Verwaltungsrecht

Nachträgliche Anordnungen zum Schutz privater Fischereirechte in Bezug auf eine Kraftwerksanlage

Aktenzeichen  8 ZB 14.2253

Datum:
11.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 54916
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayFiG Art. 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Das Fischereirecht nach Art. 1 Abs. 1 des Bayerischen Fischereigesetzes (BayFiG) gewährt regelmäßig nur beschränkten Schutz gegenüber wasserwirtschaftlichen Veränderungen. Es schützt nur vor solchen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, die einen schweren und unerträglichen Eingriff darstellen oder die Fischereirechte in ihrer Substanz betreffen (vgl. zuletzt BayVGH BeckRS 2016, 43646 mwN). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 8 K 13.1380 2014-07-28 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Antragsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Kläger begehren nachträgliche Anordnungen zum Schutz ihres Fischereirechts in Bezug auf die Kraftwerksanlage D., die im Eigentum der Beigeladenen zu 2 steht und von der Beigeladenen zu 1 betrieben wird.
Der Beklagte erteilte der Beigeladenen zu 2 mit Bescheid vom 10. Oktober 1990 und Ergänzungsbescheid vom 7. März 1991 die wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 8 WHG a. F. für das Triebwerk am W. Unter Ziffer II. 7. b) war als Nebenbestimmung zum Schutz der Fischerei vorgesehen, dass die lichte Weite (Stababstand) der Turbinenrechen höchstens 20 mm betragen dürfe. Im Rahmen eines Klageverfahrens einigten sich die Beigeladene zu 2 und der Beklagte auf einen Abstand von 60 mm und den Einbau einer Fischscheuchanlage. Durch Änderungs- und Ergänzungsbescheid vom 8. Juni 1994 wurde die Auflage II. 7. b) entsprechend geändert und die beantragte Scheuchanlage bewilligt.
Die Kläger forderten das Landratsamt N. mit Schreiben vom 7. September 2012 auf, durch geeignete Auflagen sicherzustellen, dass Schäden für die Fischereiberechtigten nicht mehr eintreten, sowie hilfsweise die Bewilligung zu widerrufen. Nachdem darüber in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden war, erhoben sie Untätigkeitsklage zum Verwaltungsgericht. Sie beantragten sinngemäß, den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Erlass nachträglicher Anordnungen zum Schutz des Fischereirechts der Kläger sowie hilfsweise über den Antrag auf Widerruf des Änderungs-/Ergänzungsbescheids vom 8. Juni 1994, soweit der Stababstand des Turbinenrechens von 20 mm auf 60 mm geändert wurde, zu entscheiden – jeweils unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Das Verwaltungsgericht hat die Untätigkeitsklage mit Urteil vom 28. Juli 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass kein substanzieller Eingriff in das klägerische Fischereirecht vorliege. Ein Widerruf der Bewilligung komme schon im Hinblick auf den Ablauf der Jahresfrist nach § 18 Abs. 2 Satz 1 WHG i. V. m. § 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5 VwVfG nicht in Betracht.
Gegen das Urteil haben die Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt und im Zulassungsverfahren u. a. sinngemäß ausgeführt, sie begehrten keine nachträgliche Anordnung in Bezug auf die Kraftwerksanlage der Beigeladenen, sondern forderten lediglich die Einhaltung der Auflagen in den Genehmigungsbescheiden.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Soweit die Kläger ihr ursprüngliches Klageziel ändern bzw. erweitern wollten, ist der Antrag auf Zulassung der Berufung unzulässig.
Ein Kläger kann sein Klagebegehren im Zulassungsverfahren nicht ändern. Eine Klageänderung in der Berufungsinstanz setzt eine zulässige Berufung und damit deren Zulassung voraus (BayVGH, B. v. 23.1.2014 – 8 ZB 12.64 – juris Rn. 6 m. w. N.; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 36).
Die Kläger hatten im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Untätigkeitsklage erhoben mit dem Ziel, den Beklagten zu verpflichten, durch nachträgliche Anordnung geeigneter Auflagen sicherzustellen, dass keine Schäden für die Fischereiberechtigten mehr eintreten sowie hilfsweise die Bewilligung teilweise zu widerrufen. Im Zulassungsverfahren haben sie nunmehr erstmals ausgeführt, sie begehrten „nicht eine nachträgliche Anordnung in Bezug auf eine Kraftwerksanlage der Beigeladenen zum Schutz des Fischereirechts“, sondern „lediglich die Einhaltung der Auflagen in den Genehmigungsbescheiden“ (s. Schriftsatz vom 30.7.2015, S. 5 und S. 6). Sollten die Kläger damit nicht mehr die nachträgliche Anordnung geeigneter Auflagen zum Schutz des Fischereirechts und hilfsweise den Teilwiderruf des Änderungs-/Ergänzungsbescheids, sondern vielmehr den Vollzug dieses Bescheids begehren, hätte sich ihr Klageziel geändert. Dann wäre ihr Rechtsmittel jedenfalls insofern unzulässig.
2. Soweit nach dem letzten Vortrag der Kläger keine Klageänderung anzunehmen sein sollte und sie ihr ursprüngliches Klageziel weiterhin verfolgten, führte dies ebenso wenig zum Erfolg des Rechtsmittels. Der Zulassungsantrag ist – unter Zugrundelegung des ursprünglichen Klagebegehrens – jedenfalls unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt wurden.
2.1 Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Solche Zweifel wären anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt würde (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente sich auf das Ergebnis auswirkten (BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinn liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – DVBl 2004, 838; BayVGH, B. v. 24.2.2006 – 1 ZB 05.614 – juris Rn. 11; B. v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewährt das Fischereirecht nach Art. 1 Abs. 1 des Bayerischen Fischereigesetzes (BayFiG) regelmäßig nur beschränkten Schutz gegenüber wasserwirtschaftlichen Veränderungen. Es schützt nur vor solchen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen, die einen schweren und unerträglichen Eingriff darstellen oder die Fischereirechte in ihrer Substanz betreffen (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 23.2.2016 – 8 CS 15.1096 – BayVBl 2016, 677 Rn. 23 m. w. N.). Dies betrifft nicht nur das Aneignungsrecht, sondern auch die Befugnis und die Pflicht zur Hege (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BayFiG).
Die Kläger sind den wesentlichen Erwägungen im angefochtenen Urteil – trotz richterlichen Hinweises – nicht hinreichend entgegengetreten. Es fehlt an der substanziierten Darlegung, worin der schwere und unerträgliche Eingriff oder die Betroffenheit in der Substanz liegen soll. Das gilt gerade auch in Bezug auf das Aneignungsrecht. Einbußen in vermögensrechtlicher Hinsicht hätten insoweit schlüssig als erheblich untermauert werden müssen. Genauso gilt dies in Bezug auf das Recht und die Pflicht zur Hege und wie sich gegebenenfalls solche Defizite dort ausgewirkt hätten.
2.2 Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wurden ebenfalls nicht substanziiert dargelegt. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren und darzulegen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) und klärungsbedürftig ist, sowie aufzuzeigen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72; BayVGH, B. v. 14.5.2014 – 14 ZB 13.2658 – juris Rn. 18). Der Zulassungsantrag erfüllt diese Anforderungen nicht.
2.3 Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, greift nicht durch. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann grundsätzlich nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Kläger es in der mündlichen Verhandlung unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen (vgl. etwa BVerwG, B. v. 20.12.2012 – 4 B 20/12 – juris Rn. 6). Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde kein Beweisantrag gestellt. Mit der Aufklärungsrüge können Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem unterbliebene Beweisanträge in der mündlichen Verhandlung, nicht kompensiert werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 75). Anhaltspunkte dafür, dass sich dem Verwaltungsgericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen, liegen nicht vor und wurden auch nicht schlüssig vorgetragen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind im Berufungszulassungsverfahren in der Regel nicht aus Billigkeitsgründen der unterlegenen Partei aufzuerlegen (vgl. BayVGH, B. v. 11.10.2001 – 8 ZB 01.1789 – BayVBl 2002, 378). Ein von dieser Regel abweichender Sachverhalt liegt hier nicht vor. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben