Verwaltungsrecht

Leistungsvergleich im Konkurrentenstreit

Aktenzeichen  3 CE 19.1523

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 30476
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123, § 146 Abs. 4 S. 6
LlbG Art. 60 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die Besorgnis der Befangenheit aus der subjektiven Sicht eines beurteilten Beamten genügt nicht, vielmehr ist die tatsächliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Beurteilungsspielraum von Beurteilern führt dazu, dass die gerichtliche Prüfung von Beurteilungen darauf beschränkt ist, festzustellen, ob der Beurteiler von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem er sich bewegen konnte, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, wobei für einen Leistungsvergleich in erster Linie das abschließende Gesamturteil maßgeblich ist. Eine Binnendifferenzierung im Hinblick auf die Einzelmerkmale ist nicht veranlasst, wenn keine Bewerber mit gleichem Gesamturteil im gleichen Statusamt konkurrieren. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Das Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO dient zwar der Gewährung rechtlichen Gehörs, ein Anspruch auf Beziehung von Akten ergibt sich hieraus jedoch nicht. Es besteht kein Akteneinsichtsrecht im Sinne eines allgemeinen Ausforschungsanspruchs. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Verbindung von Verfahren, die bei unterschiedlichen Gerichten anhängig sind, ist ausgeschlossen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 1 E 18.2501 2019-07-12 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung von Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach für beide Rechtszüge auf jeweils 26.803,29 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der bayerische Landtag hat am 12. Juli 2018 das Gesetz zur Errichtung des Bayerischen Obersten Landesgerichts mit Sitz in München und auswärtigen Senaten in Bamberg und Nürnberg (GVBl. 2018, S. 546) beschlossen. Auf Grundlage dieses Gesetzes wurde das Bayerische Oberste Landesgericht mit Wirkung vom 15. September 2018 (erneut) errichtet.
Im JMBl. Nr. 9/2018 wurden insgesamt 12 Stellen für Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht (BesGr. R3) ausgeschrieben, wobei darum gebeten wurde, den Bewerbungen eine Erklärung beizufügen, ob sich die Bewerbung auf eine Verwendung in München, Nürnberg und Bamberg bezieht oder auf einen oder zwei der drei Orte beschränkt. Bezüglich der ausgeschriebenen Stellen wurden u.a. die folgenden besonderen Anforderungen (im Folgenden: wissenschaftliches Anforderungsprofil) festgelegt:
„Besonders ausgeprägte Fähigkeit zur auf wissenschaftlichem Niveau vertieften Auseinandersetzung mit schwierigen und grundlegenden Rechtsfragen sowie komplizierten Sachverhalten, auch in Spezialgebieten, sowie Fähigkeit, diese Rechtsfragen und Sachverhalte auf das Wesentliche zurückzuführen und verständlich sowie mit großer juristischer Präzision darzustellen.“
Der Antragsteller beantragte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren,
dem Antragsgegner einstweilig zu untersagen, die nach Besoldungsgruppe R3 bewerteten Stellen der „Richter am Bayerischen Obersten Landesgericht“ in München und an den auswärtigen Senaten in Nürnberg und Bamberg mit anderen als dem Antragsteller zu besetzen, bis über die Klage des Antragstellers über seine Nichtberücksichtigung bei der Stellenbesetzung oben genannter Stellen rechtskräftig entschieden wurde.
Nach Anhörung der Beteiligten, bei der der Antragsteller ausdrücklich einer Verfahrenstrennung widersprochen hatte, wurden aufgrund gerichtlicher Verfügung vom 14. Februar 2019 die Verfahren für die Dienstorte München (AN 1 E 18.2501), Nürnberg (AN 1 E 19.286) und Bamberg (AN 1 E 19.287) getrennt fortgeführt. Letzteres wird vom Antragsteller derzeit nicht betrieben; das Verfahren ist noch beim Verwaltungsgericht rechtshängig.
Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 12. Juli 2019, auf dessen Sachverhaltsdarstellung verwiesen wird, lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag hinsichtlich des Dienstortes München (AN 1 E 18.2501) ab.
Der Antragsteller beantragt im Beschwerdeverfahren,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern und dem Antragsgegner einstweilig zu untersagen, die nach Besoldungsgruppe R3 bewerteten Stellen der „Richter am bayerischen Obersten Landgericht“ in München und an den auswärtigen Senaten in Nürnberg mit anderen als dem Antragsteller zu besetzen, bis über die Klage des Antragstellers über seine Nichtberücksichtigung bei der Stellenbesetzung oben genannter Stellen rechtskräftig entschieden wurde.
Hilfsweise,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und das Verfahren zum Verfahren AN 1 E 19.286 (Nürnberg) zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, die der Senat anhand der fristgerecht dargelegten Gründe überprüft (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht mangels Anordnungsanspruchs abgelehnt. Dass der Antragsgegner die Bewerbung des Antragstellers für den Dienstort München nicht berücksichtigt hat, erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig (nachfolgend 1.). Sein Hilfsantrag ist unzulässig (nachfolgend 2.).
1. Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
1.1 Die Verfahrenstrennung hat nicht zu einem unzulässigen Teilurteil i.S.d. § 110 VwGO geführt (vgl. hierzu: Garloff in BeckOK VwGO, Stand: April 2019, § 93 Rn. 13). Die Verfahrenstrennung war sachgerecht. Durch die (teils) beschränkten Bewerbungen auf einen oder zwei Dienstorte kann dem Grundsatz der Bestenauslese nur durch Auswahlverfahren bezogen auf den jeweiligen Bewerberkreis, also abhängig vom Dienstort, Rechnung getragen werden. Da sich die Bewerbung des Antragstellers auf eine Verwendung in München, Nürnberg und Bamberg bezogen hat und diese voneinander verschieden zu besetzen sind, handelt es sich nicht um einen, sondern um drei Bewerbungsverfahrensansprüche des Antragstellers, die jeweils durch ein selbständiges (einstweiliges) Rechtsschutzverfahren – also in getrennten Verfahren – zu sichern sind. Der Dienstherr durfte sich im Rahmen seines Organisationsermessens dafür entscheiden, für jeden der Dienstorte ein gesondertes Auswahlverfahren durchzuführen. Auch die Stellenausschreibung gibt eine entsprechende Differenzierung vor. Einen Rechtssatz, der dieser Vorgehensweise entgegensteht, hat der Antragsteller nicht aufgeführt. Er hat sich vielmehr darauf beschränkt, einen „Quervergleich mit anderen Bewerbern“ zu fordern und die „Aufeinanderbezogenheit aller Kandidaten“ zu behaupten. Im Übrigen verhält sich der Antragsteller widersprüchlich, da er zwar einerseits eine einheitliche Rangliste aller Bewerber ohne Differenzierung nach Dienstorten für erforderlich hält, sich aber nunmehr durch das Nichtbetreiben des den Dienstort Bamberg betreffenden Verfahrens einer einheitlichen Entscheidung gerade widersetzt.
Das Verwaltungsgericht hat die Entscheidung des Dienstherrn, für jeden der Dienstorte ein eigenes Auswahlverfahren durchzuführen, ermessens- und willkürfrei durch die Verfahrenstrennung nachvollzogen. Die hierdurch bedingte Kostensteigerung steht der Trennung nicht entgegen (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Feb. 2019, § 93 Rn. 23). Vor dem Hintergrund der sachlich begründeten Verfahrenstrennung kann von einer „künstlichen Generierung erheblicher Kosten“ nicht ausgegangen werden.
Damit war – ungeachtet des beide Dienstorte umfassenden Beschwerdeantrags – differenziert nach den Dienstorten München und Nürnberg zu entscheiden.
1.2 Der Antragsteller konnte im Beschwerdeverfahren nicht darlegen, dass der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg bei der Überprüfung seiner Beurteilung voreingenommen gewesen wäre (vgl. zur Voreingenommenheit bei der Überprüfung der dienstlichen Beurteilung: Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand. Aug. 2019, Art. 60 LlbG Rn. 22, 25). Die Besorgnis der Befangenheit aus der subjektiven Sicht des beurteilten Beamten genügt nicht, vielmehr ist die tatsächliche Voreingenommenheit eines Beurteilers aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen (BVerwG, U.v. 23.4.1998 – 2 C 16.97 – juris Rn. 13). Tatsächliche Voreingenommenheit liegt vor, wenn der die Beurteilung Überprüfende nicht willens oder nicht in der Lage ist, eine sachliche und gerechte Entscheidung zu treffen (vgl. BVerwG, B.v. 19.7.2018 – 1 WB 31.17 – juris Rn. 31).
Danach lassen weder die abgestuften Empfehlungen zu den einzelnen Kandidaten (Teilweise wurden die Bewerbungen einzelner Kandidaten nachdrücklich unterstützt, während beim Antragsteller bemerkt wurde, dass er aus Sicht des Präsidenten des Oberlandesgerichts Nürnberg nicht zum engeren aussichtsreichen Bewerberfeld gehört.) noch der Umstand, dass die einzelnen Bewerbungen während der laufenden Bewerbungsfrist und vor Erstellung der Beurteilungen weitergeleitet wurden, für sich genommen auf eine Voreingenommenheit schließen. Gleiches gilt für den Umstand, dass der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg dem Antragsteller den Nachweis wissenschaftlichen Arbeitens abgesprochen bzw. einen entsprechenden Nachweis vermisst hat. An keiner Stelle in seinen Ausführungen zum Komplex der „Voreingenommenheit“ (Bl. 11 bis 21 der Beschwerdebegründung vom 15.8.2019 bzw. Bl. 7 – 10 des vertiefenden Schriftsatzes vom 1.10.2019) führt der Antragsteller aus, dass diese Einschätzung unrichtig wäre. Vielmehr beschränkt sich der Antragsteller darauf, ihm sei der Nachweis wissenschaftlichen Arbeitens „nicht nachvollziehbar“ abgesprochen worden bzw. die „Leistungssprünge“ zweier Mitkonkurrenten seien „ungerechtfertigt“. Die Entscheidung des Senats vom 18. Februar 2008 (3 CE 07.2937 – juris) ist nicht so zu verstehen, dass sich weder der Beurteiler noch der Überprüfer im Sinne des Art. 60 Abs. 2 LlbG negativ über einen Bewerber äußern dürften (vgl. Zängl a.a.O. Rn. 22). Etwas anderes wäre nur dann der Fall, wenn die kritische Einschätzung unzutreffend wäre, wofür hier jedoch keine Anhaltspunkte bestehen. Auch der Antragsteller hat insoweit keine validen Anhaltspunkte vortragen können. Vielmehr beschränken sich seine Ausführungen ausschließlich auf die eigene Wahrnehmung vermeintlicher Akte der Zurücksetzung bzw. bewegen sich im Bereich der reinen Spekulation („regionale Proporzgesichtspunkte“, „haushaltsrechtliche Aspekte“, gezielte Punktevergabe, um einen ausreichenden Abstand zwischen „gewünschten Bewerbern“ und dem Antragsteller herzustellen).
Auch der Umstand, dass der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg mit seiner dienstlichen Stellungnahme vom 16. Mai 2019 (Bl. 620 der VG-Akte AN 1 E 19.286) eine falsche Wissenserklärung abgab, weil der dort namentlich genannte Vizepräsident zum Zeitpunkt der Aufhebung der Beurteilung bereits seit zwei Monaten in den Ruhestand versetzt worden war, lässt aus objektiver Sicht nicht auf eine tatsächliche Voreingenommenheit des Präsidenten des Oberlandesgerichts schließen. Die Gründe für die falsche Wissenserklärung können vielfältig sein, beispielsweise eine falsche Erinnerung an die acht Monate zurückliegenden Ereignisse.
Der Senat vermag der Beschwerdebegründung insgesamt keine objektiven Hinweise für eine Voreingenommenheit des Präsidenten des Oberlandesgerichts Nürnberg zu entnehmen, die dazu führen könnten, dass die Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 20. November 2018 nicht zum Gegenstand der Auswahlentscheidung hätte gemacht werden dürfen.
1.3 Die vom Antragsteller monierte Passage in dem Auswahlvermerk vom 23. November 2018
„Mit Wirkung vom 1.7.2008 wurde [der Antragsteller] als Vorsitzender Richter an das Landgericht Nürnberg-Fürth versetzt. Dort ist er Vorsitzender einer kleinen Strafkammer sowie allgemeiner erstinstanzlicher Strafkammern mit dem Aufgabengebieten allgemeine Strafsachen und Betäubungsmittelsachen.“
die nicht hinreichend deutlich macht, dass er derzeit Vorsitzender einer großen Strafkammer ist, ist nicht geeignet, einen Fehler im Auswahlverfahren zu belegen. Die Auswahlentscheidung differenziert nicht zwischen Vorsitzenden einer kleinen oder großen Strafkammer, sondern beruht im Wesentlichen auf einem Ranking der Gesamtprädikate. Ausweislich des Besetzungsvermerks vom 23. November 2018 sind die in der gleichen Besoldungsgruppe wie der Antragsteller um einen Punkt besser beurteilten Beigeladenen zu 1. und 3. und auch die mit dem gleichen Beurteilungsprädikat versehenen Mitbewerber, die bereits ein Amt der BesGr. R2 + AZ innehaben (Beigeladener zu 2.) und sämtlich ein „schärferes wissenschaftliches Profil“ als der Antragsteller aufweisen, diesem vorrangig. Die vom Antragsteller monierte Passage war für die Auswahlentscheidung nicht ansatzweise von Bedeutung, sodass sich das Verwaltungsgericht auch nicht mit den Unterschieden im Vorsitz einer großen und einer kleinen Strafkammer auseinandersetzen musste. Aus der rein nachrichtlichen Tätigkeitsbeschreibung, ohne dass diese zum Gegenstand der eigentlichen Auswahlentscheidung gemacht worden wäre, ergibt sich kein durchgreifender Mangel der Auswahlentscheidung. Letztlich handelt es sich um eine bedeutungslose Ungenauigkeit.
1.4 Soweit der Antragsteller eine intransparente Anwendung des wissenschaftlichen Anforderungsprofils bei der Erstellung der Anlassbeurteilungen, die Grundlage für die im Besetzungsbericht getroffene Auswahlentscheidung waren, rügt, verkennt er den Beurteilungsspielraum der Beurteiler. Dieser führt dazu, dass die gerichtliche Prüfung von Beurteilungen darauf beschränkt ist, festzustellen, ob der Beurteiler von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem er sich bewegen konnte, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (BVerfG, B.v. 5.9.2007 – 2 BvR 1855/07 – juris Rn. 9; BVerwG, U.v. 28.1.2016 – 2 A 1.14 – juris Rn. 13). Ob und mit welchem Grad der Beurteiler bei dem Beurteilten eine Fähigkeit zu auf wissenschaftlichem Niveau vertiefter Auseinandersetzung mit schwierigen und grundlegenden Rechtsfragen sowie komplizierten Sachverhalten annimmt, unterliegt seiner Einschätzung. Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Überlegungen des Antragstellers unter Ziffer IV.1. der Beschwerdebegründung (mögliche Kriterien für den Nachweis der Fähigkeit zum Arbeiten auf wissenschaftlichem Niveau) nicht entscheidungserheblich an. Seine Ausführungen unter Ziffer IV.2 beziehen sich in erster Linie darauf, dass der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg die Bedeutung des besonderen Anforderungsprofils verkannt habe, was sich in seinen Beurteilungen für zwei Nürnberger Mitkonkurrenten des Antragstellers niedergeschlagen haben soll. Ob der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers bezogen auf den Dienstort Nürnberg verletzt worden ist, ist jedoch nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens. Soweit der Antragsteller ausführt, der Beigeladene zu 2. habe den gesamten strafrechtlichen Bereich des Bundesgerichtshofs in Leitsatzentscheidungen bearbeitet, als Kommentator an einem Bankrechtskommentar mitgewirkt und Stellungnahmen in einem Bankrechtskommentar verfasst und anmerkt, all diese Tätigkeiten seien bei anderen Bewerbern als besonderer Beleg für wissenschaftlichen Eignung herangezogen worden, und trotzdem stehe dieser in der Verwendungseignung mit „sehr gut“ hinter dem Beigeladenen zu 1., der nichts entsprechendes vorzuweisen habe und mit „ausgezeichnet“ bewertet worden sei, setzt er ein weiteres Mal seine eigene Einschätzung gegen die des Beurteilers, ohne die Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses in Frage stellen zu können.
1.5 Die Rüge, der Besetzungsbericht befasse sich nicht mit einem Vergleich der einzelnen Merkmale des (besonderen) Anforderungsprofils und vergleiche auch nicht die in den zugrunde gelegten Beurteilungen getroffenen Aussagen zu den jeweiligen Einzelmerkmalen miteinander, rechtfertigt nicht die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Der Senat hat entschieden, dass der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen ist, wobei für einen Leistungsvergleich in erster Linie das abschließende Gesamturteil maßgeblich ist. Nur wenn Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil beurteilt worden sind, ist für die Auswahlentscheidung auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Die Beurteilungen sind in diesem Fall umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (grundlegend: BayVGH, U.v. 15.4.2016 – 3 BV 14.2101 – juris Rn. 22 f.). Da hier aber keine Bewerber mit gleichem Gesamturteil im gleichen Statusamt konkurrieren, sondern vielmehr die Beigeladenen dem Antragsteller sämtlich vorgehen, war eine Binnendifferenzierung in Hinblick auf die Einzelmerkmale nicht veranlasst. Entgegen der Auffassung des Antragstellers mussten die Gesamturteile der Beigeladenen auch nicht auf ihre Schlüssigkeit und Plausibilität (z.B. unter Berücksichtigung des beruflichen Werdegangs) überprüft werden. Die Anlassbeurteilungen wurden zwar von unterschiedlichen Beurteilern verfasst, gleichwohl handelt es sich um Beurteilungen, die auf Grundlage derselben Beurteilungsrichtlinie verfasst worden sind. Anhaltspunkte für eine fehlende Vergleichbarkeit der Beurteilungen, wie sie etwa bei Beurteilungen aus unterschiedlichen Geschäftsbereichen auftreten können, bestehen nicht.
Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich des wissenschaftlichen Anforderungsprofils bereits auf den Beschluss des Senats vom 22. März 2018 – 3 CE 18.398 – juris, hingewiesen. Danach erlangt das Anforderungsprofil insbesondere dann Bedeutung, wenn sich die Beurteilungen von Konkurrenten nicht (wesentlich) unterscheiden. In diesem Fall kann durch einen Vergleich der Bewerber anhand der auf den zu besetzenden Dienstposten bezogenen Anforderungen auf die in den einzelnen Beurteilungsmerkmalen erzielten Bewertungen abgestellt werden (sog. „Binnendifferenzierung“). Diese Binnendifferenzierung leistet der verfahrensgegenständliche Besetzungsbericht, der – wenn auch knapp – ausführt, dass die Beigeladenen über ein „noch schärferes wissenschaftliches Profil“ als der Antragsteller verfügen. Wörtlich wird ausgeführt:
„Frau R… hat als hauptamtliche Arbeitsgemeinschaftsleiterin jahrelang auch Revisionsrecht in Strafsachen unterrichtet, sie ist Autorin in einem Kommentarwerk, was auch für [den Beigeladenen zu 2.] gilt. [Die Beigeladenen zu 1. und 3.] belegen ihre vertieft wissenschaftliche Herangehensweise durch ihre Tätigkeit als Beisitzer im NSU-Verfahren: Dort wurde ihnen die Abfassung und Mitwirkung an der Verbescheidung einer Vielzahl von Verfahrensanträgen abverlangt, was einen weiten Überblick über den – auch historisch – kaum mit anderen Verfahren vergleichbaren Umfang voraussetzt und die Behandlung zahlreicher neuer Rechtsprobleme mit sich brachte.“
Der Antragsteller führt hierzu aus, es sei rechtsfehlerhaft, dass der Auswahlvermerk die wissenschaftliche Befähigung der Beigeladenen zu 3. per se aus ihrer Teilnahme als gesetzlich berufene Richterin an einem bestimmten Strafverfahren herleite und damit einen „nicht vorhandenen und unrichtigen Erfahrungssatz“ aufstelle. Wenn ein Richter aufgrund der Geschäftsverteilung dazu berufen sei, gesetzlicher Richter in einem bestimmten Strafverfahren zu sein, sei damit keineswegs schon seine wissenschaftliche Befähigung belegt. Zwar sei möglicherweise denkbar, dass durch eine bestimmte Herangehensweise an ein Verfahren und durch die Art der Problembewältigung eine wissenschaftliche Befähigung nachgewiesen werden könnte. Dies sei der Beigeladenen zu 3. in ihrer dienstlichen Beurteilung auch entsprechend bestätigt worden, wenngleich dies dadurch relativiert worden sei, dass sie nicht die 400 Beschlüsse selbst verfasst habe, sondern lediglich daran „mitgewirkt“ habe. Dieselbe Herangehensweise an rechtliche Probleme werde allerdings auch dem Antragsteller attestiert. Daneben würden dem Antragsteller aber auch weitere Kriterien (Prüfer beim ersten Juristischen Staatexamen, Teilnahme an vielen Fortbildungsveranstaltungen, Veröffentlichung eigener Entscheidungen als Strafkammervorsitzender, Veröffentlichung vieler Entscheidungen aus der Tätigkeit im Revisionssenat, vertiefte Auseinandersetzung mit schwierigsten Rechtsfragen, Fähigkeit, umfangreiche Sachverhalte mit großer Klarheit und juristischer Präzision darzustellen, Tätigkeit als nebenamtlicher Arbeitsgemeinschaftsleiter) bestätigt, die für das besondere Anforderungsprofil maßgeblich sein könnten, welche die Beigeladene zu 3. allerdings nicht aufweise.
Der Besetzungsvermerk hat hinsichtlich der Überlegenheit der Beigeladenen zu 3. auch im Hinblick auf das wissenschaftliche Anforderungsprofil nicht auf ihre Tätigkeit im für das NSU-Verfahren zuständigen Senat per se abgestellt, sondern ihre Mitwirkung bei der Abarbeitung der Verfahrensanträge besonders hervorgehoben. Hiergegen bestehen wegen der eingeschränkten gerichtlich überprüfbaren Beurteilungs- und Ermessensspielräume (BVerwG, U.v. 16.8.2001 – 2 A 3.00 – juris) keine grundsätzlichen Bedenken, zumal der Antragsteller der Einschätzung im Besetzungsvermerk lediglich einige Kriterien, die in seiner Person verwirklicht sind, entgegensetzt.
Hinsichtlich des Beigeladenen zu 1. gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Letztlich beschränken sich die Ausführungen des Antragstellers darauf zu behaupten, der besser Qualifizierte zu sein, ohne hierfür valide Anhaltspunkte nennen zu können. Hinsichtlich des Beigeladenen zu 2. meint der Antragsteller, der Hinweis auf eine Tätigkeit als Autor stelle keine ausreichende Abwägung dar. Auch hier setzt er seine Einschätzung an die Stelle des hierzu berufenen Staatsministers der Justiz.
1.6 Mit seiner Beschwerde rügt der Antragsteller schließlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil ihm wesentliche Aktenbestandteile vorenthalten worden seien. Die Stellenbesetzungsvorschläge seien bisher lediglich geschwärzt vorgelegt worden. Er moniert, dass er nicht auch die Vorlageschreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Nürnberg habe einsehen können, die Kandidaten betreffend, die ebenfalls eine Absage erhalten hätten. Er bemängelt, dass der Antragsgegner weder die Beurteilungsnotizen der Vorsitzenden der Nürnberger Strafsenate noch die Liste der Bewerber, die – aufgefordert vom Präsidenten des Oberlandesgerichts – ihre Bewerbung dann zurückgezogen hatten, vorgelegt hat. Des Weiteren habe der Antragsgegner nicht, wie von ihm gewünscht, das Muster einer Anlassbeurteilung vorgelegt und nicht mitgeteilt, welche Personen dieses Muster erhalten hätten.
Als (bloße) Verfahrensrüge geht das Vorbringen schon im Ansatz fehl. Abgesehen davon, ist es nicht zu beanstanden, dass der vom Antragsgegner übersandte Auswahlvermerk an den Stellen geschwärzt ist, die nicht ausgewählte Bewerber betreffen. In den Fällen, in denen die Auswahlentscheidung ausschließlich auf einem Leistungsvergleich zwischen dem ausgewählten Beigeladenen und den jeweiligen Mitbewerbern beruht, erstreckt sich das Akteneinsichtsrecht grundsätzlich nur auf die Teile des Auswahlvermerks, die sich auf den Antragsteller und die Beigeladenen des gerichtlichen Konkurrentenstreitverfahrens beziehen. Denn der Antragsteller obsiegt bereits, wenn die Auswahlentscheidung im Verhältnis zu den Beigeladenen fehlerhaft ist (OVG RhPf, B.v. 23.3.2016 – 10 B 10215/16 – juris Rn. 3 f.). Hinsichtlich der weiteren Petitessen hat die Landesanwaltschaft bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Akteneinsichtsrecht im Sinne eines allgemeinen Ausforschungsanspruchs besteht. Das Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO dient zwar der Gewährung rechtlichen Gehörs, ein Anspruch auf Beziehung von Akten ergibt sich hieraus jedoch nicht (BVerwG, B.v. 11.3.2004 – 6 B 71.03 – juris Rn. 10). Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich auch nicht mit Blick auf § 99 VwGO. Die vom Antragsteller angemahnten Entwürfe und Notizen sind weder Bestandteil der Aktenheftung „Auswahlvermerk“ noch der Personalakten der hier allein interessierenden Beteiligten geworden.
1.7 Der Senat hat auch die weiteren Argumente des Antragstellers, die dieser in der Beschwerdebegründung vom 15. August 2019 und der vertiefenden Stellungnahme vom 1. Oktober 2019 vorgebracht hat, erwogen. Er hat sie jedoch ebenfalls nicht für eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung geeignet gehalten, ohne dass es insoweit im vorliegenden Beschluss einer ausdrücklichen Auseinandersetzung bedurft hätte.
2. Der Hilfsantrag ist bereits unzulässig, da er von seinem Wortlaut auf eine Verbindung mit einem erstinstanzlichen Verfahren gerichtet ist. Eine Verbindung von Verfahren, die bei unterschiedlichen Gerichten anhängig sind, ist jedoch ausgeschlossen (Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand: Feb. 2019, § 93 Rn. 6). Zwar ist das den Dienstort Nürnberg betreffende Verfahren nunmehr auch als Beschwerdeverfahren anhängig (3 CE 19.1739), gleichwohl kommt eine Verbindung nicht in Betracht. Zum einen ist der Hilfsantrag als reiner Verfahrensantrag auf ein prozessual unzulässiges Ziel gerichtet, da er nicht auch einen Sachantrag nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO enthält. Zum anderen ist die Verfahrenstrennung sachgerecht (siehe 1.1).
3. Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO zurückzuweisen. Da die Beigeladenen keine Anträge gestellt haben, entspricht es der Billigkeit, wenn sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
Da Haupt- und Hilfsantrag der Sache nach (teilweise) auf denselben Gegenstand, die unzulässige Verfahrenstrennung, gerichtet sind, greift für die Streitwertbestimmung § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Sie beruht auf § 40, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG. Der Streitwert beträgt danach 1/4 der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge des vom Antragsteller angestrebten Amtes. Die jährliche Sonderzahlung (Art. 82 ff. BayBesG) ist anteilig zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118). Damit ergibt sich ein Streitwert in Höhe von 26.803,29 € (Grundgehalt BesGr. R3 in Höhe von 102.130,32 € zzgl. jährliche Sonderzahlung in Höhe von 5.082,82 € = 107.213,14 € davon 1/4 = 26.803,29 €).
Die Abänderungsbefugnis für die Streitwertfestsetzung erster Instanz ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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