im Hinblick auf die ihr zugesprochene Verwendungseignung als Präsidentin eines Sozialgerichts zuerkennen, ohne dass damit gegen den Grundsatz der Bestenauslese verstoßen worden wäre. Der Argumentation der Antragstellerin, ihr sei eine uneingeschränkte Verwendungseignung für „leitende Aufgaben der Gerichtsverwaltung“ und damit letztlich auch für die Aufgaben der Gerichtsleitung, also auch einer Präsidentin, attestiert worden, vermag der Senat nicht zu folgen. Die nicht näher definierte Fähigkeit, leitende Aufgaben der Gerichtsverwaltung zu erfüllen, lässt sich nicht dahingehend auslegen, dass damit auch die höchste Position eines jeden Gerichts gemeint ist, sondern hebt auf einen darunterliegenden Dienstposten ab; andernfalls wäre die Eignung für das Präsidentenamt in der Beurteilung mit einer Formulierung festgestellt worden, die keine Auslegungszweifel aufwirft.
Dass der Antragsgegner die Einzelbewertungen nicht in der Form gegenübergestellt hat, wie dies der Präsident des BayLSG mit einem für die Antragstellerin günstigen Ergebnis getan hat, kann nicht beanstandet werden, sondern ist Ausfluss des dem Staatsministerium als Ernennungsbehörde (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 RiStAG) zukommenden Auswahlermessens. Der von der Beschwerde verlangte Vergleich der im Auswahlvermerk aufgeführten Einzelmerkmale (Nr. 3.1.7, 3.1.8, 3.2.7 sowie 3.5), nach dem sich ein Vorsprung der Antragstellerin ergebe, musste vom Staatsministerium nicht in dieser Form – wie vom Präsidenten des BayLSG durchgeführt – angestellt werden.
Die Beschwerde beanstandet weiter, dass der Beigeladenen im Hinblick auf das Kriterium „Allgemeine Rechtskenntnisse“ ein Vorsprung zuerkannt worden sei, obwohl die in den Beurteilungen der beiden Konkurrentinnen enthaltenen Aussagen („sehr vertieft“ einerseits, „umfassend vertieft“ andererseits) keine Unterscheidung zuließen. Auch wenn man dieser nachvollziehbaren Begründung nähertreten wollte, ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass das Staatsministerium den Vorsprung der Beigeladenen bei diesem Merkmal (Nr. 3.2.8 GemBek) insbesondere daran festmacht, dass sie „auf dem Feld der wissenschaftlichen Profilierung“ durch am Bundessozial- und am Bundesverfassungsgericht gewonnene einschlägige Erfahrungen verfüge; hierzu verhält sich die Beschwerde nicht. Das Staatsministerium verweist außerdem auf die ausführliche Darstellung dieses Merkmals im Auswahlvorschlag des Präsidenten des BayLSG vom 18. Mai 2021 (S. 7), der insoweit ebenfalls von einem Vorsprung der Beigeladenen ausgeht.
Weiter ausgehend von einem Gleichstand beim Merkmal „Verhandlungsgeschick“ (BA S. 18, Rn. 48), den auch die Beschwerde nicht infrage stellt, ergibt sich, dass die angegriffene Auswahlentscheidung rechtlich nicht zu beanstanden ist, nachdem der Leistungsvergleich zugunsten der Beigeladenen ausfällt. Damit können auch die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit dem Merkmal „Bearbeitung der Geschäftsaufgabe“ (Nr. 3.1.1 GemBek) dahinstehen.
1.4 Der Senat hat im Übrigen auch die weiteren untergeordneten Argumente der Antragstellerin, die diese in ihrer Beschwerdeschrift vom 18. November 2021 hat vorbringen lassen, erwogen. Sie sind jedoch ebenfalls nicht geeignet, zu einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu führen, ohne dass es insoweit einer ausdrücklichen Auseinandersetzung im vorliegenden Beschluss bedurft hätte.
Die Beschwerde war nach alldem zurückzuweisen, denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu Recht abgelehnt.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Der Vortrag (vgl. ob. 1.1) der Antragstellerin, sie habe sich trotz ihrer entsprechenden Ankündigung nicht mehr gegenüber dem Verwaltungsgericht vor Erlass des angefochtenen Beschlusses äußern können, spielt hier schon deswegen keine Rolle, weil das Verwaltungsgericht – unabhängig von weiterem, möglicherweise erst im Beschwerdeverfahren gemachten Vortrag – jedenfalls richtig entschieden hat.
Es entspricht der Billigkeit, dass die unterlegene Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladene trägt, die einen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 162 Abs. 3, § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Der Streitwert beträgt ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des von der Antragstellerin angestrebten Amtes (R 3) mit Ausnahme von nicht ruhegehaltfähigen Zulagen, wobei auch die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) Berücksichtigung findet (BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 32). Danach entspricht der Streitwert für das Beschwerdeverfahren demjenigen des Erstverfahrens (vgl. BA S. 19, 5.) und beträgt daher auch für das Beschwerdeverfahren 26.706,65 Euro.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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