Verwaltungsrecht

Mitwirkung des Ausländers bei der Passbeschaffung durch Vorsprache bei der Auslandsvertretung seines Heimatlandes im Fall eines Asylfolgeantrags

Aktenzeichen  19 CS 21.908

Datum:
15.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 15858
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 7
AufenthG § 48 Abs. 3
AsylG § 15 Abs. 2 Nr. 6

 

Leitsatz

Die Mitwirkung eines Ausländers bei der Passbeschaffung durch Vorsprache bei der Auslandsvertretung seines Heimatlandes im Fall eines Asylfolgeantrags ist allenfalls dann unzumutbar, wenn das Bundesamt auf den Asylfolgeantrag des Antragstellers hin bescheinigen würde, dass ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde. (BayVGH  BeckRS 2021, 15855). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 6 S 21.205 2021-03-02 Bes VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller, ein am 6. März 1985 geborener äthiopischer Staatsangehöriger, der am 8. Mai 2011 in das Bundesgebiet einreiste, erfolglos ein Asylerstverfahren betrieb, sodann erfolglos ein Verfahren auf Wiederaufgreifen des Asylverfahrens hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG betrieb und am 18. Januar 2021 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylfolgeantrag stellte, ist vollziehbar ausreisepflichtig. Mit Bescheid vom 4. November 2020 verpflichtete ihn der Antragsgegner ein zur Einreise nach Äthiopien berechtigendes Dokument (z.B. Einreiseschein, Laissez-Passer, Reisepass) bei der Zentralen Ausländerbehörde B. vorzulegen (Ziff. 1). Für den Fall, dass der Antragsteller dieser Verpflichtung nicht bis 8. Februar 2021 nachkommt, wurde ihm die zwangsweise Vorführung bei der Auslandsvertretung Äthiopiens, bzw. sollten Vertreter oder ermächtigte Bedienstete des Staates Außentermine abhalten, am Ort des Außentermins, angedroht (Ziff. 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 des Bescheids wurde angeordnet (Ziff. 3).
Hiergegen erhob der Antragsteller Klage. Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 18. Januar 2021 im Verfahren B 6 S 20.1383 seinen gegen den Bescheid gerichteten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 15. Juni 2021 im Verfahren 19 CS 21.486 zurück.
Unter dem 23. Februar 2021 beantragt der Antragsteller gemäß § 80 Abs. 7 VwGO, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 dahingehend zu ändern, dass die aufschiebende Wirkung angeordnet wird. Zur Begründung führte der Antragsteller aus, er habe am 18. Januar 2021 einen Asylfolgeantrag gestellt, da das Bundesamt noch nicht entschieden habe, ob ein weiteres Asylverfahren durchgeführt werde, sei ihm eine Vorsprache bei der Auslandsvertretung seines Herkunftslandes unzumutbar.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein in erster Instanz erfolgloses Begehren auf Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 18. Januar 2021 gemäß § 80 Abs. 7 VwGO (Beschluss des VG vom 2.3.2021 im Verfahren B 6 S 21.205) weiter. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Mitwirkung des Ausländers bei der Passbeschaffung durch Vorsprache bei der Auslandsvertretung seines Heimatlandes im Fall eines Asylfolgeantrags allenfalls dann unzumutbar sei, wenn das Bundesamt entschieden habe, dass ein weiteres Asylverfahren durchzuführen sei, sei mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar. Solange das Bundesamt nicht über den Asylfolgeantrag entschieden habe, stehe nicht fest, dass der Vortrag des Antragstellers, wegen veränderter Verhältnisse im Heimatland begründete Furcht vor politischer Verfolgung zu haben, unzutreffend wäre. Übersandt werde die Eingangsbestätigung des Bundesamts vom 2. März 2021. Zudem habe der Sachbearbeiter im Asylfolgeverfahren unter dem 23. März 2021 vermerkt, gemäß Weisung seien Entscheidungen zu Antragstellern aus dem Tigray bis zum 17. April 2021 „rückzupriorisieren“, um verlässliche Informationen einholen zu können. Selbst wenn das Bundesamt sich derzeit nicht in der Lage sehe, über Asylfolgeanträge von Antragstellern aus dem Tigray zu entscheiden, sei die Unterstellung einer missbräuchlichen Antragstellung widerlegt. Der Antragsgegner sollte wie das Bundesamt abwarten. Andernfalls würde sich der Umstand, dass deutliche Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung von Tigrayern unabhängig von ihrer tatsächlichen politischen Einstellung bestünden, die den Vortrag des Antragstellers stützten und letztlich dazu geführt hätten, dass sich das Bundesamt gezwungen sehe, weitere Informationen abzuwarten, zu Ungunsten des Antragstellers auswirken. Je mehr für den Vortrag des Antragstellers spreche, umso mehr verzögere sich die Entscheidung und dem Antragsteller werde dann zugemutet, sich an die Behörde des Verfolgerstaates zu wenden.
Unter dem 29. April 2021 beantragte der Antragstellervertreter wegen Arbeitsüberlastung mit anderen Sachen eine stillschweigende Fristverlängerung bis 20. Mai 2021 (gerichtlich gesetzte Frist betreffend die Stellungnahme des Antragsgegners vom 13.4.2021 bis 30.4.2021). Unter dem 20. Mai 2021 beantragte der Antragstellervertreter sodann wegen Arbeitsüberlastung in anderen Sachen stillschweigende Fristverlängerung bis 10. Juni 2021. Der Senat teilte dem Antragstellervertreter unter dem 21. Mai 2021 mit, eine über den 10. Juni 2021 hinausgehende Fristverlängerung komme nicht mehr in Betracht. Unter dem 9. Juni 2021 ließ der Antragsteller sodann ausführen, der Abänderungsantrag sei zulässig und begründet.
Die erhobenen Rügen greifen nicht durch. Spricht schon vieles (worauf das Verwaltungsgericht und der Antragsgegner zu Recht hinweisen) für die Unzulässigkeit des Antrags gemäß § 80 Abs. 7 VwGO, so ist er jedenfalls unbegründet. Der Senat nimmt Bezug auf seinen Beschluss vom heutigen Tage im Verfahren 19 CS 21.486. Veränderte Umstände, die eine Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts rechtfertigen könnten, sind auch in Anbetracht des Beschwerdevorbringens nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der sogenannte Auffangstreitwert halbiert wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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